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Andere Schreibweise: Selbsttötung; Selbstmord; Freitod, suicide (engl.)

(erstellt: Februar 2020)

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1. Begriff, Definition und empirische Befunde

Seit Beginn der Menschheit stellt sich der Suizid als eine Herausforderung des menschlichen Denkens und Handelns dar (Fenner, 2008, 7). Der Umgang mit dem Suizid eines Menschen schwankt im Verlauf der Geistesgeschichte zwischen einer lobenden Verehrung und einer Wertung als mutige, vorbildhafte Handlung auf der einen Seite und einer starken Dämonisierung und einer Verwerfung als eine der schlimmsten Sünden gegen → Gott und die Menschen auf der anderen (Minois, 1996, 15f.).

1.1. Begriff

Blickt man in den allgemeinen Wortschatz, so lassen sich viele verschiedene Begriffe für den Umstand finden, dass sich ein Mensch das Leben nimmt. Begriffe wie Selbstmord, Freitod, Selbsttötung, Suizid tauchen in der Regel auf. Je nachdem, welcher dieser Begriffe verwendet wird, wird schon eine Deutung und eine Bewertung der Tat und des Menschen, der diese ausgeübt hat, vorgenommen. Daher ist es wichtig, sich über die verschiedenen Konnotationen der einzelnen Begriffe im Klaren zu sein, um nicht schon von Beginn an ethische Implikationen in die Bewertung der Handlung des Suizids zu legen.

Der in der Wissenschaft heute gebräuchliche Begriff ist der des Suizids. Er leitet sich vom lateinischen sui caedere ab. Auch wenn er als lateinische Form des deutschen Begriffs Selbsttötung gelten kann, so gilt er doch als unbelasteter und durch seine latinisierte Form als wertneutraler (Murr, 2016, 42). Der Begriff ging, aus dem Englischen kommend, im 19. und 20. Jh. als Begriff der Psychologie und der medizinischen Psychiatrie in den deutschen Wortschatz ein (Bähr, 2002, 13). Seitdem steht er sowohl für eine medizinische Sichtweise auf das Phänomen des Suizids, als auch für eine tendenziell wertneutrale, naturwissenschaftliche Aussage über diesen. Auch der deutsche Begriff der Selbsttötung wird benutzt. Dieser Begriff erweist sich erst auf den zweiten Blick als problematisch. Scheint er zunächst nur die deutsche Übersetzung des Begriffs Suizid zu sein, so wird auf den zweiten Blick ersichtlich, dass der Begriff der Selbsttötung suggeriert, dass sich die Person wirklich das Leben nehmen wollte. Diese Absicht ist bei Definitionsversuchen des Phänomens Suizid allerdings nicht zwingend gegeben (s.u.). Bei dem Begriff der Selbsttötung stehen folglich entscheidende Fragen im Hintergrund: „Wollten sich die so bezeichneten Menschen tatsächlich töten? Oder ist es nur ein Hilferuf? Oder ist die Vorstellung von einem anderen lebenswerten Leben ausschlaggebend? Oder liegt eine Form des Zwangs vor?“ (Murr, 2016, 39).

Auch die Begriffe Selbstmord und Freitod sind vorbelastete und wertende Begriffe. Suggeriert der erste, mit dem Wortteil -mord, dass eine Straftat bzw. strafbare Handlung mit einer entsprechend negativen Bewertung und Konnotation im Falle des Suizids vorliegt, so beansprucht der zweite Begriff des Freitods, dass es sich um eine eigene, rationale und komplett freie Handlung der Person handelt. Selbstmord ist im allgemeinen Sprachgebrauch die prominenteste Bezeichnung für einen Suizid. Allerdings ist dieser Begriff mit größter Vorsicht zu gebrauchen, greift er doch begrifflich einen schweren Straftatbestand (StGB §211) auf, den er durch seine Beschaffenheit nicht erfüllt. Im juristischen Sinne ist der Selbstmord folglich kein Mord. Auch ist die negative Stigmatisierung durch den Wortteil -mord zu beachten, die den Suizidenten/die Suizidentin in ein negatives Licht als Mörder rückt (Murr, 2016, 33-35).

Der Begriff des Freitods hingegen bezeichnet einen Suizid durch eine freie und überlegte Tat, ohne eine geistige Einschränkung im vollen Bewusstsein der Tat (Bilanzsuizid, s.u.). Die Gegebenheit dieser Grundvoraussetzungen wird in bestimmten heutigen wissenschaftlichen Disziplinen (z.B. in Teilen der Medizin oder Psychologie) bezweifelt oder zumindest in Zweifel gezogen. Häufig wird dieser Begriff auch mit einer Romantisierung oder Hochachtung des Suizids in Verbindung gebracht (z.B. bei Jean Améry, „Hand an sich legen). Dies muss beim Sprachgebrauch stets beachtet werden.

1.2. Definition des Suizids

Wie jeder der Begriffe für den Suizid mit einer bestimmten Bewertung des Suizids verbunden ist, so hängt auch die Definition des Suizids mit seiner kulturellen Umwelt und der Gesellschaft, in der er sich ereignet, zusammen.

