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Augustinus von Hippo

(erstellt: Februar 2019)

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1. Lebensgeschichtliche Verortung

Augustinus, 395-430 Bischof von Hippo Regius in der römischen Provinz Numidien, wird am ehesten von theologie- und philosophiegeschichtlich interessierten Kreisen wahrgenommen. Seine Person ist hin und wieder medial in Film (z.B. „Das Leben des Heiligen Augustinus“; Regie: Christian Duguay, 2-Teiler 2009) und Radio (z.B. Rüdiger Achenbach, „Augustinus – Vater der abendländischen Theologie“: Dlf Tag für Tag, 4-Teiler 9.-11.11.2015) präsent (→ Film, kirchengeschichtsdidaktisch). Romane knüpfen an seine Figur an (z.B. Jostein Gaarder, Das Leben ist kurz. Vita brevis 1997) (→ Kirchengeschichte, Literatur als didaktischer Zugang). Die Entdeckung bisher unbekannter Schriften wie der „Jahrhundertfund“ der „Mainzer Predigten“ (1990) oder aktuelle Debatten um theologische Konzepte finden Interesse im Feuilleton. Immerhin verfügt Augustinus über einen eigenen (wissenschaftlich fundierten) Internetauftritt (https://www.augustinus.de/). Er ist zudem eine gern zitierte Spruchquelle: „Nimm und lies“, „Liebe und tu, was du willst“, „Unruhig ist unser Herz, bis es Ruhe findet in Dir“, „Roma locuta, causa finita“ usw. Tatsächlich begegnet man dem antiken Intellektuellen jedoch häufiger als zunächst zu erkennen. Zurecht gilt er als der Theologe der Frühen Kirche, der zumindest im westlich-römischen Christentum die größte, bis heute andauernde Nachwirkung hatte. Sie schlägt sich in Bezeichnungen wie „Kirchenvater“, „Vater des Abendlandes“, „Lehrer der Gnade“, „Genius des europäischen Geistes“ und kritisch erweitert „Genius malignus des Abendlandes“ nieder. Die große Wirkung spiegelt sich auch in der beachtlichen Reihe berühmter Persönlichkeiten, die sich mit ihm auseinandergesetzt haben – viele Theologen bis hin zu Benedikt XVI., aber auch Philosophinnen und Philosophen wie Rousseau, Derida, Jaspers, Heidegger, Arendt u.a. (Fischer, 2009; Pollmann, 2013).

2. Historische Orientierung

2.1. Herkunft und Jugend

Augustinus, 354 in der Kleinstadt Thagaste im heutigen Algerien geboren, wächst in bescheidenen Verhältnissen auf (zu Biographie und theologischen Debatten besonders Bonner, 1986-1994; Brown, 2000; Drecoll, 2007; Fuhrer, 2004; Geerlings, 1999; Rosen, 2015) . Die Familie gehört zwar den Kreisen der lokalen Honoratioren an, aus denen sich der Stadtrat rekrutiert, doch die finanziellen Möglichkeiten sind begrenzt. Während der Vater Patricius erst kurz vor dem Tod Katechumen wird, ist die Mutter Monnica überzeugte Christin. Sie vermittelt mit weiteren Christinnen im häuslichen Umfeld ihrem Sohn die Grundlagen christlichen Glaubens und christlicher Ethik. Die ehrgeizigen Eltern finanzieren den für höhere Schichten üblichen Bildungsgang. Nach der Grundschule in Thagaste und der weiterführenden Schule beim Grammaticus in Madaura kann Augustinus 370 in Karthago, nach Rom zweitgrößte Stadt im Westen und Metropole des römischen Nordafrika, das Rhetorikstudium aufnehmen. Über die rhetorisch-sprachliche Schulung hinaus macht ihn das Studium mit allen Wissenszweigen einschließlich Philosophie sowie römischem Recht bekannt und vermittelt so die Schlüsselkompetenzen für eine Karriere im Rechts- und Bildungswesen, im Militär und in der Verwaltung.

