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Religionssoziologie

(erstellt: Januar 2015)

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1. Religion als Gegenstand der Soziologie

Religionssoziologie umfasst die soziologische Beschäftigung mit Religion als (qualitative und quantitative) empirische ( Empirie) Sozialforschung (vgl. Pickel/Sammet, 2014) einerseits und als Bildung von Theorien andererseits. Für die Religionssoziologie stellt Religion einen sozialen Sachverhalt dar; das bedeutet: Religion wird in den Blick genommen, wenn und insofern sie sozial relevant wird. Das unmittelbare religiöse Erleben oder die spirituelle Erfahrung sind daher keine Gegenstände religionssoziologischer Betrachtung. Erst wenn anderen darüber berichtet wird, also als Kommunikation über religiöse Erfahrung, wenn sie von anderen wahrgenommen oder mit ihnen geteilt wird oder wenn sie institutionalisiert wird, ist die religiöse Erfahrung soziologisch von Interesse.

Ebenso sind transzendente Ursprünge und Begründungen nur als sozial erfahrbare und wirksame Tatsachen für die Religionssoziologie von Relevanz. Das Transzendente gerät für die Religionssoziologie nur durch seine immanente Repräsentation, seine Aktualisierung und Wirkung in den Blick: als religiöse Kommunikation, als soziale Gestaltung von Religion (z.B. als Organisation) und in ihren Auswirkungen auf das Denken und Handeln der Menschen (auf ihre Weltsichten, ihre Biographien, ihre Lebensführung usw.). Die Religionssoziologie beschäftigt sich also damit, was Menschen und die Gesellschaft mit und aus Religion machen.

Die Religionssoziologie interessiert sich nicht für den Wahrheitsgehalt von Religion(en) (vgl. Sammet, 2014). Denn wer sich soziologisch mit Religion beschäftigt, muss sich mit wissenschaftlicher Distanz und einem „kalten Blick“ dem Gegenstand nähern. Das heißt: Die eigene Haltung gegenüber der Religion – sei es eine persönliche religiöse Bindung und Glaubensüberzeugung, sei es eine dezidiert religionskritische Position – muss in der religionssoziologischen Arbeit zurückgestellt werden zugunsten einer wertneutralen analytischen Haltung.

2. Religionssoziologische Bestimmungen von Religion

In der religionssoziologischen Diskussion darüber, wie eigentlich ihr Gegenstand zu bestimmen sei, wurde lange Zeit versucht, Religion durch spezifische Inhalte, durch ihr „Wesen“ und ihre Eigenheiten – also substanziell – zu definieren. Diese Definitionen erwiesen sich jedoch als zu eng, nicht zuletzt weil sie auf das Christentum bzw. westliche Gesellschaften ausgerichtet waren.

Den substanziellen Fassungen von Religion gegenüber wurde ein funktionaler Religionsbegriff profiliert, der Religion über ihre Funktion für die Gesellschaft bzw. für Individuen bestimmt. Ein solcher Religionsbegriff ist zwar universell anwendbar, allerdings ist er sehr weit gefasst und kann spezifisch religiöse nicht von anderen Funktionserfüllungen unterscheiden. Daher werden in verschiedenen neueren Religionsdefinitionen funktionale und substanzielle Dimensionen miteinander kombiniert.

In der aktuellen Debatte lassen sich grundsätzlich zwei Perspektiven unterscheiden, die im Folgenden kurz skizziert werden sollen.

2.1. Kosmisierung und Individualisierung

Eine in der deutschen religionssoziologischen Diskussion wichtige Definition von Religion knüpft an Emile Durkheims Theorie an, nach der nicht nur das Religiöse sozial sei, sondern umgekehrt auch das Soziale als das Religiöse verstanden wird. Die Leistung der Religion ist demnach die (moralische) Integration einer Gemeinschaft bzw. → Gesellschaft. Diese Bestimmung von Religion hat Durkheim in seinen „elementaren Formen des religiösen Lebens“ ausgehend von seiner Untersuchung des Totemismus der australischen Ureinwohner gewonnen, also anhand einer einfachen, nicht differenzierten sozialen Gruppe.

