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Judas Iskariot, bibeldidaktisch

Andere Schreibweise: Iskarioth; Ischariot

(erstellt: Februar 2019)

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1. Wer war Judas Iskariot?

Als Vorname ist Judas in Deutschland verboten. Kein Kind darf so genannt und auf den Vornamen Judas getauft werden. Das deutsche Namensgebungsgesetz verbietet diesen Vornamen zum Schutze des Kindswohls (Fenske, 2000, 66). Der Bilderspeicher des Gedächtnisses ruft bei den Anhängerinnen und Anhängern und Verächterinnen und Verächtern der Religion gleichermaßen sofort eine Szene auf: den Judaskuss, mit dem Judas den anrückenden römischen Soldaten den Mann Jesus von Nazaret, den er verraten hatte, kenntlich macht. Judas gilt als Prototyp des Verräters, als Denunziant schlechthin. Noch heute schafft es der Name auf Buchcover, wenn von Denunziation die Rede ist, etwa die Denunziation von Juden durch Frauen im Dritten Reich (Schubert, 1990) oder von Denunziantinnen und Denunzianten in der ehemaligen DDR (Lahann, 1994). Aber auch das gibt es: der Schauspieler Ben Becker lockt 2018 mit seinem Soloauftritt „Judas“, der sich an einen Text von Walter Jens „Verteidigungsrede des Judas Ischariot“ (Jens, 1975) anlehnt, über 1300 Zuschauerinnen und Zuschauer und Zuhörerinnen und Zuhörer in den Hamburger Michel und wird mit stehenden Ovationen gefeiert. Die Figur fasziniert offenbar. Die Akten sind nicht geschlossen.

Ist Judas ein Verräter, der das Vertrauen, das Jesus von Nazaret ihm geschenkt hat, missbraucht? Ist er eine tragische Figur, die Gott in seinem Heilsplan einsetzt, damit die Erlösung des sündigen Menschen auf Touren kommt? Ist er also Erfüllungsgehilfe Gottes und damit auch Jesu? Ein gehorsamer Verräter? Oder ist er eher ein enttäuschter Liebender, der eine Gefühlsumwandlung erlebt: zunächst fasziniert, dann, als seine Hoffnungen sich nicht erfüllen, ernüchtert, wütend, schließlich hassend? Ist das Motiv für sein Handeln doch nur die schnöde Geldgier? Wie ist sein Tod zu deuten? Eine wirkmächtige Tradition spricht von Selbstmord. Schämt Judas sich final für seine Tat? Sieht er keinen anderen Ausweg, um mit seiner Schuld umzugehen? Und: Ist die Judasfigur nicht eine Belastung für den jüdisch-christlichen Dialog? In der Tradition seit Augustin, bekräftigt durch den Augustinermönch Luther, steht der Gottesverräter Judas pars pro toto für die Juden. Petrus hingegen, der Verleugner Christi, dessen von Reue getriebenes Weinen über seine mehrfache Lüge, Jesus nicht zu kennen, zur Wiedereinsetzung in das Amt führt, steht für die Kirche. Judas contra Petrus also? Diese polemische und moralisch wertende Gegenüberstellung besaß großes antisemitisches Potential und wurde entsprechend im Nationalsozialismus ausgeschlachtet (Kübler, 2007; Lapide, 1977). Wer also ist Judas Iskariot? Ist er überhaupt eine reale Figur?

2. Judas – reale oder fiktive Figur?

Die Antwort auf diese Frage ist nicht selbstverständlich. In der exegetischen Literatur ist auch durch Autoren von Rang die Fiktionalität der Figur immer wieder erwogen worden. So legt Walter Schmithals (1961) nahe, die Figur des Judas diene der Urgemeinde als Rückprojektion für Fälle des Glaubensabfalls und der Denunziation bereits zur Zeit Jesu. Goldschmidt (1976) behauptet, die fiktionale Judasfigur habe primär die Aufgabe, das Christentum trennscharf vom Judentum abzugrenzen. Martin Meiser kommt in seiner Monographie zum Thema dagegen zum Schluss, Zweifel an der Historizität der Gestalt des Judas seien unbegründet, weil die Urgemeinde die bei Markus 14,10-43 fixierte Behauptung, Judas sei „einer von den Zwölfen“, kaum nachträglich erfunden habe (Meiser, 2004, 25; 2010; Klauck, 1987; 1992). Ganz so schlagend wie Meiser will, ist das Argument selbstredend nicht. Eine historische Rekonstruktion bleibt durchaus zweifelhaft, denn wir haben es mit hoch kompetenten Schriftstellern zu tun, die ihr Handwerk verstehen. Auch ein Blick auf die Namensgebung Judas Iskariot kann hier keine eindeutige Auskunft geben. Die Wirkkraft und die Intensität der Figurenzeichnung leidet allerdings durchaus nicht, sollten wir es hier mit einer fiktiven Figur zu tun haben.