2.2. Studium, Cicero, Anschluss an die Manichäer, Karriere

Im üblichen Studienverlauf liest Augustinus Ciceros Dialog „Hortensius“ (Feldmann, 1975; Feldmann, 1987). Mehr als der Stil beeindruckt ihn der Inhalt. Angelpunkt dieser Werbeschrift für die Philosophie ist die Frage, was „Glück“ ausmacht. Vergängliche Güter wie Reichtum, Ehre, Vergnügen und Lustbefriedigung können das nicht sein, sondern nur das lebenslange Bemühen um Weisheit. Cicero (de off. 2,5) definiert sie als „das Wissen um die göttlichen und menschlichen Dinge und ihre ursächlichen Zusammenhänge“. Das könne allerdings nur bei einer weltdistanzierten Lebensweise gelingen. Die Lektüre wird für Augustinus zu einem Schlüsselereignis. Sie relativiert die bisherigen Lebensziele und begeistert ihn für die unbedingte Suche nach Wahrheitserkenntnis (→ Wahrheit), die in seinem gesamten weiteren Lebensweg erkennbar ist.

Augustinus verbindet den Impuls des Hortensius mit der → Religion seiner Kindheit und beginnt hier mit der Wahrheitssuche. Die Bibellektüre scheitert jedoch an Stil und Inhalten der Heiligen Schriften. Daraufhin wendet er sich den Manichäern zu (Feldmann, 1987; Drecoll/Kudella, 2011, 9-86). Die von dem Perser Mani gegründete Religion basiert auf der Lehre von den zwei entgegengesetzten Prinzipien des Guten, des göttlichen Lichtes, und des Schlechten, der Finsternis, die sich nach uranfänglicher Trennung vermischt haben. Die Welt und der Mensch erklären sich als Kampfplatz der beiden Prinzipien, die Frage nach dem Ursprung des Schlechten und Bösen wird klar beantwortet. Mani verstand sich als Vollender aller Religionen. So treten die Manichäer in Nordafrika als die wahren Christinnen und Christen auf. Sie sprechen vom Vater, Sohn und Parakleten (Hl. Geist), singen Christuspsalmen und beziehen sich auf die Bibel. Statt Glauben (→ Glaube) zu fordern versprechen sie rationale Einsicht in die Gesamtwirklichkeit von den Gestirnbewegungen bis zu den inneren Regungen im Menschen. Ihre Führungsschicht der „Auserwählten“ (electi) beeindruckt durch radikale Askese. So gewinnt Augustinus den Eindruck, hier eine Verbindung zwischen dem Ideal des Hortensius und dem Christentum zu finden. Mit 19 Jahren entscheidet er sich daher bewusst für die Manichäer und gegen die „katholische“ Mehrheitskirche, die ihn intellektuell wie ethisch nicht überzeugt. Er gehört ihnen über 10 Jahre an und wirbt zumindest in der Anfangszeit sehr erfolgreich bei Freunden und in Diskussionen für sie.

In der Studienzeit lernt Augustinus die Frau kennen, mit der er für etwa 15 Jahre zusammenlebt. Um 372 wird der gemeinsame Sohn Adeodatus geboren.

Nach Abschluss des Studiums ist Augustinus zunächst als Lehrer in Thagaste (ca. 373-375) tätig, macht dann Karriere als Professor der Rhetorik in Karthago (375-383), Rom (383) und Mailand (384-386). Das Verhältnis zu seiner Mutter ist wegen der Zugehörigkeit zu den Manichäern zeitweise in der Krise. Seinen Wechsel nach Rom – gerade in einer Phase, als die Manichäer in Nordafrika staatlich verfolgt werden – verheimlicht er vor der Mutter. Sie reist ihm nach Mailand nach, wo er mit der Berufung zum öffentlichen Redner am kaiserlichen Hof eine Spitzenstellung erreicht hat. Monnica und andere dringen zugunsten der Karriere auf eine standesgemäße Heirat. Es kommt zur (für beide Seiten) schmerzhaften Trennung von der Mutter des Adeodatus.

