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Online-Jugendbibeln, bibeldidaktisch

(erstellt: Februar 2022)

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1. Einleitung

Freiwillig lesen Jugendliche die Bibel sehr selten (Boeck, 2021, 111). Als Alternativen haben sich neben Jugendbibeln ( Kinder- und Jugendbibeln) als Druckausgaben Bibel Apps und Online-Bibeln sowohl als Voll- als auch als Auswahlbibeln mit Bibelzitaten, Bibelspielen etc. etabliert in der Hoffnung, dem Medienverhalten der Jugendlichen so gerecht zu werden ( Medienarbeit, aktive). In vielen Apps wird pro Tag ein Bibeltext zum Lesen aufgeschaltet. Auch wenn Bibel Apps und Online-Bibeln ihrer Intention nach selten direkt an Jugendliche gerichtet sind, ist deren Aufmachung doch jugendlich. Durch das Bildmaterial und die App-Form versuchen sie, den Interessen der Jugendlichen zu entsprechen. Seriosität und Qualität der Apps sind allerdings sehr unterschiedlich – manche Bibel Apps bieten Bibelzitate ohne Beleg der Bibelstelle oder lassen die Leserinnen und Leser im Unklaren, ob es sich ein Zitat oder eine Abwandlung handelt (z.B. die App „Bibel-Rad“). Teilweise wird nicht ersichtlich, welche Autoreninnen und Autoren hinter der Programmierung stehen und welche Ziele sie verfolgen (z.B. „Bibleforwomen“ oder „YouVersion Holy Bible App“). Insofern ist es bei der Verwendung oder Empfehlung von Bibel Apps und Online-Bibeln an Jugendliche wichtig zu prüfen, welche weiteren Inhalte über Bibeltexte hinaus zur Verfügung gestellt werden. Deshalb soll als Anwendungshilfe an dieser Stelle die Analyse von Online-Jugendbibeln stehen. Es werden drei Online-Jugendbibeln vorgestellt und auf ihre Eignung für die Arbeit mit Jugendlichen hin analysiert.

2. Kriterien der Analyse

Für die Analyse von Jugendbibeln sind verschiedene Kriterien möglich, beispielsweise das Gattungsstrukturprinzip, formale Kriterien wie Design, Bildsprache und Handhabung sowie inhaltliche didaktisch-methodische Kriterien und Kriterien der Diversität (Boeck, 2020, 30-54). Für die Analyse aktueller Online-Jugendbibeln, die insbesondere auch als Apps zu benutzen sind, soll neben der Einordnung in das Gattungsstrukturprinzip das formale Kriterium der Handhabung und Benutzerfreundlichkeit im Mittelpunkt stehen. Werden die Online-Bibeln dem Medienverhalten Jugendlicher gerecht? Ebenso soll eine Einordnung in die Art der digitalen Logik stattfinden, die nach Heidi Campbell in drei Bereiche gegliedert werden kann: 1. Transferring (reines Übertragen analoger Formate ins Digitale), 2. Translating (Anpassen analoger Formate an die digitale Form, ohne den Logiken des digitalen Raums zu folgen) und 3. Transforming (Entwicklung von Formaten nach den Logiken des digitalen Raums) (Campbell, 2020, 49-52).

Des Weiteren interessieren in dieser Analyse die didaktischen Ansprüche der Online-Bibeln. Ein letztes Kriterium ergibt sich aus der Forschung zur Bibelrezeption von Jugendlichen (Boeck, 2021). Diese nehmen die Bibel auf den ersten Blick als alt und fern ihrer eigenen Lebensrealität wahr. „Früher“ ist für die Jugendlichen, was ihre Großeltern betrifft. Noch viel stärker sind dementsprechend die Fremdheitsgefühle gegenüber der Bibel. Jugendlichen gelingt ein Brückenschlag zwischen den Sphären „früher“ und „heute“, wenn sie mit selbstgewählten Analogien eine Verbindung zwischen Text und ihrer eigenen Lebenswelt herstellen können (Boeck, 2021). Daraus ergibt sich die Frage, ob Online-Jugendbibeln bereits durch ihr Medium helfen, diesen Brückenschlag zu vollziehen bzw. ob es gegebenenfalls weitere Faktoren gibt, die die Jugendlichen dabei unterstützen können.