Im Jüngerkreis Jesu gibt es Jünger, die griechische Namen tragen, Philippus und Andreas, Judas ist dagegen ein betont jüdischer Name, geht zurück auf einen der von Lea geborenen Söhne, der keinen ganz reinen Leumund besaß (Gen 37;38). Bekannt und verehrt wurde Judas Makkabäus, der den makkabäischen Aufstand anführte und in der Schlacht vor Elasa 160 v. Chr. fiel. Judas Makkabäus verstand seine auch militärische Mission als Kampf für die unverfälschte Reinheit der jüdischen Religion. In seiner Studie erwähnt Meiser auch einen Judas, der das Waffenlager in Sepphoris, der nächst größeren Stadt in der Nähe von Nazaret, wo mutmaßlich Jesus als Bauhandwerker mit seinem Vater gearbeitet hat, angriff. Einen Namen von Gewicht in jenen Jahren besaß auch Judas von Gamala, Mitbegründer der Zelotenpartei, die der Aufstandsbewegung nahestand. Die elterliche Namensgebung oder aber die fiktionale Ausstaffierung der Figur Judas legt eine gewisse Verbundenheit mit dieser Traditionslinie nahe. Gelegentlich findet sich in der Literatur sogar die Behauptung, Judas sei ein Zelot gewesen. Auszuschließen ist das nicht, weil zum Jüngerkreis offenbar mit Simon dem Eiferer (Lk 6,15) ein Zelot zählte.

Unschlüssig sind die Exegeten darüber (Meiser, 2004, 32-36; Heindl, 2011), wie der Beiname Iskariot zu deuten ist. Nötig wurde der Beiname spätestens, als auch Jesu Bruder Judas sich der Bewegung anschloss (Mk 6,3), wahrscheinlich aber ist, dass dieser Anschluss erst nach Ostern stattfand. Damit ist schwierig zu entscheiden, geht man von der Historizität der Person aus, ob der Beiname bereits vorösterlich im Gebrauch war, sofern man sich überhaupt dazu entschließt, was durchaus kein Konsens ist, den Zwölferkreis vorösterlich von Jesus konstituiert zu denken. Die vorgeschlagene Lösung, Judas zu den Sikariern zu rechnen, einer Untergruppe der Zeloten, lässt sich sprachlich nur gewaltsam zu Iskariot umschreiben.

Mehr Plausibilität erzeugt der Vorschlag, Iskariot als Hinweis auf den Charakter (aramäisch schaqar = lügen) oder die Tat (aramäisch sakar = ausliefern) zu deuten. Entsprechende Substantive gibt es im Aramäischen aber nicht und die Endung ot in Iskariot bleibt damit problematisch. Zweitens führt Meiser (2004, 34) ein Argument von scheinbarem Gewicht in die Debatte ein. Der Urschriftsteller Markus besaß gute Aramäisch-Kenntnisse, er hätte also den Beinamen auch als Lügner oder Auslieferer übersetzen können. Das ist zwar richtig, aber aus dramaturgischen Gründen verbietet sich diese Übersetzung selbstredend. Es ist geradezu ein stilistisches Gesetz, die Nachnamen von Protagonisten in Narrationen nicht zu plakativ auszuwählen, sondern allenfalls für Kenner einen sehr versteckten Hinweis auf den Charakter bereits in der Namensgebung zu verorten. Entschließt man sich, Judas nicht als historische Person zu deuten, dann spricht die Namensgebung geradezu für die Professionalität des Autors Markus. Hätte Markus plakativ den Beinamen übersetzt, wäre die Dramaturgie zerstört worden. Ein produktionsästhetischer Fauxpas schlechthin!

Relativ wenige Probleme macht der Vorschlag, den Beinamen auf das judäische Kerijot (Jos 15,25) zurückzuführen, umstritten bleibt allerdings, ob es diesen Ort in neutestamentlicher Zeit überhaupt noch gegeben hat. Gewichtet man die Argumente, dann bleibt entscheidend, welches literarische Potential man bereit ist, den Urschriftstellern zuzugestehen. Die Forschungsergebnisse der letzten Dekaden machen deutlich, dass die Urschriftsteller hochkompetente Autoren waren, die ihr Handwerk verstanden. Auch Markus (nicht etwa nur der narrativ überragende Lukas) wäre durchaus in der Lage, eine fiktionale Figur einzufügen, aber auch dann, wenn man sich entscheidet, die Person als historische Person zu verstehen, ist der nicht übersetzte Beiname ein Ausweis für Fachmannschaft. Überhaupt: Meiser unterschätzt doch wieder die literarischen Fähigkeiten der biblischen Autoren, wenn er apodiktisch behauptet, den Evangelisten seien Ideale der Einfühlsamkeit, wie sie aus der klassischen griechischen Tragödie bei Sophokles und Euripides bekannt waren, durchaus fremd (Meiser, 2004, 42). Das Gleichnis vom barmherzigen Samariter ist eine hochdramatische Seh- und Körperschule der Empathie. Und man wird doch nicht ernsthaft dem historischen Jesus, wie er von den Urschriftstellern vor Augen gemalt wurde, Einfühlsamkeit absprechen. Im Verhältnis zur Antike ist dagegen ein anderer Punkt entscheidend: Die biblische Literatur besitzt eine tragödienkritische Pointe, weil die wirkmächtigen Narrationen auf ein gutes Ende zielen. Auch die Geschichte des Verrats wird bekanntlich durch das Achtergewicht der Auferstehung zu einem guten Ende geführt.

