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Thematic Analysis

Schlagworte: Qualitative Forschung, Datenanalyse, Empirische Forschung

(erstellt: Februar 2017)

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1. Hinführung

Den Anliegen der qualitativ-empirischen Forschung steht ein Repertoire an denkbaren Analysemethoden zur Verfügung, das auf den ersten Blick in seiner Vielfalt scheinbar grenzenlos erscheinen mag. Die kontinuierlichen Veröffentlichungen von Handbüchern zur qualitativen Forschung (Flick u.a., 1995; Flick, 1999; Denzin/Lincoln, 1994, 2000) zeugen von den Bemühungen, die für die qualitative Forschung als maßgeblich betrachteten Methoden zu systematisieren und kontextualisieren. Die intuitiv wahrgenommene Unübersichtlichkeit wird unter anderem noch dadurch intensiviert, als dass „standardisierte“ Methoden für den speziellen Anwendungsfall angepasst werden (müssen) und hierdurch Variationen entstehen, die sich nicht selten nur um Nuancen unterscheiden (Holloway/Todres, 2003). Die Zahl an Verfahren zur Datenanalyse wächst noch weiter, wenn in der Forschungspraxis anderer Fachbereiche (Soziologie, Kulturwissenschaften, Psychologie) und Sprachräume in den Blick genommen werden. Die Thematic Analysis stellt dabei ein Derivat qualitativ-inhaltsanalytischer Verfahren dar (→ qualitative Sozialforschung in der Religionspädagogik), das in seiner aktuell entfalteten Form (Braun/Clarke, 2006, 2013) innerhalb der deutschsprachigen Forschung marginal rezipiert wird.

2. Thematic Analysis als Methode qualitativer Datenanalyse

2.1. Entwicklung in der englischsprachigen Forschung

In den Sozialwissenschaften gibt es seit geraumer Zeit viele Verfahren, die mithilfe thematischen Codierens Datenmaterial analysieren (→ Grounded Theory). Die Bezeichnung der Thematic Analysis führte erstmalig Holton als Methode in seinem Werk zur Wissenschaftsgeschichte der Physik ein (Merton, 1975). Erst einige Zeit später setzten sich weitere Autoren methodologisch mit der Thematic Analysis auseinander (Aronson, 1995; Boyatzis, 1998; Joffe/Yardley, 2004) oder der Bezeichnung der Template Analysis (King, 2004). Dennoch weisen Braun/Clarke darauf hin, dass die bescheidene Anzahl an Werken, die sich systematisch mit der Thematic Analysis beschäftigen, nicht darüber hinwegtäuscht, dass sie zwischenzeitlich in zahlreichen Untersuchungen herangezogen wurde. Jedoch fand das Vorgehen der Thematic Analysis zumeist unter anderen Bezeichnungen (→ Grounded Theory, → Diskursanalyse) Anwendung (Braun/Clarke, 2013, 178). Die prekäre Situation der Thematic Analysis („Thematic analysis is a poorly demarcated, rarely acknowledged, yet widely used qualitative analytic method within psychology.“ (Braun/Clarke, 2006, 77)) innerhalb des Methodendiskurses verbesserte sich mit der Veröffentlichung „Using thematic analysis in psychology“ von Braun/Clarke 2006. Sie überführten das lose Konglomerat an Anwendungsfällen und Vorüberlegungen in eine in der Praxis anwendbare Methode, die unter dem Namen Thematic Analysis firmiert (Braun/Clarke, 2006, 80f.). Der Beitrag führte dazu, dass die Thematic Analysis innerhalb und außerhalb der Psychologie stärker rezipiert und diskutiert wurde. Ebenfalls entwickelten sich im Anschluss weitere Abwandlungen der Thematic Analysis mit verschiedenen epistemologischen und forschungstheoretischen Schwerpunkten.

