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Kinderbibelwoche

Andere Schreibweise: Kinderbibeltage; Kinderbibeltag; Kinderbibelwochenende; children´s bible week; Vacation bible school

(erstellt: Februar 2022)

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1. Definition und Entwicklung

1.1. Definition Kinderbibelwoche/Kinderbibeltag(e)

Kinderbibelwochen (KiBiWo) bzw. Kinderbibeltag(e; KiBiTa) sind offene, projektorientierte Angebote religiöser Bildung (→ Bildung, religiöse), in denen sich Kinder und Jugendliche zeitlich begrenzt mit der Bibel allgemein, mit biblischen Geschichten, Themen oder Personen auseinandersetzen. Sie werden als Bildungs- und Freizeitangebote von Kirchengemeinden, der Kinderkirche (→ Kindergottesdienst, evangelisch; → Kindergottesdienst, katholisch) von Jugendverbänden (→ Jugendarbeit, evangelisch; → Jugendarbeit, katholisch), Bildungswerken oder missionarischen Diensten durchgeführt. Elemente sind Lerneinheiten, gruppendynamisches Spiel, Musik und Andacht bzw. Gottesdienst. Ihre Ausrichtung kann eher missionarisch, gemeindeaufbauend, gemeinschafts- oder bildungsorientiert sein.

1.2. Entstehung und Entwicklung der Kinderbibelwoche

Der Begriff Kinderbibelwochen (KiBiWo) wurde erstmals 1960 im Titel einer Veröffentlichung von Anni Dyck formuliert (Dyck, 1960). Nach einer Ausbildung zur Erzieherin hatte sie ab 1953 in den USA bei methodistischen Colleges Christian Education studiert. Sie brachte von dort die Idee der Kinderbibelwochenarbeit mit nach Deutschland und führte an Vormittagen in den Ferien KiBiWo mit Andacht, Bibelunterricht, Gestalten, Singen und Essen durch (Dyck, 2016, 63-65). Auch formulierte sie bereits Ideen zur Elternarbeit, Mitarbeitendengewinnung, Arbeitsmaterial, Finanzierungstipps, Raumfragen etc.

Eine weitere Wurzel ist die Bibelwochenarbeit, die an der Bibelkreisbewegung anknüpfte und seit 1936 durch die Arbeitsgemeinschaft der Volksmission (www.a-m-d.de/themen/bibel/oekumenische-bibelwoche/bibelwochen-archiv/) angeboten wurde. Dabei wird mithilfe von Materialien ein biblisches Buch an sieben bzw. fünf Abenden erschlossen. Bereits vor 1960 gab es im Rahmen der Bibelwochen auch Angebote für Kinder (Harbig, 1978, 14).

Ebenfalls Einfluss hatten die in der ehemaligen DDR umgesetzten Religiösen Kinderwochen (→ Religiöse Kinderwoche), die als kirchliche Maßnahmen gegen das ideologische Freizeitprogramm des Staates entwickelt wurden (Neuschäfer, 2007, 254).

Entwicklung des Formats Kinderbibelwoche

Seit den 1960er Jahren konnten vor allem in Städten immer weniger Kinder und Mitarbeitende für die Kinderkirche gewonnen werden (Wolf, 1997). Johannes Hanselmann (1922-1999, bayerischer Landesbischof von 1975-1994) hatte 1950 im Rahmen eines Studienaufenthalts in den USA Vacation-Bible-Schools (Ferien-Bibel-Schulen) kennengelernt und ab 1962 als Pfarrer der bayerischen Industriegemeinde Grub am Forst „auf deutsche Verhältnisse übertragen“ (Vorwort Hanselmann in Harbig, 1978, 8). Seit 1966 entwickelte er als Leiter des Hauses der Kirche in West-Berlin mit Mitarbeitenden des Evangelischen Bildungswerks Berlin KiBiWo-Materialmappen, die als Vorbild für spätere Arbeitshilfen gelten. In drei Altersstufen differenziert enthielten sie Auslegungen, Gesprächsimpulse, Kreativideen und Bildblätter, Lieder sowie Anregungen für Andachten bzw. Gottesdienste. Andere Kirchen und Verbände griffen die KiBiWo-Idee auf und siedelten sie unterschiedlich an, z.B. bei Missionarischen Diensten, Jugendwerken oder in der Kindergottesdienstarbeit. Dabei entwickelten Landeskirchen sowie Freikirchen und freie Träger (z.B. Bibellesebund e.V) ein Unterstützungssystem mit Fortbildungsmaßnahmen und Materialentwicklung. Dazu gehört heute die KiBiWo-Arbeit in Baden (AMD und Förderverein), Bayern (Amt für Gemeindedienste Nürnberg sowie München), Württemberg (Ev. Jugendwerk; Kirche unterwegs der Bahnauer Bruderschaft), Hannover (Landesjugendpfarramt), Kurhessen-Waldeck (Kirche mit Kindern und Familien), Lippe (Bildungsreferat), Mitteldeutschland (Kinder- und Jugendpfarramt) und Rheinland (Verband für Kindergottesdienst). Es gibt teils eigens Beauftragte für die KiBiWo-Arbeit sowie Beratende (Berlin-Brandenburg, Brauschweig, Bremen, Nordkirche, Oldenburg, Pfalz, Westfalen), die in den Bereichen Kinderkirche, Jugendarbeit, Bildung oder missionarische Dienste angesiedelt sind (Todt, 2018). Im katholischen Bereich werden von Gemeinden zwar auch KiBiWo und KiBiTa angeboten, doch ist die Zuständigkeit für diese Arbeit in den Diözesen nirgends strukturell ausgewiesen, außer bei den katholischen (Erz)Diözesen Bayerns. Diese gaben 2020 beim Katholischen Bibelwerk eigene Materialien für einen KiBiTa heraus (Arbeitskreis Kinderbibeltage der Katholischen (Erz)Diözesen in Bayern, 2020).