2.3. Mailand und der Prozess der „Bekehrung“

In dieser Phase befindet sich Augustinus innerlich in einer Krise. Noch in Karthago waren Zweifel am Wahrheitsangebot der Manichäer aufgekommen, die ihm auch der lang erwartete manichäische Bischof Faustus nicht nehmen konnte (382). In der Enttäuschung neigt er zur Skepsis mit ihrem grundsätzlichen Zweifel an der Erkennbarkeit der Wahrheit, doch kann er sich damit nicht zufrieden geben. In Mailand kommt Augustinus dann über den Bischof Ambrosius mit einem neuplatonisch geprägten Christentum in Kontakt (Drecoll, 2007, 153-164). Die neuplatonische Philosophie basiert auf der Unterscheidung zwischen materiellem und geistigem Sein. Das höchste Gut, das Sein schlechthin und damit die Wahrheit ist rein geistig. Philosophisch geschulte Christen verbinden dies mit der christlichen Gottesvorstellung: → Gott ist die Wahrheit, sinnlich nicht wahrnehmbar, unveränderlich, ewig. Dies veranschaulichen u.a. die Predigten des Ambrosius. Sie zeigen zugleich, dass dieses Konzept mit Hilfe der allegorischen Auslegung, d.h. der Deutung im „übertragenen“, „geistigen“ Sinn, mit den biblischen Schriften vereinbar ist. Auch hier wird gefordert, sich intellektuell wie praktisch-ethisch vom Materiellen zu lösen, und Augustinus entdeckt Beispiele asketischer Lebensführung in der „katholischen“ Kirche. So findet er ein neues Modell, das den Forderungen des Hortensius entspricht.

Intellektuell hat Augustinus damit den Manichäismus überwunden und sich der catholica angenähert, es bleibt noch die lebenspraktische Umsetzung. Den Durchbruch stellt Augustinus in seinen „Bekenntnissen“ (confessiones) in der dramatischen Mailänder Gartenszene (conf. 8,28-30) dar. Demnach ringt er sich im August 386 – durch Krankheit mitbedingt – dazu durch, die Karriere aufzugeben und sich in asketischem Lebensstil der Wahrheitssuche zu widmen. Mit Freunden und Verwandten zieht er sich auf das Landgut Cassiciacum in der Nähe von Mailand zur philosophisch-theologischen Reflexion zurück. Hier entstehen die stark philosophisch geprägten Frühdialoge (Über die Akademiker, Über das glückliche Leben, Über die Ordnung, Alleingespräche). Ostern 387 wird Augustinus mit Adeodatus und seinem Freund Alypius von Ambrosius getauft.

2.4. Kirchliche Karriere in Nordafrika

Augustinus kehrt 388 nach Nordafrika zurück. Kurz vor der Überfahrt stirbt 387 seine Mutter in Ostia. Für zwei Jahre führt er in der Heimatstadt Thagaste das Leben in einer mönchsähnlichen Gemeinschaft mit Freunden fort, bis er 391 in Hippo Regius (widerwillig) zum Presbyter gewählt wird. Erneut gründet er eine klösterliche Gemeinschaft (→ Mönchtum/Klosterleben), ist jetzt aber in die vielfältigen Aufgaben der Gemeindearbeit (→ Gemeinde/Gemeindepädagogik) und Seelsorge eingebunden. Gegenüber dem philosophischen Charakter der Frühschriften erhält die → Bibel, stets verbunden mit der Reflexion der exegetischen Methoden, immer größere Bedeutung.

Augustinus wird schnell zu einer Autorität und spätestens mit seiner Weihe zum Bischof von Hippo Regius 395/396 zu einer zentralen Gestalt in der nordafrikanischen Kirche. Neben den vielfältigen Gemeindeaufgaben schaltet er sich in aktuelle Auseinandersetzungen ein und entwickelt theologische Konzepte, reist in Nordafrika zu Synoden und Beratungen umher, steht mit zahlreichen Adressaten im Briefaustausch und hält Kontakt zu staatlichen Stellen. Zeugnis hierfür ist eine ungeheure Fülle von Schriften, die sich mit Gegnern, philosophischen und theologischen Problemen, Schrifthermeneutik (→ Hermeneutik), Exegese biblischer Schriften, christlicher Bildung (de doctrina christiana), Didaktik der Einführung in den Glauben (de catechizandis rudibus), ethischen und pastoralen Fragen beschäftigen; hinzu kommen umfangreiche Sammlungen von Predigten und Briefen (Geerlings, 2002; Drecoll, 2007, 250-427; https://www.augustinus.de/einfuehrung).