Finden sich in der Alten Kirche Fragen, ob ein in Kauf genommenes Martyrium als Suizid gewertet werden muss (Minois, 1996, 46-49), so begegnet in der mittelalterlichen Kasuistik die Frage, ob das Loslassen einer Schiffsplanke nach einem Schiffsunglück als Suizid verstanden werden muss (Minois, 1996, 180f.).

Suizidalität wird, dem Lehrbuch der Psychiatrie nach, definiert als die „Summe aller Denk- und Verhaltensweisen von Menschen, die in Gedanken, durch aktives Handeln, passives Unterlassen oder durch Handeln lassen den eigenen Tod anstreben bzw. als mögliches Ergebnis einer Handlung in Kauf nehmen“ (Deisenhammer, 2012, 395). Der Tod muss dabei allerdings nicht zwingend das unmittelbare Ziel des Handelns und Denkens der Menschen sein. Oft wird die Motivation eher in einem Entfliehen vor den Problemen als im tatsächlichen Wunsch des Todes bzw. der Selbsttötung gesehen. Der Blick der Suizidentinnen und Suizidenten ist im Handlungsmoment in der Regel verengt, da im Vorfeld von suizidalem Verhalten häufig psychiatrische Erkrankungen zu finden sind.

Während also die moderne psychiatrische Wissenschaft von einer Definition des Suizids ausgeht, die das Denken und das Handeln der Menschen ins Zentrum rückt und in der der Tod kein zwingendes Charakteristikum für Suizidalität ist, war dies in früheren Zeiten anders. So definiert Emile Durkheim in seinem 1897 erschienenen Klassiker der Soziologie „Le suicide“ (dt. „Der Selbstmord“) den Suizid wie folgt: „Man nennt Selbstmord jeden Todesfall, der direkt oder indirekt auf eine Handlung oder Unterlassung zurückzuführen ist, die vom Opfer selbst begangen wurde, wobei es das Ergebnis seines Verhaltens im voraus [sic!] wusste.“ (Durkheim, 2017, 27). Auffällig ist bei Durkheim, dass es um ein bewusstes Handeln mit einer klaren Todesabsicht geht. Dies wird aktuell, wie die obige Definition zeigt, anders gesehen. Im gegenwärtigen Diskurs steht die psychische bzw. psychiatrische Verfassung des Menschen im Vordergrund.

Suizidales Verhalten umfasst als weiter gefasster Begriff nicht nur die Handlung des Suizids an sich, sondern auch die Begleit- und Vorbereitungshandlungen wie z.B. „das Sammeln von Tabletten oder den Kauf einer Schusswaffe“ (Deisenhammer, 2012, 396).

Man kann neben dem „normalen“ oder „klassischen“ Suizid verschiedene Arten des Suizids unterscheiden.

Dazu zählen zum einen der, in der Medizin allerdings umstrittene, sogenannte Bilanzsuizid. Dieser „beschreibt eine Selbsttötung in einer allgemein als ausweglos angesehenen Situation nach reiflicher, von kognitiven oder emotionalen Einengungen freier Abwägung aller Gründe, die für oder gegen das Weiterleben sprechen“ (Deisenhammer, 2012, 396). Für medizinisch-wissenschaftlich geschulte Personen (Psychiaterinnen und Pschater, Psychologinnen und Psychologen, Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten etc.), kommen Fälle des Bilanzsuizids nur bedingt vor: „Obgleich [Erwin, T.B.] Ringel und die große Zahl der gegenwärtig praktizierenden Psychiater und Psychotherapeuten Suizide gesunder Menschen auf der Basis freier, rationaler Entscheide nicht prinzipiell ausschließen, sind ihnen solche Ausnahmefälle in der Praxis kaum oder gar niemals begegnet“ (Fenner, 2008, 112). Ein hier ansetzendes Konfliktfeld wäre die Diskussion um die Sterbehilfe.

Zum anderen kann man mit Emile Durkheim vom sogenannten „altruistischen Suizid“ (Durkheim, 2017, 242) sprechen. „Darunter fallen Handlungen, die mit dem Tod des Akteurs enden, aber primär andere, meist politische Ziele ansprechen“ (Deisenhammer, 2012, 396). In diesem Zusammenhang kann man u.a. an sogenannte Selbstmordattentate denken. Diese Personen zeigen allerdings in der Regel, wie andere Suizidentinnen und Suizidenten auch, eine „psychosenahe Einengung des Denkens“ (Deisenhammer, 2012, 396).

