Supervision, Lehrkräfte
(erstellt: Februar 2018)
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Digital Object Identifier: https://doi.org/10.23768/wirelex.Supervision_Lehrkrfte.200356
1. Definition, Geschichte und Gegenwart
„Das war das Beste, was ich je gemacht habe, als ich mich zur Supervision angemeldet habe“ urteilt eine Grundschullehrerin. Auch der renommierte Supervisionsforscher N. Belardi hält die Entwicklung von Supervision für eine „bedeutende Entdeckung“ in den an „originären Neuerungen“ eher armen Sozial-, Human- und Geisteswissenschaften (Belardi, 2015, 195).
Da der Begriff Supervision in Deutschland nicht geschützt ist, kann er in unterschiedlichsten Kontexten verwandt werden: Jede Kinobesucherin kennt vom Abspann den supervisor und auch ein Blick auf die lateinische Herkunft führt nicht zu mehr Klarheit. Doch Supervision mit Lehrkräften hat von ihrem Selbstverständnis her weder mit Kontrolle noch Überwachung durch Vorgesetzte zu tun (Belardi, 2015, 29; Schreyögg, 2015, 109).
Die DGSv (Deutsche Gesellschaft für Supervision und Coaching e.V., gegründet 1989, über 4.400 persönliche und 35 juristische Mitglieder) hat durch die Zertifizierung der Ausbildungen, die Formulierung von Qualitätsstandards, die Förderung von Forschung und best practice-Modellen eine Vorstellung von Supervision geprägt, die Rahmenbedingungen setzt und so professionsdefinierend wirkt (siehe www.dgsv.de/dgsv)
Die Generierung einer eigenständigen Profession Supervisor/Supervisorin (→ Professionsforschung
Ausgehend von ihren Wurzeln basiert die Supervisionsausbildung auf einem Weiterbildungskurssystem, das von privatrechtlichen Weiterbildungsinstituten verantwortet wird. Voraussetzung ist in der Regel ein Studium und eine grundständige Berufsausbildung. Die Institute selbst sind oft an therapeutische Schulen gekoppelt. Ab den 1990er-Jahren konnten sich zunehmend integrative Supervisionskonzepte etablieren, die pragmatisch (Buer, 2004a, 17) fragen, wie sie ihre Supervisanden am wirkungsvollsten unterstützen können. Konkurrenz erwächst den Weiterbildungsinstituten durch die Beteiligung der Hochschulen, die in Folge des Bologna-Prozesses verstärkt auf den Supervisionsmarkt drängen (siehe DGSv unter https://www.dgsv.de/beraterin-werden/weiterbildung/
2. Supervision mit Lehrkräften: Geschichte, Anbieter, Kosten
Lehrerinnen und Lehrer wurden in ihrer Ausbildung immer schon in verschiedenen Formen beratend begleitet. Ausgehend von einem Verständnis von Supervision als eigenständiger Profession kann man aber sagen, dass erst seit den 1990er-Jahren (Ehinger/Hennig, 1997; Jugert, 1998; Mutzeck, 1996; Pallasch/Reimers, 1995; Petermann, 1995 u.a.), dann aber vor allem mit der Gründung des Arbeitsbereiches „Supervision und Schule“ durch die DGSv im Jahr 2003 Lehrkräfte als Zielgruppe verstärkt in den Blick kamen. Forschungsprojekte begannen, sich mit der Wirksamkeit supervisorischen Handelns im Feld Schule wissenschaftlich auseinander zu setzen (DGSv, 2008, 48-52). In etlichen Bundesländern wird Supervision für Lehrkräfte von Arbeitgeberseite ermöglicht (z.B. durch die Schulaufsicht, staatliche Lehrerfortbildung, Schulpsychologinnen und -psychologen). Allerdings sind diese oft nur für Leitungskräfte oder eingegrenzte Zielgruppen ausgeschrieben (Supervision als „Feuerwehr“).
Daneben gibt es freie Anbieter, die von außen kommen und gegebenenfalls einen neutraleren Blick auf das System Schule mitbringen. Ob Feldkompetenz eher ein Vor- oder Nachteil ist, wird kontrovers diskutiert (Belardi, 2015, 36f.; anders Neumann-Wirsig, 2016, 14; Denner, 1998, 149). „Schulnahe“ Anbieter von Supervision – wie die pädagogisch-theologischen Institute der Kirchen oder Fort- und Weiterbildungseinrichtungen der Hochschulen – werben mit ihrer Unabhängigkeit und Feldkompetenz zugleich.
