Tobit

Inhalt

Das Buch Tobit beschreibt im Stil der Patriarchenerzählungen der Genesis das Schicksal der Familie des Tobit ("JHWH ist gütig"), ihre Gefährdung und wunderbare Bewahrung. Das Geschehen spielt in der assyrischen Hauptstadt Ninive und Umgebung, wohin Tobit, vom nordisraelitischen Stamm Naftali stammend, nach 722 v.Chr. verbannt worden sein soll (1,9-11). Da Tobit aber nach 1,4f. noch die Reichsteilung im Jahre 926 als Jugendlicher erlebt hat, muss er nach den Angaben des Buches ein Alter von über 200 Jahren gehabt haben. Nach 14,1 stirbt er jedoch im Alter von 112 Jahren. Allein dies zeigt, dass es nicht um geschichtliche Exaktheit geht, sondern dass hier eine Beispielerzählung vorliegt. Innerhalb der kanonischen Stücke des AT finden sich solche Berichte von beispielhaft Frommen auch in den Büchern Daniel oder Ester, zu vergleichen ist auch die Josefsnovelle Gen 37-50.

Aufbau

Tobit wird vorgestellt als ein frommer Mann, der seinen armen Brüdern in der Verbannung mit Almosen hilft und dennoch ein eigenes Vermögen aufbaut. Einen Teil dieses Vermögens deponiert er vorsorglich in Medien bei einem gewissen Gabaël. Wegen seiner Glaubenstreue und Mildtätigkeit – er begräbt die vom König Sanherib getöteten Israeliten – wird er durch die Assyrer verfolgt, doch sein Neffe Achikar legt bei dem nachfolgenden König Asarhaddon Fürsprache für ihn ein (Kap. 1). Als Tobit aus dem Versteck in sein Haus zurückgekehrt ist, begräbt er erneut verbotswidrig einen erschlagenen Juden. In der folgenden Nacht erblindet er, worauf er (wie Hiob in seinem Unglück) zwar seine Not beklagt, nicht aber von Gott abfällt (2,1-3,6).

Auch Sara, die Tochter eines Verwandten Tobits aus dem medischen Ekbatana, beweint zur selben Zeit ihre Not, da der Dämon Aschmodai ihre sieben Verlobten nacheinander getötet hat (3,7-15). Doch für beide kündigt sich Gottes Hilfe in Gestalt des Engels Rafaël an (3,16f.).

Tobit sendet, den nahen Tod vor Augen, seinen Sohn Tobias nach Medien, damit er dort das hinterlegte Geld hole. Als Reisebegleiter und Führer stellt sich dem Jungen Rafaël zur Seite, der sich als Asarja ausgibt (Kap. 4+5). Auf dem Weg fängt Tobias einen Fisch, den er auf Anraten des Engels ausnimmt. Herz und Leber sollen gegen Dämonen, die Galle bei Blindheit helfen. Tobias erhält so die Schlüssel zur Lösung der Not (6,2-9). In Ekbatana heiratet Tobias die Sara, nachdem er tatsächlich den Dämon vertreiben konnte. Während der 14tägigen Feier zieht Rafaël/ Asarja weiter, um das von Tobit deponierte Geld abzuholen. Danach kehren die drei zu Tobias Eltern nach Ninive zurück (6,10-10,13). Tobias heilt dort mit der Fischgalle die Blindheit des Vaters. Die guten Nachrichten werden mit einem großen Fest gefeiert, nach dem sich der Weggefährte Asarja als Engel Rafaël zu erkennen gibt (Kap. 11+12). Die Erzählung mündet in einen Lobgesang des Tobit (Kap. 13). Nach dem Tod Tobits und seiner Frau ziehen Tobias und Sara nach Ekbatana, um sich vor der kommenden Zerstörung Ninives (612 v.Chr.) zu retten (Kap. 14).

Entstehung

Diese weisheitliche Lehrerzählung wird wohl in der jüdischen Diaspora in Mesopotamien entstanden sein. Sie zeigt, ähnlich wie die Kapitel Daniel Dan 1+3-6, wie man sich als frommer Jude in der fremden Umwelt zu verhalten hat. Damit hat sie einerseits erzieherischen (paränetischen) Charakter, der durch die Verwendung von Weisheitssprüchen unterstrichen wird (vgl. 12,8 mit Spr 16,8). Andererseits ist ein wichtiges Anliegen, zum Loben Gottes, der sein Volk nicht im Stich lässt, anzuleiten. Von den Auseinandersetzungen der Makkabäerzeit lässt sich hier noch nichts spüren. Daher wird das Buch wohl in der Zeit um 200 v.Chr. entstanden sein. In diese Zeit passt auch, dass eine ausgeführte Engelvorstellung entwickelt ist, auf die nur kurz verwiesen werden muss, vgl. 12,15.

Der Fund von Tobit-Fragmenten in Qumran legt die Annahme nahe, dass es ein aramäisches oder hebräisches Original gab. Abweichende Textformen innerhalb der griechischen und lateinischen Überlieferung zeigen, dass auch spätere Fromme den Stoff der Erzählung weiterentwickelt haben.

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