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Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland

(erstellt: Februar 2018)

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Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland (kurz: GG) stellt die Verfassung der Deutschen dar und regelt somit die rechtliche und politische Grundordnung in der Bundesrepublik. Es wurde am 23. Mai 1949 von Konrad Adenauer in seiner Funktion als Präsident des Parlamentarischen Rates verkündet und trat am 24. Mai 1949 zunächst in den westdeutschen Bundesländern in Kraft. Seit der Wiedervereinigung am 3. Oktober 1990 gilt das Grundgesetz auch für die ostdeutschen Bundesländer, also die ehemalige Deutsche Demokratische Republik, und somit für die gesamte Bundesrepublik Deutschland.

1. Entstehungsgeschichte

1.1. Vorgeschichte bis zur Machtergreifung durch die Nationalsozialisten im Jahre 1933

Solange es die Staatsform der Monarchie gab, wurde immer wieder darüber diskutiert, ob der Monarch die Verfassung für sein Volk vorgebe. Seit dem 19. Jahrhundert wurde dem jedoch das Prinzip der Volkssouveränität entgegengesetzt. Darauf gestützt, wurde 1848 die sogenannte Frankfurter Nationalversammlung (sie tagte in der Frankfurter Paulskirche und wird daher auch als Paulskirchenversammlung bezeichnet) gewählt und die noch heute geltende schwarz-rot-goldene Fahne für ein freies und demokratisches Deutschland gehisst (hier und nachfolgend: Willoweit, 2013, 255-257.; Di Fabio, 2017, VIII). Diese Paulskirchenversammlung war das verfassungsgebende Gremium zur Zeit der Deutschen Revolution und gleichzeitig vorläufiges Parlament des neu entstehenden Deutschen Reiches. Am 23. März 1949 verabschiedete die Frankfurter Nationalversammlung die Verfassung des deutschen Reiches (auch: Frankfurter Reichsverfassung oder Paulskirchenverfassung). Nachdem große Staaten wie Preußen und Bayern die Frankfurter Reichsverfassung ablehnten, scheiterte diese. Trotzdem war die Frankfurter Reichsverfassung bis dato die erste gesamtdeutsche Verfassung.

Es dauerte bis 1919, bis die verfassungsgebende → Gewalt den Monarchen in Deutschland aus der Hand genommen wurde. Nach den reichsweiten Wahlen vom 19. Januar 1919 trat am 6. Februar 1919 in Weimar eine Nationalversammlung zusammen, die eine Verfassung ausarbeitete. Durch den verlorenen Ersten Weltkrieg war es außen- und innenpolitisch weder möglich noch gewollt, die Monarchie als Staatsform beizubehalten. Deutschland wurde erstmalig zu einer Republik und gab sich die Weimarer Reichsverfassung. Diese wurde nach Beschluss der gewählten Nationalversammlung und Verkündung durch den Reichspräsidenten am 11. August 1919 in Kraft gesetzt und dann 1933 in einem Akt des Staatsstreichs von Adolf Hitler und den Nationalsozialisten praktisch wieder außer Kraft gesetzt.

1.2. Die Zeit nach dem Kriegsende 1945 bis zur Bildung des Parlamentarisches Rates

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges konnten die Deutschen zunächst keine Nationalversammlung wählen, da Deutschland in vier Besatzungszonen geteilt war und somit unter alliierter Besatzungsherrschaft stand (hier und nachfolgend: Willoweit, 2013, 353-355; Di Fabio, 2017, IX). Die Demokratie in Deutschland in der Nachkriegszeit entstand damals von unten nach oben, über die Gemeinden zu den Ländern.

Schon vor der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz, die im Frühjahr 1948 zwischen den drei westlichen Besatzungsmächten USA, Frankreich und dem Vereinigten Königreich sowie den direkten westlichen Nachbarn Deutschlands Belgien, Niederlande und Luxemburg in London stattfand, gab es von Seiten der Alliierten Bestrebungen, einen neuen deutschen Staat zu konstruieren. Hierbei zeigten sich unterschiedliche Interessen und Vorstellungen der alliierten Besatzungsmächte in der verfassungsrechtlichen Ausgestaltung eines neu zugründenden deutschen Staates sowie bei der Frage, ob ein künftiges Deutschland föderalistisch oder zentralistisch organisiert sein soll. Während die Vertreter des Vereinigten Königreichs eine Vereinigung unter Einschluss der sowjetischen Besatzungszone anstrebten, befürworteten die Vertreter der USA und Frankreichs einen aus den drei westlichen Besatzungszonen bestehenden föderalen deutschen Staat bei gleichzeitiger internationaler Kontrolle der deutschen Montanindustrie.

