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Schweitzer, Albert (1875-1965)

(erstellt: Februar 2019)

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1. Ein evangelischer „Heiliger“ mit vielfältigen didaktischen Anknüpfungspunkten

Albert Schweitzer (1875-1965) gehört zu den bekanntesten evangelischen Persönlichkeiten des 20. Jahrhunderts. Viele Schülerinnen und Schüler werden seinen Namen kennen. Allein in Deutschland sind seit 1949 schon 118 Schulen nach ihm benannt worden (Stand 2007). Es gibt in Deutschland, Österreich und in der Schweiz Albert-Schweitzer-Kinderdörfer für Waisenkinder und verlassene Jugendliche. Sein Name stand Pate für viele kirchliche Tagungshäuser, Pfadfindergruppen usw. Es gibt unzählige Albert-Schweitzer-Straßen. Schon 1928 erhielt er den Goethepreis der Stadt Frankfurt, bis 1964 gefolgt von 14 weiteren Auszeichnungen, darunter 1951 den Friedenspreis des deutschen Buchhandels und 1952 den Friedensnobelpreis. Sein markantes Gesicht mit Schnurbart und Tropenhelm macht den „Urwaldarzt“, Theologen und Philosoph unverwechselbar. Für sein Hospital in Lambarene wird noch heute gesammelt. Beim Stichwort Albert Schweitzer zählt Google über 16 Mio. Einträge, allein schon 155.000 Zitate und 117.000 Einträge unter dem Stichwort „Albert Schweitzer Religionsunterricht“.

Albert Schweitzer ist in der (Schul)lebenswelt junger Menschen nicht zuletzt bekannt, weil er seit 100 Jahren in vielen Schulbüchern für Evangelische Religion einen festen Platz erobert hat (→ Schulbuchforschung) und fast als ein evangelischer „Heiliger“ gilt; jedenfalls kommt er im „Ökumenischen Heiligenlexikon“ vor (→ Heilige). Er bietet vielfältige didaktische Anknüpfungspunkte. Dazu einige Beispiele:

In Walter Franke, „Helden und Werke der Kirche“ wird Albert Schweitzer gezeichnet als Arzt und Missionar, „um das Elend der Schwarzen zu lindern und die Botschaft Jesu zu verkünden“ (Frankfurt 1926, 189). Es war seine „tätige Jesuliebe“, die ihn „zu den Heiden trieb“. Zitiert wird Schweitzers Buch aus 1921 „Zwischen Wasser und Urwald“, in dem er über die Pflicht der Christinnen und Christen zur Mission und über seine Motive schreibt, warum er auf eine angesehene Laufbahn als bekannter Professor der Theologie, Doktor der Philosophie und Doktor der Medizin verzichtet. „Nicht als ein ‚gutes Werk‘, sondern als eine unabweisliche Pflicht soll uns das, was unter den farbigen Elenden zu tun ist, erscheinen“.

In den fünfziger und sechziger Jahren wird Albert Schweitzer noch stärker als Vorbild des Glaubens (exemplum fidei) vorgestellt. Martin Rang widmet in dem Schulbuch „Die Kirche Christi im Wandel der Zeiten“ acht Seiten an Schweitzer (Göttingen 1950, 277-284). Er skizziert ihn als einen „sehr ernst und tief empfindenden Knaben“, der abends betet und dem Ruf Jesu folgt „notleidenden Menschen in aufopfernder Hingabe“ zu dienen. Er ist Glaubensvorbild, weil er das Gleichnis vom „reichen Mann und armen Lazarus“ (Lk 16,19-31) auf sich angewendet hat. „Wir sind der reiche Mann, weil wir durch die Fortschritte der Medizin im Besitze vieler Kenntnisse und Mittel sind. […] Draußen in den Kolonien aber sitzt der arme Lazarus, das Volk der Farbigen, das der Krankheit und dem Schmerz ebenso wie wir, ja noch mehr als wir, unterworfen ist und keine Mittel besitzt, um ihnen zu begegnen“. Ausführlich erzählt Rang, wie Albert Schweitzer predigt, den „Eingeborenen Afrikas“ die Angst vor bösen Geistern nimmt und „die primitiven Menschen frei macht“.

