Bund

Bundesvorstellung

Die hebräische Bibel bezeichnet an theologisch zentralen Stellen das Verhältnis zwischen Gott und seinem Volk mit dem Stichwort "Bund" (בְּרִית, berît). Damit wird eine Vorstellung verwendet, die in der Umwelt Israels selten auf das Verhältnis zwischen Gottheit und Mensch (vgl. den "Bundesba'al" Ri 8,33), vor allem aber auf Vereinbarungen menschlicher Partner angewendet wurde: Ein Höhergestellter (König) erlegt seinen Untertanen eine bestimmte Verpflichtung auf (sog. Vasallenvertrag) oder schließt mit ihnen einen Schenkungsvertrag. [Hierzu gibt es reichhaltiges altorientalisches Vergleichsmaterial, vor allem aus dem hethitischen Bereich.] In keinem Fall sind die Partner gleichrangig, sondern der Bund wird stets vom Höhergestellten gewährt oder gestiftet. Er ist damit für den Bundespartner unverfügbar. Dies schließt ein, dass die Verbindung für den niedriggestellten Partner ausschließlich ist, Bündnisse zu anderen (Göttern oder Mächten, vgl. Ex 34,10-17) also nicht statthaft sind. Das erste Gebot des Dekalogs folgert daher notwendig aus der Bundesvorstellung.

Alter

Der Terminus "Bund/ בְּרִית" ist vergleichsweise spät zu einer theologischen Prägung gekommen. Dies geschah wohl im 7. Jh. mit dem Aufkommen der dtn./dtr. Bewegung, möglicherweise beeinflusst durch neuassyrische Verträge, bei der vor Göttern eine Vereidigung (adê) geschworen wurde. Vorher gibt es aber auch die Verwendung von בְּרִית für zwischenmenschliche Verträge, bei denen die (jeweilige) Gottheit als Garant für die Einhaltung des Bundes gilt, vgl. Gen 21 zwischen Abraham und Abimelech. Doch finden sich schon vordeuteronomisch Aussagen über Israel als Gottesvolk (Hos 8,1), die eine besondere Zusammengehörigkeit von Gott und Volk nahelegen und damit die späteren Aussagen vorbereiten. Ebenso ist festzuhalten, dass die im Bundesgedanken ausgedrückte Vorstellung einer speziellen Beziehung zwischen Gott und Mensch auch mit anderer Begrifflichkeit ausgedrückt werden konnte, so mit dem Erwählungsgedanken oder in der Frühzeit prophetischer Verkündigung mit dem Bild von der Ehe Gottes mit seinem Volk, vgl. Hos 2,20.

Inhalt

In der Forschung umstritten ist die zutreffende Übersetzung von בְּרִית; es wurde angezweifelt, ob "Bund" den Aussagegehalt des hb. Wortes trifft (Kutsch). Dagegen sollte der Akzent mehr auf den Verpflichtungscharakter des Geschehens gelegt werden, wichtig sei besonders die Selbstverpflichtung Gottes; nur selten gebe es wechselseitige Verpflichtungen. Aber: Wo eine בְּרִית beginnt, beginnt zwangsläufig ein Verhältnis zwischen den Partnern. Mit der Bundeszusage wendet sich Gott seinem Volk in einzigartiger Weise zu. Der Bundesschluss soll ein Verhältnis des שָׁלוֹם (šalôm, Heilszustand) garantieren. Inhalt des Bundes ist zunächst eine Zusage Gottes. Das Halten des Bundes auf Seiten der Menschen impliziert, dass die Gebote/ Bedingungen des Bundes gehalten werden. Doch auch wenn Israel die Gebote hält, ist die Zuwendung Gottes nicht einzuklagen (vgl. Dan 9,18).

Bundestheologie

In der dtn./dtr. Bundestheologie hat die Rede vom Bund die Funktion, das Volk vor dem Bundesbruch zu warnen. Ein solcher Bruch kann durch Abgötterei oder Verletzung der zwischenmenschlichen Aufgaben geschehen. Damit wird "Bund" zu einer umgreifenden geschichtlichen Deutekategorie. Weil Israel den am Sinai/ Horeb gestifteten Bund gebrochen hat, kommt es zu den Katastrophen der Geschichte.

In der priesterschriftlichen Theologie (P) wird dagegen auf einen Sinai-Bund verzichtet, hier werden nur Noach- und Abrahambund geschildert. P periodisiert mit diesen Bundesschlüssen die Heilsgeschichte Israels. Der Bund wird hier zur reinen Zusage, die von Menschen nicht in Frage zu stellen ist, so gilt in Gen 9,17 der Regenbogen als unverfügbares Bundeszeichen. Zwar können einzelne Menschen oder Generationen aus dem Bund herausfallen, der Bund selbst bleibt bestehen.

Neuer Bund

Die Erwartung eines neuen Bundes (Jer 31 u.ö.) geht wie die deuteronomistische Theologie davon aus, dass der erste Bund gescheitert ist/ gebrochen wurde. Der neue Bund hat nun die Erfüllbarkeit bereits in sich, das Gesetz wird in die Herzen geschrieben. Der Inhalt des Bundes, die Tora, ist aber derselbe, denn diese ist gut. Neu werden muss der Mensch. Damit ist der Weg zu einer eschatologischen Interpretation des Themas "Bund" geöffnet, wie sie im Neuen Testament geschehen ist.

Literatur

M. Weinfeld, Art. בְּרִית, ThWAT I, 1973, 781-808.
E. Kutsch, Art. Bund I. Altes Testament, TRE VII, 1981.
J.C. Gertz, Art. Bund, II. AT, RGG4 1, 1998, 1862–1865.

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