An dieser Stelle muss kurz auf einen schon angedeuteten Streitpunkt in der Suizid-Forschung eingegangen werden. Dieser Streitpunkt befindet sich zwischen einigen Geisteswissenschaften (u.a. Philosophie) und der Medizin, genauer der Psychiatrie. „Leider haben sich die Fronten zwischen praktisch orientierten Psychiatern, Psychotherapeuten und Sozialarbeitern [...] einerseits und Philosophen und Literaten andererseits [...] verschärft. [...] Nicht ganz zu Unrecht werfen die Vertreter der ersten Berufsgruppe den Philosophen eine Tendenz zur Heroisierung der Selbsttötung und zur weltfremd-spekulationsfreudigen Ignoranz aller vorhandenen Erfahrungen im Umgang mit suizidalen Menschen vor. Auf der anderen Seite warnen in meinen Augen viele Philosophen mit eben demselben Recht vor einem als Fürsorge getarnten Paternalismus, der das Selbstbestimmungsrecht des Einzelnen unterminiere“ (Fenner, 2008, 15f.). Hier ist ein Streitpunkt, um die Freiheit des Menschen auszumachen. Es stellt sich die Frage, ob dem Menschen die Freiheit zugestanden wird, dass er sich frei gegen sein Leben entscheiden kann oder ob diese Entscheidung immer schon eine psychische Disposition des Menschen zeigt, die ärztlich zu handeln und damit zu heilen ist. Sollte diese zweite Möglichkeit angenommen werden, so wird dem Menschen nicht bei allen möglichen Entscheidungen die Freiheit der Entscheidung zugestanden.

Aus dieser kurzen Darstellung einer möglichen Definition des Suizids ist zu ersehen, dass sich grundsätzlich keine einheitliche Definition des Suizids benennen lässt. Aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Perspektiven kommen verschiedene Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler zu unterschiedlichen Definitionen des Suizids, die hier vorgestellte ist folglich nur eine mögliche.

1.3. Empirische Befunde

Im Folgenden sollen knapp die für den Suizid wichtigen Daten des Statistischen Bundesamtes Deutschlands genannt werden. Die Daten beziehen sich auf die Anzahl der Verstorbenen im Jahr 2015. In Deutschland suizidierten sich in diesem Jahr 10.078 Personen, davon 7.397 Männer und 2.681 Frauen (Statistisches Bundesamt, 2015, 8). 2016 sank die Zahl leicht auf 9.838 Personen (Statistisches Bundesamt, 2019b). Dabei liegt laut dem Lehrbuch der Psychiatrie in mehr als 90% der Fälle eine psychiatrische Erkrankung zum Zeitpunkt des Suizids oder zu einem früheren Zeitpunkt im Leben der Menschen vor (Deisenhammer, 2012, 395). Psychiatrische Erkrankungen wären somit einer der größten Einflussfaktoren bei Suiziden (Deisenhammer, 2012, 399). Mit über 10.000 Fällen pro Jahr suizidierten sich in Deutschland mehr Menschen als im gleichen Zeitraum in Folge von Verkehrsunfällen starben (3573 Personen) (Statistisches Bundesamt, 2015, 4). Grundsätzlich kann man zum Suizid sagen, dass Männer in den meisten Ländern eine höhere Suizidrate aufweisen als Frauen, sowie, dass die Anzahl der Suizide mit zunehmendem Alter steigt (Deisenhammer, 2012, 400). Die Anzahl der Parasuizide (umgangssprachlich Suizidversuch/Selbstmordversuch) liegt deutlich höher als die der durchgeführten Suizide (Schätzungen geben bis zum 25-fachen der Suizidzahlen an) (Deisenhammer, 2012, 397). Die Suizidversuche haben eine große Dunkelziffer, sodass ihre Zahl nur grob geschätzt werden kann. Hieraus resultiert die oben genannte sehr ungenaue Faktorschätzung.

2. Der Suizid in biblischen Texten

2.1. Altes Testament

Im Alten Testament finden sich mehrere Fälle, in denen Menschen Suizid begehen. Diese Fälle finden sich in Ri 9,51-54, Ri 16,23-31, 1Sam 15,10-31, 1Sam 31,1-13, 2Sam 17,1-23 und 1Kön 16,15-19. Bei allen diesen Suiziden, auf die im Folgenden nicht im Einzelnen exegetisch eingegangen werden kann (für jeweils kurze Analysen der Textstellen siehe Murr, 2016, 47-52), ist jedoch auffällig, dass die Suizide entweder in einer Rettung der eigenen Ehre und des Ansehens wurzeln oder in der Erfüllung eines Auftrages oder einer Pflicht (Murr, 2016, 50-52). Des Weiteren ist hervorzuheben, dass die Suizidenten nicht pauschal von JHWH verworfen werden, es findet sich keine pauschale Verurteilung des Suizids im Alten Testament. Im Gegensatz zum weiteren Verlauf des Umgangs mit dem Suizid in der → Kirchengeschichte werden Saul und Ahitophel sogar ehrenhaft bestattet (Murr, 2016, 49f.).