Folgende Fragen sind zu klären:

1. Handelt es sich um eine Standardbibel? Gibt es Zusatzmaterial? Ist es eine Auswahlbibel? Welche Sprache hat die Übersetzung oder sind es Paraphrasierungen? Ist die Online-Bibel benutzerfreundlich und welcher digitalen Logik folgt sie?

2. Welche didaktischen und methodischen Ansprüche und Überlegungen sowie welche Intention und Theologie finden sich in der Online-Jugendbibel?

3. Helfen die Online-Jugendbibeln, den Graben zwischen „früher“ und „heute“ zu überbrücken, der für die Jugendlichen zwischen ihrer Lebenswelt und der der Bibel besteht?

Da Online-Jugendbibeln schnellen Veränderungen ausgesetzt sind, gilt die Analyse nur für den Zeitpunkt des letzten Aufrufes durch die Autorin.

3. Die Basisbibel als crossmediale Bibel

Die Basisbibel ist als Printversion, als Onlineversion (https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/BB/) und als App-Version im Rahmen der Bibel App der Deutschen Bibelgesellschaft, aber auch der Konapp (s. Kap. 5.) verfügbar. Hier wird zuerst ein Blick auf die Basisbibel als eigenes Werk und Online-Bibel geworfen. In einem zweiten Abschnitt wird die Basisbibel im Gesamtkontext der Bibel App vorgestellt.

3.1. Die Basisbibel

Der Anspruch der Basisbibel ist, eine Bibelübersetzung im Zeitalter elektronischer Medien zu sein, damit die Bibel für alle, überall und unterwegs immer verfügbar ist (Basisbibel, 2012). Sie will an das neue Leseverhalten der medial vernetzten Menschen angepasst sein und „zeichnet sich durch eine klare und prägnante Sprache aus und eignet sich besonders für die Arbeit mit Kindern und Jugendlichen“ (https://www.die-bibel.de/bibeln/unsere-uebersetzungen/basisbibel/).

Die Basisbibel ist in der Printversion optisch und haptisch sehr schön gestaltet, mehrere Auszeichnungen für ihr Design unterstreichen das (https://www.die-bibel.de/bibeln/unsere-uebersetzungen/basisbibel/basisbibel-ausgaben/ausgezeichnetes-design/). Ihre Vielfältigkeit und Crossmedialität entfaltet sie aber vor allem in der App- bzw. Onlineversion. Sie ist der Gattung nach eine Vollbibel und versteht sich nicht explizit als Jugendbibel. Sie wirbt aber damit, dass sie für den Gebrauch in der Jugendarbeit gedacht sei. Das crossmediale Konzept der Basisbibel will an die lesefreundliche Sprachstruktur ihrer Übersetzung anknüpfen. Diese wird im Nachwort der Ausgabe von 2012 als „kommunikative Übersetzung“ bezeichnet (Basisbibel NT + Psalmen 2012, 7). In der Gesamtausgabe von 2021 ist dagegen von einem neuen Weg zwischen möglichst wörtlichen Übersetzungen und kommunikativen Übersetzungen die Rede, der darin besteht, die „Treue zum Text“ mit einer „möglichst guten Verständlichkeit zu verbinden“ (Basisbibel 2021, 1949). Durch viele Anmerkungen als Link in den digitalen Ausgaben kann sie unbekannte oder schwierige Sachverhalte erklären.

Wichtig ist den Autorinnen und Autoren vor allem der einfache und leicht verständliche Aufbau der Sätze (Basisbibel, 2021, 1949.) Die Sätze umfassen in der Regel nicht mehr als 16 Wörter und höchstens einen Nebensatz. Dadurch werden die Informationen klar und prägnant. Seit dem 21. Januar 2021 steht die Basisbibel vollständig zur Verfügung. In der Onlineausgabe (https://www.die-bibel.de/bibeln/unsere-uebersetzungen/basisbibel/) und in den Apps können die verlinkten Informationen zu theologischen Begriffen oder Sachverhalten unmittelbar aufgerufen werden. Es kann auf das Infozeichen geklickt werden, dann erscheinen Erklärungen zu theologischen Grundbegriffen.