Nach der Londoner Sechs-Mächte-Konferenz forderten die westlichen Alliierten die Ministerpräsidenten der deutschen Bundesländer durch die sogenannten Frankfurter Dokumente auf, eine verfassungsgebende Versammlung einzuberufen, die eine demokratische Verfassung unter Berücksichtigung einer föderalen Gliederung ausarbeiten sollte.

Die Ministerpräsidenten stimmten den Forderungen der westalliierten Militärgouverneure nach einigen Diskussionen und Konflikten zu, befürworteten aber in Hinblick auf eine Einheit des Landes andere Begrifflichkeiten. Sie nannten die verfassungsgebende Versammlung den Parlamentarischen Rat und dessen Werk nicht Verfassung, sondern Grundgesetz.

So fand vom 10. bis zum 23. August 1948 zunächst im Auftrag der westdeutschen Ministerpräsidenten der Verfassungskonvent auf Herrenchiemsee statt. Hierbei handelte es sich um einen Ausschuss aus sachverständigen Verwaltungsbeamten, dessen Aufgabe darin bestand, einen Verfassungsentwurf zu erarbeiten, der dem Parlamentarischen Rat als Grundlage zur Schaffung des Grundgesetzes dienen sollte. Hierbei bildeten sich wichtige Punkte für das später ausgearbeitete und verkündete Grundgesetz heraus. So wurde unter anderem eine starke Stellung der Bundesregierung bei gleichzeitiger Entmachtung des im Vergleich zur Weimarer Reichsverfassung starken Staatsoberhaupts befürwortet. Die Empfehlungen des Konvents hatten erheblichen Einfluss auf den späteren Grundgesetzentwurf des Parlamentarischen Rates.

1.3. Parlamentarischer Rat

Der Parlamentarische Rat war, trotz anderslautender Bezeichnung, eine verfassungsgebende Versammlung, die nach Vorgabe der westalliierten Besatzungsmächte das deutsche Volk gleichheitsgerecht repräsentieren sollte und deren Mitglieder von den ihrerseits demokratisch gebildeten Landtagen gewählt wurden (hier und nachfolgend: Willoweit, 2013, 369f.; Di Fabio, 2017, IX).

Der gemeinschaftliche Konsens der Mitglieder des Parlamentarischen Rates bestand zunächst darin, dass es sich bei dem Grundgesetz um ein Provisorium, um eine Verfassung in Kurzform handeln sollte. Als Verfassung sollte erst eine für ein wiedervereinigtes Deutschland geltende Konstitution bezeichnet werden. So wurde die Wiedervereinigung der westdeutschen Staaten und der sowjetischen Besatzungszone als Verfassungsziel in der Präambel des Grundgesetzes festgeschrieben, als Verfassungsziel erklärt und in Art. 23 geregelt. Gleichzeitig wurde in Art. 146 festgeschrieben, dass das Grundgesetz seine Geltung an dem Tage verliert, wenn ein wiedervereinigtes gesamtdeutsches Volk eine neue Verfassung beschließt. Diese Verfassungsnorm fand jedoch angesichts des Beitritts der Deutschen Demokratischen Republik zum Geltungsbereich des Grundgesetzes bislang keine Anwendung, gilt jedoch weiter fort.

Die 65 Mitglieder des Parlamentarischen Rates wurden von den westdeutschen Landtagen im Verhältnis zur jeweiligen Bevölkerung und Stärke der Landtagsfraktionen gewählt. So waren die beiden große Parteien SPD und CDU/CSU mit jeweils 27 Mitgliedern vertreten. Ebenso gehörten dem Parlamentarischen Rat Abgeordnete von FDP, Zentrum, KPD und der Deutschen Partei an. Das ausgeglichene Mitgliederverhältnis zwischen den großen Parteien beförderte eine Einigung in wesentlichen Fragen.