2.2. Neues Testament

Im Neuen Testament findet sich nur ein Suizid, der des Judas Iskariot (→ Judas Iskariot, bibeldidaktisch) (Mt 27,3-5). Auch hier enthalten sich die Autoren der biblischen Überlieferung einer Bewertung. Auch die Motive des Judas lassen sich nur erahnen. Judas wird in der Überlieferung des Mt als eine tragische Figur dargestellt, deren Handeln schließlich im Suizid gipfelt (Minois, 1996, 45). Erst in der späteren nachösterlichen Überlieferungsgeschichte kommt es zu verschiedenen negativen, moralisch besetzten Interpretationen der Judas-Figur. Für einen kurzen und prägnanten Überblick sei auf Konrad, 2015, 427-430, verwiesen. Ausführlicher ist Luz, 2002, 228-244, der auch einen Exkurs zur Figur des Judas folgen lässt (Luz, 2002, 245-263). Dort findet sich auch eine Rezeptionsgeschichte des Judas.

3. Historischer Umgang und Bewertung des Suizids im Christentum

Die geschichtliche Entwicklung des Umgangs mit dem Suizid in der → Kirchengeschichte ist ein komplexes Thema, trotzdem soll im Folgenden versucht werden ein paar Wegmarken zu setzen. Für weitere detaillierte Informationen sei auf die angegebene Literatur verwiesen (besonders Baumann, 2001; Fenner, 2008; Minois, 1996; Murr, 2016; Weiler, 2013). Die Rekonstruktion der Geschichte des Suizids wird vor allem auch dadurch erschwert, dass es bis in die jüngste Vergangenheit keine verlässlichen, repräsentativen und quantitativen Zahlen über den Suizid gab. Daher kann nicht gesagt werden wie hoch die Suizidrate oder die Anzahl der sich suizidierten Personen in den jeweiligen Epochen der Kirchengeschichte war.

3.1. Alte Kirche

Das Christentum entwickelt sich in den ersten Jahrhunderten in einem römisch-hellenistischen Umfeld, in dem der Suizid zwar diskutiert wurde, aber nicht umstritten oder gar verboten war. Gerade für römische und griechische Philosophen galt der Suizid als eine Möglichkeit, um unter bestimmten Umständen aus dem Leben zu scheiden. In diesem Umfeld entwickelte sich in den ersten Jahrhunderten der entstehenden christlichen Kirche eine Debatte, ob und wenn unter welchen Umständen der Suizid eine Möglichkeit für Christinnen und Christen sei. Gerade das freiwillige und in Kauf genommene Martyrium galt als eine ehrenvolle und gottgefällige Art zu sterben (→ Sterben). „Der freudige Tod des Märtyrers steht im Gegensatz zum verzweifelten Tod des Sünders. So wird der mutmaßliche Selbstmord des Judas rasch zum Archetypus eines schändlichen und verdammenswerten Todes, nicht so sehr wegen der Tat selbst, sondern wegen der Verzweiflung, die ihn veranlasst“ (Minois, 1996, 45). Der Suizid des Märtyrers wurde also nicht verdammt, sondern als ein Zeichen des Glaubens verstanden. Ein Umschwung in der Bewertung des Suizids setzt mit den Kirchenvätern Hieronymus und Augustin (→ Augustinus von Hippo) ein. Besonders letzterer lehnt den Suizid auch im Angesicht der Qualen und des Leidens als Verstoß gegen den → Dekalog und gegen das Recht Gottes auf das Leben der Menschen ab (Minois, 1996, 48). Augustin schreibt: „[…] so bleibt nur übrig, das Gebot ‚Du sollst nicht töten‘ ausschließlich auf den Menschen zu beziehen, und zwar sowohl auf den anderen als auch auf dich selbst. Denn wer sich selbst tötet, tötet auch einen Menschen.“ (Augustinus, 1997, 39 (I/20)). Diese Argumentation Augustins wird die weitere Kirchengeschichte weithin prägen.

3.2. Mittelalter, Reformation und Aufklärung

Am Übergang von der Spätantike zum frühen Mittelalter wird die Argumentation von Augustin weitergeführt und in kirchliches bzw. staatliches Recht überführt. So wird der Suizid für Eigentum eines Herrn durch das Zivilrecht des Kaisers Konstantin 332 verboten. Das Konzil von Arles (452) verbietet den Suizid von Sklaven und Bediensteten. Die Konzilien von Braga (563), Auxerre (578), Toledo (693), sowie die Synoden von Chalon (813) und Paris (829) verschärfen das Verbot des Suizids immer weiter. Jeglicher Suizid wird verboten. Zu diesem Zeitpunkt (nach der Synode von Paris) darf der Verstorbene ferner nicht mehr christlich bestattet werden und der Versuch des Suizids wird mit der Exkommunikation bestraft. Mit dem Konzil von Nimes wird Suizidenten/Suizidentinnen schließlich jegliches Begräbnis in geweihter Erde versagt. Die kirchliche Praxis wird allerdings nicht nur auf Konzilen und Synoden, sondern auch theologisch vorangetrieben. Thomas von Aquin untermauert die Argumentation der Konzilien durch eine theologische Verschärfung der augustinischen Argumentation. Demnach sei der Suizid eine Sünde: 1. gegen die Natur, 2. gegen die Gesellschaft und 3. gegen Gott. Im späteren Verlauf des Mittelalters sehen die staatlichen Gesetze zusätzlich noch schärfste Bestrafungen der schon verstorbenen Suizidenten/Suizidentinnen vor. In der Zeit der Renaissance wird aber nun auch offener über das Thema des Suizids gesprochen und zum Teil auch geschrieben, dabei wird in ersten Zügen für ein Verständnis der Suizidenten/Suizidentinnen eingetreten (Donne, Bianathos oder auch Morus, Utopia). Trotz dieser Bücher und dem sich durchsetzenden Gedanken, dass die Melancholie eine Ursache für den Suizid sein könnte, bleiben die Sanktionen für Suizidenten/Suizidentinnen in Kraft.

