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Symbolkartei

(erstellt: Februar 2019)

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1. Symbole: Wer hat die Deutungshoheit?

Symboldidaktische Unterrichtsarrangements freuen sich im Religionsunterricht der unterschiedlichen Jahrgangsstufen nach wie vor großer Beliebtheit. Für diese Form von religiösem Lernen mit und an Symbolen ist das Symbolverstehen und die Fähigkeit Symbole zu deuten unerlässlich. In diesem Kontext steht auch die Arbeit mit den Symbolkartenkarteien. Deren Einsatz im Religionsunterricht erfordert jedoch einige Klärungen: Welche Voraussetzungen müssen gegeben sein, damit ein Symbol verstanden wird? Welche Symbolkarteien haben welche didaktischen Stärken und Schwächen? Was sind sinnvolle Umgangsweisen mit den Symbolkarteien im Symbollernen (→ Symboldidaktik)? Dieser Beitrag hat neben der Vorstellung konkreter Symbolkarteien auch den Anspruch, Hilfen für diese Klärungen zu bieten.

1.1. Merkmale des Symbols

Eine allgemeingültige Definition von Symbol für alle Verstehensbereiche, in denen von Symbolen gesprochen und in denen Symbole gebraucht werden, ist nicht zu finden. Allerdings lässt sich der Verstehenszusammenhang des Symbols über zentrale Merkmale näher bestimmen, die hier in Anlehnung an Zimmermann (Zimmermann, 2015, 4/5) kurz angeführt werden sollen:

  • Repräsentation: Der Gegenstand oder das Wort steht stellvertretend für eine weitere Dimension. Er verweist auf andere Bedeutung, die nicht mit der objektiv-anschaulichen übereinstimmt. Das Zeichen repräsentiert in seiner Oberflächenstruktur eine tiefere Bedeutung von Wirklichkeit.
  • Soziale Integration: Ein Symbol braucht den Bezug zu einer Gemeinschaft. Wenn es keine soziale Anerkennung für die weitere Dimension oder Bedeutung erhält, ist diese unbedeutend bis nicht-existierend. Erst durch die soziale Anerkennung kommt es zu dieser Bedeutungszuschreibung abseits der Oberflächenstruktur des Zeichens.
  • Verständigung und Erinnerung: Die zweite Dimension eines Gegenstandes oder Wortes setzt eine geteilte Geschichte voraus, um von Bedeutung zu sein. Diese entwickelt sich zum Teil erst über diese gemeinsamen Erinnerungen an Erlebtes oder Ereignisse. Die Passung von Gegenstand bzw. Wort und weiterer Bedeutung und damit das Verständnis der uneigentlichen Bedeutung hängt eben gerade von der sozialen Gemeinschaft und der geteilten Erinnerung ab. Hier gibt es keine Allgemeingültigkeit oder Selbstverständlichkeit.
  • Geschichtliche und gesellschaftliche Einbettung: Da sich Kultur und Gesellschaft wandeln, können sich die Gegenstände und Worte, denen eine weitere Dimension zugeschrieben wird, oder aber die zugeschriebene Dimension zu den Gegenständen und Worten ändern. Ausdrücke und Gegenstände, die im Leben der Menschen in früheren Zeiten eine entscheidende Rolle gespielt haben, heute aber z.B. durch die Industrie oder Technologie abgelöst wurden und faktisch nicht mehr in der Lebenswelt vorhanden sind, werden nicht mehr als Bedeutungsträger wahrgenommen. Gleiches gilt für Ausdrücke oder Gegenstände, die erst in den letzten Jahrzehnten entwickelt und erfunden wurden. Diese können nun Bedeutungsträger werden. Zeichen und Bedeutung sind also unbedingt an den geschichtlichen und kulturellen Kontext rückgebunden.
  • Erschließung einer tieferen Dimension von Wirklichkeit: Die weitere Bedeutung kann gerade im religiösen Kontext Wirklichkeiten aufschließen, über die sich nur symbolisch reden lässt. Das Christentum z.B. geht von einer Wirklichkeit aus, die sich nicht auf die rein anschaulichen und fassbaren Gegenstände beschränkt. Über alle Transzendenzvorstellungen lässt sich jedoch nicht anders als symbolisch reden.
  • Ambivalente Wirkung: Die weitere Bedeutungsdimension eines Zeichens steht in den unterschiedlichen Abhängigkeitsverhältnissen von sozialer Integration, geschichtlichen und kulturellen Kontexten sowie der Erinnerungsgemeinschaft. Damit kann eine Bedeutung nicht eindeutig sein. Für jedes Ding sieht man vielleicht noch eine eindeutige Oberflächenstruktur, aber es lassen sich vielfältige Bedeutungen finden.

