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Projekt(unterricht)

Schlagworte: Projektmethode

(erstellt: Februar 2017)

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Alltagssprachlich meint ein „Projekt“ ein größeres Vorhaben, das sich von der Aufgabenstellung und vom zeitlichen Umfang vom regulären Ablauf abhebt oder zumindest abgrenzen lässt. Etymologisch stammt der Begriff von lateinisch proicere (hin-/vorwerfen, vorstrecken, entwerfen, voranstellen), wie es auch vom „Projektil“ (Geschoss, wörtlich „Vorausgeworfenes“) bekannt ist. Deutlich wird dabei der Aspekt der vorausgehenden Planung und Zielsetzung, die es in der Durchführung einzuholen gilt. In der (Projekt-)Pädagogik meint der Begriff ein zwischen Lehrkraft und Lerngruppe vereinbartes, gemeinsam geplantes, durchgeführtes und reflektiertes Handlungsvorhaben, in dem Schülerinnen und Schüler eine komplexe Aufgabe arbeitsteilig und mit einem hohen Maß an Selbstbestimmung und -organisation bewältigen. Projektunterricht stellt eine von den reformpädagogischen Strömungen verschiedener Orte und Zeiten mit hohen Erwartungen verknüpfte Unterrichtsform dar, mitunter eine Erziehungsphilosophie zur Reformierung von Schule und Gesellschaft. In der pädagogischen und allgemein-didaktischen Diskussion der 1970er bis 1990er Jahre nimmt der Projektbegriff eine zentrale Stellung ein, die Bedeutung in der gegenwärtigen breiten Unterrichtspraxis dagegen dürfte eher randständig sein (Knoll, 2009, 206).

1. Projektunterricht in der Allgemeinen Pädagogik und Didaktik

1.1. Woher kommt der Projektunterricht? Drei Jahrhunderte Projektgeschichte und die Wirren um die Wurzeln

Die seit den frühen 1970er Jahren bis heute in Deutschland wirkenden Vertreter der Projektpädagogik berufen sich auf den US-amerikanischen Philosophen und Pädagogen John Dewey. Gemeinsam mit anderen Vorreitern der progressiven Erziehungsbewegung, insbesondere mit William H. Kilpatrick, gilt er als „Vater“ des pädagogischen Projektgedankens, als dessen Geburtsstunde gerne das Jahr 1900 ausgegeben wird. Historische Studien von Michael Knoll (1993; auch 2011) dekonstruieren diese „Legende“ (Rauscher) jedoch, indem sie 300 Jahre alte europäische Wurzeln des Lernens an Projekten aufzeigen: An italienischen und französischen Architekturakademien erhielten Studenten bereits im 17. Jahrhundert in ihrer Ausbildung die Aufgabe, Bauwerksentwürfe in kleinen Gruppen zu erstellen. Diese Unterrichtsmethode – bestimmt von den Merkmalen Wirklichkeits-, Produkt- und Schülerorientierung – verbreitete sich in den folgenden Jahrhunderten in Europa und kam so auch an die technischen Hochschulen Nordamerikas. Dort wurden sie um 1900 auf den Werkunterricht an Primar- und Sekundarschule übertragen. Es war vor allem das Verdienst Kilpatricks, den bis dato noch werkunterrichtlich gebundenen rein methodischen Projektbegriff radikal neu zu definieren und auf nicht manuell-konstruktive, geistige Tätigkeiten und Fächer anzuwenden. In seinem berühmt gewordenen Aufsatz „The Project Method“ (1918) betonte er das Moment der Selbstbestimmung der Schüler, insbesondere bei der Planung des Projekts, der er motivationspsychologisch großes Potenzial beimisst – inhaltlich und methodisch fasst er das Projekt sehr weit als „herzhaftes absichtsvolles Tun“ (hearty purposeful act); er machte es so zu einem universellen didaktischen und erzieherischen Prinzip. Bei weiten Teilen der pädagogischen Community seiner Tage (inklusive Dewey), die diese Pädagogik als zu sehr an den schwankenden momentanen Schülerinnen- und Schülerinteressen ausgerichtet sahen, traf er damit jedoch auf Ablehnung. Kilpatricks Lehrer, Kollege und Freund Dewey verwendete den Projektbegriff zwar ebenfalls, jedoch ohne die Gewichtung und Programmatik Kilpatricks sowie primär im Kontext des Werkunterrichts (http://www.mi-knoll.de/135801.html). Dennoch prägte Dewey die Projektidee nachhaltiger, da er „ein umfassendes Konzept dessen begründete und entwickelte, was wir heute ‚Projektunterricht‘ nennen“ (Gudjons, 2014, 74; eine gute Zusammenstellung grundlegender Literatur, 115f.). Dewey fügt dem Konzept als vierte und nach seinem Verständnis wichtigste Dimension die politische hinzu: Das Projekt, in dem Schüler selbstbestimmt, zielgerichtet, sozial untereinander abgestimmt und wirksamkeitsändernd handeln, scheint nach seiner demokratisch-sozialreformerischen Erziehungsphilosophie der geeignete Weg, mündig-aktive Bürger hervorzubringen – es dient damit sowohl der Höherentwicklung der Person als auch der Demokratisierung der Gesellschaft. Wie Kilpatrick betont Dewey dabei vor dem Hintergrund des Pragmatismus die Erfahrungs- und Handlungsdimension des Lernens, die im (ebenfalls nicht erstmals) von Dewey geprägten lernpsychologischen Prinzip des „learning by doing“ seinen slogantauglichen Ausdruck findet. So stellt er das (gesellschaftliche) Problem und dessen Lösung ins Zentrum seines Ansatzes; somit wäre Dewey präziser als „Vertreter der Problemmethode“ (Traub, 2012, 62) zu bezeichnen.

