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Der Name Gottes

Gottesnamen

Der Gott Israels wird in den alttestamentlichen Schriften sowohl mit seinem Eigennamen als auch mit verschiedenen Beinamen und Appellativen (Gattungsbezeichnungen) benannt. Dabei ist wie in allen Kulturen von Bedeutung, dass der Name zur Unterscheidung und Ordnung dient. Zum anderen besteht aber auch eine besondere Beziehung zwischen dem Namensträger und dem, der den Namen kennen (Ex 3,13f.; 6,2f.) oder geben darf (Gen 2,19; 32,28f.).

Dass der Gott Israels einen Eigennamen hat, lässt sich nur aus der Frühphase der Religion verstehen, die in einem polytheistischen Umfeld stattfand: Die Gottheiten waren anhand ihrer Namen unterscheidbar und den einzelnen Völkern zuzuordnen. Wie Kemosch der Hauptgott der Moabiter (Num 21,29) und Milkom der der Ammoniter war (1Kön 11,5), so war JHWH der Nationalgott Judas und Israels (Ri 5,5).

Mit zunehmendem Bewusstsein, dass es nur den einen Gott gibt, wird der Eigenname Gottes weniger wichtig. So ist folgerichtig, dass die erste griechische Übersetzung der Bibel den JHWH-Namen mit dem Appellativ „Herr“ (κύριος, kyrios) wiedergibt. Ein vergleichbares Phänomen findet sich in den Schriften aus Qumran, wo vor allem אֵל, 'el, „Gott“ benutzt wurde; auch im Neuen Testament steht vor allem das griechische Wort für „Gott“ (θεός, theos).

Adonaj

Das Judentum hat also spätestens seit dieser Zeit den Namen Gottes nicht mehr ausgesprochen. Rabbinischen Nachrichten zufolge durfte er nur vom amtierenden Hohepriester am Versöhnungstag ausgerufen werden. Zu allen anderen Gelegenheiten wurde die lange belegte Anrede „(mein) Herr“ (אֲדֹנָי, adonaj) als Ersatzbezeichnung verwendet. Die Masoreten haben dann auch in den Bibelhandschriften die Vokale dieser Ersatzlesung mit den Konsonanten des JHWH-Namens kombiniert. So sollte angezeigt werden, dass nicht der Name, sondern die Ersatzlesung zu sprechen ist. Diese Zusammenschreibung der Konsonanten des Namens und der Vokale der Ersatzlesung Adonaj (hochgestellt) führte zu dem Kunstwort jªhºwªh > Jehova, das man seit dem Mittelalter fälschlich als den eigentlichen Gottesnamen verstanden hat.

JHWH

In inner- und außerbiblischen Zeugnissen ist der JHWH-Name vor allem in der bekannten vierkonsonantigen Schreibweise hwhy belegt. Von daher rührt die Bezeichnung „Tetragramm“ für JHWH, der vierbuchstabige Name. Spätere griechische Wiedergaben des Namens lassen erschließen, dass er als jahwäh ausgesprochen wurde. Daneben existieren Kurz- und Nebenformen wie jhw (wohl jaho/jahu gesprochen) und jh, vgl. Personennamen wie Jesaja („JHWH hat geholfen“) oder Jonatan („JHWH hat gegeben“).

Herkunft und Deutung des JHWH-Namens sind nicht endgültig geklärt. Ein einziger biblischer Text, Ex 3,14, versucht eine Deutung des Namens als „ich werde sein, der ich sein werde“. Damit wird ein sprachlicher Bezug zum semitischen Verbum hjh/hwh „sein, werden“ gesehen, dem noch heute die meisten Forscher folgen. Überlegt wurde allerdings auch eine Ableitung von dem arabisch belegten Verbum hwj, das „wehen“ bedeuten kann und damit auf JHWH als Wettergott anspielen würde. Weitgehende Einigkeit besteht allerdings darin, dass die Israeliten die JHWH-Verehrung und damit auch die Kenntnis seines Namens aus Midian übernommen haben. Darauf weisen besonders die Berichte in Ex 2; 3; 18 hin, wonach Moses Schwiegervater Jitro (oder Reguël) Priester der Midianiter war, vgl. auch Hab 3,3: „Gott kommt von Teman her und der Heilige vom Gebirge Paran“ (beides sind Regionen im Süden).

El Schaddaj

Das AT betont zudem die Tatsache, dass der Name Gottes erst Mose im Zusammenhang der Offenbarung am Sinai mitgeteilt wurde. Belegtexte dafür sind Ex 3,13ff. und Ex 6,2ff. Ex 6,3 besagt ausdrücklich, dass Gott den Vätern nicht als JHWH, sondern als El Schaddaj erschienen sei (dies wird in der Regel mit „der Allmächtige“ übersetzt). Da der Text Ex 6 der priesterlichen Schicht (P) zugehört, rechnet man für diese Quelle mit einer eigenen theologischen Aussageabsicht durch die Periodisierung des Gottesnamensgebrauchs: In der Urgeschichte hat P die allgemeine Gottesbezeichnung Elohim verwendet, was gut zu der universalen Dimension des Geschehens passt. In den (wenigen) P-Texten zu den Erzvätern Israels (vgl. Gen 17,1) steht El Schaddaj; seit der Offenbarung an Mose konnte dann JHWH verwendet werden.

