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Bergpredigt (Mt 5-7), bibeldidaktisch, Sekundarstufe

(erstellt: Februar 2017)

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1. Lebensweltlicher Zugang

Die sogenannte Bergpredigt (Mt 5-7) hat im Christentum eine so weitreichende Bedeutung erlangt, dass sich dieses zumindest ‚kurz‘ mittels der Bergpredigt und ihrer Rezeption darstellen lässt (Stiewe/Vouga, 2001). Insbesondere aufgrund ihrer den Text prägenden Forderungen u.a. nach Besitz- und Gewaltverzicht, Vorurteilslosigkeit, Wahrhaftigkeit sowie Nächsten- und Feindesliebe hat die „Rede der Reden“ (Weder, 1987, mit Bezug auf Friedrich Dürrenmatt) dabei zugleich immer wieder nicht nur Personen innerhalb (so Franz Alt, Dietrich Bonhoeffer, Christian Führer, Martin Luther King und Leo Tolstoi), sondern auch außerhalb des Christentums geprägt (so Ernst Bloch und Mahatma Gandhi). Mit eben dieser radikalen Ethik dürfte die Bergpredigt jedoch zunächst kaum Anknüpfungspunkte an die Lebenswelt heutiger Sekundarstufenschülerinnen und -schüler bieten, die mit den Ergebnissen der sogenannten Shell-Jugendstudien 2002-2015 einer „Pragmatischen Generation“ (Gensicke, 2015, 264) zuzurechnen sind, bei der neben Freundschaft, Familie und Partnerschaft u.a. Unabhängigkeit, Fleiß und Ehrgeiz, Gesetz und Ordnung, Sicherheit sowie Lebensgenuss eine wichtige Rolle spielen (Gensicke, 2015, 239; anders hingegen beispielsweise die ‚Radikalität als Privileg der Jugend‘ stärker in Anspruch nehmenden westdeutschen Jugendlichen der 1960er bis 1980er Jahre, einleitend Ritter, 1998, 183f.), so dass es – auch weil das theologische Fundament der Bergpredigt, der christliche Gottesglaube, nur bedingt geteilt wird (Gensicke, 2015, 243) – nicht verwundert, wenn auf den Text zunächst mit Zurückhaltung und Ablehnung reagiert wird. Er sei „weltfremd und unrealistisch“ (so Lernende der Jahrgangstufe 9, zusammengefasst bei Hügel, 2002, 375); „Aussagen zum Zukunftsweisenden, Aufrüttelnden der Bergpredigt [werden dabei] nicht getroffen“ (Hügel, 2002, 375). Im Gegenzug sind heutigen Jugendlichen positiv besetzte Analoga (seltener auch: explizite Bezugnahmen) zu den Forderungen der Bergpredigt aus der populären Kultur zahlreich bekannt: Christopher McCandless verweigert den geforderten Mammonsdienst („Into the Wild“, 2007), Neo hält Mr. Smith schlussendlich auch ‚die linke Wange‘ hin („Matrix Revolutions“, 2003), Silbermond ruft zum Besitzverzicht auf („Leichtes Gepäck“, 2015), Walt Kowalski transformiert seinen Rassismus in Feindes- und Nächstenliebe („Gran Torino“, 2008) und viele mehr. Auch sprachlich dürfte ihnen die Bergpredigt mit Wendungen wie „sein Licht nicht unter den Scheffel stellen“ (nach Mt 5,15), „Auge um Auge“ (5,38, zitiert aus Ex 21,24), „Perlen vor die Säue werfen“ (nach 7,6), den Versen des Vaterunser (6,9-13) oder der in vielen Kulturen bedeutsamen sogenannten Goldenen Regel (7,12) gegebenenfalls näher sein, als oft bewusst ist. Hinzu tritt, dass Sekundarstufenschülerinnen und -schüler durchaus u.a. eine Reihe an Ungerechtigkeitserfahrungen gemacht haben dürften (durch Mobbing, mangelnde Fürsorge und Förderung, Machtstrukturen wie Besitzverteilung, Notengebung etc., weiterführend u.a. Kunstmann, 1998, 235f.) und sich nach einer entsprechend ‚gerechteren‘ Welt sehnen. Insgesamt gilt so, dass die Bergpredigt in der Sekundarstufe in der Tat „einen Nerv [trifft: Die Schülerinnen und Schüler] sehnen sich nach Gerechtigkeit und leben in der Erfahrung der Ungerechtigkeit. Was […] allerdings zumeist fremd erscheint, ist der Bezug zum Himmelreich, der Gottesbezug. Insofern sind ihnen die Themen der Bergpredigt zugleich fremd und bekannt“ (Biela, 2014, 130).