1.2. Methode oder Erziehungsphilosophie? Ein offener Diskurs um den Projektbegriff

Auf diesen politisch motivierten und gefärbten Dewey’schen Projektbegriff greift (in einer bestimmten Rezeptionslinie) die deutsche Schulpädagogik der 1970er Jahre zurück, als sie die als zunehmend anachron erlebte Text- und Paukschule der Nachkriegsjahre zu reformieren antritt. Dem Projekt als „Speerspitze der Schulreform“ (Bastian/Gudjons, 1993, 12) verhilft dies auch in der Praxis zu Hochkonjunktur. Die durch Knolls Arbeit in den 1990er Jahren entfachte und bis heute anhaltende Diskussion bezieht ihre Schärfe weniger aus wissenschaftshistorischem Interesse, vielmehr machen sich an der Frage der historischen Herkunft des Projektgedankens konzeptionelle und pädagogisch-werthaltige Positionen fest: Die Dewey-Rezeptionslinie betont die erzieherisch-emanzipatorische Dimension und fasst das Projekt methodisch sehr weit, was die diskriminierende Leistung des Begriffs stark einschränkt. Vertreter der anderen Position (insbesondere Knoll) plädieren deshalb dafür, Kilpatricks Weitung aufzugeben und zu einem Verständnis des Projekts als konstruktives Problemlösen zurückzukehren. Da sich Knolls Vorschlag einer klärenden Rückbesinnung auf den engen Projektbegriff nicht durchsetzen konnte, bleibt das von ihm markierte Problem ungelöst (Wöll, 2004, 200).

In den 1990er Jahre findet eine Konsolidierung statt, die sich etwa durch die Aufnahme in die Referendarsausbildung sowie die breite Einführung von Projektwochen, auch für die didaktisch eher intellektuell ausgerichtete Oberstufe, niederschlägt. In der Theorie wird das Konzept verfeinert durch das Aufstellen von Merkmalslisten (Gudjons) und Schrittfolgen (Hänsel); zugleich müht man sich um die Integration des Projekts in den Regelunterricht (z.B. Gudjons, 2014, 91f.). Neben der Voll- oder Hochform werden nun auch reduzierte – nicht alle Merkmale erfüllende – Formen (insbesondere innerhalb des Rahmens des regulären Fachunterrichts) unter den Begriffen des „projektartigen“ oder „projektorientierten Unterrichts“ propagiert. Gerade weil Projektunterricht eine anspruchsvolle und deshalb einzuübende Methode ist, sind insbesondere zur Hinführung Vor- oder Teilformen des Projekts hilfreich; damit stehen heute auch gestufte Konzepte bis hin zum Vollprojekt zur Verfügung (Traub, 2012).

Ende der 1980er Jahren erfuhr die Projektpädagogik unter dem Stichwort ‚Fächerübergreifender Unterricht‘ „eine bildungspolitische Neuaufnahme und -interpretation“ (Wolters, 2014, 142), die die Interdisziplinarität von Projekten fokussiert, die politische Dimension dagegen außer Acht lässt. Projektpädagogik begegnet seither als Teilaspekt oder Element verschiedener anderer didaktischer Konzeptbegriffe: Historisch wie systematisch steht der Projektbegriff in enger Verbindung zu dem konzeptionell etwas weiter gefassten Begriff des handlungsorientierten Unterrichts, der wiederum große Überschneidungen mit einer Didaktik des offenen Unterrichts hat. Beide verbindet mit dem Projekt die Selbstorganisation (methodische Öffnung) und Selbstbestimmung der Schüler (auch inhaltliche Öffnung des Unterrichts) sowie das entdeckende Lernen an problemorientierten Aufgaben (Bohl, 2010, 19). Positive Bezüge bestehen auch zum selbstgesteuerten Lernen, bei dem ebenfalls Selbststeuerung und Zielorientierung wie auch Kooperation wichtig sind, bei dem jedoch die Arbeit mit Lernstrategien und Metakognitionen eine größere Rolle spielt. Ebenso weisen konstruktivistische Didaktiken mit entsprechend aufbereiteter Lernumgebung bzw. (digital strukturierter) Lernlandschaft enge Verbindungen zum Projektlernen auf. Näher zu erforschen bleibt die Bedeutung von Projektunterricht im Rahmen der Kompetenzorientierung, mit der sie die Ziel- und Outputorientierung teilt.