Ursprünglich gab es in der Online-Version weitere Verlinkungen zu Bild und Tonmaterial. Seit dem Update auf die Vollversion stehen allerdings noch nicht wieder alle Materialien zur Verfügung. Laut Auskunft der Herausgebenden war das Material veraltet. An der Einarbeitung neuer zu verlinkender Materialien würde auf Hochtouren gearbeitet. Zum Zeitpunkt dieser Analyse standen die Verlinkungen zu Bildmaterial noch nicht zur Verfügung.

3.2. Die Basisbibel im Kontext der Bibel App

Für den Einsatz im Unterricht ist vor allem die Bibel App der Deutschen Bibelgesellschaft interessant. Sie bietet die Möglichkeit, sechs Vollbibeln – darunter auch die Basisbibel (Luther 2017, Gute Nachricht, Basisbibel, Neue Genfer Übersetzung, Zürcher Bibel, Menge-Bibel) – und zwei ältere Ausgaben der Lutherbibel (Luther 1984, Luther 1912) kostenlos zu verwenden. Jede Bibel wird kurz hinsichtlich ihrer Intention eingeordnet. Die Bibeln können auch offline verfügbar gemacht werden. Ein Vorteil ist die Möglichkeit von Notizen zum oder Markierungen im Text. Dafür ist aber die Anmeldung mit einem Benutzerkonto Voraussetzung. Das empfiehlt sich, damit alle Funktionen uneingeschränkt zur Verfügung stehen. Die Benutzung bleibt trotzdem kostenlos. Unter „Impulse“ gibt es Hinweise auf einen YoutubeKanal zur YoutubeSerie der deutschen Bibelgesellschaft „Glaube, Liebe, Hoffnung. Lichtmomente mit Christopher Schacht“. Im Erklärungstext wird zur gemeinsamen Suche nach Antworten auf Fragen des Lebenssinns eingeladen. Es werden verschiedene Bibellesepläne zur Verfügung gestellt. Einige führen in einer bestimmten Zeit durch verschiedene Bücher der Bibel oder durch die gesamte Bibel („In 40 Tagen durch das Matthäusevangelium“ oder „Die Jahresbibel“) oder sie sind nach den Predigttexten des Kirchenjahres sortiert. Ebenso gibt es einen Leseplan, der sich an Jugendliche und Erwachsene richtet („Leseplan kompakt“), der den Einstieg zum regelmäßigen Bibellesen erleichtern soll. Zudem gibt es einen aktuellen Leseplan, der die aktuelle Lebenssituation aufnimmt und in Krisenzeiten tröstende Texte bieten soll. Er wurde im ersten Jahr der Corona Pandemie aufgeschaltet. Die Lesepläne sind mit einer der Volltextbibelausgaben verlinkt. Zudem gibt es in der App auch diverse Infos zum Thema Bibel, z.B. zu neuen Übersetzungen, zu prämierten Bibelausgaben, zu neuen Büchern zu biblischen Themen etc. Durch die Suchfunktion sind bei einem bestimmten thematischen Interesse einzelne Bibeltexte sofort verfügbar und verschiedene Übersetzungen schnell vergleichbar.

