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7.3. Der 1. Clemensbrief (1Clem)

Übersicht über den 1. Clemensbrief

Präskript  
1,1 Die Situation der Absender und der Adressaten
1,2-2,8 Der frühere Zustand der korinthischen Gemeinde
3,1-4 Der Umsturz
4,1-6,4 Geschichtliche Beispiele für Eifersucht und Neid
  4,1-13 Biblische Beispiele
  5,1-7 Das Beispiel der Apostel
  6,1-4 Weitere Beispiele
7,1-8,5 Der Ruf zur Umkehr
9,1-12,8 Biblische Vorbilder für den Dienst für Gott
13,1-18,17 Mahnungen zur Demut
  13,1-4 Worte Jesu und der Schrift
  14,1-5 Wir sollen Gott gehorchen, nicht denen, die hochmütig nach Streit trachten
  15,1-7 Mahnungen zum Frieden und biblisch begründete Warnung vor Heuchelei und Hochmut
  16,1-16 Die Demut Christi
  16,17-18,17 Biblische Beispiele der Demut
19,1-20,12 Der Blick auf Gottes geordnete Schöpfung
21,1-9 Die Konsequenzen für das Verhalten in der Gemeinde
22,1-8 Das Zeugnis Christi in der Heiligen Schrift
23,1-5 Gott gibt seine Gaben ganz gewiß
24,1-26,3 Sichere Anzeichen künftiger Auferstehung
27,1-7 Die Bindung an die Allmacht Gottes
28,1-4 Gottes Allgegenwart
29,1-30,8 Die Christen als Gottes erwählter „heiliger Teil“
31,1-32,4 Die Rechtfertigung durch den Glauben als Weg zum Segen 
33,1-36,6 Die Notwendigkeit guter Werke nach dem Willen Gottes
37,1-38,4 Gehorsam und Unterordnung in der Gemeinde
39,1-9 Ein Schriftzeugnis gegen die Überheblichen
40,1-45,8 Die dem Willen Gottes entsprechende Ordnung der Kirche
46,1-9 „Haltet euch an die Heiligen“ und wahrt die Einheit des Leibes Christi
47,1-7 Das Urteil des Paulus über den Parteienstreit
48,1-6 Aufruf zu Umkehr und Demut
49,1-50,7 Das Lob der Liebe
51,1-53,5 Aufforderung, die Verfehlungen zu bekennen
54,1-56,16 Freiwillige Auswanderung als Annahme göttlicher Zucht
57,1-58,2 Nehmt unseren Rat an - Ihr werdet es nicht bereuen!
59,1-61,3 Das Schlussgebet
62,1-3 Rückblickende Zusammenfassung des Briefes
63f. Schlussparänese
65,1f. Postskript

Der Verfasser und Adressaten

Das Präskript nennt als Absender dieses Briefes „die Kirche Gottes, die Rom als Fremde bewohnt“. Adressat ist die korinthische Gemeinde. Schon die älteste Erwähnung des Briefes nennt als Autor „Clemens“. Diese Notiz ist wohl historisch glaubwürdig. Der 1Clem selbst nennt diesen Namen nicht, sein gesamter Duktus spricht aber dafür, dass er von einem führenden Kopf der römischen Gemeinde verfasst worden ist.

Abfassungssituation

Die römische Gemeinde sieht sich zum Eingreifen in Korinth veranlasst, weil sich die Korinther gegen ihre Presbyter aufgelehnt und sie des Amtes enthoben haben. Der 1Clem erweckt den Eindruck, dieser „Aufruhr“ sei nur durch ein oder zwei Leute (47,6) verursacht worden, die von „Eifersucht“ und „Neid“ getrieben seien. Bei näherem Hinsehen legt sich allerdings die Vermutung nahe, dass die Mehrheit der Gemeinde hinter dem „Aufruhr“ steht. Die Revolte scheint sich auch nicht gegen die Verfehlungen Einzelner im Amt, sondern gegen die Institutionalisierung des Presbyteramtes als solche gerichtet zu haben. Jedenfalls argumentiert der 1Clem immer für das Amt, nie für Personen. Man hat auch nicht den Eindruck, dass die Anführer der Revolte nun ihrerseits nach dem Presbyteramt strebten.

Die Römer sehen in dem „Aufruhr“ die Gefahr, dass der in hohen Ehren stehende korinthische Name gelästert wird (1,1) und die ganze Kirche in Gefahr gerät (vgl. 3,2ff.).