Nach mehreren schwierigen Debatten wurde das Grundgesetz sodann am 8. Mai 1949 von den Mitgliedern des Parlamentarischen Rates angenommen. Dieser Tag wurde von Konrad Adenauer bewusst gewählt, da es der Jahrestag der bedingungslosen Kapitulation der Wehrmacht im Jahre 1945 war. Nachdem der Verfassungsentwurf am 12. Mai 1949 von den Militärgouverneuren der drei westlichen Besatzungsmächte weitestgehend angenommen wurde und auch die Bundesländer das Grundgesetz ratifizierten, wurde dieses am 23. Mai 1949 in einer feierlichen Sitzung des Parlamentarischen Rates im Bonner Museum König ausgefertigt und verkündet.

Mit dem so repräsentativ-demokratisch zustande gekommen Grundgesetz konstituierte sich die Bundesrepublik und auf dieser Grundlage bewegte sich das Land allmählich zurück in die volle völkerrechtliche Souveränität, in einen Kreis friedlicher, offener und miteinander verbundener Staaten Europas.

2. Inhalt des Grundgesetzes

Das Grundgesetz besteht insgesamt aus 146 Artikeln, die sich in vier Teile untergliedern lassen. Den eigentlichen Grundgesetzartikeln vorgeschaltet sind die Verkündungsformel und die Präambel. Dieser lässt sich insbesondere die Geltung des Grundgesetzes als Bundesverfassung in allen deutschen Bundesländern entnehmen. Sodann folgen in den Artikeln 1 bis 19 die Grundrechte und ab Artikel 20 der große Komplex des Staatsorganisationsrechts. Im Rahmen dieses Teils werden vereinzelt sogenannte grundrechtsgleiche Rechte festgeschrieben.

2.1. Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte

Grundrechte und grundrechtsgleiche Rechte sind subjektive öffentliche Rechte der Menschen bzw. Staatsbürger mit Verfassungsrang, die sämtliche Staatsgewalten binden. Sie gelten also regelmäßig im Verhältnis zwischen dem Staat und seinen Bürgern. Gleichzeitig sind → Grundrechte objektive Wertentscheidungen des Verfassungsgebers. In dieser Funktion bilden sie die Grundlage zur Auslegung und Anwendung von Gesetzen. Das bedeutet, dass die Anwendung von Gesetzen, beispielsweise im Rahmen von gerichtlichen Verfahren, stets grundrechtskonform sein muss. Andernfalls wäre eine Rechtsanwendung verfassungswidrig.

Grundrechte verpflichten gemäß Artikel 1 Absatz 3 primär den Staat mit seinen drei Gewalten – Judikative, Exekutive und Legislative. Gleichzeitig gelten die Grundrechte nicht nur auf Bundesstaatsebene, sondern auch in den 16 deutschen Bundesländern, wenngleich diese im Regelfall eigene Grundrechtskataloge in den jeweiligen Länderverfassungen niedergeschrieben haben, die jedoch größtenteils mit dem Grundrechtskatalog des Grundgesetzes deckungsgleich sind. Des Weiteren lassen sich die Grundrechte in jeweils zwei verschiedene Kategorien einteilen. Zunächst gibt es sogenannte Freiheits- und Gleichheitsrechte, darüber hinaus spricht man hinsichtlich der Trägereigenschaft bei Grundrechten von Jedermann-Grundrechten und Deutschen-Grundrechten bzw. Staatsbürgerrechten. Träger von Jedermann-Grundrechten kann jeder Mensch sein, weshalb man sie folglich auch als Menschrechte bezeichnen kann. Beispiele hierfür bilden die Allgemeine Handlungsfreiheit nach Artikel 2 Absatz 1, die → Religionsfreiheit nach Artikel 4 Absätze 1 und 2, die Meinungsfreiheit nach Artikel 5 Absatz 1 oder die Eigentumsfreiheit nach Artikel 14 Absatz 1. Staatsbürgerrechte weisen hingegen einen besonderen Bezug zum Staatsvolk auf und können nur von deutschen Staatsbürgern im Sinne von Artikel 116 Absatz 1 geltend gemacht werden. Beispielhaft seien hier die Versammlungsfreiheit nach Artikel 8 Absatz 1 und die Berufsfreiheit nach Artikel 12 genannt. Dennoch sind auch ausländische Staatsbürger für diese Bereiche nicht schutzlos. Sie genießen vielmehr einen Grundrechtsschutz über die Allgemeine Handlungsfreiheit, die, soweit deutsche Staatsbürger betroffen sind, regelmäßig hinter den oben genannten spezielleren Grundrechten zurücktritt.