1.2. Die aktuelle Herausforderung des Symbollernens

Allen alltäglichen Dingen kann neben ihrer Objekthaftigkeit und ihrer Oberflächenstruktur eine weitere Dimension zugeschrieben werden. Die Dinge erhalten eine Bedeutung, die nicht mit der Tatsachenbedeutung übereinstimmt, sie haben „neben der eigentlichen auch noch eine uneigentliche Bedeutung“ (Zimmermann, 2015, 6). Ihnen wird ein zweiter Sinn zugeteilt, der so in ihrer ursprünglichen Struktur nicht angelegt war. Beide Dimensionen von Objekthaftigkeit und uneigentlicher Bedeutung können in den Dingen gesehen werden, fallen in den Dingen zusammen. Dieses Zusammenkommen der beiden Dimensionen wird übersetzt mit dem Begriff des Symbols. In seiner etymologischen Wurzel meint das Wort gerade das Zusammenfügen von Getrenntem oder das Zusammengefügte (Zimmermann, 2015). Für die Wortbedeutung ist dabei unwichtig, ob mit dem Symbol ein sprachliches oder gegenständliches Zeichen gemeint ist. Auch ein Wort oder ein Satz kann neben dem Sachgehalt eine zweite Bedeutungsebene aufweisen und wird damit zum Symbol.

Zum Symbolverstehen gehört also ein Dreifaches: Das sprachliche oder gegenständliche Zeichen, die Bedeutung sowie der Rezipient bzw. die Rezipientin.

Symbolkartei 1

Alle drei Beziehungen müssen auf eine bestimmte Weise gefüllt werden, damit das Symbolverstehen, in deren Kontext die Symbolkarteien genutzt werden, gelingt bzw. die Möglichkeit, das Symbol zu deuten, besteht. Genau hier bestehen jedoch auch Schwierigkeiten und Herausforderungen, wenn diese Beziehungen gestört sind. Das Zeichen muss die Eigenschaften abbilden, die für die Bedeutung wesentlich sind, für die es ein Symbol sein soll. Die Waage kann nur dann Symbol für Gerechtigkeit sein, solange sie das Ausbalancieren der Gewichte sichtbar werden lässt. Digitale Waagen gleichen nicht mehr sichtbar aus, sondern messen eindimensional das Gewicht.

Gleichzeitig müssen die Rezipientinnen und Rezipienten das Zeichen in seiner Oberflächenstruktur kennen, also genau die Eigenschaften erkennen und mit diesem Zeichen verbinden, die repräsentiert werden sollen. Eine Waage mit zwei Waagschalen und dem aufhängenden Moment, das es in der mechanischen Konstruktion möglich macht, die Gewichte auszubalancieren, kennen bestimmte Generationen schon in seiner Objekthaftigkeit bzw. seiner Oberflächenstruktur nicht mehr. Ohne diese Kenntnis ist auch die Bedeutung von Gerechtigkeit nicht zugänglich. Ein ähnliches Phänomen beobachtet Gerhard Büttner auch für die biblischen Gleichnisse (Büttner, 2018): Der gute Hirte ist nur dann als Bild für Gott sinnvoll, wenn die Rezipientinnen und Rezipienten den Hirten als realen Beruf kennen und erleben. Wenn in beiden Fällen das Zeichen (Waage oder Hirte) nicht bekannt ist, braucht es im Symbollernen also zunächst den Schritt, deren Oberflächenstrukturen zu erschließen. Hier ist jedoch eine Herausforderung, die gleichzeitig absurd wirkt: Es wird daran gearbeitet, dass ein unbekanntes Zeichen verstanden wird, um dieses dann als Symbol nutzen zu können. Angela Kunze-Beiküfner macht hier den Vorschlag, Änderungen auf der Ebene der Zeichen vorzunehmen und statt der Waage für Kinder und Jugendlichen den Schiedsrichter als Symbol für Gerechtigkeit zu nutzen (Kunze-Beiküfner, 2017).