3. Die Dramaturgie des Verrats

Überblickt man die vier Evangelien, erkennt man einen Souveränitätszuwachs Jesu in der Binnendramatik des Verrats: Namentlich im Johannesevangelium ist Jesus Herr des Geschehens (Pagels/King, 2008, 41). Das Markusevangelium bietet den größten Raum für kreative Interpretationen, denn Markus unterlässt es, ein Motiv für den Verrat anzubieten (Pagels/King, 2008, 33). Sehr nüchtern heißt es: „Und Judas Iskariot, einer von den Zwölfen, ging hin zu den Hohenpriestern, dass er ihn an sie verriete“ (Mk 14,10). Im Text sind es die Hohenpriester, die Judas Geld anbieten. „Da sie das hörten, wurden sie froh und versprachen, ihm Geld zu geben“ (Mk 14,11). Und obwohl dem Urschriftsteller Markus prophetische Weissagungen, die auf Jesu Sterben deuten, vertraut sind, verweigert er Judas jede Form der Rechtfertigung: „Es wäre für diesen Menschen besser, wenn er nie geboren wäre“ (Mk 14,21). Knapp und präzise zeichnet Markus Judas als den Täter, der mit dem Kuss der Ehrerbietung Verrat begeht. „Und als er kam, trat er alsbald zu ihm und sprach: Rabbi!, und küsste ihn. Die aber legten Hand an ihn und ergriffen ihn“ (Mk 14,45f.).

Matthäus stellt an entscheidender Stelle die Dramaturgie um, denn jetzt ist es Judas, der aus Geldgier handelt: „Da ging einer von den Zwölfen, mit Namen Judas Iskariot, zu den Hohenpriestern und sprach: Was wollt ihr mir geben? Ich will ihn euch verraten. Und sie boten ihm dreißig Silberlinge“ (Mt 26,14-15). Diese Summe hat eine innertextuelle Pointe, denn die dreißig Silberlinge spielen an auf eine hochdramatische Szene aus dem Buch des Propheten Sacharja. Nur diesen absurd geringen Preis setzte die Herrschaftsklasse fest, die auf einen Bruch zwischen Jerusalem und Samaria hinarbeitete, als ‚der gute Hirte‘ seinen Dienst quittieren wollte. Die Summe verweist innertextuell auf Ex 21,32, denn diesen Preis muss der Besitzer eines Ochsens erstatten, sofern eine Sklavin oder ein Sklave eines Dritten durch das Tier stirbt (Meiser, 2004, 63). Und um für milde begriffsstutzige Leser eine Brücke zu bauen, vergleicht Matthäus ausdrücklich das Schicksal Jesu mit dem von Sacharja, der „zwischen Tempel und Altar“ (Mt 23,35f.) ermordet wurde. Dramaturgisch nicht plausibel zu beantworten bleibt die Frage, warum sich ein geldgieriger Protagonist mit dieser demütigenden Summe zufriedengibt. Nur Matthäus zeigt auch nach dem Verrat Interesse an der Figur und zeichnet Judas als verzweifelten und zerrissenen Menschen, der die dreißig Silberlinge nach einem kurzen Disput mit den Hohenpriestern in den Tempel wirft, als letzten Ausweg zum Selbsthass greift und sich erhängt. Alttestamentlicher Referenztext für eine typologische Auslegung ist Ahitophel, der David verriet und sich erhängte (2Sam 17). Weil es Blutgeld war, entscheidet sich die Kultklasse dazu, mit dem Geld einen Beerdigungsplatz „zu kaufen zum Begräbnis für die Fremden“ (Mt 27,7).

Dem Text von Lukas ist der Ehrgeiz abzulesen, die Figur Judas dramaturgisch weiter zu schwächen. Jetzt werden übernatürliche Mächte aufgerufen, denn als Judas sich kurzzeitig von seiner Peergroup entfernt, fährt „der Satan in Judas, genannt Iskariot“ (Lk 22,3). Nach Lukas verweigert Jesus Judas den Kuss, bisher Zeichen der Zugehörigkeit, weicht ihm aus und stellt ihn zur Rede: Judas nähert sich Jesus, „um ihn zu küssen. Jesus aber sprach zu ihm: Judas, verrätst du den Menschensohn mit einem Kuss?“ (Lk 22,47f.). Als Kenner für suspense kann Lukas die Szene auch kräftiger auskolorieren: Anders als bei Markus und Matthäus zeigt wenigstens ein Jünger Mut und schlägt dem Knecht des Hohenpriesters das rechte Ohr ab. Auch an dieser Stelle übernimmt Jesus die Regie, vollbringt ein Wunder und heilt das Ohr des Knechts, damit der Heilsplan nicht in den Wirren eines Konflikts untergeht: „Lasst ab! Nicht weiter! Und er rührte sein Ohr an und heilte ihn“ (Lk 22,51).