2.2. Thematic Analysis – eine eigene Methode?

Innerhalb des methodologischen Diskurses um die Thematic Analysis gibt es unterschiedliche Positionen auf die Frage, ob ihr überhaupt der Status als eigenständige Methode zukommt. So bezeichnet Boyatzis die Thematic Analysis nicht als eigenständige Methode; vielmehr ist sie ein Werkzeug, das innerhalb anderer Methoden zum Einsatz kommt (Boyatzis, 1998, 4-9). Dem ähnlich bezeichnen Ryan/Bernard das thematische Kodieren als Teilprozess „großer“ Analysemethoden, wie der Grounded Theory (Ryan/Bernard, 2000, 783). Braun/Clarke führen diese Einschätzung im Anschluss an Holloway/Todres darauf hin zurück, dass die Grundbewegung der Thematic Analysis, also das identifizieren von Leitmotiven („themes“), eine der wenigen Prozesse darstellt, die in vielen Methoden der qualitativen Analyse zur Anwendung kommen (Holloway/Todres, 2003, 347). Sie argumentieren, dass die Thematic Analysis als fundamentale Methode der qualitativen Datenanalyse („foundational method for qualitative analysis“) angesehen werden sollte (Braun/Clarke, 2006, 78).

2.3. Ansatz nach Braun/Clarke

In ihrem Grundsatzartikel betonen Braun/Clarke, dass sich die Thematic Analysis unter anderem durch ihre Flexibilität auszeichnet, die nicht an eine bestimmte theoretische oder epistemologische Grundposition festgelegt ist. Damit stellt sie ein anpassungsfähiges und nützliches Werkzeug dar, das potentiell zur qualitativen Analyse komplexer und detaillierter Daten dienen kann (Braun/Clarke, 2006, 78). Der von Braun/Clarke beschriebene Ansatz der Thematic Analysis versucht einerseits die der Methode inhärente Freiheit und Flexibilität nicht einzuschränken, möchte diese dennoch durch die Beschreibung klarer Handlungsentscheidungen und Durchführungsschritte klar abgrenzen.

Im Anschluss an Boyatzis bezeichnen Braun/Clarke die Thematic Analysis im Allgemeinen als Methode zur Identifizierung, Analyse und Dokumentierung von Mustern (themes) in einem Datensatz. Aufgrund des sehr breiten methodischen Spielraums ergeben sich unterschiedliche Formen der Thematic Analysis in der Praxis. Sie erwachsen grundsätzlich aus einer Reihe von methodologischen Grundfragen, die im Vorfeld der Anwendung geklärt werden sollten (Braun/Clarke, 2006, 79). Denn für die Thematic Analysis im Speziellen gilt, wie für die qualitative Analyse im Allgemeinen, dass Forscherinnen und Forscher ihre theoretischen Vorannahmen und Entscheidungen vergegenwärtigen und explizieren (Holloway/Todres, 2003, 355). Ferner argumentieren Braun/Clarke, dass es kein allgemeingültiges theoretisches Konzept der qualitativen Forschung gibt; vielmehr bedarf es der Passung von Forschungsinteresse, Methode und methodologischen Vorentscheidungen. „What is important is that the theoretical framework and methods match what the researcher wants to know, and that they acknowledge these decisions, and recognize them as decisions“ (Braun/Clarke, 2006, 80).

2.3.1. Abgrenzung zu anderen Methoden

Im Allgemeinen unterscheidet sich die Thematic Analysis nach Braun/Clarke von anderen qualitativen Forschungsmethoden dadurch, dass ihr keine bestimmte theoretische oder epistemologische Haltung zu Grunde liegt. Sie kann im Rahmen unterschiedlicher Vorentscheidungen eingesetzt werden, über die, wie oben erwähnt, entschieden werden muss (Braun/Clarke, 2006, 78, 80). In Abgrenzung zu anderen Verfahren, die ebenso Muster basierend Datensätze beschreiben und herausarbeiten (z.B. → Grounded Theory), zielt die Thematic Analysis nicht unbedingt auf die Bildung einer plausiblen, anhand der Daten verifizierbaren Theorie ab. Mit Blick auf die Forschungspraxis konstatieren Braun/Clarke, dass viele Arbeiten, die in deren Klärung der Methodik die Verwendung der → Grounded Theory ausweisen, letztlich eine reduzierte Form („grounded theory ‚lite‘“) derselben anwenden. Häufig die Theoriebildung aussparend, besteht zwischen den angewandten Kodier- und Analyseverfahren eine Nähe zum Vorgehen der Thematic Analysis (Braun/Clarke, 2006, 81).