2. Fragen und Anknüpfungspunkte

Die die Bergpredigt prägende, in ihrer Radikalität und damit auch Provokation kaum zu überbietende Ethik (u.a. Mt 5,29 mit der Forderung, sich das rechte Auge herauszureißen, wenn es zum Ehebruch verführt) hat immer wieder die Frage nach ihrer Umsetzbarkeit aufgeworfen. Damit sind weitere Fragen eng verknüpft: Welche Themen beinhaltet die Bergpredigt, wie lässt sie sich strukturieren, an wen richtet sie sich? Wurde sie vom historischen Jesus gehalten – und inwiefern wäre dies relevant? Welche Relevanz sollte sie für Christen, welche Relevanz kann sie für Nicht-Christen haben? Und (religions)didaktisch weitergeführt: Inwiefern kann sie – trotz oder gegebenenfalls gerade aufgrund ihrer „Kontrafaktizität“ (Mokrosch, 1991, 38; so insbesondere mit Blick auf verschiedene der sogenannten Seligpreisungen, die sogenannten Antithesen und die Ausführungen zum Besitz, anders hingegen u.a. mit Blick auf die Goldene Regel) – im Rahmen des Religionsunterrichts und anderer ‚Lernorte‘ zu (religiösen) Bildungsprozessen beitragen? Was wäre hier zu beachten, um sowohl den Schülerinnen und Schülern als auch dem Text ‚gerecht‘ zu werden?

3. Biblisch-Theologische Klärungen

Die Bergpredigt ist die erste von insgesamt sechs großen Reden, die sich im Matthäusevangelium finden (Mt 5-7;10;13;18;23;24f.). Am Beginn des öffentlichen Wirkens Jesu lässt Matthäus Jesus hier ausführlich sein Programm vorstellen. Der Name rührt von 5,1 her: Jesus begibt sich auf einen Berg; ein Ort, der – in Anklang u.a. an das alttestamentliche Zionsmotiv (u.a. Jes 2,1-5; Mi 4,1-5) – im Evangelium auch ansonsten als Gebets-, Heilungs- und Offenbarungsschauplatz eine wichtige Rolle spielt (Mt 14,23;15,29;17,1;28,16). Mit Blick auf Mt 5-7 könnte dabei zudem eine Anspielung auf die Gesetzgebung am Sinai gegeben sein (5,17-20), in jedem Fall aber eine aussagekräftige Verknüpfung von „Öffentlichkeit und Absonderung“ (Feldmeier, 1998, 22): Jesus spricht nicht im Geheimen, drängt sich aber auch nicht auf; sein Wort hören nur die, die wenigstens mit ihm mitgegangen sind. Entsprechend richtet sich die Rede nicht nur an die Jünger (so der singuläre Eindruck von 5,1), sondern das ganze anwesende Volk (so eindeutig in 7,28; vgl. 4,25). Zwar dürfte 5,1 verdeutlichen, „daß die Bergpredigt an Nachfolger gerichtet ist“ (Feldmeier, 1998, 22) – zugleich aber ruft sie jeden Menschen zur Nachfolge auf, „sie gilt jedem, weil es hier um Gelingen oder Verfehlen jedes menschlichen Lebens geht“ (Feldmeier, 1998, 23; auch Luz, 1993, 54-57).