Dazu kommt, dass die uneigentliche Bedeutung bzw. zweite Dimension des Zeichens sinnstiftenden Bezug zum Leben der Rezipientinnen und Rezipienten haben muss. Wenn die Bedeutung keine Rolle im Leben und Horizont der Rezipientinnen und Rezipienten spielt, werden sie diese auch nicht in dem Zeichen erkennen. Ein Bild, auf dem ein Mensch einem anderen auf die Beine hilft, werden Schülerinnen und Schüler als zwischenmenschlich-begründetes Helfen deuten, wenn das Konzept der Nächstenliebe in ihrem Leben nicht mehr in Verbindung mit der Liebe Gottes steht. Für das Symbolverstehen oder Symbollernen sind diese drei Beziehungen essenziell. Mit Bezug auf religionspädagogische Anwendungen stehen gerade hier Herausforderungen und zum Teil auch Verstehensabbrüche, wenn biblische Bilder von vor 2000 Jahren genutzt werden, die aber entweder auf der Zeichenebene oder auf der Bedeutungsebene nicht mehr von den Rezipientinnen und Rezipienten verstanden werden.

Wenn im weiteren Symbolkarteien vorgestellt werden, so werden sich diese daran messen lassen müssen, inwiefern sie die Verstehenszusammenhänge und -schwierigkeiten berücksichtigen und wie sie auf diese reagieren.

2. Die Symbolkartei in Theorie und Praxis

2.1. Allgemeine Grundzüge von Symbolkarteien

Geprägt wurde der Begriff der Symbolkartei von Rainer Oberthür, der eine solche als Arbeitsmaterial für Religionsunterricht und Gemeinde veröffentlichte. Verwendung findet diese Bezeichnung daher im Wesentlichen in Bezug auf diese Publikation. Trotzdem soll hier eine Abstraktion der Konkretion Oberthürs versucht werden und andere Beispiele hierzu in Bezug gesetzt werden.

Im Kern zeichnen eine solche Symbolkartei zwei wesentliche Elemente aus: (1) Zunächst ist die Symbolkartei eine Sammlung von unterschiedlichen Symbolen in einer größeren Anzahl. Ob es sich dabei um Abbildungen von Symbolen, also Gegenständen auf Karten handelt, um gemalte Bilder oder Fotografien oder die tatsächlichen Gegenstände, ist dabei unerheblich. Wichtig ist, dass die Gegenstände das Potential und die Offenheit haben, zu einem Symbol zu werden oder bereits für eine soziale Gruppe oder eine Erinnerungsgemeinschaft ein Symbol sind. (2) Ein zweites konstitutives Element ist die Systematisierung der Symbole. Eine bloße Sammlung stellt noch keine Kartei dar. Erst durch die Ordnung der Symbole wird die Sammlung zu einer Kartei. Auch hier ist zunächst nebensächlich, woran sich diese Systematik orientiert. Hierbei kann es sich um gegenstandsinterne Kriterien handeln, z.B. entlang der dominierenden Farben oder des Herkunftskontexts (Natur, oder ähnliche). Die Ordnung kann aber auch thematisch hergestellt werden. Dann werden die Gegenstände Themen zugeordnet, für die eine Passung vorstellbar ist. Symbolkarteien werden für den didaktischen Kontext entwickelt. Die Zielgruppe kann dabei variieren, so dass auch die Möglichkeit der Passung eines Themas oder eines Gegenstandes zu einem Thema sich ändern kann.