Problematisch ist die extrem uneinheitliche Kostenstruktur: Während vom Arbeitgeber verantwortete Supervisionssettings in der Regel kostenlos sind, die kirchlichen Institute ihre Angebote meistens stark bezuschussen, liegen die Sätze auf dem „freien Markt“ deutlich höher.
3. Beratungsformat
3.1. Format-Merkmale
Eine einheitliche Meta-Theorie der Supervision fehlt nach wie vor. Man mag das beklagen (Petzold/Schigl/Fischer/Höfner, 2003; Gröning, 2016), es als Chance sehen (Möller, 2001, 320f.) oder mit R. Haubl „nach Wegen […] suchen, wie sich die Erzeugung von Wissen durch wissenschaftliche Forschung und die praktische Erzeugung von Erfahrungswissen in wechselseitiger Anerkennung miteinander verbinden lassen“ (2009, 190f.). Als Minimalkonsens lassen sich folgende Format-Merkmale festhalten:
3.2. Abgrenzung des Beratungsformates
Um keine falschen Erwartungen zu wecken, sind die Potenziale von Supervision in Relation zu anderen Beratungsformaten deutlich zu benennen.
3.3. Settings
Supervision kann als Einzelsupervision (Sitzungsdauer in der Regel 60-90 Minuten; Vorteil: ungeteilte Aufmerksamkeit der Supervisorin bzw. des Supervisors), Gruppensupervision (Dauer in der Regel 120-180 Minuten; Zusammensetzung: Lehrkräfte aus unterschiedlichen Schulen; Vorteil: Gruppe als Ressource/Resonanzraum) oder Team- bzw. (Teil-)Organisationssupervision (mehrere Lehrkräfte aus einer Schule) in Anspruch genommen werden.
Die kollegiale Fallberatung (kollegiale Supervision oder Intervision) erfährt recht hohe Wertschätzung (Vorteile: Praxisnähe, vielfältige Resonanzen; Nachteile: gegebenenfalls fehlende Kompetenz für bestimmte Fragestellungen; gemeinsame „blinde Flecken“; keine klare Zielorientierung) (Belardi, 2002, 90f.; Fallner/Gräßlin, 1990; Salomonson, 2017; Schlee, 2012; Tietze, 2003).
Bei interner Supervision werden Supervisorinnen und Supervisoren durch den Arbeitgeber gestellt und finanziert. Bisweilen versucht der Auftraggeber Einfluss auf Themen und Ziele zu nehmen. Bei externer Supervision kommen die Supervisoren und Supervisorinnen von außen. Auch sie können durch den Arbeitgeber bestellt und finanziert werden. In einem Dreieckskontrakt sind die Bedingungen zwischen den Vertragspartnern zu regeln (Jetzschke, 2006, 37f.).
3.4. Erstkontakt, Erstgespräch, Kontrakt
Bereits im Erstkontakt gilt es zu klären, ob Beratungsangebot und Beratungsnachfrage zueinander passen. Im gegebenenfalls anschließenden Erstgespräch werden mitgebrachte Erwartungen, Themen, Hintergründe konkretisiert und das Arbeitskonzept vorgestellt. Darüber hinaus dient es dem gegenseitigen Abtasten; nur wenn „die Chemie stimmt“, ist eine vertrauensvolle Beziehungsarbeit möglich (Gröning, 2013, 148).
Es folgt die Kontraktarbeit, in der über die Rahmenbedingungen informiert, Rechtssicherheit hergestellt und konkrete Arbeitsabsprachen getroffen werden. Was im Kontraktgespräch nicht vereinbart wird, meldet sich oft im späteren Prozess unterschwellig wieder (Belardi, 1998, 71; Gröning, 2013, 135).
Bei Dreieckskontrakten, wenn etwa die Schule die Supervision aus ihrem Fortbildungsetat finanziert, ist im Vorfeld unbedingt zu klären, welche Erwartungen z.B. die Schulleitung mit der Supervision verbindet, wie der Vertrauensschutz gewährleistet werden kann, worüber außerhalb der Gruppe in welcher Weise gesprochen werden darf etc. (Kaldenkerken, 2014, 83-120; West-Leuer, 2017, 170-174).
4. Die Praxis
Auch wenn die exakte wissenschaftliche Erforschung der Wirksamkeit beraterischen Handelns nach wie vor umstritten ist (Roth/Ryba, 2016, 307-333), gilt es als „erwiesen, dass Supervision vor allem auf der individuellen Ebene, dann auf der Gruppen- und Teamebene hilft“ (Belardi, 2015, 195; siehe auch Denner, 2000; Döring-Seipel/Dauber, 2013; Erbring, 2009; Hamburger-Mertens, 2017; Jetzschke, 2006; Thiel, 2013).