Die Rede lässt sich klar strukturieren: Nach einer Einleitung, die aus einer Situationsschilderung (5,1f.), den sogenannten Seligpreisungen (auch: Makarismen, 5,3-12) und den Bildwörtern vom Salz und Licht (5,13-16) besteht, folgt ein erster grundlegender Hauptteil mit einer Bestätigung der Gültigkeit insbesondere der Tora (5,17-20) und den sogenannten Antithesen bezüglich Töten, Ehebruch, Scheidung, Schwören, Vergeltung und Feindesliebe (5,21-48; u.a. vor dem Hintergrund von 5,17-19 zurecht kritisch zu dieser Jesus in Gegensatz zur Tora setzenden Begrifflichkeit Wengst, 2015). Dies wird dann in einem zweiten Hauptteil konkretisiert, wobei dieser Ausführungen zum Almosengeben (6,1-4), zum Beten (6,5-15; inklusive des Vaterunser 6,9-13), zum Fasten (6,16-18), zum Besitz (6,19-34), zum ‚Richten‘ (7,1-6), zur Erhörung von Gebeten (7,7-11) sowie die Goldene Regel (7,12), das Logion vom engen und weiten Tor (7,13f.) und eine Warnung vor Falschpropheten (7,15-23) beinhaltet. Ein Schlussteil mit der Parabel von den beiden Hausbauern (7,24-27) und einer Schilderung der Reaktion des Volkes (7,28f.) schließt die Komposition ab (zu dieser Gliederung u.a. Adam, 2001, 338). Alternativ lässt sich auch das Vaterunser als Zentrum der Rede festhalten (6,9-13), als Mittelpunkt eines einzigen Hauptteils (5,17-7,12), gerahmt von einer Ein-/Ausleitung (5,3-16; 7,13-27) und einem äußeren Rahmen (5,1f.; 7,28f.; u.a. Luz, 1993, 61). Mit Blick auf die deutlich kürzere sogenannte Feldrede (Lk 6,17-49) wird dabei deutlich, dass Matthäus einen Großteil des Materials aus der sogenannten Logienquelle („Q“) übernommen hat, ergänzt durch Sondergut (wie Mt 7,6), vereinzeltes Material aus dem Markusevangelium (wie 7,29) sowie redaktionelle Überarbeitungen (wie 5,1f., ein Überblick bei Weder, 1987, 253). Die Bergpredigt ist damit einerseits ein durch den synoptischen Vergleich besonders gut erkennbarer Ausdruck der Theologie des Matthäus, so insbesondere seiner „Verschränkung von Zuspruch und Anspruch“ (Feldmeier, 1998, 35; prägnant Mt 5,13-16, außerhalb von 5-7 u.a. 28,16-20), wozu auch die bei Matthäus gewichtige, zumeist ethisch gedeutete Forderung nach (‚besserer‘) Gerechtigkeit (Mt 3,15;5,6.10.20;6,1.33;21,32; weiterführend u.a. Vogel, 2015; kritisch dazu mit einer christologischen Deutung Deines, 2015) sowie die Pointe, dass das „Evangelium der Tat […] Ausdruck der Gnade“ (Luz, 1985, 188, im Original kursiv) ist, gehört. Andererseits sind große Teile des Textes mit Q Jahrzehnte älter als das ca. 80-90 n. Chr. entstandene Matthäusevangelium. Ob und inwiefern der historische Jesus zumindest Teile der Rede selbst gehalten hat (u.a. Ritter, 1998, 176), muss aufgrund des hypothetischen Charakters von Q allerdings fraglich bleiben und im Einzelfall zu diskutieren sein (mit möglichen Kriterien Theißen/Merz, 2001, 26-30; weiterführend Theißen/Merz, 2001, 311-358). Wird einem innerchristlichen, eine besondere Autorität der Bibel – sei es reformatorisch als norma normans, sei es im Rahmen des tridentinischen in libris scriptis et sine scripto traditionibus und andere mehr – anerkennenden Ansatz gefolgt, tut ein negatives Ergebnis der Autorität der Bergpredigt allerdings auch keinen Abbruch: Sie hat dann (unabhängig der Tatsache, dass ihre Worte auch unabhängig ihres Sprechers ihre Bedeutung behalten und einleuchten können, Weder, 1987, 12-16) ihre Relevanz bereits vollumfänglich durch ihren Ort im „von der Selbstoffenbarung Gottes in Jesus Christus her“ (Härle, 1995, 127) legitimierten biblischen Schrifttum.

