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Politik, Religionsunterricht

Schlagworte: Religionsunterricht, Politik

(erstellt: Januar 2015)

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1. Einführung

Der Religionsunterricht ( → Religionsunterricht) wird politisch, gesellschaftlich wie zivilreligiös beansprucht. Immer dann, wenn sich krisenhafte Ereignisse einstellen, wird der Ruf nach dem Religionsunterricht laut. Andererseits wird kein anderes Fach im gleichen Maße durch politische und rechtliche Vorgaben begründet und reglementiert. Nach GG Art. 7 ist es der Staat, der den Religionsunterricht trägt, damit dieser seinen Beitrag zur Werteordnung der demokratischen Gesellschaft ( → Demokratie) leisten möge, der aber aus Gründen der weltanschaulichen Neutralität dessen konkrete Durchführung an die Religionsgemeinschaften delegiert (Wittrek, 2013, 6-10).

Andererseits erklärt sich die gelegentliche Schärfe der Auseinandersetzungen um den Religionsunterricht möglicherweise ein Stück weit dadurch, dass auch die Kirchen ( → Kirchen) gelegentlich im Religionsunterricht den einzig verbliebenen Ort sehen, wo sie Kinder und Jugendliche erreichen, die – wie neuere Milieustudien zeigen – sonst nicht mehr für sie ansprechbar wären.

Nicht zuletzt aus ideologiekritischen Gründen kommt es entscheidend darauf an, wie der Religionsunterricht und damit die Religionspädagogik sich dazu stellt und sich diesbezüglich profiliert. Bislang hat es den Anschein, dass gegenüber der gegenwärtigen Dominanz ästhetisch-performativer Lernformen und einem Reduktionismus aufs Ethische Lernen ( → Ethik) erst langsam die Sensibilität für das Politische ins Bewusstsein der Religionspädagogik rückt (Grümme, 2009; Frech/Juchler, 2009; Schlag, 2010; Könemann/Mette, 2013). Es müsste deutlich werden, inwiefern die politische Dimension des Religionsunterrichts dem Profil des christlichen Glaubens wie dem bildungstheoretischen Profil des Religionsunterrichts gleichermaßen entspricht und dieser erst so seinen spezifischen Beitrag zum schulischen Bildungsauftrag einbringen kann.

2. Politikbegriff

Um eine politische Dimension religiöser Bildung ( → Bildung) zu klären, ist die Beschäftigung mit dem Politikbegriff relevant. Dieser hängt ganz entscheidend von wissenschaftstheoretischen und kontextuellen Faktoren ab. Der hier heuristisch vorausgesetzte Politikbegriff basiert auf der funktionalen Ausdifferenzierung und Verselbstständigung eines politischen Sektors mit seinen Institutionen und Prozeduren in den Prozessen der Moderne.

Die „Logik des Politischen“ (Thomas Meyer) lässt sich in diesem Rahmen als ein komplexes Geschehen zwischen drei Dimensionen begreifen (Meyer, 2006, 83-138):

1. der Polity-Dimension als den gegebenen Handlungsgrundlagen des politischen Gemeinwesens wie Verfassung, Staat, politisches System oder die Institutionen, aber auch Menschenrechtsdefinitionen und politische Kultur

2. der Policy-Dimension als der inhaltlichen Seite von Politik

3. der Politics-Dimension, die den Prozess der Durchsetzung politischer Handlungsprogramme und Interessen bezeichnet.

Vor diesem Hintergrund kann der Politikbegriff verstanden werden als „die Regelung der gemeinschaftlichen Angelegenheiten einer Gesellschaft“ (Sander, 1985, 19). Politik ist eine „Denk und Handlungsform“ (Böckenförde, 1995, 3), in der das allgemeine Zusammenleben der Menschen und menschlichen Gruppen problematisch geworden ist (Sutor, 2006, 39). Demnach beschränkt sich der Politikbegriff nicht lediglich auf den Staat ( → Kirche und Staat) und dessen Institutionen. Auch nicht-staatliche Institutionen wie Parteien, Gewerkschaften, Massenmedien, Nicht-Regierungsorganisationen, Wirtschaftsunternehmen, aber auch die Kirchen verfolgen immer auch politische Zwecke, sind politisch wirksam und stehen in politischen Kontexten und Interdependenzen. Mehr noch: Auch die Definition dessen, worauf sich Politik bezieht, bildet noch einmal eine elementare politische Angelegenheit. Ein weiter, nicht institutionell und auf staatliches Handeln verengter Politikbegriff bietet darum ein analytisch-hermeneutisches wie normativ-kritisches Instrumentarium.