In dieser theoretischen Tradition stehend entwickelt Thomas Luckmann einen funktionalen Ansatz, der Religiosität im Prozess der Menschwerdung fundiert und als universell begreift: „Die fundamentale Bedeutung der Religion in allen Gesellschaften besteht im Verhältnis einer gesellschaftlichen Ordnung zu den Einzelorganismen der Gattung, die erst zu Personen werden, indem sie in der jeweiligen, historisch einzigartigen gesellschaftlichen Ordnung aufwachsen“ (Luckmann, 1985, 475). Die anthropologische Grundfunktion der Religion geht für Luckmann auf die Transzendierung der biologischen Natur des Menschen zurück, die in verschiedenen Gesellschaften jeweils unterschiedliche Formen annehmen kann. In modernen Gesellschaften differenzieren sich demnach spezialisierte Institutionsbereiche aus, die ihren Bezug auf ein übergeordnetes symbolisches Universum verlieren. Es entsteht ein abgegrenzter privater Bereich, in den Luckmann die Religion verwiesen sieht; er spricht daher von der „Privatisierung der Religion“. Das bedeutet, „dass kein einigermaßen allgemeines, selbstverständlich verbindliches, gesellschaftlich konstruiertes Modell einer ‚anderen' Wirklichkeit wirksam wird, ja, werden kann“ (Luckmann, 1996, 26). Konsequenterweise wird in Anschluss an Luckmann von einer Individualisierung von Religion ausgegangen, jedoch nicht von → Säkularisierung, da Religion aufgrund einer universellen, anthropologisch fundierten Bedeutung nicht verschwinden könne, sondern nur ihre soziale Gestalt verändere. In den religionssoziologischen Debatten wird Luckmann daher häufig als der zentrale Vertreter für Theorien einer Individualisierung der Religion positioniert.

Religion trägt nach Luckmann also zur gesellschaftlichen Integration der Individuen und zur Stiftung von Ordnung bei, indem sie die Einzelnen in einen sie transzendierenden Sinnkosmos sozialisiert. Dadurch gerät – so die Kritik – das Konfliktpotenzial von Religion, d.h. ihre desintegrativen Momente, aus dem Blick (vgl. z.B. Krech, 1999, 27). Zudem verliert ein solch allgemeiner funktionaler Religionsbegriff seine Trennschärfe. Konsequenterweise verabschiedet Luckmann die Religionssoziologie zugunsten einer Wissenssoziologie.

2.2. Bearbeitung von Kontingenz und Säkularisierung

In einer differenzierungstheoretischen Perspektive wird dagegen davon ausgegangen, dass Religion eine gesellschaftliche Funktion hat. Diese Perspektive, die in der Tradition Max Webers steht und von Niklas Luhmann in der Systemtheorie ausgearbeitet wurde, geht davon aus, dass zwar die Gesellschaft ohne Religion nicht auskommen kann, die Individuen jedoch durchaus. Im Zuge der Entstehung moderner Gesellschaften kam es zu einer funktionalen Ausdifferenzierung von Teilsystemen (Max Weber sprach von miteinander in Spannung stehenden „Wertsphären“ oder Lebensordnungen), die jeweils eigenen Logiken folgen, spezifische Bezugsprobleme bearbeiten und dazu Professions- und Publikumsrollen (z.B. in der Kirche: Pfarrer und Laien) ausprägen. In dieser Perspektive entsteht Religion zugespitzt erst durch funktionale Differenzierung; sie gewinnt dadurch – wie auch jedes andere System – erst ihre Eigenlogik und Autonomie.