Im Zeitalter der → Reformation bleiben die restriktiven Sanktionen weitgehend bestehen. Die Reformatoren, auch wenn sie zum Teil aus eigenen Erfahrungen solche Gedanken kennen, schreiben, allen voran Martin Luther, den Suizid den Versuchungen des Teufels zu, denen es zu widerstehen gilt (Murr, 2016, 90).

Ein Umschwung in der Bewertung des Suizids findet sich in Folge der → Aufklärung am Übergang zur Neuzeit. Unter den ersten Denkern, die sich kritisch mit der Verurteilung des Suizids auseinandersetzen, finden sich Charles de Montesquieu, David Hume (On Suicide), Jean-Jacques Rousseau (Julie) und Johann Wolfgang von Goethe (Die Leiden des jungen Werther). In diesem Zusammenhang steht auch die durch Voltaires beeinflusste Veränderung im preußischen Recht 1751, der zufolge der Suizid nicht mehr unter Strafe gestellt wurde. Im Gefolge der aufstrebenden Medizin setzt sich zunehmend die Einsicht in den Konnex von Suizid und psychischer Krankheiten durch. Daher können ab dieser Zeit auch Suizidpatientinnen und -patienten in medizinische Anstalten eingewiesen werden. Allerdings finden sich auch in der Zeit der Aufklärung Gegenstimmen, die dem Menschen die Freiheit zum Suizid nicht einräumen wollen. Neben Immanuel Kant, der argumentiert, dass der Suizid ein Verstoß gegen das Naturgesetz sei (Kant, 2007, 53f.), bleibt besonders die → Theologie wertkonservativ (Murr, 2016, 113).

3.3. Neuzeit

Nach der Entpönalisierung des Suizids durch den preußischen Staat und in seiner Folge auch in den anderen deutschen Staaten und dem deutschen Reich als Nachfolgeorganisation, findet die Debatte um den Suizid nicht mehr so stark auf der rechtlichen, sondern eher auf der wissenschaftlichen Ebene statt. Auch wenn man meines Erachtens nicht von einem Kampf der wissenschaftlichen Disziplinen sprechen kann, so gibt es doch einen Paradigmenwechsel, da nun die Medizin und die Psychologie zusammen mit der Soziologie in der Suizidforschung tonangebend werden. Der Suizid wird zunehmend als etwas Medizinisches angesehen, das geheilt oder verhindert werden kann. Die Lebensumstände der Menschen werden nun genau analysiert und gezielt zu behandeln versucht. In diesem Zusammenhang entsteht 1897 auch das erste zusammenhängende Werk mit wissenschaftlichem Ansatz über den Suizid: Emile Durkheims „Le Suicide“ (dt. „Der Selbstmord“). In der Folge, bis in die Neuzeit hinein erkämpft sich der medizinisch-psychologische Ansatz der Erforschung des Suizids seine Vormachtstellung gegenüber z.B. der Soziologie und Theologie.

4. Das Verhältnis des Suizids in der römisch-katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in der Gegenwart

Wie im geschichtlichen Abschnitt ersichtlich wurde, wurden Suizidenten/Suizidentinnen im Verlauf der Kirchengeschichte lange Zeit als Sünder/Sünderinnen gebrandmarkt, ihnen wurde die Bestattung verweigert bzw. ein Suizidversuch führte zur Exkommunikation. Im Folgenden sollen die aktuellen Positionen der beiden großen Kirchen in Deutschland dargelegt werden. Diese bilden den Rahmen für den didaktischen Umgang mit dem Thema des Suizids in der Gegenwart.

4.1. Die römisch-katholische Kirche

Grundlage für den rechtlichen Umgang der katholischen Kirche mit dem Suizid ist der Codex Iuris Canonici (CIC) von 1918 bzw. 1983. Deren Aussagen über den Suizid werden nun dargestellt und ausgeführt.