3.3 Didaktisches Potential der BasisBibel und kritische Würdigung

Die Handhabung der App ist einfach und intuitiv. Die crossmediale Verwendung der Basisbibel kommt in dieser App richtig zur Entfaltung. Der Vorteil der App zeigt sich auch daran, dass neben der Basisbibel weitere mediale Bibelzugänge möglich sind, die in der App sinnvoll genutzt werden. Durch die Lesepläne bekommen Lesende einen Einblick in die Bibel in bestimmten Textzusammenstellungen, aber die Deutungsleistung bleibt ihnen überlassen. Insgesamt bietet die Bibel App die Chance, durch die mediale Form für Jugendliche ansprechend zu sein. Eventuell empfinden sie die Bibel nicht mehr als so „alt“, wenn sie sie als App immer dabeihaben können. Die Bibel App bietet neue Möglichkeiten wie z.B. den schnellen Vergleich von Übersetzungen oder den schnellen Zugang zu Inputs und Impulsen. Nicht jeder einzelne Impuls kann hier auf theologische Inhalte bzw. den Umgang mit Deutungsmacht kontrolliert werden, aber durch die Hinführungen zu den Impulsen, die jeweils die Intentionen der Texte offenlegen, können Nutzerinnen und Nutzer selbst entscheiden, ob sie sich die Inhalte anschauen wollen. Insgesamt betrachtet handelt es sich um eine sehr lohnenswerte App, die auch im Unterricht sinnvoll für die Bibellektüre eingesetzt werden kann. In Bezug auf Jugendliche wird die Basisbibel in der App bzw. die App insgesamt dem Medienverhalten von Jugendlichen gerecht und ist zudem benutzerfreundlich, weil sie kostenlos zugänglich ist. Es ist möglich, dass die Kommunikationsform des Contents „Bibel“ via App schon eine Brücke zwischen der Sphäre „früher“ und „heute“ bildet und dadurch ein Zugang zur Bibel für Jugendliche einfacher wird.

Sicherlich wäre es für Jugendliche zusätzlich attraktiv, wenn wie in anderen Apps die Möglichkeit gegeben wäre, Bibelverse mit Bildern zu versehen und zu teilen. Das wäre eine lohnende Aktualisierung und folgt zudem der digitalen Logik der Responsivität. Aktuell ist die Bibel App der DBG in die Kategorie 2 des Translating einzuordnen. Es werden Inhalte, also biblische Texte, die bisher nur analog zur Verfügung standen, digital zugänglich gemacht und durch die Verlinkungen können die Möglichkeiten des digitalen Raums genutzt werden. Allerdings könnte der Einsatz der digitalen Logik verstärkt werden, indem Funktionen wie Teilen, Antworten, Themenchats etc. integriert werden. Dadurch könnte eine Onlinecommunity entstehen, die über biblische Inhalte im Austausch ist.

4. Die Volxbibel 20.X

4.1 Darstellung

Die jeweils neuen Ausgaben der gedruckten Volxbibel entstehen aus dem Volxbibel Wiki (https://wiki.volxbibel.com/). bzw. neu der Volxbibel 20.X (https://www.volxbibel.de/lesen/). In Abständen von mehreren Jahren, wird die Volxbibel neu gedruckt mit dem jeweiligen Übersetzungsstand aus der Onlinediskussion.Die Onlineversion macht die Intention des Volxbibel-Projekts am besten deutlich. Die Volxbibel 20.X ist eine Onlinevollbibel. Bisher war die Volxbibel auf einer Wiki-Oberfläche und entsprechend wie Wikipedia gelayoutet. Ebenso funktionierte die Volxbibel nach dem Wiki-Prinzip: Alle können sich anmelden, Übersetzungsvorschläge machen, mitdiskutieren, ändern oder auch einfach nachlesen. Teilnahmebedingung war lediglich, dass den Teilnehmenden die Bibel wichtig ist. Vor Kurzem erfolgte ein Wechsel auf die Plattform Google Docs. Aus dem Volxbibel Wiki wurde Volxbibel 20.X. Das Prinzip blieb dasselbe: alle können mitdiskutieren und mitmachen. Dafür ist nur eine Anmeldung mit einem Gmail-Konto Voraussetzung. Die Idee des gemeinsamen Übersetzens bzw. der fortlaufenden Diskussion über die Bibelübersetzung nutzt die digitale Logik der Reziprozität sinnvoll aus. Es werden nicht nur Inhalte ins Netz gestellt, es kann auch reagiert und überarbeitet werden. Die Idee ist, durch das fortlaufende Überarbeiten in der Sprache aktuell zu bleiben. Dabei versteht sich die Sprache nicht per se als Jugendsprache. Das Setting der biblischen Geschichten soll mit Wörtern eines aktuellen Kontexts wiedergegeben werden (Dreyer, 2020, 138f.). Martin Dreyer schreibt, Ziel sei nicht an Begriffen festzuhalten, aber an den Inhalten (Dreyer, 2020, 138f.). Es werden nicht wörtliche Übersetzungen gesucht, sondern neue Kontexte, in denen eine Erzählung von damals sich heute ereignen könnte: z.B. liegt Jesus heute nicht mehr in der Krippe, sondern in einer Ölwanne in einer Autogarage (Dreyer, 2013, 120).