Anschließend an Luhmann hat Detlef Pollack das Bezugsproblem von Religion näher bestimmt als die Bearbeitung von Kontingenz. Mit „Kontingenz“ wird die Eröffnung eines Möglichkeitsraums bezeichnet, d.h. die Erkenntnis, dass etwas nicht notwendig so sein muss, wie es ist, sondern auch anders sein könnte. Das bedeutet zum einen, dass Religion „die prinzipiell unaufhebbare Ungesichertheit des Daseins thematisiert“ (Pollack, 1995, 184), und zwar mit Rückgriff auf eine spezifische Form der Kodierung: die Unterscheidung von Immanenz und Transzendenz (vgl. Luhmann, 2000, 77-84). Zum anderen komme Religion die Funktion zu, Unbestimmbares in Bestimmtes zu überführen (vgl. Luhmann, 1977, 26; Pollack, 1995, 186) und dadurch Kontingenz zu schließen. Von Religion ist im Anschluss an die systemtheoretische Bestimmung dann zu reden, wenn bei der Thematisierung von Kontingenz mit der Unterscheidung von Transzendenz und Immanenz operiert wird. Diese Unterscheidung kennzeichnet religiöse Semantiken. Entsprechend wären Kontingenzthematisierungen ohne Transzendenzbezug als nicht religiös zu bezeichnen.

Die spezifische Form der religiösen Kontingenzbewältigung (bzw. Kontingenzthematisierung) beschreibt Pollack folgendermaßen näher: Sie sei „zum einen durch einen Akt der Überschreitung der verfügbaren Lebenswelt des Menschen (a), zum anderen durch die gleichzeitige Bezugnahme auf eben diese Lebenswelt (b)“ (Pollack, 1995, 185) gekennzeichnet. Dieser „Bezug auf das Unerfassbare“ (a.a.O., 186) könne kulturspezifisch unterschiedliche Spannweiten haben und bediene sich verschiedener Mittel der Veranschaulichung, zu denen v.a. Mythos und Kult gehören. Das heißt, in Mythos und Kult wird dem Unerfassbaren eine bestimmte Gestalt gegeben. Pollack fasst zusammen: „Verbindung von Bestimmtheit und Unbestimmtheit, von Zugänglichem und Unzugänglichem, von Immanenz und Transzendenz ist eine Grundstruktur aller Religionen. Durch sie gewinnen sie Alltagsrelevanz, Verständlichkeit, Anschaulichkeit und Kommunikabilität“ (ebd.).

Der Vorteil der differenzierungstheoretischen gegenüber der Durkheimschen Religionssoziologie ist die Möglichkeit, Religion und andere gesellschaftliche Teilsysteme analytisch voneinander zu trennen und religiöse Funktionserfüllungen von nicht-religiösen Äquivalenten zu unterscheiden.

3. Religion in der Lebensführung und als Sozialgestalt

Von ihren Anfangszeiten an war für die Religionssoziologie die Frage nach dem Zusammenhang zwischen religiösen Ideen und der Lebensführung ein zentraler Forschungsgegenstand. Dieses Verhältnis kann in beide Richtungen untersucht werden: als Einfluss religiöser Überzeugungen auf die alltägliche Lebensführung oder als Fundierung von religiösen Ideen in der Lebenspraxis.

Für die religionssoziologischen Studien Max Webers waren beide Perspektiven wichtig. In einer materialistisch zu nennenden Perspektive widmete er dem Zusammenhang von Ständen, Klassen und Religion ein Kapitel in „Wirtschaft und Gesellschaft“, in dem er die Affinitäten verschiedener sozialer Schichten zu religiösen Ideen untersuchte. Die jeweilige gesellschaftliche Position und damit verbundene ökonomische Interessen bestimmen demnach die Lebensführung; aus den Notwendigkeiten und Prinzipien der Lebensführung können sich religiöse Interessen entwickeln, was zur Ausbildung religiöser Weltsichten und Heilslehren führen kann. Soziale Schichten können demnach in bestimmten Konstellationen zu „Trägerschichten“ religiöser Ideen werden.