2. Didaktik und Methodik der Kinderbibelwochen

2.1. Ausrichtung

Kinderbibelwochen (KiBiWo) werden mit unterschiedlicher Ausrichtung durchgeführt.

  • Missionarisch: Kinder für die Gemeinde oder den Glauben gewinnen (Dittmer, 2001).
  • Gemeindebildend: KiBiWo seien „Instrument des Gemeindeaufbaus in einer überschaubaren Gemeindeentwicklung“ (Lindner/Morgenroth, 1987, 5).
  • Gemeinschaftsstiftend: durch die „Begegnungskultur“ erleben Kinder in der gemeinsamen Suche nach Antwort auf Lebens- und Glaubensfragen Gemeinschaft (Neuschäfer, 2007, 254).
  • Bildungsorientiert: Kinder entdecken elementar und erlebnisorientiert biblische Geschichten oder Personen und werden so mit ihnen vertraut (Zoll, 2018, 659).

Durch ihre Offenheit werden KiBiWo häufig auf Gemeindeebene ökumenisch durchgeführt. Betont wird vielfach, dass die KiBiWo einen „Wert in sich“ trägt (Longart, 1992, 10) und nicht als „Ersatz zum Kindergottesdienst“ oder als „Werbeveranstaltung“ verstanden werden dürfe (Zimmermann-Fröb, 2005, 312).

2.2. Zielgruppen

Kinderbibelwochen (KiBiWo) sollen besonders Kinder ansprechen, die sich sonst „nicht für regelmäßige gemeindliche Veranstaltungen interessieren oder gewinnen lassen“ (Zimmermann-Fröb, 2005, 312). Zielgruppen der klassischen KiBiWo sind in der Regel Schulkinder zwischen 6 und 13 Jahren. Allerdings gibt es auch Angebote für Kinder im Vorschulalter von 3 bis 6 Jahren (Zoll, 2018, 658). Elemente der KiBiWo-Arbeit werden in kirchlichen Kindertagesstätten im Programm frühkindlicher Bildung (→ Frühkindliche Bildung) aufgenommen, z.B. in der Evangelischen Kirche in Baden.

Die Vorbereitung und Durchführung einer KiBiWo hat auch einen Effekt auf jugendliche Mitarbeitende. Diese setzten sich intensiver mit biblischen Texten und ihrer Vermittlung auseinander. Auch Verwandte der Kinder sind Zielgruppe, wenn deren Beteiligung an einem Abschlussgottesdienst einbezogen wird.

2.3. Rahmen, Vorbereitung und Ablauf

Kinderbibelwochen (KiBiWo) finden meist in den Ferien statt, Kinderbibeltage (KiBiTa) auch während der Schulzeit an Feiertagen, Wochenenden oder im Rahmen von schulischen Projektwochen bzw. im Rahmen eines Projektunterrichts (→ Projekt(unterricht)). In der Regel sind es heterogen zusammengesetzte Teams aus Ehrenamtlichen (→ Ehrenamt) sowie einem oder mehreren Hauptamtlichen. Geklärt werden müssen die Aufgaben, vor allem das Projektmanagement. Dabei wird die Organisations- und Kooperationskompetenz der Mitarbeitenden gefördert. Die Vorbereitung auf KiBiWo und KiBiTa sollten folgende Elemente umfassen:

  • Teambildung mit Betreuenden, Liturginnen und Liturgen, Musikerinnen und Musikern und Küchenleuten, Festlegung der Verantwortlichkeiten
  • Materialliste und Koordination der Besorgungen
  • Festlegung des Rahmens (Ort, Zeitplan etc.), des Themas/der Themen, der Bibeltexte, der Lieder etc.
  • Organisation der Teilnehmenden: Anmeldung, Teilnahmebeitrag, Gruppengröße und Zusammensetzung der Gruppe (z.B. nach Alter, Familienzugehörigkeit, Ort)

Die klassische KiBiWo umfasst drei bis sechs Tage mit Einheiten von jeweils drei bis sechs Stunden Programm pro Tag für den liturgischen Rahmen, die inhaltliche Auseinandersetzung, Mahlzeiten und Andacht. KiBiTa können vier bis acht Stunden umfassen. Sie werden einmalig, monatlich oder jährlich angeboten oder können als KiBi-Wochenende angelegt sein. Die Ausgestaltung der KiBiWo unterscheidet sich bezüglich der Länge der Lernaktivität, der gruppendynamischen Phasen und der Andacht bzw. des Gottesdienstes. Allgemeine Verlaufspläne finden sich z.B. bei Zimmermann-Fröb (2005, 314) und Zoll (2018, 661f.), die beide einen liturgischen Rahmen vorschlagen:

  • Gemeinsamer Beginn im Plenum (ca. 30-60 Minuten) mit Liedern, Eingangswort, Gebet, Psalm und Präsentation der biblischen Geschichte z.B. in Form eines Bibeltheaters
  • Arbeit in Kleingruppen (ca. 50-120 Minuten) mit Kennenlernspiel, Wiederholung und Vertiefung der Bibelgeschichte mit Kreativmethoden sowie gemeinsames Essen
  • Gemeinsamer Abschluss im Plenum (ca. 15-30 Minuten) mit Präsentation der Gruppenergebnisse, Liedern, Gebeten und Segen.

2.4. Elemente

Unterschiedliche Elemente können in einer Kinderbibelwochen (KiBiWo) enthalten sein:

  • Ritualisierter bzw. liturgischer Rahmen, durch den die Tiefendimension des Textes deutlich wird, z.B. mit Wort zum Tag bzw. Bibelwort, Gebet etc.
  • Namensschilder, Kennenlern- und Interaktionsspiele, um die persönliche Begegnung in der Gruppe zu fördern
  • Methodisch differenzierte Begegnung mit dem Bibeltext und dessen Inhalt
  • Vertiefendes Gespräch über den Text und dessen Relevanz für das eigene Leben
  • Theater- und erlebnispädagogische Elemente, um die Bibelgeschichte „in Szene zu setzen“, z.B. in Form von Standbildern, Biblischen Erzählfiguren, Stabfiguren, Rollenspiel, Schattentheater etc. (Landgraf, 2017, 71-79)
  • Musik, mit oder ohne Gesang, allgemein oder thematisch zugespitzt (Bubmann/Landgraf, 2006, 56-263)
  • Kreativ-gestaltende Auseinandersetzung mit dem Text, z.B. kreativ schreiben, malen, basteln, figürliches Gestalten mit Bildern etc. (Landgraf, 2017, 43-60)
  • Rätsel- oder Quiz zur Vertiefung oder Wiederholung des Kennengelernten
  • Gemeinsame Mahlzeiten, um das Miteinander zu fördern
  • Seelsorge, bei der Mitarbeitende ein offenes Ohr für die Kinder haben
  • Andacht bzw. Gottesdienst, der auch offen für Familienangehörige, die Gemeinde oder die bei Projektwochen Schulgemeinschaft sein kann.

2.5. Inhalte einer Kinderbibelwoche

Kinderbibelwochen sind eine „Sammelbezeichnung“ (Neuschäfer, 2007, 253) für niederschwellige Angebote einer Begegnung mit der Bibel, die inhaltlich eine Vielzahl biblischer Themen abdecken kann. In Arbeitsmaterialien genannte Inhalte sind seit 1968 beispielsweise:

2.6. Weitere Formen

Neben den klassischen Formen der Kinderbibelwochen (KiBiWo) und Kinderbibeltage (KiBiTa) werden immer wieder neue Ideen entwickelt, die die Bibel bei Kindern und Jugendlichen im Rahmen eines längeren Zeitraums oder projektorientiert ins Gespräch bringen. Beispiele hierzu sind:

Literaturverzeichnis

  • Arbeitskreis Kinderbibeltage der Katholischen (Erz)Diözesen in Bayern, Voll der Geist. Kinderbibeltag rund um den Heiligen Geist, Stuttgart 2020.
  • Bubmann, Peter/Landgraf, Michael (Hg.), Musik in Schule und Gemeinde. Grundlagen – Methoden – Ideen. Ein Handbuch für die religionspädagogische Praxis, Stuttgart 2006.
  • Dittmer, Helge, Kinderbibelwochen als missionarische Chance für die Gemeinde, Hannover 2001.
  • Dyck, Anni, Wachsen im Schatten der Gnade, Schwarzenfeld 2016.
  • Dyck, Anni, Die Kinderbibel-Woche, Kassel 1960.
  • Harbig, Horst/Marsen, Wolf-Rüdiger/Petersmann, Dietrich, Die Kinderbibelwoche. Erfahrungen und Materialien für eine kinderfreundliche Gemeindearbeit, München 1978.
  • Landgraf, Michael, Der Verlorene Sohn – ein Toilettenmann? in: entwurf (2020) 2, 34-27.
  • Landgraf, Michael, Bibel kreativ erkunden, Stuttgart 2. Aufl. 2017.
  • Landgraf, Michael/Metzger, Paul, Bibel unterrichten, Stuttgart 2011.
  • Lindner, Herbert/Morgenroth, Peter, Glauben mit Kindern erleben. Kinderbibelwochen – ein Weg zur Gemeinde, Gütersloh 1987.
  • Longart, Wolfgang/Gerts, Wolfgang (Hg.), Kinderbibeltage, Kinderbibelwochen. Modelle, Bausteine, Anregungen, Gütersloh 1992.
  • Neuschäfer, Reiner A., Kinderbibelwoche, in: Spenn, Matthias (Hg. u.a.), Handbuch Arbeit mit Kindern – Evangelische Perspektive, Gütersloh 2007, 253-262. Online unter: https://www.zora.uzh.ch/id/eprint/76956/1/Handbuch_Arbeit_mit_Kindern1.pdf, abgerufen am 03.10.2021.
  • Neuschäfer, Reiner Andreas, Mit Kinderbibeln die Bibel ins Spiel bringen. Ideen, Informationen und Impulse für die Gemeinde, Jena 2005.
  • Neuschäfer, Reiner A., Kinder-Bibel-Wochen: eine Chance für die Gemeindearbeit, in: Amt und Gemeinde 55 (2004) 5/6, 108-113.
  • Scheidler, Monika, Kinderbibelwochen und katechetische Familientage, in: Kaupp, Angela (Hg. u.a.), Handbuch der Katechese, Freiburg i. Br. 2011, 476-488.
  • Todt, Ute C. (Hg.), Kinderbibelwochen/Kinderbibeltage in der Evangelischen Kirche in Deutschland 2019/2020, im Auftrag der Hg von KiBiWo in der EKD, Nürnberg 2018. Online unter: https://www.kirche-mit-kindern.de/fileadmin/user_upload/BILDER/Dateien/EKD-Liste2019_Download_DS.pdf, abgerufen am 03.10.2021.
  • Wolf, Martin, Ein kurzer Blick in die Geschichte der KiBiWo, in: EJW/Kirche Unterwegs der Bahnauer Bruderschaft e.V. (Hg.), Das Ah & Oh der KiBiWo. Über die Zubereitung von Kinderbibeltagen und Kinderbibelwochen, Stuttgart 1997, 8.
  • Zimmermann-Fröb, Christiane, Kinderbibelwochen und Kinderbibeltage, in: Brügge-Lauterjung, Birgit (Hg. u.a.), Handbuch Kirche mit Kindern, Leinfelden-Echterdingen 2005, 312-316.
  • Zoll, Manfred, Kinderbibeltage/Kinderbibelwochen, in: Zimmermann, Mirjam/Zimmermann, Ruben (Hg.), Handbuch Bibeldidaktik, Tübingen 2. Aufl. 2018, 656-662.
  • Zoll, Manfred (Hg.), Kirche unterwegs, Praxismappe Kinderstadt. Konzept, praktische Ideen zur Umsetzung, Bausteine, methodische Anleitungen, Druckvorlagen, pädagogische Vertiefung, Weissach im Tal 2017.
  • Zwickel, Anke/Zwickel, Wolfgang (Hg.), Himmelblau und Erdbeerrot. Erlebnisorientierte Modelle für Kinderbibeltage, Gütersloh 1999.

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