Schwerer hingegen scheint die Trennung zur Content Analysis, die ebenso versucht, Muster in Daten zu identifizieren und herauszuarbeiten. Daher wird diese streckenweise mit Verfahren der thematischen Analyse verglichen. Braun/Clarke argumentieren jedoch, dass Content Analysis zu einem kleinschrittigeren Vorgehen tendiert und häufig Aspekte quantitativer Forschung berücksichtigt („frequency counts“) (Ryan/Bernard, 2000, 785f.). Dem gegenüber entspringen Motive/Themen in der Thematic Analysis in der Regel keiner Quantifizierung; obwohl Boyatzis vorschlägt, dass die Thematic Analysis dazu genutzt werden kann, qualitativ gewonnene Daten in eine quantitative Form zu transformieren. Ähnlich formulieren es Vaismoradi/Turunen/Bondas: „It is concluded that in spite of many similarities between the approaches (…) their main difference lies in the opportunity for quantification of data. It means that measuring the frequency of different categories and themes is possible in content analysis with caution as a proxy for significance“ (Vaismoradi/Turunen/Bondas, 2013, 1). Ein weiteres Distinktionsmerkmal der Thematic Analysis erkennen Vaismoradi/Jones/Turunen/Snelgrove darin, dass sie latent als auch explizit vorhandene Themen als Motive in allen Analysen zulässt. „While the thematic analysis researcher considers both latent content as theme and manifest content as category in data analysis, the content analyst chooses between them before proceeding to the higher levels of data analysis“ (Vaismoradi/Jones/Turunen/Snelgrove, 2016, 101). Ferner unterscheidet sich die Thematic Analysis nach Braun/Clarke von der Content Analysis darin, dass die Analyse in umfassendere Beschreibungen des aufgedeckten Phänomens mündet („(…) and the unit of analysis tends to be more than a word or phrase, which it typically is in content analysis.“ Braun/Clarke, 2006, 98).

Die Berücksichtigung des deutschsprachigen Methodendiskurses und der darin weithin anerkannten qualitativen Inhaltsanalyse (u.a. Mayring, 2010) erschwert die Distinktion der Thematic Analysis zunehmend. Wie Schreier bezüglich aller inhaltsanalytischen Verfahren bereits betont, existiert weder „die“ qualitative Inhaltsanalyse „noch besteht ein Konsens darüber, was qualitative Inhaltsanalsye ausmacht“ (Schreier, 2014, 2). Die durch Boyatzis ausgearbeitete Form der Thematic Analysis bezeichnet Schreier im Deutschen mit den Begriffen „thematisches Kodieren“ (Schreier, 2014, 13) oder „thematische Analyse“ (Schreier, 2014, 7, 8), welche „die wesentlichen Elemente“ des qualitativ-inhaltsanalytischen Vorgehens beinhaltet (Schreier, 2014, 2). In der von ihr entwickelten Systematik ordnet sie die Thematic Analysis nach Boyatzis der strukturierenden Inhaltsanalyse zu, die ihr im Ablauf im Wesentlichen entspricht (Schreier, 2014, 7, 20). Deren Vertreter unterscheiden sich primär untereinander wiederum dadurch, wie und vor allem was durch die an den Daten entwickelten Kategorien erfasst wird (Schreier, 2014, 8, 20). Auch wenn sich Schreier nicht explizit auf die möglichen Formen der Thematic Analysis nach Braun/Clarke bezieht, verdeutlicht das von ihnen beschriebene Vorgehen, dass es sich jeweils um Derivate inhaltlich-strukturierender Inhaltsanalysen handelt (Schreier, 2014, 5-8).