Erst das Johannesevangelium formt aus Jesus den souveränen Akteur, der trotz seiner Passivität die Fäden der Handlung knüpft. Johannes entwirft eine durchkomponierte Szene, in der Judas als Verräter öffentlich gemacht wird. Noch sehr indirekt – aber auch das ist ein meisterliches Stilmittel – verfährt Markus, wenn er Jesus in der Abendmahlsszene zunächst nur nüchtern feststellen lässt: „Einer unter euch, der mit mir isst, wird mich verraten“ (Mk 14,18). Und auch nur verhalten wird angedeutet: Es sei der, „der mit mir seinen Bissen in die Schüssel taucht“ (Mk 14,20). Für Kenner der Texte spielt Markus auf eine Stelle aus den Psalmen an: „Auch mein Freund, dem ich vertraute, der mein Brot aß, tritt mich mit Füßen“ (Ps 41,10). Sogar der Autor Lukas bleibt unbestimmt, wenn er sagt, die Hand des Verräters sei beim letzten Abendmahl mit am Tisch gewesen (Lk 22,21). Ganz anders Johannes. Er lässt den Lieblingsjünger, also Johannes, die besorgte Frage stellen: „Herr, wer ist‘s?“ (Joh 13,25). Die Frage reagiert freilich auf die Selbstankündigung Jesu, die Stunde sei gekommen, „dass er aus dieser Welt ginge zum Vater“ (Joh 13,1). Die Antwort des religiösen Urschriftstellers Johannes ist bekannt: „Der ist's, dem ich den Bissen eintauche und gebe. Und er nahm den Bissen, tauchte ihn ein und gab ihn Judas, dem Sohn des Simon Iskariot“ (Joh 13,26).

Auch Johannes wählt den Satan, um die Figur Judas zu entmächtigen, aber er komponiert die Szene anders als Lukas. Zwar heißt es bereits in Joh 13,2, der Teufel habe es Judas ins Herz gegeben, damit er ihn überliefere, aber erst später im Text betont Johannes, dass der Satan erst nach dem Bissen und damit nach der Identifizierung des Verräters in Judas fährt. Die Pointe ist eindeutig: Auch der Teufel ist ein Erfüllungsgehilfe von Jesus. Und wie ein Bote wird Judas behandelt, wenn Johannes Jesus sagen lässt: „Was du tust, das tue bald!“ (Joh 13,27). Auch die Kussgeste wird dem Verräter final verweigert. Jetzt ist es Jesus selbst, der sich zu erkennen gibt, als sich die anrückenden Soldaten hörbar näherten. „Da nun Jesus alles wusste, was ihm begegnen sollte, ging er hinaus und sprach zu ihnen: Wen sucht ihr? Sie antworteten ihm: Jesus von Nazareth. Er spricht zu ihnen: Ich bin's! Judas aber, der ihn verriet, stand auch bei ihnen. Als nun Jesus zu ihnen sprach: Ich bin's!, wichen sie zurück und fielen zu Boden. Da fragte er sie abermals: Wen sucht ihr? Sie aber sprachen: Jesus von Nazareth. Jesus antwortete: Ich habe euch gesagt: Ich bin's. Sucht ihr mich, so lasst diese gehen!“ (Joh 18,4-8). Wie auf dem Präsentierteller bietet Jesus sich selbst an und schützt damit zugleich die anderen. Durch diese dramaturgische Änderung wird nachvollziehbar, warum es zu keinem Aufstand der Jünger kommt. Im Gegenteil. Sie werden ausdrücklich der Schonung unterstellt. Bei Markus und Matthäus erinnern sie an Feiglinge.

Folgt man der Aufgipfelungsdramaturgie der vier Evangelien, die auf eine Umwidmung der Machtverhältnisse im dramatischen Geschehen der Überlieferung abzielt und letztlich Jesus als Souverän des Verfahrens zeigt, dann könnte die Strategie der Autoren darin liegen, nicht den Fakt, aber doch die Schmach, dass einer aus dem engsten Zirkel den Verrat begangen hat, abzuschwächen. Richtig ist die Beobachtung, wenn Außenstehende, also Gegner der Bewegung, dieses Gerücht in Umlauf gebracht hätten, dann wäre wahrscheinlich aus der Gruppe heraus Widerspruch laut geworden (Pagels/King, 2008, 45). Dieses Argument ist das stärkste Argument für die Historizität der Judas-Figur!