1.3. Was ist Projektunterricht? Merkmale von Projektorientierung

Die heute meistbeachtete Beschreibung dessen, was Projektunterricht praktisch heißt, liefert Gudjons (2014, 79-90) in seiner mehrfach überarbeiteten Liste von Merkmalen, die er hilfreich in ein vier Schritte umfassendes Ablaufschema einbettet:

Projektschritt I: Eine für den Erwerb von Erfahrung geeignete, problemhaltige Sachlage auswählen

1. Merkmal: Situationsbezug

2. Merkmal: Orientierung an den Interessen der Beteiligten

3. Merkmal: Gesellschaftliche Praxisrelevanz

Projektschritt II: Gemeinsam einen Plan zur Problemlösung entwickeln

4. Merkmal: Zielgerichtete Projektplanung

5. Merkmal: Selbstorganisation und Selbstverantwortung

Projektschritt III: Sich mit dem Problem handlungsorientiert auseinandersetzen

6. Merkmal: Einbeziehen vieler Sinne7. Merkmal: Soziales Lernen

Projektschritt IV: Die erarbeitete Problemlösung an der Wirklichkeit überprüfen

8. Merkmal: Produktorientierung

9. Merkmal: Interdisziplinarität

Projektschritt V: Praxisdienliche konkrete Hinweise

10. Merkmal: Grenzen des Projektunterrichts

Praxisdienliche konkrete Hinweise zu den Phasen von der Planung bis zur Auswertung und Leistungsbewertung bietet die einschlägige Literatur (Gudjons, 2014, 92-107; ebenso Nohl, 2006, 33 mit einem „Fahrplan“ sowie vielen weiteren hilfreichen Schemata und Materialien wie Leitfäden, Checkliste und einer Risikoanalyse).

1.4. Warum Projektunterricht? Pro- und Contra-Argumente

Erstes und letztes Ziel unserer Didaktik soll es sein, die Unterrichtsweise aufzuspüren und zu erkunden, bei welcher die Lehrer weniger zu lehren brauchen, die Schüler dennoch mehr lernen, in den Schulen weniger Lärm, Überdruß und unnütze Mühe herrsche, dafür mehr Freiheit, Vergnügen und wahrhafter Fortschritt.“ Auf diese gut dreieinhalb Jahrhunderte alte doch noch immer aktuelle Forderung aus Jan Amos Comenius‘ „Didacta magna“ (1657) ist Projektunterricht eine mögliche Antwort. Eine erste Argumentationslinie für das Projekt folgt der pädagogischen Psychologie, die lern- und motivationspsychologisch die Vorteile selbstbestimmten Lernens hervorhebt; kognitionspsychologisch betont sie die Bedeutung selbsttätig aneignender Lernaktivität des Subjekts, die in der Handlungs- und Problemorientierung sowie dem damit verbundenen höheren Maß an Primärerfahrung bei Projektunterricht stärker gegeben ist. Lerneffekte aus Projekten scheinen auch dauerhafter als Wissen, das im Frontalunterricht erworben wurde. Das Projekt weist zudem didaktische Vorzüge im Umgang mit → Heterogenität auf, die im Lehrgang eher störend angesehen wird: Aufgrund der Vielteiligkeit der Aufgabe(n) stellt sie im Projekt eher Chance als Problem dar, da individuelle Potenziale durch die größeren Wahlspielräume der Schülerinnen und Schüler besser ausgeschöpft werden können – eine Besonderheit, die unter Vorzeichen von → Inklusion nochmals an Bedeutung gewinnt.

Daneben stehen die von Dewey stark gemachten pädagogischen und bildungstheoretischen Vorzüge der Projekte, da sie sich besonders eignen „Selbstbewusstsein zu erzeugen und soziale Verantwortung einzuüben“ (Knoll, 2009, 204). Der Ansatz einer flexiblen Problemlösung berücksichtigt dabei auch besser die komplexer werdende gesellschaftliche Wirklichkeit und bereitet so auf ein erfolgreiches Bestehen in dieser besser vor. Mit dieser Seite der mehr Verantwortung übernehmenden Schülerschaft korrespondiert eine bei Projekten veränderte Lehrerrolle, die für die Begleitung der individuellen Lernprozesse (sowie nicht selten ein neues Kennenlernen der Schülerinnen und Schüler) weit größere Spielräume lässt. Die mitunter für beide Seiten irritierende Rollenänderung birgt die Chance, eingeschliffene Gewohnheiten zu verlernen und auch die Probleme, die dabei auftreten, gemeinsam zu reflektieren und nach angemesseneren Formen des Umgangs und des Lernens zu suchen (Groß, 1994, 141).