Daraus ergibt sich eine weitere Systematik, die unabhängig von der Staatsbürgerschaft gilt. Sämtliche Freiheitsrechte, die in den Artikeln 4 bis 18 niedergeschrieben sind, schützen eine bestimmte Freiheit, was man wiederum als Schutzbereich bezeichnet. Soweit ein Schutzbereich durch ein beliebiges staatliches Handeln – was als Eingriff bezeichnet wird – betroffen ist, kann sich der Betroffene nicht mehr auf einen Schutz durch die Allgemeine Handlungsfreiheit berufen. Für ausländische Staatsbürger lässt sich demnach folgern, dass ein Schutzbereich von einem spezielleren Staatsbürgerrecht mangels deutscher Staatsbürgerschaft schon nicht betroffen sein kann, weshalb ein Schutz durch Artikel 2 Absatz 1 zwangsläufig erscheint. Ist hingegen der Schutzbereich eines spezielleren Freiheitsrechts, welches jedermann schützt, betroffen, so ist auch für ausländische Staatsbürger ein Rückgriff auf die Allgemeine Handlungsfreiheit gesperrt. In diesem Kontext ist regelmäßig umstritten, ob sich EU-Bürger auf Staatsbürgerrechte berufen können. Zum Teil wird dies unter Verweis auf das Diskriminierungsverbot des Artikel 18 Absatz 1 des AEUV (Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union) bejaht. Wiederum andere lehnen einen Rückgriff mit dem Argument ab, dass sich dem Wortlaut entsprechend nur deutsche Staatsbürger auf die Staatsbürgerrechte berufen können.

Neben den Freiheitsrechten gibt es noch die Gruppe der Gleichheitsrechte, die primär in Artikel 3 niedergeschrieben sind. Gleichheitsrechte unterscheiden sich von Freiheitsrechten dadurch, dass sie nicht eine bestimmte Freiheit schützen, sondern eine allgemeine Gleichberechtigung bezwecken. So ergibt sich bereits aus dem allgemeinen Gleichheitssatz des Artikel 3 Absatz 1, dass alle Menschen vor dem Gesetz gleich sind. Daraus folgt, dass wesentlich Gleiches grundsätzlich nicht ungleich bzw. wesentliches Ungleiches nicht gleich behandelt werden darf.

Schließlich existieren neben den klassischen Grundrechten der Artikel 1 bis 19 noch die sogenannten grundrechtsgleichen Rechte. Diesen lassen sich auch bestimmte (Staats-)Bürgerrechte entnehmen, die nicht im Grundrechtskatalog, sondern im Bereich des Staatsorganisationsrechts niedergeschrieben sind. Beispielhaft seien hier das Wahlrecht nach Artikel 38 oder die sogenannten Justizgrundrechte gemäß Artikel 103 und 104 genannt.

Sieht sich ein Bürger in seinen Grundrechten oder grundrechtsgleichen Rechten verletzt, so sieht das Grundgesetz das Instrument der Verfassungsbeschwerde vor. Im Rahmen dieses Rechtsmittels überprüft das Bundesverfassungsgericht, ob ein Akt staatlicher Gewalt grundrechts- und verfassungskonform war oder nicht.

2.2. Staatsorganisationsrecht

Im zweiten, weitaus größeren Teil des Grundgesetzes wird die Staatsorganisation der Bundesrepublik Deutschland näher konkretisiert. Das Grundgesetz kennt hierbei fünf Verfassungsorgane, die sich ihrerseits den drei Staatsgewalten Judikative, Exekutive und Legislative zuordnen lassen. Während der Bundestag und Bundesrat zur Gesetzgebung befugt sind und somit das Legislativorgan auf Bundesebene bilden, lässt sich die Bundesregierung als Oberhaupt der Exekutive bezeichnen und das Bundesverfassungsgericht der Judikative zuordnen. Über allem steht als formales Staatsoberhaupt der Bundespräsident, dessen Aufgaben sich auf repräsentative Funktionen beschränken lassen.