In den 70er Jahren wird Albert Schweitzer in „Brennpunkte der Kirchengeschichte“ (Gutschera/Thierfelder, 1976, 212) erwähnt. Hier ist er eher die didaktische Negativfolie für die damals aktuelle Forderung nach Gerechtigkeit und die Notwendigkeit von Strukturveränderungen, statt „Hilfe für die Leidenden“ (→ Gerechtigkeit). Auf einem Bild sieht man den alten Albert Schweitzer durch ein heruntergekommenes Lambarene laufen. Auf der gegenüberliegenden Seite steht ein Zitat aus der „Haslemere Declaration“ (London 1968), in der kirchliche Spendenaktionen kritisiert werden, die keine Systemänderungen herbeiführen.

Im Jahr 2015 wird Albert Schweitzer im „Kursbuch Religion1“ für die Klassenstufe 5/6 (2015, 178) unter der Überschrift „Verantwortlicher Umgang mit Tieren“ erwähnt. Albert Schweitzer gilt hier mit seiner ethischen Überzeugung „Ich bin Leben, das leben will, inmitten von Leben, das leben will“ als herausragendes Vorbild für den Tierschutz.

2. Kirchengeschichtliche Klärungen

Ludwig Philipp Albert Schweitzer wurde am 14. Januar 1875 in Kaysersberg im Elsass geboren. Weil 1871 die deutschen Truppen Elsass-Lothringen von Frankreich erobert hatten, hatte er die deutsche Nationalität. Sein Vater war Pfarrer. Ein Jahr nach der Geburt zog die Familie in das Dorf Gunsbach, 16 km westlich von Colmar. Man sprach zuhause Deutsch und Französisch. Nach dem Abitur in Mulhouse (Mülhausen) im Jahr 1893 studierte Albert Schweitzer in Straßburg Philosophie und Theologie und wurde im Jahr 1899 in Philosophie mit einer Arbeit über die Religionsphilosophie von Immanuel Kant promoviert (Nachdruck 2017). In diesem Jahr wurde er auch Vikar (Hilfsprediger) an der Kirche St. Nicolai in Straßburg. Sein Theologiestudium schloss er 1900 ab mit einer Doktorarbeit über „Das Abendmahlsproblem auf Grund der Wissenschaftlichen Forschung des 19. Jahrhunderts und der Geschichte des Urchristentums“ (Nachdruck 1983). Albert Schweitzers Habilitation folgte 1902. Er lehrte daraufhin in Straßburg bis 1912 als Privatdozent für Neues Testament. 1912 erhielt er den Titel Professor. In dieser Zeit entstand seine bekannte Studie zur „Geschichte der Leben Jesu Forschung“ (2. Aufl. 1913; Nachdruck u.a. als UTB-Band 9. Aufl. 1984). Hier kam er als historisierender liberaler Theologe zur Schlussfolgerung, dass es kein zuverlässiges und gültiges Bild des historischen Jesus geben kann, sondern alle Rekonstruktionen mehr über die jeweilige Zeit als über Jesus sagen würden. Es bliebe von Jesus nur die eschatologische Reich-Gottes-Predigt, die durch das nicht-Einlösen seiner Wiederkunft im späteren Urchristentum als ethische Forderung an die Jünger (in mystischer Lebensgemeinschaft mit Jesus) stehen blieb: die sittliche Arbeit am Reich Gottes. Diese ethische Überzeugung korrespondierte, laut Albert Schweitzer, auch mit dem Liebesgebot Jesu. Zu Paulus publizierte Albert Schweitzer eine religionsgeschichtliche Forschung (1911) und ein Buch zur eschatologischen Mystik Paulus (1930, Nachdruck 1981).

Die vielfachen Begabungen Albert Schweitzers zeigten sich auch an seiner Karriere als virtuoser Organist und Bach-Interpret. Im Jahr 1905 erschien seine wichtige Monografie zur Bach-Interpretation: „Le musicien-poète“, auf Deutsch 1. Aufl. 1908 und 12. Aufl. 2005. Auch schrieb Schweitzer über Orgelbau in Frankreich und Deutschland und gab mit seinem Pariser Orgellehrer Charles-Marie Widor eine Edition von Bachs Orgelwerken heraus.

Im Jahr 1905 begann Albert Schweitzer neben seinen Tätigkeiten in der Gemeinde und an der Universität in Straßburg ein Medizin-Studium. Anlass dazu war nach eigener Aussage ein Aufruf im Monatsheft der Pariser Missionsgesellschaft, in dem für ärztliches Personal in Gabun geworben wurde. „Menschen, auf denen bereits der Blick des Meisters ruhe, sollten sich für die dringende Arbeit anbieten.“ Schweitzer schloss 1913 das Studium mit einer Promotion über „Die psychiatrische Beurteilung Jesu“ (Nachdruck 2002) ab.