W. Helsper (2016, 111-118) hat die „pädagogischen Antinomien im Lehrerhandeln“ herausgearbeitet und gezeigt, welche Rollenkonflikte damit strukturell vorgegeben sind. „In diesem schwierigen Arbeitsfeld stützt pädagogische Supervision den einzelnen, deckt ebenso individuelle blinde Flecken auf und fördert kommunikative und beraterische Kompetenz. Weiterhin werden Defizite der Institution Schule aufgedeckt, und ein Verschleiern der Probleme von Seiten der Schulträger wird schwieriger“ (Joswig, 2001, 51).
Daneben stehen schwer zu überwindende Vorbehalte. Irritiert beobachtet N. Belardi, „dass im Arbeitsfeld Schule die Supervision und ähnliche Hilfsmöglichkeiten noch viel zu wenig angekommen sind“ (2015, 161). Gründe sind die Sorge, „klientifiziert zu werden“ (Schreyögg, 2015, 109), als Versager zu gelten, das „Einzelkämpfertum“, die Kosten, zusätzlicher Zeitaufwand (Meyer, 2016, 10) und eine im deutschen Schulsystem fehlende „Kultur professioneller Beratung“ (Meyer, 2016, 13).
Supervision kann auch schaden, wenn sie unprofessionell durchgeführt oder zwangsverordnet wird (Belardi, 2015, 88). Erfahrene Supervisorinnen praktizieren deshalb z.B. die Stopp-Regel, die es Supervisanden erlaubt, die „Notbremse“ zu ziehen, wenn sie sich im Beratungssetting nicht mehr sicher fühlen (Ehrhardt/Petzold, 2014).
4.1. Anlässe
Alles, worüber ich länger als drei Minuten grübele, hat in der Supervision einen Ort! Es müssen nicht schwer wiegende Probleme oder unlösbar erscheinende Konflikte sein. Viel zu selten wird der präventive Nutzen von Supervision wahrgenommen (Heymann, 2016, 6; Nieskens/Rupprecht/Erbring, 2012, 49; Thiel, 2013, 144f.).
Denner (2000, 187) wendet das „klassische“ Supervisionsmodell von Weigand (DGSv, 2004, 19) auf die Situation von Lehrkräften an und entwickelt vier Betrachtungsebenen für supervisorisches Arbeiten:
4.1.1. Pädagogische Professionalität und Kommunikation
Lehrkräfte sind „die wichtigsten Akteure im Bildungsprozess“ (Hattie, 2014, 24). Supervision unterstützt sie bei der Entwicklung professioneller Kommunikationskompetenz, die wiederum den Schülerinnen und Schülern in der Wahrnehmung ihrer Selbstverantwortung zu Gute kommt (Erbring, 2009).
4.1.2. Gesundheit im Lehrerberuf
Der Gesundheitszustand der Lehrkräfte hat Auswirkungen auf den Unterricht (Rothland/Klusmann, 2016, 364). Umso mehr lassen Forschungsergebnisse aufhorchen, die darauf hindeuten, dass ein beträchtlicher Anteil der deutschen Lehrerschaft gesundheitlich deutlich gefährdet zu sein scheint (Döring-Seipel/Dauber, 2013; Nübling/Stannigel, 2016, Rothland, 2013; Schaarschmidt/Kieschke, 2007).
Menschen kommen gut durch ihren Berufsalltag, wenn innere und äußere Ressourcen bzw. Belastungen sich in einer ausgewogenen Balance befinden. An dieser Schnittstelle zwischen Therapie und Vorsorge kann Supervision wichtige Impulse geben (Belardi, 2015, 161): Strategien der Abgrenzung einüben, Resilienz stärken, Selbstabwertungen erkennen, Fehlerfreundlichkeit erproben, Ungewissheitstoleranz (Döring-Seipel/Dauber, 2013, 62) zulassen, „ressourcenstarke Erinnerungsanker“ (Erbring, 2015, 212) legen, Orte aufsuchen, wo Kohärenzgefühl erfahren werden kann, sich selbst realistische Ziele setzen, die „subjektive Bedeutsamkeit der Arbeit“ neu entdecken, nach Unterstützungsmöglichkeiten suchen, Handlungsoptionen entwickeln, wo Selbstwirksamkeitserleben wahrscheinlich ist, sich für „Entspannungs- oder Achtsamkeitstrainings“ öffnen (Erbring, 2015, 212-217), den Umgang mit Stress mehrperspektivisch beleuchten, sich konkrete kleine Verhaltensänderungen vornehmen, um so den Ressourcenindex (= die Gesamtheit aller verfügbaren Ressourcen; Döring-Seipel/Daiber, 2013) zu erhöhen.