2.2. Beispiele für Symbolkarteien

Neben der erwähnten Symbolkartei von Rainer Oberthür lassen sich kleinere Symbolkarteien auf niedrigerer Publikationsebene, z.B. als ergänzende Kopiervorlage oder Download zu Zeitschriftenartikel finden. Zwei von diesen sollen hier auch vorgestellt werden. Die drei Symbolkarteien werden nach ihrer grundsätzlichen Vorstellung an die Merkmale des Symbolverständnisses rückgebunden.

  • Kartei von Symbolkarten

Rainer Oberthür trägt 88 Symbol- und Erzählbilder zusammen, die von Mascha Greune auf Oberthürs Motivsammlung hin illustriert wurden. Die Karten stehen auf Din A6 Pappkarten zur Verfügung. „Zum einen werden auf vielen Bildern konkrete und elementare Symbole gezeigt. Zum anderen sind auf den Bildern symbolische Handlungen, Situationen zwischen Menschen sowie elementare Erfahrungen des einzelnen Menschen zu sehen“ (Oberthür, 2013, 21). Entsprechend gibt es Karten mit konkreten Abbildungen von Handlungen wie Tanzen, Töpfern oder Umarmen. Andere Karten zeigen Gegenstände wie den Mond, eine Sanduhr, einen König oder Abbildungen von Wegen und -gabelungen, Burgen und Städte. Auf weiteren Karten werden abstraktere Zeichen abgebildet wie eine Kugel mit Schatten oder Zahlen, ein Ausrufezeichen oder Farbabbildungen. Sortiert sind die 88 Motive in fünf Themenfelder, die grundsätzlich eigenständig sind, aber in sich Verbindungen aufweisen. Die Themenfelder sind Mensch („Was ist der Mensch? Wir fragen nach unser selbst und nach den anderen“), Welt („Die Welt zeigt sich im Sichtbaren. Wir erfahren die Welt in den Dingen und Tatsachen“), Symbole („Symbole erschließen die Welt der Religion. Wir reden in Symbolen von unserem Glauben“), Bibel („Die Bibel erzählt von Gott und der Welt. Wir finden uns selbst in geoffenbarten Geschichten und Sätzen“) und Gott („Gott zeigt sich in unzähligen Bildern. Wir erzählen mit und in Bilden von Gott“).

Die Karten sind von den Motiven her sehr unterschiedlich. Durch die Themenfelder hat der Autor optionale Zuordnungen vorgenommen, für die die Motive Stellvertretungen übernehmen können. Die Motive sind kulturell und zeitlich auf die Zielgruppe der heutigen Grundschulkinder abgestimmt. Oberthür besetzt den Begriff des Symbols jedoch unterschiedlich. Er eröffnet eine eigene Kategorie ‚Symbole‘, die er speziell auf Religion und Glaube bezieht. Er stellt im Rahmen der methodischen Überlegungen zwölf Zugänge speziell zu den Symbolen vor. Gleichzeitig nennt er aber die ganze Sammlung der Karten ‚Symbolkartei‘. Der Untertitel ‚Symbol- und Erzählbilder‘ fasst allerdings wohl besser den Inhalt der Karten, da die Symbole neben Bildern stehen, die explizit zum Erzählen anregen sollen, da sie bekannte Alltagssituationen darstellen. Offen bleibt aber, ob Oberthür diese auch den Symbolen zuordnen würde, er bezeichnet sie zumindest nicht so. Vor dem methodisch-didaktischen Einsatz der Karten ist also bewusst zu reflektieren und zu entscheiden, welche Themenfelder oder welche Kategorien von Abbildungen eingesetzt werden sollen.