Die hohen Anforderungen, die Projektunterricht an alle Beteiligten stellt, führen dabei freilich auch zu Problemen: Die geforderte Selbstbestimmung oder -organisation auf Schülerseite setzt Fähigkeiten voraus, die erst eingeübt werden müssen. Aufgrund der manchmal auch mühsamen Prozessverantwortung in Verbindung mit ungewohnt großer Freiheit nutzen Schülerinnen und Schüler „vermehrt Strategien des Ausweichens, Sichdrückens und Trittbrettfahrens“ (Knoll, 2009, 207). Eine effiziente Klassenführung wird hier besonders wichtig (Bohl, 2010, 112), auch kann den Problemen präventiv (insbesondere durch das Festlegen von Regeln bzw. die Etablierung von Routinen) begegnet werden (Bohl, 2010, 114f.). Die pädagogische Psychologie beschreibt zahlreiche unerwünschte Effekte bei Formen des kooperativen Lernens (insbesondere „soziales Faulenzen“), sie liefert aber auch effektive Möglichkeiten der Vermeidung, etwa durch die Wahl geeigneter (das heißt gut aufteilbarer) Gruppenaufgaben sowie die Sicherstellung individueller Verantwortlichkeit (Kunter/Trautwein, 2013, 120-126). Wie auch bei anderen Formen offenen Unterrichts benötigen bei Projekten vor allem leistungsschwächere Schüler eine größere Unterstützung, um von dem Lernangebot profitieren zu können (Bohl, 2010, 83). Auch bemängeln nicht wenige Schüler im Rückblick auf Projekte einen fehlenden Lernzuwachs (Frey, 2007, 180), was auf die methodische Notwendigkeit verweist, den Arbeitsprozess (inklusive verschiedener Zwischenergebnisse) dokumentieren zu lassen und das Protokoll oder Projekttagebuch bei der Benotung zu berücksichtigen.

Auch auf Lehrerseite bestehen Bedenken: Die reduzierten Kontrollmöglichkeiten lassen Lehrerinnen und Lehrer ebenso wie der hohe Vorbereitungsaufwand vor Projekten zurückschrecken und auch die Komplexität des (in der Regel die Grenze des eigenen Fachs überschreitenden) Projektproblems fordert hinsichtlich der Sachkompetenz heraus. Zudem ist Projektunterricht zeitintensiv: Die Vertiefung eines aus Lehrersicht vielleicht nicht einmal zentralen Problemaspekts geht auf Kosten der thematischen Breite. Projektunterricht ist für gewisse Aufgaben wie z.B. das Üben neu erworbenen Wissens auch schlicht ungeeignet. Projektunterricht wird deshalb kaum als didaktisches Vollzeitkonzept fungieren (Frey, 2007, 185), vielmehr kann er ergänzend neben anderen notwendigen Formen (insbesondere Lehrgang und Freiarbeit) eingesetzt werden.

2. Das Projekt im RU – Rezeption und fachspezifische Aneignung des Projektgedankens in der Religionsdidaktik

2.1. Projektlernen im RU – Stationen und Begründungen der Rezeption

Grundsätzlich gelten und begegnen die oben genannten Für und Wider des allgemeinpädagogischen Diskurses auch in der religionsdidaktischen Theorie und Praxis. Dennoch gibt es fachspezifische Aneignungswege und -formen, die hier nachzuzeichnen sind, wobei die Feststellung eines „mageren Befund[s]“ (Groß, 1994, 121; auch Nastainczyk, 1989, 148) für die religionsdidaktische Reflexion der projektorientierten Pädagogik bis in unsere Tage gilt.

Zunächst führte die inhaltliche Affinität des Religionsunterrichts zum sozialreformerischen Impetus der Dewey’schen Projektpädagogik und dessen Rezeption in die Praxis des Religionsunterrichts. So dokumentieren zahlreiche Publikationen der 1970er und 1980er Jahre konkrete Religionsunterrichtsprojekte, die sowohl gesellschaftspolitische Problemfelder wie Weltfrieden, globale Gerechtigkeit („Eine Welt“), Umweltschutz oder die Integration von behinderten Menschen aufgreifen als auch erfahrungsorientiert sinnerziehend ausgerichtet sind (Rauscher, 1991, 92-94). Dabei wird auch die in theoretischer Hinsicht bestehende Nähe des Fachs zu dem Ansatz reflektiert, liegen doch führende religionsdidaktische Konzepte, wie die Korrelationsdidaktik (auf katholischer) bzw. der problemorientierte Religionsunterricht (→ Problemorientierter Religionsunterricht) (primär auf evangelischer Seite), auf der Linie des erfahrungsnahen und erfahrungsbereitenden Projektunterrichts.

Bereits in den frühen 1970er Jahren finden sich theoretische Fundierungen der Projektdidaktik von religionspädagogischer Seite, insbesondere durch den evangelischen Pfarrer und Sozialwissenschaftler Bernhard Suin de Boutemard (1973) mit einer „Theologie des Projektunterrichts im Religionsunterricht“, die im Projektunterricht im Sinne Deweys den größten didaktisch belassenen Freiraum für das Heilswirken Christi erkennt und sich damit gegen einen didaktisch durchdeklinierten Religionsunterricht richtet, der Gott zu etwas verfügbar Erscheinendem macht. Trotz der christologisch-soteriologischen Profilierung des Projektgedankens fanden Suin de Boutemards Arbeiten aufgrund ihrer theoretischen Präzision auch allgemein-pädagogische Beachtung. Daneben dokumentiert und reflektiert Hartwig Weber (1973) konkrete Projekte, die – inspiriert von Paulo Freires Pädagogik der Unterdrückten – auf die Bereitung von Erkenntnis durch Aktion (im Gegensatz zum Wissenstransfer) zielen.