2.3.2. Entscheidungen und Derivate

Wie eingangs erwähnt, fordern Braun/Clarke, dass die Forscherinnen und Forscher explizit Vorentscheidungen über den analytischen Prozess treffen sollten. Es ergeben sich aus diesen unterschiedliche Vorgehensweisen, die sich im Allgemeinen jedoch alle an den in 2.3.3. beschriebenen Arbeitsschritten der Thematic Analysis orientieren. Da es sich hierbei nicht um grundsätzliche Differenzen sondern ausschließlich um unterschiedliche Umsetzungsstrategien handelt, verzichten Braun/Clarke auf die Betitelung der einzelnen Derivate. Dies sieht Schreier ebenfalls als sinnvoll an, da es einer Begriffsinflation entgegenwirkt (Schreier, 2014, 8). In diesem Sinne lässt sich die Thematic Analysis nach Braun/Clarke als flexibles, methodisches Bezugssystem verstehen, das durch das Treffen von Vorentscheidungen zur Gestaltung einer bestimmten Form der Methode führt (Braun/Clarke, 2006, 81, 86).

(1) Die erste, zu klärende Frage, bezieht sich darauf, was unter einem Motiv („theme“) verstanden beziehungsweise zugelassen wird (Braun/Clarke, 2006, 81-85). Generell erfasst das Motiv grundlegend wichtige Zusammenhänge zwischen Datenmaterial und den/der gestellten Forschungsfrage(n). Anders als in der quantitativen Forschung ist die Häufigkeit eines Motivs nicht (unbedingt) ausschlaggebend für dessen Relevanz in einem oder mehreren Fallbeispielen/Fällen. Was wiederum die komplexe Frage aufwirft, was unter einem Fall verstanden wird (Riessman, 1993). Braun/Clarke plädieren für eine Flexibilität im Umgang mit Motiven, da ein starres Regelsystem nicht zum gewünschten Erfolg führt (Braun/Clarke, 2006, 82). Prinzipiell erhält ein Motiv dadurch Geltung, dass es etwas Wichtiges zur Forschungsfrage beiträgt („(…) it captures something important in relation to the overall research question“ Braun/Clarke, 2006, 82). Dabei gibt es kein pauschales Vorgehen zum Aufweis der Gültigkeit. Braun/Clarke verweisen ausschließlich darauf, dass jeder Schritt der Analyse in sich konsistent sein sollte (Braun/Clarke, 2006, 83).

(2) Eine weitere Entscheidung betrifft die Ausführlichkeit als auch den Umfang mit dem der Datensatz beschrieben wird. Es besteht die Möglichkeit, dass der gesamte Datenbestand kodiert und nach Motiven erforscht wird – nach Braun/Clarke empfiehlt sich das bei explorativen Untersuchungen von noch wenig beforschten Feldern. Eine Entscheidung für dieses Vorgehen führt aufgrund der Datenmenge zwangsläufig dazu, dass die Analyse an Tiefe und Komplexität verliert. Demgegenüber nimmt eine alternative Vorgehensweise ausschließlich einzelne Motive (in ihren Nuancen) in den Blick und reduziert ihre Aufmerksamkeit auf entsprechende Teile des Datenmaterials, was zu einer vertieften Analyse einzelner Motive führt (Braun/Clarke, 2006, 83).