  • Kartei von Realsymbolen

Für die religionsdidaktische und -pädagogische Arbeit hat Angela Kunze-Beiküfner einen Gotteskoffer entwickelt, um die Konzeptionen und Vorstellungen von Gott ins Gespräch zu bringen. Grundlage ist die Annahme, dass Gotteskonzeptionen nicht nur von Theologinnen und Theologen, sondern von allen Gläubigen erdacht werden. Kunze-Beiküfner stellt sich damit in die Tradition des Theologisierens mit Kindern und Jugendlichen (→ Kindertheologie; → Jugendtheologie), aber eben auch Erwachsenen. Der Gotteskoffer soll diese Arbeit des Theologisierens, des angemessenen Redens über Gott und die reflexiven Gespräche zu den eigenen Gottesbildern unterstützten. Der Gotteskoffer versucht nicht ausschließlich die kognitive Komponente zu bedienen, sondern bezieht das Fühlen und Sehen explizit mit ein. Dafür enthält der Gotteskoffer Legematerialien, um eigene Gottesbilder zu entwerfen oder Gottesbeziehungen zum Ausdruck zu bringen. Der größte Bestandteil des Gotteskoffers sind jedoch Symbole zu biblischen Gottesmetaphern. Die Symbole beziehen sich bewusst nur auf das Alte Testament, um weder christologische noch trinitarische Dimensionen einzubeziehen. Die Symbole sind als reale Gegenstände vorhanden, z.B. Figuren eines Königs oder Hirten, eine Waage oder eine Burg, ein Schild, Rettungsring oder Schirm, ein Adler oder auch ein Spiegel. Die Symbole orientieren sich an ausgewählten biblischen Versen zum Gottesbild und sind gegliedert nach den Fragen Wer ist Gott? Wie ist Gott? und Wo ist Gott? „Enthalten sind ganz bewusst auch sich anscheinend widersprechende Symbole oder Symbole, die nicht eindeutig zuzuordnen sind. Der Gotteskoffer enthält auch mindestens ein Symbol für den Zweifel oder die Ablehnung der Existenz Gottes (z.B. das Fragezeichen)“ (Kunze-Beiküfner, 2017, 11).

Die Symbole stehen alle nicht für sich, sondern wollen eine Perspektive auf Gott repräsentieren oder stehen stellvertretend für Eigenschaften Gottes, auf die sie hindeuten wollen. Der Gotteskoffer bedient sich für seine Symbole der Grundlage des Alten Testaments. Die Autorin selbst beschreibt, dass einige Symbole für manche Zielgruppen aktuell nicht mehr passend sind, da für die Kinder zunächst die Oberflächenstruktur des Gegenstandes aufgeschlossen werden muss, bevor der symbolische Gehalt seine Wirkung entfalten kann. So bildet die Waage für einige Kinder nicht mehr automatisch die Dimension von Gerechtigkeit ab. Eine Aktualisierung könnte nach Vorstellungen der Autorin hier die Figur eines Schiedsrichters sein. Die Relevanz der kulturellen Kontexte dieser Gegenstände zeigt sich hier ganz explizit. Gegenstände oder Objekte, die vor über 2000 Jahren ganz selbstverständlich genutzt werden konnten und für alle vertraut waren, gelten heute nicht mehr zwingend. Von dem Verständnis der Gegenstände hängt jedoch letztlich ab, ob diese von der Gemeinschaft getragen werden oder durch eine geteilte Erinnerung mit Bedeutung belegt werden. Sie möchten jedoch alle die Wirklichkeit Gottes für die Lernenden jeden Alters aufschließen, um über sie ins Gespräch zu kommen. Da die Auswahl der Gegenstände anhand ausgewählter Bibelstellen geschieht, ist die Offenheit der Deutung möglicherweise eingeschränkt. Die Symbole wollen sehr eindeutige Antworthinweise auf die Fragen wer, wie und wo geben.

  • Fotokarteien

Der Beitrag von Jochen Walldorf im Heft 29 der Lehrerzeitschrift ‚Religion 5 bis 10‘ von 2018 im Friedrich-Verlag zum Thema ‚Was kommt nach dem Tod?‘ ist überschrieben mit ‚Ewiges Leben – was heißt das?‘ In einer Lerneinheit sollen sich die Schülerinnen und Schüler mit biblischen Bildern zum ewigen Leben auseinandersetzen, Textstellen lesen und entsprechende Überschriften finden. Außerdem wird ihnen eine Fotokartei zur Verfügung gestellt, aus der sie passende Bilder auswählen können. Die Fotos sind überwiegend von Peter Kristen. Walldorf hat hier vierzehn Fotos gesammelt. Die Fotomotive sind dabei möglichst unterschiedlich gehalten. Zum einen gibt es sehr konkrete Bilder wie einen Weg durch die Natur oder eine Hängebrücke über einer hohen Schlucht. Am Ende kann man durch den Nebel die Bergspitze mit einem Gipfelkreuz und das Ende der Brücke erahnen, während ein Mensch auf dieses zu läuft. Zum anderen finden sich Abbildungen von Kunstwerken oder Installationen wie ein Labyrinth aus Messing oder eine Bronzefigur in einer Art Kindchenstellung oder die Aussage Vergil „No Day shall erase you from the memory of time“. Darüber hinaus gibt es arrangierte Bilder wie die eines Grabsteins mit der Aufschrift „Dein Reich komme“ oder einem Smartphone in einer mit Sand gefüllten Schale.