4. Der Statusehrgeiz des Judas Iskariot

Idealtypisch steht Judas in den Evangelien für eine Tradition, die mit Jesus eine sehr klare und eindeutige Messiashoffnung verbindet. Und auch Judas rechnet sich Chancen aus, im angekündigten Reich Gottes einen Vorstandssessel zu erobern. Diese Hoffnung wird zerstört und Judas durchläuft einen emotionalen Parcours der Enttäuschung. Die hochemotionalen Bindekräfte an die charismatische Jesusgestalt werden jäh umgewälzt und Aggressionsgefühle treten in den Vordergrund. Die Faszination kippt in Wut, eine bisher unausgesprochene Eifersucht auf Gruppenmitglieder greift sich Bahn, die Scham darüber, auf einen falschen Messias hereingefallen zu sein führt nicht zur Selbstkritik, vielmehr wird die Scham über das falsche Selbstbild in die Schuld verschoben, indem Judas den als falsch identifizierten Messias verrät. Judas ist nicht – auch nicht indirekt – ein Handlanger der Heilsgeschichte, sondern Opfer seines Statusehrgeizes geworden. Dabei übersieht er, wie stark der Weisheitslehrer Jesus von Nazaret das bereits alttestamentlich zu erlesende Ethos des Statusverzichts (Huizing, 2016), das sich auch in der Urgemeinde wenigstens partiell durchsetzt (Theißen, 1988;2009), ratifiziert. Gottfried Orth sieht richtig, wenn er sagt, Judas habe eine eindeutige Vorstellung vom Heil, die keine Abweichungen zulässt: „Judas schätzt Eindeutigkeiten – vielleicht ist er auch darin, seiner eigenen Traditionsbildung weit vorauseilend, ‚unser aller Fall‘“ (Orth, 2009, 90). Bei Judas kippt Begeisterung in Wut, steigert sich final in Hass. Die Scham über die Tat führt dazu, dass in der wirkmächtigsten Tradition zu seinem Tod Judas den Hass auch gegen sich selbst umlenkt und sich erhängt.

Andererseits: Die Gruppe der Jünger, sollte sie historisch sein, war durchaus keine homogene Gruppe. Es macht produktionsästhetisch guten Sinn, eine Figur zu entwerfen, die die alttestamentlichen Verheißungen anders gewichtet, als es die vier kanonischen Schriftsteller getan haben. Dann aber wäre die Figur des Judas auch eine Figur, die man mit Crossan eine „historisierte Prophetie“ (Crossan, 1999, 13) nennen könnte, freilich eine andere, als die von den Evangelisten verfolgte Linie. Dann wäre diese Figur ersonnen worden, um innerchristliche Deutungen, die nicht auf der Linie der vier Großschriftsteller liegen, als teuflisch zu denunzieren. Judas wäre dann nicht ein Beispiel für den Glaubensabfall, sondern für eine andere Deutungstradition, die als Häresie verurteilt wird. Das spät aufgefundene Judasevangelium legt eine solche Deutung nahe.

5. Das Judasevangelium

Die National Geographic Society präsentierte der interessierten Öffentlichkeit im April 2006 eine archäologische Sensation: Das Judasevangelium. Offenbar wurde bereits 1970 in Mittelägypten eine koptische Übersetzung des wahrscheinlich um 150 n. Chr. verfassten griechischsprachigen Originals gefunden. Der Papyrusband (Codex Tchacos) gelangte aus dem Schwarzmarkt erst 2001 in die Hände seriöser Philologinnen und Konservatorinnen. Es ist den beiden Forscherinnen Elaine Pagels und Karen L. King zu danken, diesen Text, der bei einer ersten Lektüre durch seine antijüdischen und homophoben Tiraden sehr verstört, durch eine kluge Rekontextualisierung sprechend zu machen, ohne sofort den Text als gnostische Irrlehre in die Ecke zu stellen.

Auf welches Problem innerhalb des Urchristentums um 150 n. Chr. reagiert der Text? Der von einem mächtigen Zorn getriebene Autor kritisiert die Verklärung von durch die Römer blutig hingerichteten Christen zu Märtyrern. Der anonyme Verfasser wendet sich damit deutlich sowohl gegen eine Opfertodtheologie, als auch gegen die Tendenz der neuen Kultklassen, sich in der Nachfolge Jesu als Opfer und Märtyrer zu verherrlichen. Nicht kleinlaut, sondern in den Gesten des Wahrsprechens (parrhesia) gegen die aktuellen Autoritäten, wird im Judasevangelium diese Form des Christentums abgelehnt und werden die Verfechter dieser Lehre als Mörder denunziert.