(3) Dem Grundsatz nach gibt es zwei Möglichkeiten, um Muster oder Motive innerhalb des Datensatzes zu identifizieren. Die „Inductive Thematic Analysis“ entwickelt diese aus dem Datenmaterial heraus. Während des Kodierens sollten Präkonzepte der Forscherinnen und Forscher als auch bestehende Kodiermuster (soweit wie möglich) unberücksichtigt bleiben, damit die Eigenheit des jeweiligen Falls zur Geltung kommen kann (Braun/Clarke, 2006, 83f.). Indes muss betont werden, dass sich Forscherinnen und Forscher weder während des Erhebungs- noch des Analyseprozesses gänzlich von ihren Konzepten, Haltungen und ihrem Vorwissen befreien können. Eine davon unterschiedene Position nimmt die „Theoretical Thematic Analysis“ ein; sie ist nicht „data-driven“, sondern „analyst-driven“, indem das Interesse der Forscherinnen und Forscher an Aspekten bestimmter Fragestellungen und Theorien im Vordergrund steht. Braun/Clare konstatieren, dass diese Form der Thematic Analysis in der Regel mit einer reduzierten Analyse der gesamten Datenmenge einher geht (Braun/Clarke, 2006, 84).

(4) Eine weitere Vorentscheidung betrifft den Level, auf dem die Thematic Analysis Motive zu identifizieren sucht: auf einer expliziten („semantic“) oder latenten („interpretative“) Ebene. Gewöhnlich konzentriert sich ein Anwendungsfall der Thematic Analysis auf einen der beiden Level. Die „Semantic Thematic Analysis“ verbleibt auf der Oberfläche der Daten und schreitet in der Analyse von einer Beschreibung (Organisieren, Zusammenfassen) zu einer Interpretation derselben. Die „Latent Semantic Analysis“ beachtet und interpretiert im Gegensatz dazu die den Daten zu Grunde liegenden Ideen, Annahmen, Ideologien und Konzepte, um Motive und Themen zu entdecken (Braun/Clarke, 2006, 84f.).

2.3.3. Arbeitsschritte

Das prinzipielle Vorgehen der Thematic Analysis gleicht in vielen Teilen dem Vorgehen anderer qualitativer Analysemethoden. Braun/Clarke weisen darauf hin, dass die Analyse ein fortlaufendes Wechseln zwischen Daten, kodierten Einzelpassagen und Interpretationsergebnissen beinhaltet. Auch steht der Schreibprozess nicht am Ende des Analyseprozesses, sondern er begleitet und initiiert diesen, indem in der ersten Phase Ideen (Memos) und potentielle Kodes notiert werden. Bezüglich der beschriebenen Arbeitsschritte merken Braun/Clarke an, dass diese nicht als linearer Prozess zu verstehen sind. Stattdessen zeichnet sich die Thematic Analysis – wie andere qualitative Methoden ebenfalls – dadurch aus, dass die Analyse ein rekursiver Prozess ist, in dem ein flexibles vor und zurück notwendigerweise dazugehört (Braun/Clarke, 2006, 86).

Sechs Schritte nach Braun/Clarke (Braun/Clarke, 2006, 87-93):

(1) Sich mit dem Datenmaterial vertraut machen

Tonmitschnitte transkribieren; wiederholtes Lesen der Transkripte; erste Ideen, Konzepte notieren; wichtig: Die Transkription selbst ist ein interpretierender Akt (Braun/Clarke, 2006, 88)

(2) Erste Kodes entwickeln

Systematisch interessante Merkmale im kompletten Datensatz kodieren; relevantes Datenmaterial den Kodes zuordnen

(3) Nach Motiven/Themen („themes“) suchen

Kodes zu potentiellen Motiven/Themen vereinigen und diesen entsprechendes Datenmaterial zuordnen; Hierarchisierung („sub-themes“ Braun/Clarke, 2006, 89) und Verknüpfungen erstellen

(4) Überprüfung der Motive/Themen

Überprüfen, ob die Motive/Themen widerspruchsfrei zu den herausgearbeiteten, kodierten Passagen und dem gesamten Datenmaterial passen; Erstellung eines thematischen „Plans“ („map“ Braun/Clarke, 2006, 90) der gesamten Analyse

(5) Themen/Motive präzisieren und betiteln

Verfeinern und anreichern der Themen/Motive mit weiteren Details und Besonderheiten; Rückschluss auf die Aussage, der gesamten Analyse; Formulierung klarer Definitionen und Titel für jedes Motiv/Thema

(6) Resultat der Analyse anfertigen

Letzte Gelegenheit einer Analyse; Auswahl von aussagekräftigen Beispielen eines jeden Motivs/Themas; abschließende Analyse der ausgewählten Passagen; Rückbezug auf Forschungsfrage und -literatur; Erstellung des finalen Texts.