Im Jahr 1912 heiratete er Helene Bresslau (+1957), Tochter des jüdischen Historikers Harry Bresslau. Im Jahr 1919 wurde deren einziges Kind, die Tochter Rhena geboren (verstorben 2009).

Die wohl gravierendste Wende im Leben Albert Schweitzers erfolgte auch im Jahr 1912. Er gab seine akademische Laufbahn in drei Fächern, sein Predigtamt und seine erfolgreiche Musikerkarriere auf und entschied sich, nach Gabun (Französisch Äquatorial-Afrika) zu gehen, um dort ein Tropenhospital aufzubauen. In seiner frühen autobiografischen Skizze „Zwischen Wasser und Urwald“ aus dem Jahr 1921, nennt er humanitär-ethische Motive für seine Entscheidung: „Ich hatte von dem körperlichen Elende der Eingeborenen des Urwaldes gelesen und durch Missionare davon gehört. Je mehr ich darüber nachdachte, desto unbegreiflicher kam es mir vor, daß wir Europäer uns um die große humanitäre Aufgabe, die sich uns in der Ferne stellt, so wenig bekümmern. Das Gleichnis vom reichen Mann und vom armen Lazarus schien mir auf uns geredet zu sein“ (9). Diese Motivation korrespondiert mit Albert Schweitzers ethischem und humanistischem Grundprinzip: Ehrfurcht vor dem Leben.

Im Jahr 1913 kam er in Lambarene am Ogooué-Fluss an. Die Missionsstation war 1876 von amerikanischen Presbyterianern gegründet und 1892 von der Pariser Ev. Mission übernommen worden. Der Erste Weltkrieg machte schon 1914 die Aufbauarbeit zunichte. Albert Schweitzer und seine Frau Helene, beide deutsche Staatsbürger, gerieten in französische Internierungshaft. Krank und geschwächt wurden sie 1917 nach Süd-Frankreich gebracht. Erst 1918 konnten sie wieder ins Elsass zurückkehren, das ab Dezember 1918 wieder französisch war. Schweitzer nahm in Straßburg die Arbeit als Vikar und als Hospitalarzt wieder auf. Auch wählte er die französische Nationalität, obwohl er sich selbst lieber als „Weltbürger“ bezeichnete.

Auf Einladung des schwedischen Erzbischofs Nathan Söderblom hielt er 1920 und 1921 in Schweden Vorträge über seine Ethik der „Ehrfurcht vor dem Leben“ (→ Ethik; → Lernen, ethisches). Dieses Prinzip, das er in Abgrenzung zu Nietzsches Machtdenken und Schopenhauers Pessimismus entwickelte, war für ihn nicht nur denknotwendig, sondern universal gültig und verbindlich nachzufolgen. Zeitbedingt (im Zeitalter der Ideologien) wollte auch er sein ethisches Prinzip zu einer neuen, die Religionen verbindenden Weltanschauung entwickeln (cf. Weltethos). Die ersten zwei der geplanten vier Bände erschienen 1923 unter dem Titel „Kulturphilosophie“. Weitere Bände kamen „aus sachlichen Gründen“ (Zager, 2009, 2.) aber nicht zustande. Der Begriff „Ehrfurcht vor dem Leben“ findet sich bei Albert Schweitzer zum ersten Mal 1911 in den Straßburger Vorlesungen zum Verhältnis von Theologie und Naturwissenschaften (AS-Nachlass, 692-723), fast 4 Jahre vor seinem Erlebnis zwischen den Nilpferden im Ogooué-Fluss, wo er sich erfährt "als Leben inmitten von Leben, das leben will". Ethik umschreibt Albert Schweitzer als „tätige Freiheit“, die auf engste Weise mit Religion und Spiritualität verbunden sei: „Jede wahre Ethik ist Religion und jede wahre Religion Ethik und Mystik zugleich“.

Mit Lesungen, Publikationen und Orgelkonzerten verdiente er in diesen Jahren so viel, dass er 1924 zum zweiten Mal nach Lambarene abreisen konnte. Dort sollte er, immer wieder unterbrochen durch Europareisen für Vorträge und Orgelkonzerte, bis zu seinem Lebensende am 4. September 1965 bleiben.