Alle Fotos bilden alltägliche Dinge ab, die hier stellvertretend für verschiedene Vorstellung des ewigen Lebens stehen sollen und damit Repräsentanten dieser Vorstellungen sind. Ob die Fotografien zu Symbolen werden, die in die Gemeinschaft integriert sind und von ihr getragen werden, wird von Lerngruppe und Zielgruppe abhängen. Im konfessionellen Religionsunterricht steht jedoch eine Erinnerungsgemeinschaft im Hintergrund, die hier mit den biblischen Texten eingeholt wird, die diese Abbildungen mit Bedeutung belegen könnte. Die kulturelle und geschichtliche Einbettung gelingt gut, da die Fotos aktuelle Motive wie das Smartphone oder ein Haus mit Spiegeloberfläche aufnehmen, die aus der heutigen Lebenswelt der Zielgruppen bekannt sind. Das Thema ‚Ewiges Leben‘ ist weder fassbar noch beobachtbar und gehört zu einem sehr speziellen Wirklichkeitsanspruch, so dass sich nur über solche Bilder oder Symbole von ihm reden lässt. Die Fotos sind sehr offen und lassen vielfältige Deutungen zu. Mit Blick auf die zum Teil jedoch sehr abstrakten Bilder braucht es einige Anstrengung, um hier Symbole für ein ewiges Leben entschlüsseln zu können (z.B. die spiegelnde Häuserfront). Die Fotos sind hier in ihrer Ordnung – ähnlich wie der Gotteskoffer – monothematisch ausgerichtet.

Im Umgang mit Symbolkarteien in Kartenform, mit Realsymbolen oder Fotografien ist es also einerseits wichtig, mit der Begrifflichkeit des Symbols angemessen zu agieren. Gerade für den Lernprozess von jungen Lernerinnen und Lernern ist hier wichtig, das Symbol nicht nur auf den religiösen Kontext zu reduzieren. Das Merkmal der geschichtlich, gesellschaftlichen und kulturellen Einbettung des Symbols ist für den religionsdidaktischen und religionspädagogischen Kontext von großer Bedeutung. Die Bibel bietet einerseits eine große Sammlung an Bildern von Gott. Andererseits sind diese nunmehr 2000 Jahre alt. Wenn diese Symbole eingesetzt werden, ist also gut zu überlegen, ob die Gegenstände, die zu Bedeutungsträgern werden sollen, für die Zielgruppe heute verständlich sind – und dies zunächst in ihrer Oberflächenstruktur. Wenn dieses Erstverständnis nicht gegeben ist, wird die Symbolisierung nur schwierig oder mit viel Mehraufwand gelingen. Gleichzeitig lässt sich von der Fotokartei lernen, dass auch die Bilder oder Gegenstände in ihrer Offenheit und ambivalenten Bedeutungszuschreibung nicht zu groß sein sollten. Der Ansatz, die aktuelle kulturelle Situation der Zielgruppe aufzunehmen, steht dann vor der Herausforderung, passende Bedeutungsträger zu finden, die einen Zugang zu dieser zweiten Bedeutung ermöglichen.