Das Grundgesetz ist sehr systematisch aufgebaut. Während im ersten Teil die Grundrechte niedergeschrieben sind, folgen im zweiten Teil allgemeine Normen, die einerseits die sogenannten Staatstrukturprinzipien (Republik-, Bundesstaats-, Sozialstaats-, Rechtsstaats- und Demokratieprinzip) benennen (Artikel 20) und andererseits unter anderem das Verhältnis vom Bund zu den Bundesländern und der Europäischen Union näher konkretisieren. Hervorzuheben ist hier der Artikel 23 in seiner heutigen Form. Während dieser ursprünglich als Verfassungsziel die Wiedervereinigung der deutschen Staaten ausgab, konkretisiert er nunmehr die verfassungsrechtlichen Vorgaben zur Verwirklichung der europäischen Integration und Weiterentwicklung der Europäischen Union.

Es folgen weitere Teile, die unter anderem die Befugnisse der jeweiligen Verfassungsorgane benennen und die Voraussetzungen eines ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahrens regeln. In den Artikeln 104a bis 115 und Artikeln 115a bis 115l finden sich weiterhin Regelungen zum Finanzwesen und für den Verteidigungsfall. Das Grundgesetz schließt mit Übergangs- und Schlussbestimmungen in den Artikeln 116 bis 146 ab.

2.2.1. Bundestag und Bundesrat

Bundestag und Bundesrat bilden die beiden Legislativorgane auf Bundesebene. Hierbei muss zwischen beiden Organen unterschieden werden. Im Bundestag sitzen die nach Artikel 38 gewählten Abgeordneten. Demzufolge handelt es sich beim Bundestag auch um das eigentliche Parlament des Bundes. Der Bundestag selbst besteht kraft § 1 Bundeswahlgesetz grundsätzlich aus 598 Abgeordneten, diese Zahl erhöht sich jedoch regelmäßig durch sogenannte Überhang- und Ausgleichsmandate. Hintergrund hierfür ist, dass nur so den verfassungsrechtlich verankerten Wahlgrundsätzen gemäß Artikel 38 Absatz 1 entsprochen werden kann. Danach werden die Abgeordneten des Deutschen Bundestages in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl gewählt. Darüber hinaus sind sie Vertreter des gesamten Volkes und in ihrem Amt als Abgeordnete grundsätzlich an Aufträge und Weisungen nicht gebunden, sondern in ihren Entscheidungen nur ihrem Gewissen unterworfen. In den weiteren Vorschriften des Abschnitts über den Bundestag werden zentrale Abgeordnetenrechte näher benannt. Hervorzuheben sei das Recht des Bundestages, einen Untersuchungsausschuss im Sinne des Artikels 44 einzusetzen oder das Recht der Abgeordneten auf Immunität und Indemnität gemäß Artikel 46. Weitere Rechte und Befugnisse der Abgeordneten bzw. des Parlaments finden sich in einfach-gesetzlichen Ausgestaltungen wie dem Abgeordnetengesetz, dem Bundeswahlgesetz und der Geschäftsordnung des Deutschen Bundestages. Der Deutsche Bundestag nimmt neben seiner primären legislativen Funktion noch weitere Funktionen wahr. So sind das Parlament und insbesondere die jeweiligen Ausschüsse zur Kontrolle der Bundesregierung berufen. Gleichzeitig wählt der Deutsche Bundestag gemäß Artikel 63 den Bundeskanzler, nach Artikel 94 Absatz 1 zur Hälfte die Richter des Bundesverfassungsgerichts und – als Teil der Bundesversammlung – nach Artikel 54 Absatz 3 den Bundespräsidenten.

Der Bundesrat bildet das andere Legislativorgan auf Bundesebene. Seine Befugnisse ergeben sich aus den Artikeln 50 bis 53 und aus der Geschäftsordnung des Bundesrates. Beim Bundesrat selbst ergibt sich eine Besonderheit. Während er auf Bundesebene legislative Aufgaben wahrnimmt, sind seine Mitglieder regelmäßig die Minister und Ministerpräsidenten der 16 Bundesländer, die der Exekutive zuzuordnen sind. Daher wird der Bundesrat auch als Länderkammer bezeichnet. Diese vertreten jedoch im Bundesrat rein legislative Interessen ihrer Bundesländer, weshalb ihnen eine Doppelrolle zukommt.