Nach dem Zweiten Weltkrieg wendete sich Albert Schweitzer verstärkt gegen den Krieg („die uns der Unmenschlichkeit schuldig macht“) und insbesondere gegen den Atomkrieg. „Die Folgen der Wasserstoffbomben-Explosion bilden ein höchst beängstigendes Problem. […] Erforderlich wäre, dass die Welt auf die Warnrufe einzelner Wissenschaftler hörte, die dieses furchtbare Problem verstehen“. Der „balance of terror“ zwischen den beiden Großmächten USA und UdSSR könne man, so Schweitzer, nur mit konsequentem Pazifismus begegnen. Die immer weiter aufrüstenden Großmächte würden nicht erkennen, dass es nach einem Atomkrieg keinen Sieger, sondern nur Zerstörung und Verlierer gäbe. Vernichtungskriege verursachen mehr Probleme als sie lösen können und, trotz aller Angst und Zweifel, bleibe nur die einseitige Abrüstung. Für sein Engagement erhielt er 1952 den Friedensnobelpreis. Von Freunden wie Otto Hahn, Werner Heisenberg und Albert Einstein wurde Schweitzer gebeten, sich mit seinem Ansehen gegen die Atombombe und gegen Atomtests einzusetzen. Er hielt darauf weltweit ausgestrahlte Radiolesungen. 1963 unterzeichneten John F. Kennedy und N. Chruschtschow ein Abkommen zum Stopp der überirdischen Atomversuche.

Ende der 50er Jahre wurde vermehrt Kritik an Albert Schweitzer und an Lambarene laut, nicht zuletzt, um seine pazifistische Haltung im Kalten Krieg zu diskreditieren. In neueren Biografien (Moll, 2014 u.a.) wird diese Kritik breiter entfaltet: sein paternalistischer Führungsstil, der Mangel an afrikanischen Ärzten und Pflegepersonal im Hospital, die altmodische Ausstattung des Hospitals, das gemeinsame Heilen von Mensch und Tier. Auch Schweitzers gelungene Selbstvermarktung stand in der Kritik. Zu dieser „Selbstinszenierung“ muss bedacht werden, dass Albert Schweitzer seit 1913 wirklich der „Vater“ des Hospitals war und ihm die Rolle auch stetig zugesprochen wurde. Sein Beschluss im Jahr 1913, die drei Karrieren und seine finanzielle Unabhängigkeit aufzugeben, war ihm nicht leicht gefallen. Zudem sollte das Hospital ohne Fremdgelder funktionieren. Er musste darum sehr intensiv „Fundraising“ betreiben, was vor allem an seinen Namen und seine Bekanntheit gekoppelt war. Seit 1930 gibt es einen deutschen Hilfsverein für das Albert-Schweitzer-Spital, der zweimal jährlich einen Freundesbrief herausgibt und zu Spenden aufruft. Zwischen 1952 und 2009 entstanden vier Spielfilme und mehrere Dokumentationen über das Leben von Albert Schweitzer (→ Film, kirchengeschichtsdidaktisch). Seit 1967 gibt es in Gunsbach ein Albert-Schweitzer Museum und Archiv, seit 1969 in Frankfurt ein Albert-Schweitzer Zentrum mit Bibliothek, einem Archiv, (mobilen) Ausstellungen und vielfältigem didaktischen Material.

3. Religionsdidaktische Überlegungen

Albert Schweitzer kommt seit 1923 in Schulbüchern vor. Dies zeigt, dass er bereits damals die Religionspädagogik faszinierte. Andererseits wurde er aber zu unterschiedlichen Zeiten didaktisch mit unterschiedlichen Absichten verknüpft. Bis zum Jahr 1950 galt Schweitzer als Beispiel für die „Pflicht zur Mission“. Danach war er Vorbild für die Nachfolge Jesu Christi. In den 1970er Jahren galt Albert Schweitzer als Negativbeispiel für „Spendenhilfe“, statt den Menschen mit weltweiten Strukturveränderungen wirklich zu helfen. Im „Kursbuch“ 2015 wird Albert Schweitzer als Tierschützer präsentiert, der seine ethische Maxime entdeckte, als er sich in einem kleinen Kanu im Urwaldfluss mitten in einer Herde Nilpferde befand. Mit dieser ethischen Zuspitzung kann in der Mittelstufe didaktisch an Albert Schweitzer als Umweltschützer, Pazifist oder Nachfolger Christi angeknüpft werden.