3. Umgangsmöglichkeiten mit einer Symbolkartei

3.1. Umgang mit der Symbolkartei bei Kindern und Jugendlichen

In dem Begleitbuch zu seiner Symbolkartei beschreibt Rainer Oberthür 44 Zugänge, um mit den Bildkarten umzugehen, in die er auch eigene unterrichtliche Erfahrungen mit den Bildkarten einfließen lässt (Oberthür, 2013). Vorwiegend geht es hier darum, ausgehend von den Symbolkarten theologische Gespräche mit den Kindern zu beginnen, so dass die Symbole zu Gedankenstützen für ein gezieltes Thema werden. Die Symbole, ob auf Karten oder in realer Form, können aber auch zu anderen Gelegenheiten genutzt werden. Wenn beispielsweise in der Sakramentenvorbereitung an Abenden der Versöhnung ein Glaubens- oder Lebensweg reflektiert wird, so können die Symbole genutzt werden. Stundenreflexionen im Unterricht oder Tagesreflexionen von Tagen religiöser Orientierung können genauso anhand dieser Symbolkarteien durchgeführt werden. Hier werden die Symbole sicherlich nicht im Sinne derer genutzt, die sie als Kartei beispielsweise zum Thema Gott zusammengestellt haben, aber durch das Merkmal der offenen Wirkung ist klar, dass die Zeichen für unterschiedliche Bedeutungen stehen und so auch in verschiedenen Kontexten zum Einsatz kommen können.

3.2. Reflexiver Umgang mit der Symbolkartei bei Erwachsenen

Den entwicklungspsychologischen Phasen für das Symbolverstehen nach Schweitzer folgend befinden sich Erwachsene in der nachkritischen Phase. „Die Bedeutung des Symbolverweises auf z.B. Unaussprechliches wie Transzendenz“ (Zimmermann, 2015, 7) wird anerkannt und wertgeschätzt. Für diese Phase hat Angela Kunze-Beiküfner für die Arbeit mit dem Gotteskoffer spezielle Anregungen entwickelt: Es werden einige Gegenstände aus dem Koffer herausgeholt und zunächst eigenständig, dann noch einmal in Bezug auf ausgewählte Bibelverse gedeutet. Kunze-Beiküfner sieht nun einen Moment der individuellen, ja eigentlich biographischen Gestaltung vor. Sie lädt die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein, einerseits Herzen und andererseits schwarze Steine zu verteilen. Mit diesen markieren sie, welche Gottesbilder und -vorstellungen sie wie ein Stein belasten und welche ihnen nahe sind, also am Herzen liegen. In diesen Momenten wird es dann spannend, wenn Gegenstände zugleich mit Herzen und Steinen belegt wurden. Diese vermeintlichen Spannungen können gut zum Ausgangspunkt theologischer Gespräche werden. Andererseits schlägt die Autorin vor, dass die Teilnehmerinnen und Teilnehmer Gegenstände mit kleinen und großen Holzfiguren markieren und die entsprechenden Gegenstände mit einem Faden verbinden. Auf diese Weise kann ein biographischer Weg der Gottesvorstellungen von Kindheit über Jugend bis hin zum Erwachsenenalter nachgezeichnet werden und zur Reflexion einladen. Wo treffen sich Vorstellungen und wo entwickeln sie sich parallel oder auseinander? Beide Arbeitsschritte setzen die Gegenstände als Vertreter eines bestimmten Gottesbildes, wie es das Alte Testament beschreibt, ein. Trotzdem leben sie gerade von der Ambivalenz der Wirkung und Bedeutungszuschreibung, die für die reflexive und theologisierende Arbeit zu einem gewichtigen Merkmal wird (Kunze-Beiküfner, 2017).