Wie diese Relevanz auszubuchstabieren ist, ist in der Kirchen- und Theologiegeschichte freilich umstritten, wobei dies ähnlich auch hinsichtlich der sogenannten Aussendungsrede (Mt 10) oder der Perikope vom sogenannten reichen Jüngling (19,16-26) zutrifft. Einem wortwörtlichen Verständnis der Bergpredigt als „politische[m] und soziale[m] Programm der Weltgestaltung“ (Honecker, 1990, 270; so bei den sogenannten Schwärmern der Reformationszeit und Leonhard Ragaz) steht hier ein weithin aufhebendes Verständnis entgegen, bei dem ihre Forderungen einzig im futurischen Eschaton (so bei Martin Dibelius), von Jesus Christus (so bei Eduard Thurneysen) oder in einem historischen ‚Interim‘ vor einem nahe stehenden Weltende (so bei Johannes Weiß und Albert Schweitzer) umzusetzen sind. Zwischen beiden Polen stehen Verständnisse, bei denen sich ihre Forderungen im Rahmen der sogenannten Zwei-Stufen-Ethik als consilia evangelica nur an wenige Personen wie Eremiten, Heilige, Ordensleute etc. richten (angedacht u.a. in Didache 6,2, ausformuliert bei Thomas von Aquin), im Rahmen einer Unterscheidung von Amt und Person nur die Person betreffen (so bei Martin Luther, fortgeschrieben u.a. in Max Webers bekannter Feststellung, dass sich mit Gewaltverzicht keine Politik betreiben lasse), nur auf eine zeitgenössisch zu konkretisierende Gesinnung abzielen (so bei Wilhelm Herrmann, existentialistisch fortgeführt bei Rudolf Bultmann) oder (bislang) nur von einzelnen Personen und gesellschaftlichen Randgruppen umsetzbar sind (was erstmals bei den sogenannten radikalen Wandercharismatikern der Jesusgruppe und des Urchristentums vorfindbar ist, so bei Gerd Theißen und Anette Merz). Rechtfertigungstheologisch lässt sich die Bergpredigt darüber hinaus als ‚Sündenspiegel‘ und Richtschnur verstehen: Als Gesetz (lex), das zunächst die Sündhaftigkeit des Menschen offenbart (sogenannter usus elenchticus legis), aber dem gerechtfertigten, als ‚guter Baum‘ (Mt 7,17f.) gute Werke sponte et hilariter vollbringenden Menschen auch als gar nicht mehr zu verfehlende Orientierung dient (sogenannter tertius usus legis, so in der Konkordienformel von 1577; insgesamt einleitend zu den verschiedenen Deutungen u.a. Honecker, 1990, 270-278; Schoberth, 1998, 121-128; Theißen/Merz, 2001, 351-353). Während einige dieser Verständnisse u.a. mit Blick auf Mt 6,28 dabei kritisch zu hinterfragen sind (so die Zwei-Stufen-Ethik oder die oben genannten eschatologischen, christologischen oder historischen Engführungen), werden andere nicht in Konkurrenz zueinander zu sehen sein. In summa dürfte dabei zumindest festzuhalten sein, dass sich die Bergpredigt durchaus an alle Menschen richtet und in die Nachfolge ruft (siehe oben) – wobei die eine besondere Autorität der Bibel anerkennenden Christinnen und Christen in besonderem Maße gefordert sind –, ihre Umsetzung aber (bislang) immer nur Einzelnen bzw. Minoritäten gelungen ist (was dann gegebenenfalls rechtfertigungstheologisch ‚aufgefangen‘ werden kann). Das heißt freilich nicht, dass sie damit nicht dennoch auch gesamtgesellschaftlich relevant wäre: „Eine Gesellschaft mit Lebensräumen für radikale ethische Minoritäten ist humaner als jede andere. Und alle sind auf ethische Minoritäten […] angewiesen, damit […] die Sensibilität für das Gute durch den Zynismus des Alltags nicht zerrieben wird. [Sie mahnen derart] Verhaltensänderung an – auch dort, wo sie im Augenblick nicht möglich ist“ (Theißen/Merz, 2001, 354f.).