Bundestag und Bundesrat bilden die beiden zentralen Organe im Rahmen eines Gesetzgebungsprozesses auf Bundesebene. Dieser wird im siebten Teil des Grundgesetzes, den Artikeln 70 bis 82, erläutert. Primär muss zunächst gefragt werden, ob der Bund überhaupt für die Gesetzgebung zuständig ist, oder – und das ist gemäß Artikel 70 der Regelfall – ob nicht die Länder ihrerseits eine Zuständigkeitskompetenz besitzen. In den Artikeln 71 bis 74 werden bestimmte Fallgruppen aufgelistet, die das Zuständigkeitsverhältnis zwischen Bund und Ländern näher definieren. Das eigentliche Gesetzgebungsverfahren ist in den Artikeln 76 bis 82 geregelt. Nach einer Gesetzesinitiative von der Bundesregierung, dem Bundesrat oder aus der Mitte des Bundestages wird diese gemäß Artikel 77 im Plenum des Bundestages in mehreren sogenannten Lesungen debattiert und schließlich beschlossen. Sodann wird das beschlossene Gesetz an den Bundesrat weitergeleitet. Hierbei muss zwischen Einspruchs- und Zustimmungsgesetzen differenziert werden. Bei Zustimmungsgesetzen steht ausdrücklich im Grundgesetz geschrieben, dass der Bundesrat seine Zustimmung erteilen muss, andernfalls kommt das Gesetz nicht zustande. Als Beispiel können hier Gesetze genannt werden, die der Abwehr von Gefahren des internationalen Terrorismus dienen und die eine bundesländerübergreifende Dimension aufweisen. Regelmäßig handelt es sich bei den Gesetzesbeschlüssen des Bundestages jedoch um Einspruchsgesetze, bei welchen der Bundesrat aktiv Einspruch einlegen muss, um ein Zustandekommen des Gesetzes zu verhindern. Kann kein gemeinschaftlicher Konsens zwischen Bundestag und Bundesrat erzielt werden, weil der Bundesrat seine Zustimmung verweigert oder Einspruch eingelegt hat, so wird ein Vermittlungsausschuss gebildet, der gleichermaßen aus Mitgliedern des Bundestages und Bundesrates besteht und einen Kompromissvorschlag erarbeiten soll. Nachdem beide Legislativorgane ein Gesetz beschlossen haben, wird es schließlich vom Bundeskanzler, einem zuständigen Bundesminister und dem Bundespräsidenten nach Artikel 82 gegengezeichnet, ausgefertigt und im Bundesgesetzblatt verkündet.

2.2.2. Bundesregierung

Die Bundesregierung bildet das führende Exekutivorgan und ist in den Artikeln 62 bis 69 sowie der Geschäftsordnung der Bundesregierung und im Bundesministergesetz geregelt. Sie besteht aus dem Bundeskanzler und den Bundesministern. Der Bundeskanzler bestimmt nach Artikel 65 die Richtlinien der Politik und trägt hierfür die Verantwortung. Sofern der Bundestag mit der Regierungstätigkeit und insbesondere der Arbeit des Bundeskanzlers nicht einverstanden ist, kann er dem Bundeskanzler gemäß Artikel 67 das Misstrauen dadurch aussprechen, dass er einen neuen Bundeskanzler wählt. Das Gegenstück zu Artikel 67 bildet Artikel 68. Danach kann der Bundeskanzler den Bundestag bitten, ihm das Vertrauen auszusprechen (sogenannte Vertrauensfrage). Erhält er nicht die mehrheitliche Zustimmung des Bundestages, so kann der Bundespräsident auf Anraten des Bundeskanzlers den Bundestag auflösen und Neuwahlen ansetzen.