In umgekehrter Perspektive untersuchte Weber in dem berühmten Aufsatz „Protestantische Ethik“ (1920) den Einfluss einer bestimmten Glaubensüberzeugung, nämlich des Glaubens an die Prädestination zur → Erlösung oder Verdammnis, auf die Weltsicht und die alltägliche Lebensführung der Glaubenden.

Der Theologe Ernst Troeltsch, ein Zeitgenosse Webers, leistete einen ganz wesentlichen Beitrag zur Frage, in welcher sozialen Gestalt Religion in der Gesellschaft erscheint. In den „Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen“ unterscheidet er idealtypisch drei unterschiedliche soziale Gestalten des Christentums bzw. „drei Haupttypen der soziologischen Selbstgestaltung der christlichen Idee: die Kirche, die Sekte und die Mystik“ (Troeltsch, 1994, 967).

Die Mystik ist nach Troeltsch „die Verinnerlichung und Unmittelbarmachung der in Kult und Lehre verfestigten Ideenwelt zu einem rein persönlich-innerlichen Gemütsbesitz“ (ebd.). Die individualistischen Tendenzen der Mystik – ihre Fundierung im persönlichen inneren Erleben – bringen mit sich, dass Gruppen sich höchstens sehr fließend bilden.

Den Gegenpol zur individualistischen Mystik bildet die Kirche. Sie ist nach Troeltsch die „mit dem Ergebnis des Erlösungswerkes ausgestattete Heils- und Gnadenanstalt, die Massen aufnehmen und der Welt sich anpassen kann“ (Troeltsch, 1994, 967). Für die einzelnen Menschen bedeutet es eine Entlastung, dass die Kirche das Heilige verwaltet und den Menschen über die Sakramente Zugang zur göttlichen Gnade sichert; d.h. sie müssen sich nicht mehr um ihr Heil sorgen, das die Kirche anstaltsartig monopolisiert und damit garantiert. Weber (1980, 675) bezeichnet dies mit dem Begriff des Amtscharismas, das unpersönlich geworden und auf die Anstalt übergegangen ist, die es wiederum ihren Amtsträgern verleiht.

Den Gegensatz zu diesem allgemeinen und den einzelnen entlastenden Charakter der Kirche bildet die Sekte. Dabei ist zu betonen, dass Troeltsch „Sekte“ als soziologischen Begriff fasst, also nicht normativ, wie ihn die Kirchen selbst zur Abgrenzung nutzen. Man müsste heute eher von religiösen Gruppen oder Gemeinschaften sprechen. „Sekten“ sind religiöse Gemeinschaften, deren Mitglieder ihnen aufgrund eigener Entscheidung, also freiwillig, angehören, und zwar auf der Basis einer persönlichen Berufung oder Auserwähltheit, was mit einer Art Elite-Bewusstsein und einer Abgrenzung von der Welt, insbesondere von den konventionellen „Sonntagschristen“ verbunden ist. Dafür muss der einzelne – im Gegensatz zu den Kirchenmitgliedern – besondere religiöse Leistungen vollbringen. Sekten zeichnen sich daher durch eine strenge Ethik aus, weniger – wie Troeltsch betont – durch eine ausgearbeitete → Theologie (Troeltsch, 1994, 970).

In der Betonung des persönlichen Charakters von Religiosität liegen Gemeinsamkeiten von Mystik und Sekten und ihr wesentlicher Unterschied zur Kirche. Kirche und Sekte wiederum sind auf die Zugehörigkeit von Mitgliedern angewiesen, die sich jedoch ganz unterschiedlich begründen: Mitglied der Kirche wird man automatisch durch Geburt und Kindertaufe, ohne eigenes Zutun und eigene Leistung, was den objektiven anstaltlichen Charakter der Kirche betont; die Sekte ist dagegen eine Gemeinschaft von Freiwilligen, deren Mitglied man durch eigene Entscheidung und Beitritt wird.