2.3.4. Qualitätssicherung

Clarke/Braun nennen verschiedene Punkte, die bei der Anwendung der Thematic Analysis zu beachten sind. Fehlerquellen können darin bestehen, dass die erarbeiteten Themen auf den im Interview gestellten Fragen basieren (Braun/Clarke, 2006, 85) oder dass die Daten überhaupt nicht analysiert werden (reine Paraphrase und Zusammenstellung von Datenmaterial). Ziel der Thematic Analysis ist es – so betonen Clarke/Braun – hinter den oberflächlich ablesbaren Inhalt zu dringen, ihm Sinn zu geben und die Bedeutung für die Leserinnen und Leser transparent zu machen (Braun/Clarke, 2006, 94). Als eine weitere Fehlerquelle machen Braun/Clarke die nicht ausreichende inhaltliche Sättigung von Motiven/Themen aus, was zu einer schwachen oder wenig überzeugenden Analyse führt, in der Motive/Themen nicht klar voneinander abgegrenzt oder in sich nicht kohärent und konsistent sind (Braun/Clarke, 2006, 95). Im Hinblick auf die im Grundlagenpapier von Braun/Clarke genannten Punkte (Braun/Clarke, 2006, 96), gelten für die Thematic Analysis die gleichen Qualitätskriterien, wie für die anderen Methoden qualitativer Forschung (Steinke, 1999).

2.4. Bewertung

Die Vorteile der Thematic Analysis liegen unter anderem in ihrer Flexibilität und der Möglichkeit einerseits größere Datenmengen zu analysieren, als auch vertiefendes oder exploratives Vorgehen methodisch zu unterstützen. Ein weiterer Vorzug besteht darin, dass die Methode unabhängig von einer Erhebungsmethode auch bei bereits bestehendem Datenmaterial eingesetzt werden kann; dass die Analyse den Erhebungsprozess nicht begleiten muss (Alhojailan, 2012, 18). Braun/Clarke betonen, dass aufgrund der theoretischen Vorbedingungen, die Sprache – anders als in Methoden der → narrativen oder biografischen Analyse (→ Biografieforschung) – selbst nicht Gegenstand der Analyse sein kann (Braun/Clarke, 2006, 97; 2013, 178). Ferner können bei größeren Studien die Einzelfälle bei globaler Analyse an Beachtung und Bedeutung verlieren (Braun/Clarke, 2013, 180).

3. Thematic Analysis als Methode der empirischen Religionspädagogik

Braun/Clarke formulierten ihren Ansatz der Thematic Analysis zwar im Raum der qualitativ forschenden Psychologie, dennoch gibt es prinzipiell keine Gründe, die gegen eine Verwendung in anderen Fachbereichen sprechen (Braun/Clarke, 2006, 77). Zwar fehlen Erfahrungswerte, da bisher keine Studien in der Religionspädagogik unter Verwendung der Thematic Analysis veröffentlicht wurden, jedoch weist die breite Verwendung der benachbarten/überschneidenden Methoden (inhaltsanalytische Methoden, → Grounded Theory: beispielsweise in Porzelt/Güth, 2000) in der empirischen Religionspädagogik darauf hin, dass die Thematic Analysis auch hier erfolgreich eingesetzt werden kann. Ein denkbares Feld wäre die Verwendung in Studien, die aufgrund der gegebenen Voraussetzungen keine methodisch vollständige → Grounded Theory durchführen können – damit hätte die Thematic Analysis den Raum eingenommen, der zu ihrer Weiterentwicklung durch Braun/Clarke geführt hat.

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