1. Der Umweltschützer: Klima- und Umweltschutz gehören zu den größten Herausforderungen unserer Zeit und sind fester Bestandteil der Curricula. In der Mittelstufe kann seine (gesinnungs)ethische Maxime diskutiert und an konkreten Casus besprochen werden. Albert Schweitzer war konsequenter Vegetarier und behandelte sowohl Menschen wie Tiere in Lambarene. Die schulischen Anforderungssituationen für Umweltschutz sind vielfältig und reichen von Plastikflaschen bis umweltbewusste Klassenfahrten (Skien). Aber auch andere didaktische Anknüpfungspunkte sind möglich.

2. Der Pazifist: Albert Schweitzers radikaler Pazifismus kann zum Thema gemacht werden, z.B. im Vergleich zu Gandhi oder Martin Luther King. Abhängig davon, wie die weltweite politische Situation sich entwickelt, kann seine Ethik hohe Aktualität bekommen.

3. Der Nachfolger: In der zweiten Hälfte der Mittelstufe dringen sich, entwicklungspsychologisch bedingt, verstärkt die Fragen nach Identität auf. Hier gelten für die Schülerinnen und Schüler konkrete biografische Anforderungssituationen und lebensnahe Fragen: Wie viel Schule will ich? Will ich Vorbereitung auf Wissenschaft oder will ich praktisch und helfend tätig sein?

In der Oberstufe bieten sich drei andere mögliche didaktische Zuspitzungen an. Sie eignen sich als Unterrichtsthema oder für Präsentationen, Referate oder Aufgaben beim mündlichen Abitur.

4. Der liberale Theologe (Leben Jesu Forschung): Albert Schweitzers Buch zur Leben Jesu Forschung ist bis heute für die neutestamentliche Wissenschaft relevant. Welche Jesusbilder haben wir? Welche sind uns seit Reimarus präsentiert worden? Inwiefern ist auch unser Jesusbild heute zeitbedingt? Was gewinnen und verlieren wir mit Schweitzers „radikaler Eschatologie“ (→ Eschatologie)? Was bedeutet heute der Satz: „Jede wahre Ethik ist Religion und jede wahre Religion Ethik und Mystik zugleich“?

5. Der Entwicklungshelfer (Das Afrika-Bild und das Verhältnis zu Europa): Albert Schweitzer ist auch interessant, wenn er in transnationaler Perspektive betrachtet wird (→ Kulturtransferforschung). Das Bild eines „weißen europäischen Arztes und Theologen, der an einem breiten Fluss im heißen und stickigen Urwald armen kranken Schwarzen hilft“, hat lange Zeit bei vielen Menschen die Vorstellung von Afrika und das Verhältnis zu Afrika geprägt. Was ist hier zeitgemäß? Was heißt heute Entwicklungszusammenarbeit? Was ist in Afrika besser entwickelt als in Europa? Was heißt heute „Mission“ und was können die europäischen Kirchen von den afrikanischen lernen (→ Mission, christliche)?

6. Theologe, Arzt und Musiker (Spiritualität und Engagement): Albert Schweitzers Engagement war eng mit seiner Spiritualität verbunden. Darin spielte die klar strukturierte Musik von Bach mit ihrem transparenten Repertoire an Klangbildern eine wichtige Rolle. Schweitzer hat eine tropenfeste Orgel mit Pedalen bauen lassen, die er in Lambarene nach seiner Arbeit als Arzt spielte. Hier übte er für seine Konzertreisen und Schallplatten, die in Europa durchgeführt und aufgenommen wurden. Schweitzer als Musiker kann zu einem „crosscultural“ Projekt ausgebaut werden mit der Musik-CD „Lambarene – Bach to Africa“ von Hughes der Courson und Pierre Akendengué (1995). Hier ist die Musik von Bach, die Albert Schweitzer nach Afrika gebracht hat, von den Einwohnern enkulturiert und vermischt worden mit Melodien und Rhythmen aus Gabun. Diese einzigartige verfremdete Musik ist wieder ein hervorragender Einstieg, um Schülerinnen und Schüler auf eine neue Weise für Bach als Komponistinnen und Komponisten und Theologinnen und Theologen zu gewinnen.

Fazit: Albert Schweitzers Leben und Werk bietet unzählige didaktische Anknüpfungspunkte, ganz gleich, ob er als Held, Heiliger, ethisches Vorbild, Philosoph oder „Negativfolie“ zur Sprache kommt. Zudem gibt es umfangreiche primäre Quellen, Sekundarliteratur und viel aufgearbeitetes didaktisches Material (z.B. vom Albert Schweitzer Zentrum, Frankfurt).

Literaturverzeichnis

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