In 1,1 erwähnt der Verfasser des 1Clem eine gerade zu Ende gegangene Christenverfolgung, die ein früheres Schreiben verhindert habe. Diese Angabe wird traditionell auf eine Verfolgung unter Domitian (81-96) bezogen, deren Bezeugung allerdings spät und strittig ist. Für eine Datierung in das späte 1. Jh. kann hingegen die vorausgesetzte Gemeindestruktur (Leitung durch ein Presbyterium, kein Bischof an der Spitze) herangezogen werden. Damit ist der 1Clem der älteste Text unter den Apostolischen Vätern.

Literarischer Charakter

Der Verfasser des 1Clem übernimmt das paulinische Briefformular. Er kennt den 1Kor und setzt voraus, dass dieser Brief den Korinthern vorliegt (47,1). Darüber hinaus hat er offenbar den Röm benutzt (vgl. 35,5f.; 32,4-33,1). 36,2-5 zeigt große Ähnlichkeit mit Hebr 1. Es ist allerdings nicht ganz sicher, ob man wirklich literarische Abhängigkeit annehmen muss (vgl. auch die Verwendung des Titels „Hoherpriester“ für Christus. In 59,3-61,3 zitiert der Verfasser ein Gebet.

Auffällig sind die langen Zitate aus dem AT, das für den Verfasser selbstverständlich die „Heilige Schrift“ ist.

Der Autor nennt sein Schreiben in 63,2 eine ἔντευξις (enteuxis). Darunter wird im Bereich des antiken Rechts eine Eingabe verstanden, die den König als Quelle des Rechts um einen Richterspruch bittet. Nimmt man diese Selbstbezeichnung ernst und stellt in Rechnung, dass der Verfasser die korinthischen Vorgänge mit dem politischen Begriff „Aufruhr“ belegt, dann muss der 1Clem als der Versuch angesehen werden, die korinthische Gemeinde durch eine entsprechende Argumentation dazu zu bewegen, die Angelegenheit im Sinne der Römer zu regeln. Den Korinthern wird nicht ein Urteilsspruch von außen aufgezwungen, sondern sie werden zu Richtern in eigener Sache gemacht. Deshalb kann der 1Clem auch kaum als Ausdruck eines römischen Primatsanspruches bewertet werden.

Inhalt

Das Ziel des Briefes besteht darin, in Korinth „Frieden“ und „Eintracht“ wieder herzustellen. Das ist aus der Sicht des Verfassers nur möglich, wenn die abgesetzten Presbyter wieder in ihr Amt eingesetzt werden. Er hält es für angemessen, wenn die Anführer der Revolte freiwillig in die Verbannung gehen (54,1-56,16).

Die Argumentation ist von einem ganz starken Denken in den Kategorien Autorität, Ordnung, Gesetz und Gehorsam geprägt. Gott hat die Welt mit einer bestimmten, heilvollen Ordnung geschaffen (19,3– 21,1; 33,2-7). Diese ist sowohl in der Alltagserfahrung (24,1-5) als auch in dem wunderbaren Geschehen um den Vogel Phönix (25,1-26,3) sichtbar. Auch für die Kirche gibt es eine gottgewollte Ordnung (40,1-45,8). Der Verfasser scheut sich nicht, das Beispiel des Militärs für die Notwendigkeit der Unterordnung heranzuziehen (37,1-4). In alledem zeigt sich der Einfluss der Stoa, einer der wirkungsvollsten philosophischen Strömungen der Spätantike. Daneben wirken Einflüsse judenchristlicher Kultordnungen und der Sukzessionsgedanke (42,4f.).

Dem Ordnungsgedanken entspricht auch das Menschenbild des 1Clem. Der Verfasser setzt voraus, dass sich der Mensch bei entsprechender Anleitung für das Tun des Guten entscheiden kann. Allerdings gilt – hier wird das Erbe der paulinischen Theologie wirksam –, dass der Mensch allein von Gott zu solchem Tun befähigt worden ist.

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Die Texte auf dieser Seite sind mit freundlicher Genehmigung übernommen aus:

Cover der Bibelkundes des Neuen Testaments von Klaus-Michael Bull

Bull, Klaus-Michael: Bibelkunde des Neuen Testaments. Die kanonischen Schriften und die Apostolischen Väter. Überblicke – Themakapitel – Glossar, Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht, 8. Aufl. 2018.

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