3. Soziales und Politisches Lernen

Eine solche Definition erlaubt die präzise Unterscheidung zwischen unterschiedlichen Formen des Lernens, die immer wieder vermengt werden.

Soziales Lernen versucht zu Solidarität und vernünftiger Selbst- und Mitbestimmung anzuleiten. Es zielt auf Bereitschaft und Fähigkeit zur Kommunikation, zu Kooperation, zu Solidarität und einem verantwortlichen Konfliktlösungsverhalten, zu einer stabilen Ich-Identität ( → Identität), zur sozialen Empfindsamkeit, Perspektivenübernahme, sie visiert Toleranz, Kritikfähigkeit und angemessenen Umgang mit Regeln an. Soziales Lernen ist ethisch, interkommunikativ ausgerichtet. Personale, soziale Kompetenzen in Bezug auf das Ich, die peer-group ( → Peergroup), die Familie ( → Familie), die Gemeinschaft stehen im Zentrum.

Politisches Lernen hingegen zielt auf politische Mündigkeit. Es geht in ihm um Macht, Rechtsordnung, Ideologie und Manipulation, Herrschaft und Interesse, um Sinn und Funktion politischer Institutionen, um die normative Ausrichtung des Politischen. Es geht um Loyalität und Kritik, um Unterstützung und Transformation. Gegenüber der face-to-face-Interaktion ist also politisches Lernen systemisch, strukturell ausgerichtet und bezieht sich auf gesamtgesellschaftliche Kontexte (Herdegen, 1999; Massing, 2007).

4. Mystik und Politik

Dieser Politikbegriff kann zudem die politische Pointe des christlichen Glaubens besser verstehen helfen. Theologisch gesehen ist der Glaube ( → Glaube) ein Eintreten in eine bestimmte praktische Lebensform mit einer politischen Tiefenstruktur. Entsprechend der Einheit von Gottes- und Nächstenliebe ist Gott ( → Gott) in der liebenden, geschichtlich situierten Zuwendung zum Nächsten zu finden. Glaube und Leben, Erkenntnis und Handeln, Mystik und Politik sind schlechthin untrennbar (Metz, 2006). Die erwähnte Dialektik von Theorie und Praxis, von Erkenntnis und Nachfolge wird in gesellschaftlich-strukturellen Kategorien vermittelt. Man weiß letztlich nur, wer Jesus von Nazareth ( → Christus; → Jesus Christus, bibeldidaktisch, Grundschule; → Jesus Christus, bibeldidaktisch, Sekundarstufe I und II) ist, wenn man sich auf den Weg der Nachfolge begibt (Mette, 1994, 258f.; Grümme, 2012). Gleichwohl würde der christliche Glaube durch seine Politisierung gefährdet. Es sind prophetische Impulse, es sind die Traditionen innerbiblischer Religionskritik und des biblischen Bilderverbotes, die die politische Instrumentalisierbarkeit des Glaubens bleibend konterkarieren und zur kritischen Relativierung politischer Macht und herrschender Ideologien und auch zivilreligiöser Anmutungen beitragen. Die Botschaft des Christentums liegt daher „quer zu einem innerweltlichen Humanismus“ (Rahner, 1980, 413f.).

Dies wirft die Frage nach der konkreten Gestalt dieser politischen Dimension des Religionsunterrichts und seiner bildungstheoretischen Begründung auf.