3.3. Chancen und Grenzen im Theologisieren mit einer Symbolkartei

Zwei Aspekte sind für den Einsatz von Symbolkarteien mit Kindern und Jugendlichen zu beachten, die hier abschließend kurz thematisiert werden sollen. Die Symbolkartei von Rainer Oberthür ist explizit für die Grundschule entwickelt. Die Kinder steigen in dieser Lern- und Entwicklungsphase in das symbolische Denken ein. Es ist wichtig zu entdecken, was überhaupt ein Symbol ausmacht und das es neben der sichtbaren und fassbaren Welt eine andere Wirklichkeit gibt, über die sich existentiell reden lässt. Die Entwicklungsarbeit am symbolischen Denken ist aber mit Ende der Grundschulzeit nicht abgeschlossen. Schweitzer zeigt, dass im Jugendalter noch wichtige Schritte gegangen werden, bevor die Symbole im nachkritischen Verständnis wertgeschätzt werden (Schweitzer, 2010). Im schulischen Religionsunterricht gilt es daher, die Arbeit mit den Symbolen nicht abbrechen zu lassen. Als Grundlage für theologische Gespräche bieten die Symbolkarteien großes Potential. Dabei können Fotokarteien wie die von Walldorf helfen, die sich mit den Bildwelten an den Gewohnheiten der Jugendlichen orientieren. Aber auch die scheinbar kindlichen Darstellungen der Symbolkartei von Oberthür können hier Gespräche eröffnen (Kohlmeyer, 2016).

Die Basis für die Arbeit mit den Symbolkarteien ist allerdings die kognitive Fähigkeit, einem Gegenstand eine weitere Bedeutung zuzuschreiben, die auf eine andere Wirklichkeit verweisen könnte. Der Ansatz ist damit insgesamt kognitiv geprägt. Hier scheinen sich Grenzen einerseits mit Blick auf das Gemeinsame Lernen der Inklusion zu ergeben. Der Förderschwerpunkt Sehen hat mit diesem stark visuell geprägten Material seine Schwierigkeiten. Der Gotteskoffer kann dies mit seinem haptischen Anspruch zumindest zum Teil auffangen. Die Förderschwerpunkte Lernen sowie geistige Entwicklung stehen hier unter Umständen vor einer Hürde, die rein entwicklungspsychologisch nicht übersprungen werden kann. Andererseits tun sich mit Blick auf Kinder aus bildungsfernen Milieus Grenzen auf, da sie unter Umständen sprachlich und kognitiv diese Reflexionsleistung nicht schaffen. Der Vorwurf der Milieuverengung, der zum Teil der Kindertheologie gemacht wird, greift hier ebenfalls im Ansatz (Grümme, 2013).

Literaturverzeichnis

  • Büttner, Gerhard, Elementare Anfänge. Zu den kognitiven Voraussetzungen religiösen Verstehens, in: Büttner, Gerhard/Mendl, Hans/Reis, Oliver (Hg. u.a.), Religion Lernen. Jahrbuch für konstruktivistische Religionsdidaktik, Heterogenität im Klassenzimmer, Babenhausen 2018 (in Vorbereitung).
  • Grümme, Bernhard, Mit bildungsfernen Schülern theologisieren. Skizze einer kritisch marginalitätssensiblen Kindertheologie, in: Religionspädagogische Beiträge 70 (2013), 31-42.
  • Kohlmeyer, Theresa, Vielfältigkeit denken. Wie Schülerinnen und Schüler im Religionsunterricht argumentieren lernen, Religionspädagogik innovativ 15, Stuttgart2016.
  • Kunze-Beiküfner, Angela, Der Gotteskoffer, in: rpi-Impuls (2017) 1, 11-13.
  • Oberthür, Rainer, Die Symbol-Kartei. 88 Symbol- und Erzählbilder für Religionsunterricht und Gruppenarbeit, München 2. Aufl. 2013.
  • Schweitzer, Friedrich, Lebensgeschichte und Religion. Religiöse Entwicklung und Erziehung im Kindes- und Jugendalter, Gütersloh 7. Aufl. 2010.
  • Walldorf, Jochen, Ewiges Leben – was heißt das?, in: Religion 5 bis 10, Themen – Unterrichtsideen – Materialien, 29 (2018) 23-27 sowie Materialheft 25-31 und Materialpaket.
  • Zimmermann, Mirjam, Art. Symboldidaktik (2015), in: Das wissenschaftlich-religionspädagogische Lexikon im Internet www.wirelex.de, (https://doi.org/10.23768/wirelex.Symboldidaktik.100018, PDF vom 10.10.2017).

Abbildungsverzeichnis

  • Beziehungen im Symbolverstehen © Theresa Kohlmeyer

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