Auch wenn die Bergpredigt damit insbesondere „auf christliche Praxis [zielt]“ (Luz, 1985, 188, im Original kursiv), ist damit doch zugleich eine Brücke zur Bedeutung auch für Nicht-Christinnen und -Christen gegeben, profitieren doch auch sie vom derart erzeugten, humanere Gesellschaften anmahnenden und initiierenden „evolutionäre[n] Schmerz“ (Theißen/Merz, 2001, 355). Hinzu tritt, dass die Bergpredigt durch ihre weisheitlichen Argumentationen (so mittels den sich nicht sorgenden Vögeln in Mt 6,26 oder der Goldenen Regel in 7,12) auch dort anschlussfähig ist, wo ihre eschatologischen Motivierungen (so der Verweis auf das Himmelreich in 5,3.10) und insgesamt der ihr zugrundeliegende christliche Gottesglaube (insbesondere 6,9-13) nicht oder nur bedingt geteilt werden. Eine weitere Anschlussfähigkeit ergibt sich auch mit Blick auf humanistische Solidaritätskonzepte, islamische Schariavorstellungen oder die buddhistischen Auffassungen vom sogenannten Edlen Achtfachen Pfad – ungeachtet der grundsätzlich vorhandenen Unterschiede lassen sich hier bei den konkreten Forderungen zwar auch Differenzen, aber auch zahlreiche Gemeinsamkeiten erkennen (so beinhaltet auch die Scharia u.a. Forderungen nach Almosengabe, Fasten, Wahrhaftigkeit sowie ein weitreichendes Tötungs- und Ehebruchverbot, was dann u.a. im „Projekt Weltethos“ aufgegriffen wird). Aufgrund ihrer möglichen gesamtgesellschaftlichen Relevanz und dieser doppelten Anschlussfähigkeit kann die Bergpredigt damit auch für Nicht-Christinnen und -Christen bedeutsam sein, wie wiederum auch Humanismus, Islam oder Buddhismus durch die Bergpredigt für Mitglieder des Christentums Bedeutsamkeit erlangen können.

4. Didaktische Überlegungen

Dass die in den Lehrplänen zumeist für die Klassenstufen 7/8 bzw. 9/10 und dann wieder für die Kursstufe vorgesehene Bergpredigt als „Magna Charta des Reiches Gottes“ (Ragaz, 1971) eine gewichtige Herausforderung und Chance für den Religionsunterricht in der Sekundarstufe darstellt, wird durch die Anzahl entsprechender Überlegungen (u.a. Biela, 2014; Futterlieb, 2007; Hügel, 2002; Kunstmann, 1998; Mokrosch, 1991) und Materialien (u.a. Arbeitsblätter, Filme und Unterrichtsentwürfe, bündelnd rpi-virtuell o.J.) eindrucksvoll illustriert. Abhängig u.a. von Methodenvertrautheit, Religiosität und Vorwissen der Lernenden, der theologischen Position der Lehrkraft und Lehrplanvorgaben kann sie dabei ganz vielfältig thematisiert werden: Während im Rahmen problemorientierter Ansätze ihr Lösungspotential für gesellschaftliche und individuelle Probleme diskutiert werden kann – so beispielsweise mit Blick auf Walter Winks Überlegungen zur Gewaltfreiheit, siehe genauer → Bergpredigt (Mt 5-7), bibeldidaktisch, Primarstufe 3.3 und 4.7 –, können im Rahmen symbol- und zeichendidaktischer Ansätze die in Mt 5-7 vorhandenen Symbole und/oder Zeichen (so Salz und Licht in 5,13-16 oder der gute und schlechte Baum in 7,17-19) in ihrem historischen Kontext herausgearbeitet, in ihrer Rezeption nachgezeichnet oder mit eigenen Erfahrungen verknüpft werden. Im Rahmen kulturhermeneutischer Ansätze können den sich auf die Lebenswelt von Jugendlichen konkret beziehbaren (siehe oben) Fragen nachgegangen werden, warum u.a. im populären Film Analoga zu den Forderungen der Bergpredigt erzählt bzw. ob, gegebenenfalls inwiefern und warum hier Motive aus der Bergpredigt aufgegriffen, verfremdet, weiterentwickelt etc. werden; und im Rahmen performativer Ansätze können die in der Bergpredigt in den Blick genommenen Vollzüge (so Gewaltverzicht, das Spenden von Almosen und das Gebet im ‚Kämmerlein‘) probeweise, so im Rahmen von Andachten und Planspielen, durchgeführt und reflektiert werden, wobei hier dem Vaterunser aufgrund seiner klaren Struktur, seiner bedeutsamen theologischen Aussagen (so über Gott als ‚Vater‘) und seiner Wirkungsgeschichte nochmals besondere Bedeutung zukommen könnte (religionsdidaktisch weiterführend zum Vaterunser u.a. Adam, 2001, 344-346; Mokrosch, 1991, 107-117). Im Rahmen kirchengeschichtsdidaktischer Ansätze kann u.a. die Rezeption der Bergpredigt bei Personen wie Martin Luther, Leo Tolstoi oder Ludwig Müller in den Blick geraten; schließlich kann beispielsweise im Rahmen ökumenischer (hier auch im Sinne einer Ökumene zwischen religiösen und nicht-religiösen Menschen) und interreligiöser Ansätze mittels der oben genannten Anschlussfähigkeit der Bergpredigt u.a. eine wechselseitige Perspektivübernahme zwischen christlichen, islamischen und nicht-religiösen Lernenden angebahnt und damit ein Beitrag zu Empathie, Kooperation und Inklusion geleistet werden (detailliert/weiterführend zur Bergpredigt im Rahmen aktueller religionsdidaktischer Ansätze Käbisch, 2013, 214-216). Insgesamt wird die Bergpredigt so als facettenreiches „Juwel“ (Honecker, 1990, 280) erkennbar, das eine Vielzahl an Zugängen ermöglicht, die „Schülerinnen und Schüler dazu befähigen [können], in der Auseinandersetzung mit biblischen Texten ihr eigenes Selbst-, Welt- und Gottesverständnis zu thematisieren, zu erweitern und gegebenenfalls kritisch zu hinterfragen“ (Käbisch, 2013, 214).