5. Grundlinien der politischen Dimension

5.1. Bildungstheoretische Grundlegung

Bildung ( → Bildung) muss einen kritisch-transformativen Grundzug haben, um nicht selbstwidersprüchlich zu werden. Sie ist als Befähigung zu begreifen, zerstörerische Tendenzen freizulegen, diese im solidarischen Handeln zu überwinden und so kreativ individuelles und gemeinsames Leben zu ermöglichen (Peukert, 1988, 14). Bildung wird von hier her im normativen Horizont kommunikativer handlungstheoretischer Vernunft gedacht. Sie ist dann jenes geschichtlich unabschließbare, innovatorisch-kreative Handeln, das auf die Konstituierung freier Subjekte und deren Befähigung zur „Identität in universaler Solidarität“ (Mette, 1994, 139) abzielt. Sie besteht letztlich in der Wahrnehmung des Anderen in seiner Andersheit ( → Fremdheit) und ist deshalb alteritätstheoretisch zu fassen (Grümme, 2007, 269-280).

Freilich setzt damit Bildung auf mehr, als sie im intersubjektiven Vollzug aus sich heraus gewährleisten könnte. Aus diesen Grenzproblemen pädagogischer Vernunft erwächst die Anschlussfähigkeit religiöser Bildung (Peukert, 1987, 31f.). Die pädagogische Praxis wird vom Glauben insofern qualifiziert, als danach die Wirklichkeit Gottes als „Dimension jedem kommunikativen Handeln innewohnt, sofern in seinem Vollzug sich die Partner eine unverfügbare Freiheit gegenseitig zumuten und zugestehen“ (Mette/Steinkamp, 1983, 23) und genau darin schließlich Gott für die anderen behaupten und im Handeln zu bewahrheiten suchen. Als Zusage einer befreiten Freiheit ( → Freiheit) und in der Auseinandersetzung mit der jüdisch-christlichen Tradition leitet religiöse Bildung gegenüber eindimensionalen Bildungskonzepten und deren affirmativ getönter funktionalistisch-pragmatischer Grundtendenz dazu an, sich für die Selbstbestimmung der Menschen einzusetzen und sich allen ungebührlichen Absolutheitsansprüchen zu widersetzen.

Ein solcher Bildungsbegriff gewinnt für den Religionsunterricht seine politische Tiefenschärfe nun dadurch, dass er auf die drei Dimensionen des Politischen bezogen wird ( → Bildungsgerechtigkeit).

Ein politisch sensibler Religionsunterricht ist innerhalb der Polity-Dimension auf die Handlungsgrundlagen institutioneller und vorinstitutioneller, vor allem zivilgesellschaftlicher Art zu befragen. Aspekte des politischen Systems, der Verfassung, vor allem aber sein Beitrag zur Genese von Werteinstellungen, von Handlungsbereitschaften, zum zivilgesellschaftlichen und politischen Engagement, kurzum: sein Beitrag zur politischen Kultur fordern ihn heraus. Die unverzweckbare Würde des Anderen, die Herausforderung, keinen verloren geben zu dürfen, sind Aufgaben, in denen dies konkret wird.

Die Policy-Dimension von Politik macht den Religionsunterricht auf die inhaltliche Komponente aufmerksam, auf den Kern religiöser Traditionen mit deren spezifischen Interessen, Perspektiven, ihren Sinnhorizont und ihren befreienden wie kritisch-transformativen Heilszusagen, die er korrelativ einbringen kann. Dies kann Problemlagen in ihrer Tiefendimension anschärfen und Bildungsprozesse an Schlüsselprobleme zurückbinden helfen. Es kann zur Problematisierung des Selbstverständlichen, zur Politisierung des Unpolitischen, zur Unterbrechung unhinterfragter Mentalitäten und Ideologien ebenso beitragen wie zur inhaltlichen Orientierung und Perspektivierung.

Der Religionsunterricht rekurriert wesentlich auf eine Tradition, auf eine Zusage mit Wahrheitsanspruch, der in Bildungsprozessen eingespielt und einer kritischen Beurteilung zugeführt wird. Insofern ist dem Religionsunterricht die Politics-Dimension wesentlich, geht es ihm doch um Legitimation, um spezifische Interessen, um einen Wahrheitsanspruch, der mit anderen Wahrheitsansprüchen konkurriert. Der konkrete Religionsunterricht ist hier auch in seiner formalen, prozesshaften Gestaltung angefragt. Ob ein Religionsunterricht autoritär oder dialogisch als „Sprachschule der Freiheit“ (Ernst Lange) gestaltet wird, dies ist politisch höchst relevant.