Theoretische Arbeiten zum Projektunterricht begegnen erneut in den 1990er Jahren, etwa bei Erwin Rauscher (1991), der das Projekt als Form eines dialogischen Unterrichts entfaltet, vor allem aber bei Engelbert Groß mit zwei einschlägigen Monographien (1994; 1996; auch 1999), in denen er Motive für eine Projektpädagogik umfassend und bis heute anschlussfähig entfaltet. Groß begründet die Notwendigkeit eines „konsequenten“ – das heißt für ihn handlungsorientierten – Religionsunterrichts, zu dem der Projektunterricht eine hervorragende Möglichkeit bietet, durch das Wesen des Fachgegenstands: den als Praxis tätiger Nächstenliebe zu verstehenden christlichen Glauben. Den üblichen Projektbegriff, den er als „expressives Projekt“ bezeichnet, erweitert er um das sogenannte „integrale Projekt“, das sich darum bemüht „Christsein zu projektieren“ (Groß, 1999, 154) also Schülerinnen und Schülern Glaubenlernen zu ermöglichen.

Das von Groß markierte Desiderat einer fehlenden Vertrautheit mit christlicher Glaubenspraxis auf Schülerseite und die Idee eines für entsprechende Erfahrungen Raum schaffenden Religionsunterrichts (in Abgrenzung von einem reinen ‚Reden-über‘) begegnen erneut in der aktuellen Debatte um den performativen Religionsunterricht (→ performativer Religionsunterricht). Stärker als die ethische respektive diakonische Handlungsdimension beim Projekt findet dabei jedoch die liturgisch-spirituelle Dimension von Glauben Beachtung. Die hier noch erkennbare Distanz zu einer womöglich als methodisch-äußerlich scheinenden Pädagogik der Handlungsorientierung lässt bereits aufgedeckte Potenziale der Projektdidaktik allerdings noch ungenutzt. Die von Projektpädagogen stark gemachte Wirklichkeits- und Erfahrungsorientierung etwa ließe sich hier an die Hervorhebung des Aspekts der unterrichtlichen Probehandlung anschließen.

2.2. Produktorientierung auch im RU

Auch die oben genannte Anfrage der allgemeinen Didaktik an das theoretische Niveau von Projektunterricht begegnet im religionsdidaktischen Diskurs, insbesondere für den Religionsunterricht an Gymnasien, der sich traditionell an der Theologie als Bezugswissenschaft orientiert und der damit einhergehenden Textarbeit große Bedeutung beimisst. Die mit der Projektdidaktik verbundene Produktorientierung wird deshalb als nur eingeschränkt anwendbar angesehen, wobei zu beachten ist, dass auch das Zur-Sprache-Bringen empirisch nicht fassbarer Wirklichkeit als geistiges Produkt verstanden werden kann (Gehltomholt, 2000, 399f.). Auch Groß (1996, 80) differenziert schon im Anschluss an Duncker/Götz (1984) zwischen inneren und äußeren sowie zwischen abgeschlossenen und offenen (prozesshaften) Produkten. Demnach sind auch persönlichkeitsgebundene Einsichten oder Einstellungsänderungen als Produkte anzusehen (Gudjons, 2014, 87). Fruchtlose Gegenüber­stellungen, wie sie in der Projektdebatte in Formeln wie „Beten statt Kneten“ begegnen, verweisen zwar auf das allgemein-didaktisch notwendige Anliegen, das Projekt vor äußerlichem und fachlich anspruchslosem Aktivismus zu bewahren, berücksichtigen jedoch weder die oben genannte religionspädagogische Begründung vom Unterrichtsgegenstand her noch die lernpsychologischen Vorteile einer (ohnehin selten genug im Religionsunterricht erfolgenden) Herstellung vorzeigbarer Gegenstände oder Aktionen.

Durch die mit dem Internet verbundenen technischen Möglichkeiten (Stichwort „Web 2.0“), selbst erstellte Medieninhalte ohne größeren Aufwand zu veröffentlichen, stehen auch dem Religionsunterricht eine Vielzahl motivierender Vorhaben in Sachen Produkterstellung zur Verfügung. So kann der klassische (Zeitungs-)Artikel als möglicher Abschluss einer Beschäftigung mit einem Thema auf der Schulhomepage oder einer anderen geeigneten Internetseite platziert werden, ebenso das kommentierte Ergebnis einer selbst durchgeführten Umfrage. Eigene Wikis können erstellt oder Einträge in bestehenden Enzyklopädien (etwa Wikipedia) überarbeitet werden; in Betracht kommen neben Textmedien auch selbst aufgenommene und geschnittene Hörcollagen oder Videofilme. Gebrauchsmedien wie eine selbst erstellte Karte der eigenen Stadt mit Spuren z.B. jüdischen Lebens können auch digital erstellt und öffentlich zugängig gemacht werden – dies lässt sich im Weiteren mit sozial relevanten Aufgaben kombinieren, etwa der Erstellung eines Stadtplans für Flüchtlinge mit für sie bedeutsamen Hinweisen (herausfordern dürfte hier auch der damit verbundene nötige Perspektivwechsel). Das Internet generiert stetig neue Formen des öffentlichkeitsbezogenen und -wirksamen Engagements, etwa die kritische Analyse zentraler Thesen einer umstrittenen politischen Rede respektive eines entsprechenden publizistischen Beitrags. Besser als dem Autor und manchen Kollegeninnen und Kollegen werden den Schülerinnen und Schülern als Hauptagenten der Planung und Durchführung des Projektunterrichts die noch viel weiter reichenden und stetig wachsenden Möglichkeiten bekannt sein. Überholt sind dadurch keineswegs „klassische“ Aktivitäten wie Mahnwachen, Straßentheater, künstlerische Plastiken (auch im Sinne der sozialen Plastik nach J. Beuys), die Organisation von ehrenamtlicher Nachhilfe bzw. Hausaufgabenbetreuung oder die handwerkliche Konstruktion bzw. die (vielfältige) Geldbeschaffung für eine bestimmte diakonisch motivierte Anschaffung (z.B. Fußballtore für den Hof einer Flüchtlingsgruppenunterkunft).