Diese Ansätze müssen dabei nicht als Alternative gesehen werden, sondern lassen sich auch verknüpfen (so wenn Gewaltverzicht in einem Film sowie als mögliche Lösung für gesellschaftliche Probleme diskutiert wird). Zugleich weisen sie über den engeren Ort des Religionsunterrichts hinaus – der Verzicht auf das ‚Richten‘ (Mt 7,1-6) lässt sich nicht nur als Lösung für Probleme diskutieren, sondern kann in einer gemeinsam von Ethik- und Religionsklassen gestalteten, Vorurteile über Flüchtende widerlegenden Schulzeitungsausgabe auch probeweise ‚angewendet‘ werden; Almosengabe oder Gewaltverzicht lassen sich nicht nur in einem Planspiel vollziehen, sondern können auch in Sozialprojekten oder gesamtschulischen Streitschlichterprogrammen umgesetzt werden etc. Wird davon ausgegangen, dass die Bergpredigt durch ihre radikale, sich an alle Menschen, insbesondere Christinnen und Christen richtende Ethik geprägt wird, wäre eine derart „engagierte Auseinandersetzung um […] persönlich zu verantwortend[e] Orientierung“ (Langer, 1997, 93) einem „in Übereinstimmung mit den Grundsätzen der Religionsgemeinschaften“ (Art. 7.3 GG) stattfindenden Religionsunterricht auch zu empfehlen: Zur Bergpredigt nur „unverbindlich[e] Informationen“ (Ritter, 1998, 175) zu liefern, ist hier zu wenig; vielmehr dürfte es darauf ankommen, die Bergpredigt als „‚Stoff‘, aus dem Wirklichkeit […] werden kann und soll“ (Ritter, 1998, 196), wahrzunehmen, kritisch-konstruktiv zu reflektieren und gegebenenfalls probeweise anzuwenden (wobei sich die letzten Punkte im Sinne performativer Ansätze auch umkehren lassen; vgl. weiterführend auch den Unterrichtsentwurf zum Thema „Gerechtigkeit in der Bergpredigt“ bei Biela, 2014, bei dem Gerechtigkeit nicht nur thematisiert, sondern mittels Freiarbeit auch in der Unterrichtsgestaltung angestrebt werden soll). Es ist damit in der Tat insbesondere die „Kontrafaktizität“ (Mokrosch, 1991, 38) der Bergpredigt, die (religions)unterrichtlich (nicht nur) in der Sekundarstufe von Interesse ist, wobei die Ungerechtigkeitserfahrungen und Sehnsüchte von Jugendlichen nach einer ‚gerechteren‘ Welt hier geeignete Anknüpfungspunkte bieten dürften (Adam, 2001, 357). Zu betonen bleibt dabei allerdings, dass die Bergpredigt derart nicht ‚ethisiert‘ werden sollte: Sie ist ein religiöser, auf dem christlichen Gottesglauben beruhender Text – der zwar ethische Fragen beinhaltet, aber nicht darin aufgeht, sondern für ein umfassendes „Gottes-, Welt- und Selbstverständnis“ (Ritter, 1998, 196) wirbt. Aus diesem Grund sollte die Bergpredigt im Religionsunterricht der Sekundarstufe auch nicht nur auszugsweise, sondern auch als Ganzschrift in den Blick geraten (weiterführend Ritter, 1998, 212f.; Biela, 2014; Futterlieb, 2007).

Literaturverzeichnis

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