Im Zuge des 1. Vatikanischen Konzils (1896-1870) wurde von den Konzilsteilnehmern ein einheitliches Gesetzbuch für die römisch-katholische Kirche gefordert. Während des Konzils wurde es allerdings aufgrund der Vertagung des Konzils 1870 auf unbestimmte Zeit verschoben (es wurde nie wieder aufgenommen). In der Folge des Konzils trieben aber besonders die Päpste Pius X. und Benedikt XV. die Gestaltung eines solchen Gesetzbuches voran. Durch letzteren wird dieses schließlich Pfingsten 1918 in Kraft gesetzt.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die kirchliche Bestattung für Suizidenten/Suizidentinnen verweigert wird, sofern diese nicht noch glaubwürdig Reue gezeigt haben oder nicht im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte waren, auch dürfen diese Personen nicht auf den kirchlichen Friedhöfen (→ Friedhofsbesuch/Friedhofspädagogik) beerdigt werden (Weiler, 2013, 225). Dabei ist auffällig, dass dies im Gegensatz zum damals in Deutschland geltenden staatlichen Recht steht. Auch für den versuchten Suizid sieht der CIC von 1918 Konsequenzen vor. Ein Suizidversuch ist zwar kein Grund, die spätere Bestattung zu verwehren, allerdings werden Menschen nach einem Suizidversuch „die heiligen Sakramente und Sakramentalien (heilige Messe, Beichthören, Benediktion, Konsekration usw.), der Anteil an Ablässen, Fürbitten und öffentlichen Gebeten der Kirche“ (Weiler, 2013, 226f.) verweigert.

Mit dem aktuell geltenden Codex Iuris Canonici von 1983 hat sich die Rechtsprechung der römisch-katholischen Kirche verändert. Can. 1176 §1 hält fest, dass den verstorbenen Gläubigen ein kirchliches Begräbnis zusteht. Can. 1180 §1 hält im Weiteren fest, dass diese Bestattung auf dem Friedhof der Pfarrei stattfindet, sofern der/die Verstorbene oder dessen Angehörige nichts anderes bestimmt haben. Allerdings lässt der CIC von 1983 auch noch zu, dass ein Begräbnis verweigert werden kann (Can. 1184). Dabei werden unter den genannten Personengruppen Suizidenten/Suizidentinnen nicht explizit genannt. Theoretisch wäre es möglich, diese unter die Gruppe der „öffentlichen Sünder“ zu subsumieren. Allerdings darf auch in diesem Fall die Bestattung nur dann verweigert werden, wenn diese „nicht ohne öffentliches Ärgernis bei den Gläubigen gewährt werden kann“ (Can. 1184 §1,3). Allerdings ist es sehr unwahrscheinlich, dass in der heutigen Gesellschaft in Deutschland die Bestattung mehr Ärgernis erzeugen würde als die Nicht-Bestattung (so auch Weiler, 2013, 235).

An dieser Stelle soll noch ein Blick auf die Auswirkungen eines Suizidversuchs im Licht des CIC 1983 geworfen werden. Der Versuch eines Suizids disqualifiziert auch nach dem CIC 1983 noch für den Empfang der Weihe bzw. die Ausübung der empfangenen Weihe (Can. 1041 und Can. 1044). Diese Passage über den Suizid hat sich inhaltlich in den beiden CIC von 1918 und 1983 nicht geändert.

4.2. Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD)

Aufgrund von staatlichen Regelungen im 19. Jh. wird den Kirchen untersagt, Bestattungsverbote für bestimmte Personengruppen auf ihren Friedhöfen auszusprechen (Weiler, 2013, 219). Die Kirchen müssen folglich die Bestattung von Suizidentinnen und Suizidenten auf ihren Friedhöfen gestatten. Allerdings herrscht in der Kirche noch Uneinigkeit darüber, ob man sich mit einem kirchlichen Akt an diesen Bestattungen beteiligen soll. In einzelnen Landeskirchen ist dieser kirchliche Akt bei Bestattungen Suizidtoter zu Beginn des 20. Jh. möglich, bzw. es darf dem/der Verstorbenen unter bestimmten Bedingungen nicht versagt werden (Weiler, 2013, 214; für genauere Informationen zum Beginn des 20. Jh. siehe Brunner, 1927). Im Verlauf des 20. Jh. werden auch die kirchlichen Restriktionen gegen eine christliche Bestattung abgebaut, sodass gemäß gegenwärtiger Regelungspraxis in den Gliedkirchen der EKD Menschen, die Suizid begangen haben, selbstverständlich beerdigt werden. „Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es in keiner der 22 Landeskirchen mehr eine kirchenrechtliche Bestimmung, die an eine Selbsttötung den Entzug des kirchlichen Begräbnisses knüpft.“ (Weiler, 2013, 215). Die Kirchenordnungen nehmen zum Teil explizit darauf Bezug, dass Suizid keine Verweigerung der kirchlichen Bestattung ermöglicht (so z.B. in der Evangelisch-Lutherischen Landeskirche Hannovers KiBestattG §1,2, sowie §2,2).

5. Didaktische und poimenische Perspektiven

Zum Suizid lässt sich sagen, dass die Suizidzahlen von Kindern (→ Kinder/Kindheit) und Jugendlichen relativ gering sind. 2016 suizidierten sich in Deutschland 17 Personen zwischen zehn und 15 Jahren und 205 Personen zwischen 15 und 20 Jahren (Statistisches Bundesamt, 2019a). Über die Anzahl der Parasuizide (versuchter Suizid) lässt sich an dieser Stelle nur spekulieren, sie wird aber, wie oben schon erwähnt, deutlich höher liegen.