Elohim

Die ältere Forschung hat eine solche Schematisierung auch in einer anderen Pentateuchquelle gesehen. Danach gehört Ex 3,14 dem sogenannten Elohisten an. Dessen besonderes Kennzeichen wäre die Verwendung der Bezeichnung Elohim für Gott im Bereich der Vätergeschichten. Erst nach der Mitteilung in Ex 3 habe diese Quelle den eigentlichen Namen Gottes verwendet. Die letzte angenommene Pentateuchschicht, der sogenannte Jahwist, erhielt ihren Namen von der Beobachtung her, dass die ihm zugesprochenen Texte von Beginn an den JHWH-Namen ohne Scheu verwendet haben. Im Bereich der Schöpfungsgeschichte steht allerdings die ungewöhnliche Zusammenstellung JHWH Elohim, die möglicherweise wieder durch die universale Thematik motiviert ist. Mit dem Fraglichwerden der Pentateuchquellen sind allerdings auch diese Überlegungen zum Gottesnamengebrauch problematisiert worden.

Weitere Gottesnamen

Außer mit seinem eigentlichen Namen wurde Gott in den alttestamentlichen Schriften noch mit einer Vielzahl anderer Namen bezeichnet. So finden sich besonders die gemeinsemitischen Appellativa אֱלֹהִים, Elohim und אֵל, 'el, die beide einfach „Gott“ bedeuten. Diese konnten mit weiteren Elementen zu eigenen Gottesnamen zusammengestellt werden, vgl. das schon erwähnte אֵל שַׁדַּי, el šaddaj (Gen 17,1; 28,3), höchster Gott (אֵל עֶלְיוֹן, el ’âljôn, Gen 14,22) Gott der Welt/Weltzeit (אֵל עוֹלָם, el ’olam, Gen 21,33), Gott von Bethel (אֵל בֵּית־אֵל, ’el bêtel, Gen 35,7) oder Gott des Vaters X.Y. (אֵל אָב, ’el ’ab, Gen 49,25). Da sich in der Genesis noch weitere altertümliche Gottesbezeichnungen wie „Schrecken Isaaks“ (Gen 31,53) oder „Starker Jakobs“ (Gen 49,24) finden lassen, hat man sogar Reste einer vorjahwistischen Gottesverehrung erschließen wollen, doch ist dies sehr strittig. Deutlich ist jedenfalls, dass hier der Gott Israels in derselben Weise bezeichnet wurde wie die anderen kanaanäischen Götter der Nachbarvölker.

Beinamen

Aus dem Jerusalemer Tempelkult stammen Beinamen Gottes wie „König“ (Ps 97,1), „Kerubenthroner“ (2Kön 19,15, vgl. Jes 6) und „Zebaoth“ (Jes 6,5). Der letztgenannte Titel, der mit „Herr der Heerscharen“ übersetzt wird, stammt wohl noch aus der Kulttradition des Ortes Silo (1Sam 4,4). Ungeklärt ist, ob er JHWH als Herrn der himmlischen Heere (Engelmächte oder Gestirne) oder der Heere Israels bezeichnet. In späten Texten ist die Abstraktbedeutung „Mächtigkeit“ vorherrschend, was die Septuaginta mit „Allherrscher“ (παντοκράτωρ) übersetzt hat.

Der Titel „(mein) Herr“ (אֲרֹנָי, ’adonaj), der später zum Ersatz des Gottesnamens diente, ist ebenfalls kultisch verankert, vgl. Ex 23,17. Er diente zur Anrede Gottes in Gebeten (vgl. Ps 8; Dan 9). In prophetischen Schriften steht er vor allem, wenn das besondere Verhältnis zwischen Gott und seinem prophetischen Diener betont werden sollte, vgl. Am 3,7f.; Jes 6,1-11; 50,4ff. Wohl deshalb konnte im ältesten Kultus der Urkirche auch Jesus Christus als „Herr“ der Gemeinde bezeichnet werden, vgl. das aramäische maranatha „komm, unser Herr“ in 1Kor 16,22 oder das Bekenntnis „Herr ist Jesus Christus“ in Phil 2,11 und 1Kor 8,6.

Literatur

Alle Artikel zu „Jahwe“, „Gott“, „Name Gottes“ etc. in den einschlägigen Lexika, besonders www.wibilex.de.

H. von Stietencron (Hg.), Der Name Gottes, 1975.

M. Rösel, Adonaj – Warum Gott Herr genannt wird, FAT 29, 2000.

B. Lang, JAHWE der biblische Gott, 2002.

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die-Bibel.dev.4.17.7
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