Der religiöse Bildungsbegriff kann sich nun mit dieser politischen Dimension einschalten in den Diskurs der diversen, teilweise gegenläufigen Bildungsvorstellungen im Kontext der öffentlichen Schule ( → Schule; → Schule (konfessionell); → Schule (öffentlich)). Wie das Christentum sich als öffentliche Religion mit ihrem universalen Wahrheitsanspruch in den zivilgesellschaftlichen Diskurs einbringt, so in analoger Weise der Religionsunterricht mit seinem religiösen Bildungsbegriff in den diskursiv verstandenen Raum von Bildung in der öffentlichen Schule. Er streitet mit den anderen Modi der Weltaneignung um eine angemessene Konzeption und Praxis von Bildung.

5.2. Ein integrativer Begriff religiöser Bildung

Gleichwohl wird damit nicht einer Politisierung von Bildung das Wort geredet. Es geht vielmehr um eine politische Dimension, die im Rahmen eines integrativen Bildungsbegriffs auf andere Dimensionen wie Ästhetik, Urteilsfähigkeit, Sprache, Praxis des Religionsunterrichts in nicht-hierarchischer Weise diskursiv zu beziehen ist (Grümme, 2009, 137-156; Biehl, 1973, 34). Erfahrung und Deutung, Pragmatik und Hermeneutik sind dabei streng wechselseitig aufeinander verwiesen. Denn nur so kann eine Religionspädagogik in ästhetisch-performativer Hinsicht dazu beitragen, „politische Wahrnehmung zu schärfen und demokratische Urteils- und Handlungsfähigkeit zu fördern“ sowie „in hermeneutischer Hinsicht Deutungsangebote christlicher Überlieferung in orientierender Weise in die demokratische Diskurskultur einzubringen“ (Schlag, 2010, 485). Immer sind die je anderen Dimensionen in diesem Modell einer korrelativen Verhältnisbestimmung dieser unterschiedlichen Dimensionen mitzudenken. Damit wird einerseits der Eigenständigkeit verschiedener Wirklichkeitsbereiche und Wirklichkeitszugänge Rechnung getragen, wie es der funktionalen Differenzierung der Moderne entspricht. Politik ist eben doch etwas Anderes als Religion ( → Politik und Religionsunterricht) und darf nicht aus ihr abgeleitet werden. Andererseits wird dadurch markiert, dass wir es bei dieser Eigenständigkeit lediglich mit einer relativen Eigenständigkeit zu tun haben, die eine strikt separierende Zuschreibung der Dimensionen unterläuft.

Dies hat Konsequenzen. So würden sich durch diesen integrativen Zugriff beispielsweise ästhetische oder symbolpädagogische Elemente unter der Konfrontation mit politischen Kategorien reflexiv aufschließen für die politischen Instrumentalisierungszusammenhänge, in denen sie stehen. Dies würde der religionspädagogisch rezipierten Hermeneutik populärer Kultur eine schärfere Kontur verleihen und könnte die lebensweltliche Wahrheit auch gegen dort teilweise zu findende kulturindustrielle Übergriffe einklagen.

6. Konkretionen

In einer kritischen Reformulierung der Bildungstheorie ( → Bildungstheorie) Wolfgang Klafkis lassen sich Schlüsselprobleme der politischen Dimension ableiten (Klafki, 1991, 55-60), anhand derer und in Bezug auf die die Schülerinnen und Schüler in eben dieser politischen Dimension kompetent werden sollen. Dies gilt es am Beispiel des Schlüsselproblems „Frieden“ zu verdeutlichen.