An diesem Text kann man beispielhaft lernen, dass sich auch noch um 150 n. Chr. sehr unterschiedliche Deutungen dessen, was als christlich gelten soll, unversöhnt gegenüberstehen. Im Blick vom Judasevangelium zurück wird sehr viel plastischer, dass auch unter den Jüngern ein Rankingwettbewerb stattfand. Zwar gilt Petrus als Sprecher (Lk 22,29-32;24,34; Apg 1,15;2,14), aber im Johannesevangelium positioniert sich bekanntlich Johannes als Lieblingsjünger. Im Thomasevangelium (Pagels/King, 2008, 49-104) wird auf den Herrenbruder Jakobus verwiesen, das apokryphe Evangelium nach Maria (EvMar) lässt einen Konflikt zwischen Petrus und Maria Magdalena erahnen, der sich um die Frage organisierte, ob Frauen Führungspositionen in der Kirche einnehmen können. Zu einem ernsten Konflikt kommt es offenbar zwischen Petrus und Paulus darüber, ob auch nichtjüdische Gläubige auf die jüdischen Speisevorschriften zu verpflichten seien. Nicht kleinlaut droht Paulus im Galaterbrief dem Irrlehrer Petrus eine Verfluchung an. Als Schönfärberei darf man also die Bemerkung in Apg 4,32 interpretieren, die frühen Christen seien „ein Herz und eine Seele“ gewesen. Auch Judas, der sich im Judasevangelium als Liebling und Vertrauter Jesu präsentiert, verwirft sehr grundsätzlich die Meinung der anderen Jünger. Und es ist Jesus selbst, der die Rituale der Jünger und damit implizit auch die Opfertodtheologie späterer Zeit mehrfach verlacht. Indirekt zählt zu den Verlachten Paulus, der Christus als Passahlamm deutet, das geschlachtet wird (1 Kor 5,7). Auch die rituelle Wiederholung des Opfers im Abendmahl ist Judas zuwider. Der anonyme Autor stellt sich somit in die Tradition der großen Propheten wie Amos, Hosea und Jesaja. Hosea lässt Gott sagen: „Denn ich habe Lust an der Liebe und nicht am Opfer, an der Erkenntnis Gottes und nicht am Brandopfer“ (Hos 6,6). Wenn also die neue Kultklasse die Gläubigen zu Leid und Opfer anhält, wenn die neuen Autoritäten Märtyrer glorifizieren, dann verkennen sie die eigentliche Pointe der frohen Botschaft. In einem verschärften Sinn spricht Judas davon, es gelte den vollkommenen Menschen durch die Aktivierung geistiger Kräfte hervorzubringen (EvJud 2,16), dann könne man in die Unendlichkeit eingehen. Judas glaubt als Einziger Jesus verstanden zu haben, deshalb auch verrät er ihn und es ist somit nicht der Satan, der ihn anstiftet. Durchaus zustimmend rechnet in diesem Evangelium Judas mit der Möglichkeit, er werde von den anderen elf Jüngern gesteinigt, genauer: er spekuliert geradezu auf diesen Tod, ohne auf Märtyrerehren aus zu sein.

6. Die Judasfigur in der ästhetischen Wirkungsgeschichte

Die christliche Ikonographie hat nahezu ausschließlich den Tod des Judas durch Erhängen bebildert (Meiser, 2004, 113). Im Elsässer Glasfenster eines anonymen Künstlers um 1520 nimmt der Teufel aus den aufgeplatzten Gedärmen die Seele in Empfang. In dieser Bildfindung wird geschickt die in der Apostelgeschichte (Apg 1,18) tradierte alternative Todesszene integriert. Dort heißt es: „Der erwarb einen Acker von dem ungerechten Lohn und stürzte vornüber und barst mitten entzwei, und alle seine Eingeweide quollen hervor.“ Die Eingeweide (griechisch: to splagchnon) sind Ort der heftigen Gefühle wie Wut und Mitleid. Gezeigt werden soll, dass der Teufel in den Eingeweiden des Judas sitzt und seine Empathie zerstört.

In der Kunst wird der Judaskuss in dem wirkmächtigen Fresko aus der Hand von Giotto di Badone (1304-1306, emotionslogisch entschlüsselt bei Sloterdijk, 1998, 152) verdichtet, der Judas als sphärische Inkarnation des Bösen gestaltet, ein konträr zum Christusporträt disharmonisch gestaltetes Gesicht: lauernd, verschlagen, neidisch, eifersüchtig, gierig, in sich verkrümmt.

Die reiche Bearbeitung der Judasfigur in der Literaturgeschichte ist bis zur Jahrtausendwende präzise inventarisiert worden (Krieg/Zangger-Derron, 1996). Neue Facetten bietet eine Annäherung durch Amos Oz. Nach Oz (2015) ist Judas ein vermögender und hoch gebildeter Mann aus Judäa, der als IM der kulturellen Elite in den Jüngerkreis eingeschleust wird, um ein Dossier über diesen populären Wunderheiler Jesus von Nazaret anzulegen. Judas wird von der charismatischen Präsenz Jesu überwältigt, mutiert zum radikalen Anhänger, der Jesus überredet nach Jerusalem zu ziehen, Bestechungsgelder investiert, damit es überhaupt zur Kreuzigung durch die wenig interessierten Römer kommt. Bis zum letzten Atemzug hofft Judas, Jesus werde vom Kreuz herabsteigen und sich als der erwartete Messias outen.