4.1.3. Ausbildungskontexte
2011 forderten über 50 in der Lehrerbildung tätige Fachleute Supervision und Coaching „als unverzichtbare Instrumente in den Phasen der Lehrerausbildung“ (DGSv, 2011b, o.S.) zu implementieren. Etliche Bundesländer sind dieser Forderung nachgekommen und haben personenorientierte Beratungselemente verpflichtend in die Ausbildung aufgenommen. Die Rückmeldungen auf diese Praxis sind sehr heterogen. Der Erfolg wird entscheidend davon abhängen, ob eine klare Trennung von Beratung und Bewertung praktiziert wird (Hitter, 2009, 17; Rübben, 2016, 33; Windeisen-Binder, 2016, 28-31).
4.1.4. Schulentwicklung
„Alle Maßnahmen, die von arbeitswissenschaftlicher, medizinischer bzw. psychiatrischer und psychologischer Seite angeboten werden, können nur eine Arbeit am Symptom bleiben, wenn das Schulsystem nicht reformiert wird“ (Schmitz, 2005, 70f.). Damit kann in der eigenen Schule – selbstverständlich unter Einbeziehung der Schulleitung – begonnen werden, wenn (Teil-)Organisationssupervision als „Arbeit an der Gerechtigkeit (Just Community)“ verstanden wird, die der Demokratisierung von Schule dient und „Konflikte in der Organisation moralisch reflektiert“ (Gröning, 2013, 155;158).
4.1.5. Schulleitung
Untersuchungen belegen, welche Indikatoren gesund bzw. krank machende Schulen unterscheiden:
4.1.6. Inklusion
2009 hat Deutschland das Übereinkommen der UN zur → Inklusion
5. Arbeitsweisen
So wie keine einheitliche Supervisionstheorie vorzuweisen ist, gibt es auch keinen sanktionierten Methodenkanon. Das Interesse der Forschung an der Wirksamkeit der angewendeten Verfahren (Roth/Ryba, 2016, 347) bleibt aber für die Supervisionspraxis nicht folgenlos: So besagt die Theorie der gemeinsamen Faktoren, dass dem Erfolg von Beratung und Therapie „einige wenige Faktoren zugrunde liegen, die zwischen 30 und 70% des gesamten Erfolges ausmachen“ (Roth/Ryba, 2016, 326). K. Grawe (2004) hat durch Metaanalysen vier Faktoren herausdestilliert, die Veränderungsprozesse nachhaltig in Gang setzen können: Problemaktualisierung, motivationale Klärung, Ressourcenaktivierung und Problembewältigung. Roth/Ryba (2016) knüpfen an Grawe an und formulieren unter Anwendung ihrer neurowissenschaftlichen Perspektive drei zentrale Beratungsfunktionen: „(1) die Beziehung, also die gegenseitige und meist unausgesprochene Akzeptanz und das Vertrauensverhältnis“ von Berater bzw. Beraterin und Klient, „(2) die Ressourcensuche und -aktivierung“ und „(3) das geduldige Einüben positiver Weisen des Fühlens, Denkens und alternativer Verhaltensweisen“ (Roth/Ryba, 2016, 331; Hervorhebung vom Verfasser).
Bei der Umsetzung dieser drei Grundfunktionen können Supervisorinnen und Supervisoren aus der Fülle schöpfen. Die Vielfalt supervisorischer Methoden und ihre Ursprünge können hier nur stichwortartig angedeutet werden:
6. Religionslehrkräfte – Schulseelsorge
Religionslehrkräfte stehen in der multireligiösen Gesellschaft unter einem breitgefächerten Erwartungsdruck (dem Bildungsauftrag des Staates nachkommen, die Interessen der Kirchen wahren [GG Art. 7.3], Traditionsgaranten der christlichen Überlieferung sein, zu Pluralitätsfähigkeit erziehen [Kirchenamt der EKD, 2014], einer „Berufung“ folgen etc). Die von Gesundheitsforschern geforderte Distanzierungsfähigkeit stößt bei Religionslehrkräften an Grenzen. Sie benötigen eine ausdifferenzierte religiöse und personale Selbstkompetenz. Entsprechende Feldkompetenz vorausgesetzt, kann Supervision den Entwicklungsprozess zu mehr Rollenbewusstheit, Rollenklarheit und Rollensicherheit begleiten (Jetzschke, 2006, 197-219.