Alle drei Sozialgestalten von Religion hat Troeltsch als Idealtypen konzipiert, die auch miteinander verwoben sein können.

4. Dimensionen von Religion

Wenn Religion soziologisch untersucht wird, kann das Augenmerk auf unterschiedliche Dimensionen gerichtet werden, die jeweils unterschiedliche Modi der Erfüllung der Funktion der Kosmisierung bzw. Kontingenzthematisierung darstellen. Diese Dimensionen sind analytisch zu unterscheiden, praktisch sind sie aber miteinander verknüpft. An Troeltschs Unterscheidungen anschließend können z.B. unterschiedliche Formen der Organisierung der Religion erforscht werden – also religiöse Gemeinschaften oder Kirchen. Auch Formen der Subjektivierung von Religion – in Troeltschs Begriffen die Mystik, heute wird eher von „Spiritualität“ (z.B. Knoblauch, 2009) gesprochen – können Gegenstand sozialwissenschaftlicher Analysen sein.

Zudem kann Religion als Glaubensüberzeugung untersucht werden. Damit werden Deutungsmuster erfasst, die die Welt sinnhaft ordnen (Kosmisierung) bzw. Unsicherheit thematisieren (Kontingenzbearbeitung). Glaubensüberzeugungen sind persönliche Festlegungen und greifen auf religiöse Überlieferungen und Dogmatiken zurück, also auf tradierte heilige Texte und von religiösen Experten ausgearbeitete Wissensordnungen. Diese religiösen Wissensbestände werden in Hinblick auf die eigene Lebensführung re-interpretiert und adaptiert. Zu Religion gehört also auch eine Dimension religiösen Wissens.

Auf die Wissensdimension von Religion kann man sich auch unabhängig von Glaubensüberzeugungen beziehen. Daher ist es sinnvoll, religiöse Kommunikation von Kommunikation über Religion (vgl. Sammet, 2006) zu unterscheiden. Von religiöser Kommunikation kann man in Anlehnung an Luhmann dann sprechen, wenn Unbestimmtes in Bestimmtheit überführt wird und der Einzelne sich in irgendeiner Weise auf Glaubensüberzeugungen festlegt (Luhmann, 1998, 145). Bei Kommunikation über Religion dagegen finden solche Festlegungen nicht statt, vielmehr ist sie durch Negationsmöglichkeiten (z.B. „Ich glaube nicht an die Existenz Gottes“) und Alternativformulierungen (z.B. „Reinkarnation ist eine tröstlichere Vorstellung als der Glaube an das Jüngste Gericht“) gekennzeichnet.

Neben diesen die Welt und das Leben deutenden und ordnenden kognitiven Dimensionen hat Religion auch eine praktische Seite. Als ein Moment dieser praktischen Seite von Religion kann man das religiöse Erleben bzw. die religiöse Erfahrung verstehen. Für die soziologische Analyse stellt diese Dimension jedoch ein Problem dar, da sie als ein innerer Zustand oder Prozess nicht unmittelbar zugänglich ist. Erst bzw. nur wenn über dieses innere religiöse Erleben berichtet wird oder indem wir es beobachten, haben wir als Forschende in mittelbarer Weise Zugriff darauf. In der Form des Berichts haben wir es dann mit religiöser Kommunikation zu tun.

Zur religiösen Praxis gehören auch religiöses Handeln und religiöse Interaktionen. Als religiöse Praxis werden in der quantitativen Umfrageforschung meist der Kirchgang und das Gebet abgefragt, aber sie umfasst noch einiges mehr, wie z.B. das Verhalten bei religiösen Veranstaltungen, das Handeln religiöser Virtuosen und Professioneller oder auch Interaktionen in religiösen Gemeinschaften. Auf Dauer gestellt werden solche Praxen in Ritualen und Institutionalisierungen, auf einer komplexeren Ebene als religiöse Organisation, also z.B. als Kirche. Zudem sind individuelle Praktiken – wie das für sich vorgenommene private Gebet – von kollektiven Praktiken und Ritualen zu unterscheiden.