4.2 Didaktisches Potential der Volxbibel und kritische Würdigung

Die Möglichkeit der Mitarbeit an der Bibelübersetzung fordert von Jugendlichen, sich in die Gedankenwelt der Bibel hineinzuversetzen, bevor sie die Erzählung in ein heutiges Setting umschreiben. Dies soll Interesse wecken. Das Volxbibelprojekt nimmt die Jugendlichen als theologische Subjekte wahr. Sie werden für fähig erachtet, Bibelübersetzung aktiv mitzugestalten. Die Volxbibel fördert damit vielfältige Deutungen durch Jugendliche und den Diskurs über die Bibel. Durch den offenen Prozess haben „wild theology“ (Schlag, 2019, 47) und positive Ironie ihren Raum – es ist einiges an Witz vonnöten, um die teilweise überraschenden neuen Kontextualisierungen zu akzeptieren. Die Intention der Volxbibel ist nicht primär die Textnähe. Sie will die Deutungskompetenzen aller Mitübersetzenden steigern, indem sie sich so mit dem Bibeltext auseinandersetzen, dass sie den Kontext erfassen können und dann geeignete neue Kontexte suchen. Entstanden ist das Projekt in einem Jugendclub. Die Anlage als gemeinsamer Übersetzungsraum auf Google Docs fördert zudem den spielerischen Zugang zum Text.

Allerdings hat das Design weder einen Wiedererkennungseffekt wie im Fall von Wiki, noch ist es sonderlich ansprechend. Die Startseite wirkt altmodisch, beinah wie eine Website aus den 1990er-Jahren. Die Leseoberfläche ist Google Docs. Dadurch wird zwar der Arbeitsprozess in den Mittelpunkt gerückt: Es ist ein Dokument zum gemeinsamen Bearbeiten. Aber zum Lesen ist es nicht ansprechend, die gedruckte Version ist deutlich lesefreundlicher.

Die Volxbibel ist nicht unbedingt ein Beispiel für die sprachlich beste Bibelübersetzung, sie bietet jedoch einen Ermöglichungsraum für einen spielerischen Zugang zur Bibel, der auch in einem Unterrichtssetting gestaltet werden kann. Sie ist, obwohl sie vom Design her wirkt, also ob sie aus den 1990er-Jahren käme, in die Kategorie 3, das Transforming, einzuordnen, denn die Volxbibel funktioniert nach den Logiken des digitalen Raums.

5. Die Konapp

5.1 Darstellung

Die Konapp ist keine Bibel App an sich, sondern vor allem ein Unterrichtstool für den Konfirmationsunterricht. Durch den digitalen Unterricht während der Coronazeit erhielt sie großen Aufschwung, war aber vor Corona schon im Einsatz und als Tool für hybride Unterrichtsformen gedacht. Es stehen eine Anzahl an fertigen Lektionen für die Konapp kostenlos zur Verfügung wie z.B. zu den Themen: Vater Unser, Weihnachten und Ewiges Leben (https://www.konapp.de/service/einheiten.html). Ebenso kann zur Zeit die App kostenlos genutzt werden. Es ist nur die Registrierung der Kirchengemeinde nötig. Neben einem Chatfeed und der Möglichkeit, einfache Umfragen zu machen, Aufgaben zu posten oder an Termine zu erinnern, enthält die Konapp zwei Vollbibeln, die Lutherbibel 2017 und die Basisbibel. Die App präsentiert sich jugendlich, sie bietet z.B. die Möglichkeit, Farbhintergründe etc. selbst zu wählen. Die App kann also von den Jugendlichen bis hin zum Eintrag des eigenen Tauf- oder Konfirmationsspruchs personalisiert werden. Ebenso erscheint das Datum der Konfirmation und der aktuelle Zeitraum bis zu diesem Ereignis. Jugendliche können die App auf ihrem Handy installieren und durch einen persönlichen Code ihrer Gruppe beitreten, die von der Lehrperson erstellt werden muss. Dadurch bestehen nur geschlossene Gruppe. Die Lehrperson kann Aufgaben, Umfragen und Nachrichten versenden. Die Jugendlichen können auf die Bibel zugreifen und Lieblingsbibelstellen speichern, aber auch Notizen machen und Textstellen markieren. Ebenso stehen dieselben Infolinks der Basisbibel zur Verfügung wie in der Bibel App der DBG. In einem ausführlichen Lexikon, das in die App integriert ist, finden die Jugendlichen Erklärungen zu biblischen Personen und theologischen Themen. Da es möglich ist, Nachrichten mit Bild oder Video zu ergänzen, können sie zum Beispiel zu einem Bibelvers ein passendes Bild suchen etc. Teilweise gibt es allerdings Restriktionen, welche Formate gepostet werden können.