2.3. Organisationsformen für Projekt-RU

Groß dimensionierte Projektrahmen wie Projektwochen oder von langer Hand geplante fächerübergreifende Einheiten bieten durch den großzügigeren Zeitrahmen hervorragende Möglichkeiten zu Projekten in „Hochform“ (siehe oben). Sie sind für den Religionsunterricht, wo aufgrund klassenübergreifender konfessioneller Lerngruppen die Möglichkeiten für anlassbezogene und damit kurzfristige Planungen eingeschränkt sind, wertvolle Chancen, die jedoch selten gegeben sind und sich auch von Lehrerinnen und Lehrern nur im kollegialen Verband schaffen lassen. Hier lassen sich in Kooperation mit allen Fächern, vor allem aber innerhalb der Fächergruppe, lohnende Themenstellungen finden. Projekte müssen jedoch nicht zwangsläufig fächerübergreifend angelegt sein (Wolters, 2014, 157), im Gegenteil: Komplexität und Größe des Projekts gehen nicht selten zu Lasten der für das Projekt bedeutsamen Schüler- und Situationsnähe (Ziebertz, 2003, 466), weshalb hier besonders für situationsorientierten Projektunterricht innerhalb der vom Stundenplan zugewiesenen Unterrichtsstunden plädiert wird.

2.4. Anlässe und Themen für Projekt-RU

Der Anlass für ein Projekt kann von schulorganisatorischer Seite kommen (etwa bei bevorstehenden Projektwochen), idealerweise erwächst er „von innen“, aus der Lerngruppe, die aus der Beschäftigung mit einer Thematik heraus sich das Ziel setzt, gemeinsam eine themenbezogene Aufgabe zu bewältigen. Solche Motivation entsteht wahrscheinlicher bei einer Ausrichtung der Unterrichtsthemen an den Interessen der Schülerinnen und Schüler, die wiederum an den gesellschaftlichen Fragen und Problemen interessiert sind und sich in der Regel dankbar für einen intensiven Bezug auf aktuelle Debatten und ein „Hereinholen“ dieser Wirklichkeit außerhalb der Schule zeigen. Vorausgehen kann ein bereits thematisch einschlägiger Lehrgang oder eine offene Gesprächsrunde, die für die Schülerinnen und Schüler unter den Nägeln brennende Themen zeigt, die die Lehrperson vielleicht gar nicht „auf dem Schirm“ hatte; die (Rahmen-)Lehrpläne vieler Länder (zumal in ihrer Kompetenzorientierung) lassen Spielräume für solche Schwerpunktsetzung.

In der Initiationsphase braucht es von Lehrerseite Sensibilität, Spontaneität und Mut respesktive Vertrauen in die von der Methode beflügelte Aktivität der Schülerinnen und Schüler, um die Idee einer vertiefenden Beschäftigung im Rahmen eines Projekts beim Schopf zu packen. Die (gemeinsame) Wahl eines Themas ist anspruchsvoll und von grundlegender Bedeutung, da das vereinbarte Ziel in seiner Motivation über einen längeren Zeitraum (auch über sozial und sachlich divergierende Phasen hinweg) tragen muss. Es soll Sinn stiften und eine Identifikation eines Großteils der Gruppe mit der Aufgabe gewährleisten oder zumindest wahrscheinlich machen. Geeignete Probleme werden „echter“ Natur – also nicht didaktisch konstruiert – sein, zum Nachdenken und zur handelnden Auseinandersetzung anregen. Deweys Anspruch, dass Unterricht relevant für die gesellschaftliche Wirklichkeit (da draußen, aber auch schon in der Schule) sein soll, stößt bei Schülerinnen und Schülern auf Resonanz. Derartige Themen, Probleme bzw. Aufgaben haben deshalb eine komplexe Form, das heißt sie werden sich nicht auf einzelne Fachaspekte reduzieren lassen. Religionsdidaktisch knüpft sich daran die Herausforderung, an einem der Lebenswelt der Schülerinnen und Schülern nahen Thema exemplarisch aufzuzeigen, was theologische Reflexion bedeutet und welchen Beitrag sie zur Bewältigung realer Probleme leisten kann. Korrelation als zunächst hermeneutische Aufgabe bedeutet hier, die im Projekt ins Auge gefasste Sach- und Lebenslage in theologischen Kategorien zu deuten und von daher das Verständnis theologischer Aussagen weiter zu entwickeln.