Nachdrücklich in das cineastische Gedächtnis eingeschrieben hat sich der Film von Martin Scosese: Die letzte Versuchung Christi (1988), verfilmt nach dem Roman Die letzte Versuchung von Nikos Kazantzakis. Jesus fordert Judas geradezu dazu auf, den Verrat zu begehen, um gemeinsam die Welt zu retten (Langenhorst, 1998). Dieses Skript wird in neueren Filmen umgeschrieben. In dem Biopic Maria Magdalena von Garth Davis (2017) wird nicht nur Magdalena (Rooney Mara), erst 2016 vom Papst rehabilitiert, mit feministischen und emanzipatorischen Zügen ausgestattet, auch die Judasfigur (Tahar Ramin) wird gegen den Trend als ein einfühlsamer Mann eingeführt, der über den gewaltsamen Tod seiner Frau und der gemeinsamen Kinder nicht hinwegkommt, prompt seine Hoffnung auf Jesus setzt, damit er im Reich Gottes möglichst schnell wieder mit seiner Familie vereint leben darf. Obwohl die Figurenzeichnung einen sympathischen, verzweifelt liebenden Charakter zeichnet, ist sein Messiasbild fest gefügt und lässt keine Ambivalenzen zu und ist ambiguitätsintolerant.

7. Judas im Religionsunterricht

Die Figur Judas dient in den überlieferten Texten als Deutungsbild für erlittene Enttäuschung, sie agiert als (ungewollter) Exekutor des Heilsplans, als Kritiker jeder Opfertodtheologie. Für alle Jahrgangsstufen bietet es sich an, mit dem Hinweis auf das Namensverbot zu starten. Das hermeneutische Vorverständnis der Figur kann durch Gegendeutungen (Zimmermann/Zimmermann, 2013) bearbeitet werden (→ Hermeneutik).

7.1. Elementare Erfahrungen und Zugänge

Zunächst ist ein Desiderat anzumelden: Auf der Ebene der bayerischen Lehrpläne (LehrplanPlus: Gymnasium, Realschule, Mittelschule) kommt das Stichwort Judas schlechterdings nicht vor. Und auch die einschlägige religionspädagogische Literatur verzeichnet kaum verwertbares Material: die Datenbank des Comenius-Instituts vermeldet keine hilfreichen Beiträge, nur der Loccumer Pelikan bietet einen hilfreichen Vorschlag (http://www.rpi-loccum.de/material/pelikan/pel3-11/sek2_guenther1). Die Reihen Jahrbuch für → Kindertheologie (JaBuKi) und Jahrbuch für → Jugendtheologie (JaBuJu) vermelden keine Einträge. Offenbar hat bisher niemand mit Jugendlichen zu diesem Thema gearbeitet.

An der Figur des Judas lassen sich für Jugendliche Grundnormen und Kriterien des Handelns veranschaulichen und genauer nach dem Surplus einer christlichen Lebensdeutung fragen. Das Surplus christlicher Lebensdeutung besteht in der Stärke, zur Selbstdistanzierung zu ermuntern und der Gier nach eigenem Statuszuwachs zu widerstehen. Sie besteht auch darin, ein festgefügtes Verständnis vom Reich Gottes, von Gottesbildern und Menschenbildern zu hinterfragen (7.2). Diskursleitende Fragen sind: Warum schließt sich Judas dem Wanderprediger an, warum wird er enttäuscht und warum entschließt er sich zum Verrat? (Günther, 2009) Zweitens lässt sich an der Figur des Judas das oft umgangene Gelände der Lehre von den letzten Dingen angstfrei betreten: Gibt es eine Zukunft für den Gottesverräter Judas? Mit den Schülerinnen und Schülern können die drei gängigen Angebote (Annihilation; doppelter Ausgang; Allversöhnung) diskutiert werden. Das Klima neutestamentlichen Denkens wirbt für den Gedanken der Allversöhnung (7.3). Schließlich kann das Judasevangelium in der Oberstufe als Beispiel dafür eingesetzt werden, über die Attraktivität und Wahrheitsmomente alternativer Christusdeutungen (im Frühchristentum) nachzudenken (7.4).