5.2 Didaktisches Potential der Konapp und kritische Würdigung

Konfirmandinnen und Konfirmanden schätzten nach Erfahrung der Autorin an der Konapp am allermeisten, dass sie sich nicht vor der Kamera zeigen mussten. Sie sind es gewohnt, stundenlang zu chatten. Insofern entspricht die Form des Chats dem jugendlichen Medienverhalten sehr. Auch in hybrider Form nahmen die Jugendlichen gern die Konapp zur Hand, um etwas in der Bibel oder einem Lexikonartikel nachzulesen, weil das Handy für die meisten vermutlich der meistgebrauchte Alltagsgegenstand ist.

Die Konapp ist insgesamt ein gutes Tool, nicht nur für Home-Schooling in Corona-Zeiten, sondern auch für den Konfirmationsunterricht, um neue Methoden zu integrieren. Überdies haben die Jugendlichen die Bibel immer und jederzeit auf ihrem Handy dabei. Ob allerdings die Lesemotivation zum Bibellesen durch die Konapp gefördert wird, muss erst überprüft werden. Die Jugendlichen werden sich hauptsächlich dann mit der Bibel beschäftigen, wenn die Lehrperson es ihnen aufträgt. Die Konapp gehört klar in die Kategorie 3 des Transforming. Sie folgt den Logiken des digitalen Raumes, auch wenn einige Features verbesserungswürdig sind. Da die Konapp nicht von sich aus mit Bildern arbeitet, sondern nur Bilder der Lehrperson und der Jugendlichen hochgeladen werden können, kann hier keine Bildsprache beurteilt werden. Auch die weiteren Kriterien der Heterogenität etc. hängen hauptsächlich von der Unterrichtsgestaltung der Lehrperson ab.

Die Handhabung ist teilweise umständlich. Die Lehrpersonen können nicht auf derselben Oberfläche der App arbeiten, sie müssen auf der Arbeitsoberfläche der Website die Nachrichten posten. Dabei können die Contents nicht vorbereitet und dann nur noch zur richtigen Zeit gepostet werden, sie müssen jeweils im Laufe der Lektionen zeitaufwendig per copy/paste aus den Vorlagen in den Feed kopiert werden. Bei rein digitalem Unterricht muss die Lehrperson sowohl mitlesen, was die Schülerinnen und Schüler im Feed antworten, als auch darauf reagieren.

Teilweise meldeten auch die Jugendlichen zurück, dass die Konapp nicht nutzerfreundlich ist. Bibelstellen, die sie als Lieblingsstellen markiert hatten, konnten nicht wieder gelöscht werden. Private Chats sind nicht möglich. Das verhindert nur scheinbar, dass die Jugendlichen nicht nebenbei chatten. Dieses Risiko muss beim Online-Unterricht – selbst bei hybriden Formen – eingegangen werden, denn es ist nicht kontrollierbar, ob die Jugendlichen nebenbei chatten. Bleiben ihre Beiträge gehaltvoll, ist das nicht störend. Zudem wäre es auch für die Lehrperson hilfreich, gäbe es eine Privat-Chat-Funktion, denn im Laufe des Konfirmationsjahres sind auch Einzelchats mit Konfirmanden notwendig. Im Moment muss für diese zwingend auf andere Social Media Apps zurückgegriffen werden. Einfacher wäre es, alle Unterrichtsbelange auf der Konapp zu besprechen, in der Gruppe sowie einzeln.