Große gesellschaftliche Debatten – wie sie sich innerhalb von Jahren ändern und deshalb hier nur für den Moment benannt werden können – bieten sich hier besonders an: Aktuell etwa fordert die Flüchtlingsthematik den Religionsunterricht zu Stellungnahme und Engagement heraus. Die damit verbundenen virulenten Themen „Menschenrechte und ihre Verletzung“, „Globale (Un-)Gerechtigkeit“, „Fremdenfeindlichkeit und der Umgang damit“ kann ein christlichen Werten verpflichteter Religionsunterricht schwerlich ignorieren. Sie werfen in theologischer, ethischer und politischer Hinsicht Fragen auf und rufen zu gesellschaftlichem Engagement. Die in diesbezüglichen Projekten möglichen Erfahrungen sind besonders wertvoll für den didaktisch schwer handhabbaren Bereich der Einstellungsänderungen (Schimmel, 2011).

Auch „klassische Relithemen“, auch systematisch-theologische Themen eignen sich, wo eine korrelierende existenzielle Seite sichtbar zu machen ist, etwa beim Thema „Tod und Sterben“ (Nastainczyk, 1989, 154 mit einem Projekt für die vierte Jahrgangsstufe). Öffnung von Schule lässt sich hier leicht und eindrücklich durch die Begegnung mit Expertinnen und Experten erreichen, etwa im Gespräch mit einer Mitarbeiterin bzw. einem Mitarbeiter eines Sterbehospizes. Oder es ergibt sich aus der Beschäftigung mit den „Zehn Geboten“ in der Lerngruppe die Frage nach zeitgemäßer Interpretation einzelner Gebote, der im Rahmen eines Projekts vertiefend nachgegangen werden kann (Busekist, 2007, 174-178). Da (sozial-)ethische Themen Praktiken reflektieren und bewerten, bietet es sich an, eigenes Verhalten unter die Lupe zu nehmen, etwa das Konsumverhalten hinsichtlich eines nachhaltig-verantwortlichen Umgangs mit der Schöpfung. Kritisch im Auge zu behalten bleibt dabei, ob primär handlungsorientierte Methoden im (sozial)ethischen Bereich der Komplexität der Sache gerecht werden – über das Engagement hinaus bedarf es deshalb umfassender themenbezogener Reflexion in der Gruppe (Groß, 1999, 156f.). Theorie und Praxis sind auch bei Projekten zu religiösen Vollzügen gefragt, wie z.B. beim Thema „Fest“, das Lernpotenzial für interreligiöses (→ Interreligiöses Lernen) wie auch performatives Lernen (→ Performativer Religionsunterricht) bietet.

Ein eigener Bereich für Religionsunterrichtsprojekte sind Sozialpraktika, wie sie u.a. im Compassion-Ansatz (→ Compassion) religionsdidaktisch reflektiert und vorgelegt werden (Kuld/Gönnheimer, 2012) und wie sie mit dem Konzept des Service-Lernens (Sliwka/Frank, 2005) eine Neuauflage finden. Aber auch organisatorisch kleiner konzipierte Projekte, etwa in der punktuellen Zusammenarbeit von Regelschulen mit Förderschulen bzw. Schwerpunktschulen, können intensive Begegnungserfahrungen bereiten, deren Reflexion persönlich bedeutsam und z.B. angedockt an den Unterrichtsstoff „Menschenbild“ theoretisch fruchtbar werden kann. Gerade im Rahmen kopflastiger Themen wie „Gottesbeweise“ oder „Theodizee“, die zunächst für Projektunterricht ungeeignet scheinen (Busekist, 2007, 169), lohnt die Anstrengung, nach erfahrungsbereitenden Lernwegen zu suchen. Impulse für das ethische Lernen anhand vorbildlichen Verhaltens im nahen Umfeld bietet Hans Mendels local-heroes-Ansatz (http://www.uni-passau.de/local-heroes/). Als Projektprodukt ist stets eine Veröffentlichung (zumindest in der Schulöffentlichkeit, besser noch in einem außerschulischen Medium, z.B. einer Zeitung) zu erwägen. Zahlreiche im Internet veröffentlichte Religionsunterricht-Projekte, können hier als anregende Beispiele fungieren (Homepage von Arthur Thömmes: http://www.fundgrube-religionsunterricht.de/projektarbeit.html).

Projektunterricht vermag hinsichtlich religionsdidaktischer Ziele einiges zu erreichen. Neben der Schulung sozial-kommunikativen Handelns unterstützt der mit Projekten verbundene gesellschaftliche Wirkungsaspekt den christlich-ethischen Bildungsauftrag des Religionsunterrichts. Die mit der Projektpädagogik (insbesondere in Dewey’scher Prägung) verbundene gewichtige Frage nach Relevanz und Folge von Unterricht konfrontiert den Religionsunterricht und bringt einen wertvollen Ansporn.