→ Schulseelsorge
7. Herausforderungen
7.1. Supervision versus Coaching
Verunsicherung löst der rasant wachsende Coaching-Markt aus. Potenzielle Interessenten fragen nach dem Unterschied zwischen Supervision und Coaching, Anbieter, unter welchem „Label“ sie ihr Beratungsangebot bewerben sollen und die DGSv benennt sich in „Deutsche Gesellschaft für Supervison und Coaching“ um (2016b). Einerseits neidet man dem Coaching den wirtschaftlichen Erfolg, andererseits misstraut man den deutlich abgeschwächten Ausbildungsstandards, der Herkunft aus dem Sport und an der Selbstoptimierungsideologie orientierten Sprache. Ob das von der DGSv geprägte Motto „Unser Coaching hat Supervisionsqualität“ (DGSv, 2016a, 21) die darin verborgenen ideologischen, wissenschaftstheoretischen, ökonomischen und beratungspraktischen Probleme lösen kann, überzeugt nicht alle (Zimmer-Leinfelder, 2012; Gröning, 2016).
7.2. Wissenschaft versus Erfahrung
„Es fehlt ein beratungswissenschaftliches Gesamtkonzept, eine ethische oder metatheoretische Fundierung, es bleibt additive Methodenvielfalt und trivialisierte Therapie“, lautet das harte Urteil von K. Gröning (2016, 61). Andere protestieren und verweisen darauf, dass wissenschaftliche Standardisierung immer auch Entsubjektivierung bedeute. „Einer solchen Zielvorstellung wird in der ‚community of practice‘ entschieden widersprochen, weil es, wie die Psychotherapieforschung zeigt, ein szientistisches ‚Vorurteil‘ ist, man könne eine entsprechende Arbeit ‚tatsächlich als unpersönliche Prozesse auffassen‘ […]. Supervisoren […] sind aber ebenso wenig wie Psychotherapeuten […] austauschbar“ (Haubl, 2009, 186). Ein möglicher Ausweg könnte die Etablierung einer eigenständigen Beratungswissenschaft sein, die als Querschnittsdisziplin Psychologie, Neurobiologie, Soziologie, → Pädagogik
7.3. Gender und Diversity
„Das Thema Geschlechtergerechtigkeit in Organisationen hat Hochkonjunktur“ (Möller/Müller-Kalkstein, 2014, 7), die Beratungscommunity wird zunehmend von Frauen geprägt (Belardi, 2015, 138; Möller, 2014, 27; Schigl, 2014, 91), aber Genderaspekte sowie interkulturelle Fragestellungen werden erst langsam mit in den Blick genommen (→ Gender
7.4. Supervisionsfreundliche Strukturen
Ob ein Supervisionsgesetz in Analogie zum Psychotherapeutengesetz die Akzeptanz von Supervision nachhaltig fördern würde, ist umstritten (Belardi, 2015, 197; Möller, 2001, 320f.). Die Forderung nach einem kostenfreien Supervisionsangebot für Lehrkräfte ist auf dem Hintergrund der in der Sozialarbeit üblichen Praxis nachvollziehbar. Ein Modell könnte die Vorsorgepraxis im Gesundheitswesen sein (Denner, 2000, 389) oder Supervisionsstunden würden auf die zu leistende Arbeitszeit angerechnet (Meyer, 2016, 13). L. Denner (2000, 388) verweist auf „lange und bürokratische Wege“ und fordert eine „zügige Nutzbarkeit von Beratungsressourcen“. Dem ist vorbehaltlos zuzustimmen. Die Frage ist nur, wie man die unterschiedlichen Interessen von Arbeitgeberseite, Lehrkräften und Anbietern so anpassen kann, dass ein für alle tragfähiges Ergebnis dabei herauskommt.
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Abbildungsverzeichnis
- Begriffserklärungen © Meinfried Jetzschke
- Zehn Formatmerkmale von Supervision © Meinfried Jetzschke
- Schnittmengen zu anderen Beratungsformaten © Meinfried Jetzschke (nach Ehinger/Hennig, 1997, 13)
- Vier Betrachtungsebenen supervisorischer Arbeit in der Schule © Meinfried Jetzschke, nach Denner, 2000, 187
- Indikatoren für eine „kranke“ bzw. „gesunde“ Schule © Meinfried Jetzschke, nach Seeger, 2014
- Methoden supervisorischer Arbeit © Meinfried Jetzschke
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