2.2.3. Bundesverfassungsgericht

Das Bundesverfassungsgericht repräsentiert das höchste Judikativorgan des Bundes. Seine Aufgaben, Rechte und Befugnisse werden durch die Artikel 92 bis 94 und das Bundesverfassungsgerichtsgesetz festgelegt. Der neunte Teil des Grundgesetzes enthält in den Artikeln 95 bis 104 darüber hinaus weitere justizielle Konkretisierungen. Das Bundesverfassungsgericht besteht aus zwei Senaten, die mit jeweils acht Richtern besetzt sind. Anders als die anderen vier Verfassungsorgane, ist das Bundesverfassungsgericht nicht in der Bundeshauptstadt Berlin, sondern in Karlsruhe beheimatet. Die Richter des Bundesverfassungsgerichts entscheiden primär nach den in Artikel 93 niedergeschriebenen Verfahrensarten. So kann das Bundesverfassungsgericht als einziges Organ prüfen, ob Gesetze mit dem Grundgesetz vereinbar sind (abstrakte und konkrete Normenkontrollverfahren), Verletzungen von Grundrechten (Verfassungsbeschwerde) vorliegen oder Parteien verfassungswidrig sind (Parteiverbotsverfahren).

2.2.4. Bundespräsident

Das fünfte Verfassungsorgan bildet der Bundespräsident, der zugleich das formale Staatsoberhaupt der Bundesrepublik ist. Seine Rechte und Befugnisse sind im fünften Teil des Grundgesetzes, in den Artikeln 54 bis 61 geregelt. Die Aufgaben lassen sich überwiegend auf rein repräsentative Funktionen beschränken. Zwar ergibt sich aus Artikel 59, dass der Bundespräsident den Bund völkerrechtlich vertritt und im Namen des Bundes die Verträge mit auswärtigen Staaten abschließt, de facto wird die tägliche Außenpolitik jedoch von den Regierungsmitgliedern betrieben. Darüber hinaus ist der Bundespräsident für die Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers, der Mitglieder der Bundesregierung und der Richter des Bundesverfassungsgerichts zuständig. Eine besondere Rolle kommt ihm noch im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zu. Nach Artikel 82 Absatz 1 zeichnet der Bundespräsident die zustande gekommenen Gesetze gegen und fertigt sie aus. Hierbei ist umstritten, ob dem Bundespräsidenten eine Kompetenz zusteht, die Normen auf ihre Vereinbarkeit mit dem Grundgesetz hin zu überprüfen. Nach herrschender Ansicht wird dies zumindest für die Überprüfung des ordnungsgemäßen Gesetzgebungsverfahrens und für evidente Verfassungsverstöße bejaht.

3. Religionsbezug im Grundgesetz

Das Grundgesetz weist an verschiedenen Stellen einen Bezug zur Religion auf, wenngleich in Deutschland ein grundsätzliches Neutralitätsgebot des Staates in religiösen Fragen gilt.

Neben dem Gottesbezug in der Präambel des Grundgesetzes und der Übernahme der Artikel 136 bis 141 der Weimarer Reichsverfassung in das Grundgesetz sei besonders auf die in Artikel 4 geschützte Religions- und Weltanschauungsfreiheit verwiesen. Hierbei muss zwischen der sogenannten positiven und negativen Religions- und Weltanschauungsfreiheit differenziert werden (hier und nachfolgend: Sachs, 2014, 249-251). Während der positive Freiheitsbereich dieses Grundrechts das Recht umfasst, sich bewusst für eine Glaubensrichtung zu entschieden, diese → Religion zu bekennen und sein tägliches Leben nach individuellem Ermessen danach auszurichten, schützt die negative Religions- und Weltanschauungsfreiheit davor, dass der Staat seine Bürgern zu einer bestimmten Religion oder weltanschaulichen Überzeugung verpflichtet sowie die Überzeugung des einzelnen, keine religiöse oder weltanschauliche Überzeugung zu haben bzw. andere abzulehnen.

Aus Artikel 4 wird demzufolge auch die staatliche Neutralitätspflicht abgeleitet (hier und nachfolgend: Sachs, 2014, 242). In diesem Kontext spielen bedeutende Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts immer wieder eine Rolle. So ist es Lehrern als Vertretern des Staates grundsätzlich nicht gestattet, im Rahmen ihrer Lehrtätigkeit religiöse Symbole zu tragen.

Literaturverzeichnis

  • Willoweit, Dieter, Deutsche Verfassungsgeschichte. Vom Frankenreich bis zur Wiedervereinigung Deutschlands, München 2013.
  • Sachs, Michael, Grundgesetz Kommentar, München 2014.
  • Di Fabio, Udo, Einführung in das Grundgesetz, München 2017.

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