6. Fazit und Desiderate

Die drei vorgestellten Apps verfolgen mit ihren Intentionen sehr unterschiedliche Ziele. Die Basisbibel in der Bibel App oder als Webversion ist primär daran interessiert, eine Bibel in aktueller Sprache und in digitaler Form für das Online-Zeitalter zu bieten. Das Hauptziel der Volxbibel ist die gemeinsame Suche nach aktualisierten, kontext-angepassten Übersetzungen. Die Konapp ist vor allem ein Unterrichtstool, das auch Online-Bibeln bietet. Insofern sind sie auf dieser Ebene nicht vergleichbar.

Die Analyse vermag auch nicht zu klären, ob Online-Jugendbibeln das Bibelleseverhalten Jugendlicher tatsächlich verändert. Es ist noch nicht erforscht, inwieweit es bereits ausreicht, die Bibel als App auf dem Smartphone zu haben, damit Jugendliche mehr in der Bibel lesen. Hier tut sich ein neues Forschungsfeld auf: die Erforschung des Bibelleseverhaltens von Jugendlichen in Bezug auf Bibel Apps und Online-Jugendbibeln. Auch wenn die digitale Form neu ist, bleiben es die von den Jugendlichen als „alt“ empfundenen Inhalte der Bibel (Boeck, 2021, 182f.), wenn diese auch teilweise in Jugendsprache präsentiert werden. Ob dieses Medium als Brücke zwischen „früher“ und „heute“ ausreicht, um den Jugendlichen den Zugang zu Bibel zu vereinfachen, muss genauer analysiert werden.

Die Analyse hat gezeigt, dass alle drei Onlineversionen und Apps sehr unterschiedliche Möglichkeiten bieten, ihren jeweiligen Intentionen aber gerecht werden. Aus Sicht der Lehrperson muss also primär gefragt werden, welches didaktische Ziel verfolgt werden soll, um dann das Online-Tool entsprechend zu wählen. Online-Jugendbibeln können im Unterricht ein guter door opener in einen Bibeltext sein, da die Jugendlichen gern zum Handy greifen und so die Möglichkeit haben, auf ihrem Handy einen vielleicht nicht so beliebten Text zu lesen.

Mein Vorschlag für eine sinnvolle Online-Jugendbibel, die die Lesemotivation steigert, wäre eine Bibel App für Jugendliche mit täglichen oder wöchentlichen thematischen Kurzimpulsen anhand eines Bibelverses. Kurzimpulse entsprechen dem Leseverhalten in den sozialen Medien (→ Soziale Medien). Eine solche App sollte eine oder mehrere Vollbibeln in verschiedenen Übersetzungen enthalten, die zudem die Möglichkeit bietet, den Tagesvers (in einem Chatroom) zu diskutieren und gemeinsam in eine eigene (Jugend)-Sprache zu übersetzen, so dass interaktiv in der App eine Bibelübersetzung von Jugendlichen entsteht, ähnlich der Volxbibel. Sie sollte die Möglichkeit bieten, Tagesvers und Impuls mit wenigen Klicks zu teilen, den Vers mit Bildern zu hinterlegen, so dass die Jugendlichen den Vers nach ihrem Geschmack gestalten und diesen auch in der eigenen Übersetzung dann mit Freundinnen und Freunden teilen können. Wünschenswert ist die Möglichkeit für persönliche Notizen zum Bibeltext. Durch Push-Mitteilungen könnte die App an den Tagesimpuls erinnern. Das Design sollte für Jugendliche ansprechend sein, möglichst mit wählbaren Hintergründen. Die Inhalte sollten so beschaffen sein, dass sie von Lehrpersonen problemlos empfohlen werden können, weil sie keine versteckten fundamentalistische Aussagen oder biblizistische Engführungen (→ Fundamentalismus/Biblizismus, bibeldidaktischer Umgang) beinhalten etc. Zudem sollten Verlinkungen zu weiterem Info- und Zusatzmaterial wie bei der Basisbibel, und Suchfunktionen vorhanden sein, die eine einfache Stichwortsuche ermöglichen. Es sollte wie im Lexikon der Konapp thematisches Zusatzmaterial angeboten werden, das über biblischen Themen hinaus aber auch Entwicklungsthemen der Jugendlichen aus christlicher Perspektive reflektiert. Diese App wäre eine Mischung aus der Basisbibel, aus der Bible Energy App (eine Bibel App des Schweizerischen Bibellesebundes), der YouVersion Bible App und der Konapp mit allen Vorteilen einer multimedialen Bibel, die als App überall dabei ist. Damit wäre es eine Bibel für jeden Moment, die zudem dem Medienverhalten der Jugendlichen angepasst ist.