5.1. Didaktische Perspektiven

Aus didaktischer Perspektive tauchen Fragen zum Suizid an verschiedenen Punkten innerhalb der schulischen, aber auch der gemeindlichen → Religionspädagogik auf, auf die Thematisierung des Todes (→ Tod, interreligiös) bzw. auch des Suizids in anderen Schulfächern und der Lebenswelt der Schüler/Schülerinnen wird im Folgenden Bezug genommen.

Kinder und Jugendliche haben in ihrer Umwelt immer wieder mit dem Tod zu tun. An verschiedenen Punkten ihrer → Lebenswelt kommen sie mit dem Tod in Berührung, primär in den Medien (→ Film, Fernsehen, Musik, Videospiele etc.), aber auch in ihrer persönlichen Lebenswelt (z.B. Tod der Großeltern, eines Haustieres, das Auffinden eines toten Tieres, Todesfälle im weiteren sozialen Umfeld). Kinder und Jugendliche haben folglich eine Beziehung zum Tod, meist allerdings wie gezeigt nur in durch Medien vermittelter Form.

Auch im Schulalltag kommen Schüler/Schülerinnen mit dem Tod in Berührung auch hier in der Regel in vermittelter Form z.B. in den Fächern Biologie, Deutsch, Latein, Religion, so u.a. durch zu lesende Lektüre oder durch bestimmte im Lehrplan verankerter Thematiken oder Aufgaben in Schulbüchern.

Sollte das Unterrichtsthema Tod in der Schule durch die oben genannten Möglichkeiten in den Vordergrund treten, so ist es wichtig zu wissen, dass kindliche Erklärungs- und Verstehensmuster zum Tod divergieren, je nach Alter und Entwicklung und zum Teil auch nach ihrem Geschlecht. Diese Unterschiede wahrzunehmen und in diesem Zuge behutsam mit ihnen umzugehen, ist unerlässlich (für einen Überblick siehe Itze/Plieth, 2002, 8-24).

An folgenden Punkten kann das Thema Tod bzw. Suizid im schulischen Unterricht aufkommen.

Dies gilt zum einen bei Lehrbuchkapiteln, die sich mit dem großen Thema der ethischen Debatte um die Sterbehilfe in Deutschland und dem europäischen Ausland beschäftigen. Hier sollte die Lehrkraft sehr auf die unterschiedlichen Bezeichnungen und rechtlichen Nuancen innerhalb der Sterbehilfedebatte achten, aber auch bei Fragen zu Themen wie Depression oder anderen psychischen Erkrankungen kann das Phänomen des Suizids zum Thema werden. Auch die Begrifflichkeit des Suizids muss hier genau in den Blick kommen. An dieser Stelle ist besonders die Debatte um die Freiheit der menschlichen Entscheidung im Zusammenhang mit dem Suizid zu beachten (siehe 1.2). Es stellen sich hier auch systemische Fragen (Fragen nach dem sozialen und sonstigen Umfeld, in das das Individuum eingebunden ist), wenn jemand entscheidet sein Leben zu beenden. Ohne eine Person von vorneherein zu verurteilen oder als defizitär zu beschreiben, müssen auch mögliche Zwangsmomente zur Sprache kommen, um Schülerinnen und Schülern die Möglichkeit zu eröffnen, die vielfältige Gemengelage und die weitreichenden Folgen einer solchen Handlung vor Augen zu führen. Hier sind eine sorgsame inhaltliche Vorbereitung und genaue Verwendung der oben erklärten Termini (Suizid, Selbstmord, Freitod, Selbsttötung) durch die Lehrkraft unerlässlich, um inhaltlichen Kurzschlüssen und Simplifizierungen vorzubeugen. Auch muss die Entwicklung der Bewertung des Suizids in der Geschichte der Kirche stets mitgedacht werden, da besonders die lange Phase der Verurteilung des Suizids (s.o.) bei vielen Menschen bis heute das Bild des Umgangs der Kirche mit dem Suizid prägt. Hier muss auch der aktuelle Umgang der Katholischen Kirche und der Evangelischen Kirche in Deutschland in den Blick genommen werden.

Zum anderen kommt das Thema des Suizids besonders in den Blick, wenn sich ein Schüler/eine Schülerin oder ein näherer Angehöriger eines Lernenden oder auch eines Lehrenden suizidiert. In diesem Moment kommen in der Regel nicht nur inhaltliche Fragen zur Ethik des Suizids in den Vordergrund, sondern besonders Fragen des poimenischen Umgangs mit der Situation durch die Lehrkraft (s.u.). Besonders drängend scheint meines Erachtens hier die Frage nach der Verurteilung des Suizids zu sein. Um diese Frage zu beantworten ist das oben genannte Wissen über Geschichte und aktuelle Situation von Nöten um sich als Lehrkraft ein durchdachtes und verständliches Urteil zu bilden.