Schließlich begründet Religion auch eine Zugehörigkeit. Dies kann eine mehr formale Zugehörigkeit sein, also eine Mitgliedschaft in einer religiösen Gruppe, einer Kirche oder Religionsgemeinschaft usw. Religiöse Zugehörigkeit kann aber auch ein Moment der Identität sein, also etwas, mit dem man sich selbst beschreibt und typisiert als „Ich bin Christ“, „Muslimin“, „Atheist“ usw. Damit sind Vorstellungen der Zusammengehörigkeit mit anderen Menschen und der Zugehörigkeit zu einem Kollektiv unterschiedlicher Reichweite – also einer konkreten Gemeinschaft, einer Familie oder einem „Kulturkreis“ – verknüpft. Aber auch Abgrenzungen von Nicht- oder Anders-Gläubigen bis hin zu einer kulturellen Abwehr und Ausgrenzung können daraus resultieren.

5. Religionssoziologie online

Weitere Informationen liefert die Homepage der Sektion Religionssoziologie in der Deutschen Gesellschaft für Soziologie:

Literaturverzeichnis

  • Durkheim, Emile, Die elementaren Formen des religiösen Lebens, Frankfurt a. M. 1981.
  • Knoblauch, Hubert, Populäre Religion. Auf dem Weg in eine spirituelle Gesellschaft, Frankfurt a. M. 2009.
  • Krech, Volkhard, Wo bleibt die Religion? Zur Ambivalenz des Religiösen in der modernen Gesellschaft, Bielefeld 2011.
  • Krech, Volkhard, Religionssoziologie, Bielefeld 1999.
  • Luckmann, Thomas, Über die Funktion der Religion, in: Koslowski, Peter (Hg.), Die religiöse Dimension der Gesellschaft. Religion und ihre Theorie, Tübingen 1985, 26-41.
  • Luckmann, Thomas, Privatisierung und Individualisierung. Zur Sozialform der Religion in spätindustriellen Gesellschaften, in: Gabriel, Karl (Hg.), Religiöse Individualisierung oder Säkularisierung: Biographie und Gruppe als Bezugspunkt moderner Religiosität, Gütersloh 1996, 17-28.
  • Luhmann, Niklas, Die Religion der Gesellschaft, Frankfurt a. M. 2000.
  • Luhmann, Niklas, Religion als Kommunikation, in: Tyrell, Hartmann (Hg. u.a.), Religion als Kommunikation, Würzburg 1998, 135-146.
  • Luhmann, Niklas, Funktion der Religion, Frankfurt a. M. 1977.
  • Pickel, Gert/Sammet, Kornelia, Einführung in die Methoden der sozialwissenschaftlichen Religionsforschung, Wiesbaden 2014.
  • Pollack, Detlef, Was ist Religion? Probleme der Definition, in: Zeitschrift für Religionswissenschaft 3 (1995) 2, 163-190.
  • Sammet, Kornelia, Plädoyer für eine religionssoziologische Analyse religiöser und nicht-religiöser Welt- und Lebensdeutungen, in: Erwägen-Wissen-Ethik 25 (2014) 1, 122-125.
  • Sammet, Kornelia, Religiöse Kommunikation und Kommunikation über Religion. Analysen der Gruppendiskussionen, in: Huber, Wolfgang (Hg. u.a.), Kirche in der Vielfalt der Lebensbezüge. Die vierte EKD-Erhebung über Kirchenmitgliedschaft, Gütersloh 2006, 357-399.
  • Troeltsch, Ernst, Die Soziallehren der christlichen Kirchen und Gruppen, Tübingen 1994.
  • Weber, Max, Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriss der verstehenden Soziologie, Studienausgabe, Tübingen 5. Aufl. 1980.
  • Weber, Max, Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie, Tübingen 1920.

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