Literaturverzeichnis

  • Basisbibel. Neues Testament und Psalmen, DBG, Stuttgart 3. Aufl. 2012.
  • Basisbibel. Altes und Neues Testament, DBG, Stuttgart, 2021.
  • Boeck, Nadja, „Es muss ja nicht alles Sinn machen.“ Jugendliche deuten die Auferstehung. Eine empirische Studie und bibeldidaktische Implikationen für das Theologisieren mit Jugendlichen im Kontext des kirchlichen Religionsunterrichts, Habilitationsschrift 2021 (zur Publikation vorgesehen).
  • Boeck, Nadja, Welche Jugendbibeln gibt es heute? Ein ordnender Überblick, in: Fricke, Michael/Langenhorst, Georg/Schlag, Thomas (Hg.), Jugendbibeln. Konzepte, Konkretionen, religionspädagogische Chancen, Freiburg i. Br. 2020, 30-54.
  • Campbell, Heidi A., What Religious Groups Need to Consider when Trying to do Church Online, in: Campbell, Heidi A. (Hg.), The Distanced Church, 2020, 49-52. DOI: https://doi.org/10.21423/distancedchurch.
  • Die Volxbibel. Online unter: https://wiki.volxbibel.com/, abgerufen am: 30.6.2021.
  • Die Volxbibel 20.X. Online unter: https://www.volxbibel.de/lesen/, abgerufen am: 30.6.2021.
  • Deutsche Bibelgesellschaft, BasisBibel. Online unter: https://www.die-bibel.de/bibeln/unsere-uebersetzungen/basisbibel/, abgerufen am: 21.06.2021.
  • Deutsche Bibelgesellschaft, BasisBibel, 1. Mose 4: Jenseits vom Garten Eden. Online unter: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/BB/GEN.4/1.-Mose-4, abgerufen am: 28.06.2021.
  • Deutsche Bibelgesellschaft, BasisBibel, Johannes 8. Online unter: https://www.die-bibel.de/bibeln/online-bibeln/lesen/BB/JHN.8/Johannes-8, abgerufen am: 28.06.2021.
  • Deutsche Bibelgesellschaft, Konapp. Online unter: https://www.konapp.de/service/einheiten.html, abgerufen am: 28.06.2021.
  • Dreyer, Martin, Die „Volxbibel“ als Bibelübersetzung mit Open-Source Charakter, in: Fricke, Michael/Schlag, Thomas/Langenhorst, Georg (Hg.), Jugendbibeln. Konzepte, Konkretionen, religionspädagogischen Chancen, Freiburg i. Br. 2020, 134-144.
  • Dreyer, Martin, Volxbibel 4.0, Witten 2013.
  • Schlag, Thomas, „Turn of Translation“ – Öffentliche religiöse Bildung als individuell-intermediäre Übersetzungspraxis in digitalen Zeiten, in: Haußmann, Werner (Hg.), EinFach Übersetzen. Theologie und Religionspädagogik in der Öffentlichkeit und für die Öffentlichkeit, Stuttgart 2019, 45-52.

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