Das Thema Frieden, in allen Lehrplänen ( → Lehrpläne) und Bildungsplänen verpflichtend für den Religionsunterricht vorgegeben, würde verengt behandelt werden, wenn dies allein auf zwischenmenschlicher und sozialer Ebene behandelt würde. Von der Politikdidaktik wäre zudem zu lernen, dass fehlerhafte wie bruchstückhafte Informationen, unter komplexe Reflexionen oder die ungebrochene Übertragung der sozialen Ebene auf die politische Ebene gerade das Urteilsvermögen der Schülerinnen und Schüler massiv beeinträchtigen, indem dies zu beinahe klassischen Fehlkonzepten führt (Dettmar-Sander/Sander, 2007, 190). Das Spezifikum religiöser Bildung liegt darin, mit der Botschaft von der in Jesus im Horizont einer eschatologischen Erwartung von Frieden und universaler Versöhnung unverbrüchlich geschenkten Befreiung Momente entgegenkommenden, verändernden, Frieden schaffenden Handelns einzubringen, die innovative Perspektiven ermöglichen und auch eine im Banne innerer Sachlogik erstarrte Rationalität transformieren (Lämmermann, 2005, 262).

Dementsprechend wären zum Schlüsselproblem „Frieden“ religiöse, individuelle, soziale und politische Momente zusammenzuführen. Die politische Dimension hätte sich damit mit diesem Schlüsselproblem auseinanderzusetzen, indem so unterschiedliche Aspekte wie Alltagskonflikte und deren Bewältigung, Gewalt und Gewaltprävention, die kategoriale Differenz zwischen sozialer und politischer Friedensdiskussion, Schritte von Gewalteskalation, Probleme und Horizonte der Friedens- und Sicherheitspolitik, Religionen als Motor von Gewalt und Versöhnung, Frieden ( → Frieden) als Gabe und Geschenk im biblischen Kontext, die Reich-Gottes-Botschaft und die „Friedensfähigkeit als Konfliktfähigkeit“ (Godwin Lämmermann) im Kontext von Gerechtigkeit ( → Gerechtigkeit) und Schöpfung ( → Schöpfung) in Gesellschaft ( → Gesellschaft) und Politik und die eschatologische Hoffnung als Impuls zu „Friedenslernen und Friedenshandeln“ (Egon Spiegel) miteinander in Konstellation gebracht würden (Grümme, 2009).

7. Fazit und Ausblick

Man könnte nun in dieser Logik für andere Schlüsselprobleme jeweils den bildungstheoretischen Ertrag der politischen Dimension im Religionsunterricht herausarbeiten. So würde sich noch deutlicher zeigen lassen, wie sehr der Religionsunterricht durch die politische Dimension über individualisiertes und soziales Lernen hinaus seinen Beitrag zur Menschwerdung der Schülerinnen und Schüler im Angesicht ihrer lebensweltlichen Herausforderungen leisten kann.

Gleichwohl gilt es, das erhebliche Defizit entsprechender didaktischer Konzepte ( → Fachdidaktische Konzeptionen) und konkreter Unterrichtsmaterialien ( → Medien) zu bearbeiten. Religionspädagogisch wäre noch tiefer und nachhaltiger zu reflektieren, wie diese politische Dimension in das Spektrum anderer Dimensionen des Religionsunterrichts und darüber hinaus wie der spezifische Beitrag religiöser Bildung zum schulischen Bildungsauftrag gedacht werden kann, ohne einerseits den überschießenden universalen Wahrheitsanspruch christlicher Hoffnung zu verharmlosen und andererseits die moderne Ausdifferenzierung verschiedener Wirklichkeitsbereiche in einem restaurativen Regress zu unterlaufen (Grümme, 2009, 28-35). Die Unterrichtsforschung, die Schulbuchforschung, vor allem aber die Lehrerbildung in allen drei Phasen hätte noch schärfer in analytischer, normativer wie praktischer Hinsicht diese politische Dimension sich zur Aufgabe zu machen. Der soziokulturelle Status des Religionsunterrichts selber wäre zu thematisieren, wie dies gegenwärtig in der wachsenden Sensibilität für Bildungsgerechtigkeit von großer Brisanz ist (Grümme, 2014). Dabei wäre der interdisziplinäre Diskurs mit der Politikdidaktik ebenso zu suchen wie mit Bildungssoziologie und den Erziehungswissenschaften.

Literaturverzeichnis

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