7.2. Statusehrgeiz und Statusverzicht

In diesem Deutungsansatz wird Judas als glühender Anhänger einer volksreligiösen, realistischen Messias-Erwartung geschildert, der für seinen Einsatz auf einen entsprechenden Zuwachs an Statuskapital spekuliert. Das angekündigte Leiden bedeutet eine Inflation des erwarteten Statuskapitals. Im Roman Judas von Amos Oz ist der Auslöser für den Umschwung der reale Tod Jesu am Kreuz. Aus dieser Enttäuschung heraus verstärken sich ausbrechende Aggressionsgefühle von der Wut bis hin zum Hass. Das Jesusbild des Judas lässt – wie auch das eigene Selbstbild – keine Korrekturen zu. Judas ist nicht ambiguitätstolerant (Bauer, 2018), oder in die religiöse Sprache übersetzt: Das Selbstbild von Judas ist in sich verkrümmt, also sündig. Das ist selbstredend nicht zwingend. Judas zur anthropologischen Chiffre zu stilisieren, die darauf verweisen soll, dass Judas die Regel, ein Nicht-Judas die Ausnahme sei (Meiser, 2004, 170), ist mächtig überzogen und von einer extrem einseitigen Sündenanthropologie unterschwellig gesteuert. Im Unterricht lässt sich das Problem medienlogisch behandeln: Wie verfestigen (Stichwort: Echokammer) oder verflüssigen Chats im Netz das eigene Selbstbild?

7.3. Heilsplan und Allversöhnung

Wirkmächtig ist ein Argumentationsstrang, der Judas dadurch teilweise exkulpiert, dass er als notwendiger Antreiber für den Fortgang des göttlichen Heilsplans porträtiert wird. Walter Jens plädiert in Der Fall Judas für seine Seligsprechung, Shalom Ben-Chorin deutet ihn in seinem Gedichtzyklus Vier Sonette über Judas (Krieg/Zangger-Derron, 1996) als Miterlöser. Karl Barth stellt Judas in seinem Opus magnum Die Kirchliche Dogmatik in einem längeren Exkurs in dieses Muster ein. Für Barth ist Judas der große Sünder des Neuen Testaments (Barth, 1942, 511), der den Sündenfall Adams vollendet, er tut, was Gott durchaus getan haben will, aber eingehegt bleibt für Barth der Verrat, genauer: das Überliefern (griechisch paradounai) Jesu an die Häscher, dadurch, dass vorgängig Gott Jesus und damit Jesus auch sich selbst überliefert hat. Zwar ist Karl Barth an dieser Stelle noch zurückhaltend, wenn es um die Allversöhnung (Apokatastasis panton) geht, aber sie ist eine Konsequenz seiner Erwählungslehre. Barths Lieblingsschüler Helmut Gollwitzer macht deshalb keinen Unterschied zwischen dem Verleugner Petrus und dem Verräter Judas: Nur unbegrenzte Vergebung sei wirkliche, göttliche Vergebung (Gollwitzer, 1974, 271). Als Thema im Unterricht bietet sich an dieser Stelle die Möglichkeit, über Stärken und Probleme der Lehre von der Allversöhnung zu diskutieren.

7.4. Das Judasevangelium: Kritik einer Opfer- und Märtyrertheologie

Für höherstufige Klassen kann die koptische Handschrift des Judasevangeliums dazu dienen, die Konsolidierungsprozesse innerhalb der frühen Christenheit genauer zu beschreiben. Hoch spannend wird in diesem Text gegen die Überhöhung Jesu auch durch die Jünger argumentiert. Dieser Judas ist ein Gegenbild zum statusehrgeizigen Judas der Evangelien. In diesem Ansatz verbirgt sich großes Potential für eine nachdrückliche Kirchenkritik. Und dieser Judas trifft sich über Jahrhunderte hinweg mit einer Deutung der Judas-Figur in der 1971 uraufgeführten Rock-Oper Jesus Christ Superstar von Andrew Lloyd Weber und Tim Rice: Judas will hier Jesus vor falscher Überhöhung bewahren (Storz, 2009). Zweitens wird mit dem Propheten Hosea gegen jeden Opferkult und die Verherrlichung von Märtyrern polemisiert. Trotz aller gnostischen und leibfeindlichen Tendenzen bietet das Judasevangelium einen neuen Blick auf die Judas-Gestalt. Vor allem das Einspielen des Judasevangeliums bietet die Möglichkeit, die Frage, ob Judas als reale oder fiktive Figur in den Texten auftritt, grundsätzlich zu bearbeiten. Dieses Evangelium hilft auch, Prozesse durchsichtig zu machen, die zu einer Ausgrenzung einer Person und der von ihr verfolgten Weltsicht führt. Eine Figur wird stellvertretend zum Sündenbock gemacht, um die von der herrschenden Deutungsclique verworfene Tradition mundtot zu machen.

Literaturverzeichnis

  • Barth, Karl, Kirchliche Dogmatik II/2, Zürich 1942.
  • Bauer, Thomas, Die Vereindeutigung der Welt. Über den Verlust an Mehrdeutigkeit und Vielfalt, Stuttgart 2018.
  • Crossan, John Dominic, Wer tötete Jesus? Die Ursprünge des christlichen Antisemitismus in den Evangelien, München 1999.
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