Immer wieder wird im Zusammenhang von Suizid und seiner ethischen Bewertung entweder von der schlimmsten Sünde oder von der größten Freiheit gesprochen. Diese Unterscheidung wird allerdings weder den individuellen Fällen, noch den Umständen des jeweiligen Suizids gerecht. Hier ist Dietz Lange zuzustimmen: „Es ist daher ebenso töricht, den Suizid als äußerste Form der Sünde zu bezeichnen wie ein Recht auf den sogenannten Freitod zu propagieren.“ (Lange, 1992, 388). Bei theologischen Ethiken muss im Blick sein, dass die Thematik nicht immer besprochen wird. So weist Dietz Lange darauf hin, dass die Thematik des Suizids z.B. in der Ethik T. Rendtorffs nicht vorkommt (Lange, 1992, 210).

Auch der Suizid einer Person des gesellschaftlichen Lebens kann eine Aufarbeitung der Geschehnisse in der Schule und im Unterricht nötig machen (z.B. der Suizid des Fußballers Robert Enke). Hier sind die Angebote und die Art der Auseinandersetzung ebenfalls an dem zu orientieren, was von den Schülerinnen und Schülern gebraucht und gefordert wird. Dies kann sehr unterschiedlich ausfallen (für Anregungen siehe unten (5.2.)).

Materialien für den Umgang mit dem Thema des Suizids aber auch des Todes im Allgemeinen im Unterricht lassen sich in der erwähnten Literatur (Witt-Loers, 2016; Platow/Böcher, 2010) finden. Gutes Material zum Suizid lässt sich genauso im Internet finden (Comenius-Institut, 2019).

Zur weiteren Vorbereitung des Unterrichts zum Thema Suizid können auch die „Grundlegenden Kompetenzen religiöser Bildung“ (Fischer/Elsenbast, 2006, 19f.) herangezogen werden. Diese können als Orientierung dienen. Abschließend sollen hierzu einige Beispiele gegeben werden (alle Zitate aus Fischer/Elsenblast, 2006, 19):

  • „Über das Christentum evangelischer Prägung […] Auskunft geben“, indem sie den Umgang mit dem Suizid in der Geschichte der evangelischen Kirche darstellen.
  • „Grundformen religiöser Praxis […] beschreiben, probeweise gestalten und ihren Gebrauch reflektieren“, indem sie eine Trauerfeier anlässlich eines Suizids gestalten.

5.2. Poimenische Perspektiven

Sollte ein Suizid oder auch ein anderer Trauer- bzw. Todesfall in der Schule/Klasse oder in der näheren Lebenswelt der Schüler/Schülerinnen eintreten, so ist es ebenfalls hilfreich zu wissen, dass Kinder und Jugendliche in der Regel anders trauern als Erwachsene (einen Überblick über die Unterschiede im Trauern gibt Witt-Loers, 2016, 21-28).

An dieser Stelle sei angemerkt, dass auch eine noch so gute, kompetente und intensive seelsorgerliche Begleitung der Schüler/Schülerinnen niemals eine professionelle Therapie durch medizinisches oder psychologisches Fachpersonal ersetzen kann. Daher ist in Fällen, in denen die seelsorgerliche Begleitung nicht ausreicht, ein vertrauliches Gespräch mit der betreffenden Person zu suchen, in dem diese Möglichkeiten professioneller Hilfe zu eröffnen sind. Religionslehrkräfte oder die zuständigen Schulpastoren/Schulpastorinnen werden häufig gebeten mit den Lernenden über die Situation des Suizids (z.B. einer Person in der Klasse, der Schule oder dem Umfeld eines Mitschülers/einer Mitschülerin oder eines Lehrers/einer Lehrerin) zu sprechen und sie zu bearbeiten.

Für den Fall, dass sich an der Schule oder dem Umfeld der Schülerinnen und Schüler ein Suizidfall ereignet, können viele verschiedene Maßnahmen ergriffen werden, um den Schülerinnen und Schülern und den Lehrerinnen und Lehrern zu helfen, den ersten Schock zu überwinden und eine Verarbeitung zu beginnen. Dies können z.B. Gesprächsgruppen, ein Trauergottesdienst oder eine Trauerandacht (z.B. Schweigeminute mit Rahmen) (z.B. Andacht zum Umgang mit Tod, Leid und Trauer in der Schule: https://www.rpz-heilsbronn.de/Dateien/Arbeitsbereiche/Schulseelsorge/Notfallseelsorge/andacht_tod.pdf) sein. Aber auch die Bearbeitung des Themas im Unterricht kann Schülerinnen und Schülern dabei helfen, die Situation besser einzuordnen und zu verarbeiten (s.o.). Allerdings muss stets von Fall zu Fall entschieden werden, welche Angebote benötigt und auch von den betroffenen Personen eingefordert und gewünscht sind. An dieser Stelle sei nochmals auf die zahlreiche Literatur zum Tod im Religionsunterricht verwiesen (z.B. Itze/Plieth, 2002; Witt-Loers, 2016; Platow/Böcher, 2010; zur Seelsorge mit Angehörigen bei Suizid auch Murr, 2016).

Literaturverzeichnis

PDF-Archiv

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