Projektunterricht birgt dennoch vor allem gruppendynamisch bedingte nicht wegzuregelnde Risiken, denen jedoch auch durch eine bewusste Methodik begegnet werden kann. Selbst ein mögliches gefühltes „Scheitern“ eines Projekts bzw. ein deutlich von der Erwartung abweichender Ausgang stellt dessen Sinn jedoch nicht zwingend in Frage, da – wie Dewey von der Methode der Naturwissenschaften inspiriert erklärte – auch dies das aufschlussreiche Ergebnis eines Experiments in sozialer Form darstellt. Als ergänzende Unterrichtsform und mit experimentell-offener Haltung überwiegen so die Chancen deutlich. Die Sympathie für den Projektgedanken dürfte von grundlegenden pädagogischen Überzeugungen und Zielsetzungen abhängen, insbesondere von der Position in der Frage, welche Rolle Schülerinnen und Schüler bei der Gestaltung des Lernprozesses eingeräumt und was ihnen hierbei zugetraut werden kann und soll.

3. Projekte in der Schul- und Gemeindepastoral

Im pastoralen Bereich sind die Spielräume für Projekte größer als im Unterricht: Schon die Schulpastoral (an staatlichen wie an kirchlichen Schulen) kann aufgrund der freiwilligen Teilnahme der Schülerinnen und Schüler stärker den Raum für explizit religiöse Erfahrung bieten. In ökumenischer Zusammenarbeit können hier neben den etablierten schulseelsorglichen Angeboten auch situationsbezogen Projekte durchgeführt werden. Das Fehlen eines geeigneten Raumes zur Verrichtung des täglichen Gebets muslimischer Schülerinnen und Schüler etwa könnte zum Anlass genommen werden, einen religionsübergreifenden Andachtsraum einzurichten (Zu weiteren schulpastoralen Beispielen http://www.bistum-muenster.de/index.php?myELEMENT=288985&mySID=30935f74507d3c5ea6ef6f9b2b10c540).

Noch weiter ist das Feld von „Projekten“ in der Gemeindepastoral, „Projekt“ hier verstanden im organisationstheoretischen – weniger im (projekt)pädagogischen – Sinn als von kirchlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern top-down geplante und organisierte besondere Aktivität. So werden vorwiegend in den evangelischen Landeskirchen Projekte gerne zur Initialisierung von Reformen auf verschiedenen Ebenen durchgeführt (Asselmeyer, 2006 mit einer Analyse von deren Gelingen und Scheitern). Verbreitet ist darüber hinaus in beiden Kirchen vielfältige gemeindepädagogische Projektarbeit im sozialdiakonischen, ökologischen und kulturellen Bereich (Piroth, 2012, 174-177). Die Produkt- und Erfahrungsorientierung sowie die zeitliche Begrenzung von Projekten machen diese besonders für die kirchliche Jugendarbeit attraktiv, auch wenn sie in der Regel nicht als Initialzündung der erhofften Gründung einer über das Projekt hinaus bestehenden Gruppe taugen (Hobelsberger, 2006, 322). Das soziale Engagement, zu dem sich etwa im Rahmen von 72-Stunden-Aktionen des BDKJ hunderttausende Kinder und Jugendliche motivieren ließen, beeindruckt, wenn dabei auch die durch die SINUS-Studien deutlich gewordenen Milieugrenzen kirchlicher Jugendarbeit nur selten überschritten werden (Sellmann, 2010, 444). Den Versuch, bisher unerreichte Gruppen von Jugendlichen auf neuen Wegen anzusprechen, unternehmen kirchliche Initiativen auch mit projekthaften Internetauftritten (Sellmann, 2010, 437-440), u.a. auch begleitend zu einer der größten jugendpastoralen Innovationen der letzten 10-15 Jahre, nämlich den Jugendkirchen. Als Jugendkirchen werden speziell als Profilkirchen genutzte Kirchengebäude bezeichnet, in denen neben auf die Zielgruppe zugeschnittene Liturgien vielfältige Veranstaltungen wie Aufführungen und Ausstellungen für Jugendliche stattfinden. Darüber hinaus begegnen auch Jugendkirchenprojekte, in denen das beschriebene „Programm“ in wechselnden Kirchen angeboten wird (Hobelsberger, 2009, 91). Für Jugendliche bieten Jugendkirchen nicht nur die Möglichkeit der Partizipation als Teilnehmerinnen und Teilnehmer, sondern auch als Mitwirkende in der Vorbereitung und Durchführung. Jugendliche sozial benachteiligter Milieus werden durch Projekte wie die persönlichkeitsstärkende und gewaltpräventive Initiative „Stark ohne Gewalt“ des Vereins Starkmacher e.V. (http://starkmacher.eu/) oder die Filminitiative „Wo geh’se?“ der CAJ im Bistum Essen (http://www.caj-essen.de/) erreicht.

Größere Situationsnähe weisen häufig die meist diakonisch orientierten Projekte der Konfirmations- und Firmvorbereitung auf, die dem in den 1990er Jahren (damals für Schulen in katholischer Trägerschaft) entwickelten Compassion-Ansatz (Kuld/Gönnheimer, 2012) folgen und deren Herzstück die reflektierte Mitarbeit in Altenheimen, Krankenhäusern etc. bzw. Aktionen für benachteiligte Gruppen (Kinder aus sozialen Brennpunkten, Asylbewerber,…) darstellt (Arendt-Stein/Kiefer, 2006 zu Erfahrungen in der Diözese Speyer sowie Schätzler-Weber, 2009 zu Projekten in der Konfirmationsvorbereitung).

Literaturverzeichnis

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