2.5. Auseinandersetzung mit den Manichäern

Bereits kurz nach seiner Taufe nimmt er den Kampf gegen die Manichäer auf, den er bis etwa 404 intensiv führen wird (Drecoll/Kudella, 2011, 87-181). In zahlreichen Schriften und in öffentlichen Diskussionen (Gegen Fortunatus, Gegen Felix) (Geerlings, 2002, 68-81; https://www.augustinus.de/einfuehrung/leben?showall=&start=2) warnt er vor seinen ehemaligen Glaubensgenossen als „Häretikern“: Hinter den scheinbar christlichen Formeln verbergen sich falsche Lehren. Ihr zentraler Fehler liege darin, dass sie keine Vorstellung von der immateriellen, rein geistigen Wirklichkeit haben, sondern auch das Göttliche als „Materie“ denken. Der Dualismus sei mit dem christlichen Glauben an den einen guten Schöpfergott nicht vereinbar, die darauf beruhende Einsicht in die Weltvorgänge ein leeres Versprechen. Gegen die manichäische Ablehnung des Glaubensaktes kommt Augustinus zu dem hermeneutischen Grundsatz, dass die Wahrheit zunächst im „Glauben“ angenommen werden muss, um sie dann je nach intellektuellen Möglichkeiten „einzusehen“, d.h. rational zu durchdringen. Die Bibelkritik der Manichäer, so Augustinus weiter, gehe in die Irre, weil sie die allegorische Sprechweise nicht erfassen, auch ihren ethischen Ansprüchen würden sie nicht gerecht. Diese Kritik gemeinsam mit der kaiserlichen Gesetzgebung versetzt dem Manichäismus einen schweren Schlag. Dennoch muss sich Augustinus später mit dem Vorwurf auseinandersetzen, dass seine Erbsündenlehre ein manichäisches Erbe verrate.

2.6. Auseinandersetzung mit den Donatisten

Kurz nach seiner Presbyterweihe beginnt Augustinus die Auseinandersetzung mit den Donatisten (P. Bright, in: Drecoll, 2007, 171-178; Hogrefe, 2009; zu den Schriften Geerlings, 2002, 82-98; https://www.augustinus.de/einfuehrung/leben?showall=&start=2). Sie bilden in Nordafrika eine eigenständige, weit verbreitete Kirche. Die Spaltung ist eine Folge der diocletianischen Verfolgung, in der kirchliche Amtsträger, auch Bischöfe, Heilige Schriften und liturgische Gegenstände an die Behörden übergeben haben. Aus Sicht rigoroser Kreise haben solche „Traditoren“, „Auslieferer“ mit dem Beiklang „Verräter“, mit dieser schweren Verfehlung bewiesen, dass sie den göttlichen Geist nicht mehr in sich tragen und daher auch nicht weitergeben können. So sind Taufen und auch Bischofsweihen, an denen ein Traditor beteiligt war, unwirksam. Dies soll auf den karthagischen Bischof Caecilian zutreffen. Donatus wird (nach Maiorinus) zum Gegenbischof gewählt und gibt der Richtung den Namen.

Augustinus kann sich mit der Spaltung nicht abfinden – schließlich gibt es nur die eine wahre Kirche Jesu Christi. Theologisch geht es um das Kirchen- und Sakramentenverständnis. Die Donatisten sehen sich als die Kirche der Märtyrer, der „Heiligen“ und „Reinen“. Gegen dieses elitäre Kirchenbild betont Augustinus, dass die reale Kirche einen „Mischkörper“ („corpus mixtum“) aus „Reinen“ und Sündern darstellt, die erst im Endgericht getrennt werden. Im Hintergrund steht die Entwicklung zur Volks- oder Massenkirche, die Konstantin (→ Konstantinische Wende) angestoßen und Theodosius mit der Erhebung des Christentums zur Staatsreligion (380) verschärft hat. Im Übrigen kann, so Augustinus, die wahre Kirche Christi unmöglich auf Nordafrika beschränkt sein – sie ist „katholisch“, d.h. weltumfassend.

Der ekklesiologische Ansatz steht in enger Verbindung zur Sakramententheologie. Für Augustinus spendet nicht der Amtsträger, sondern durch ihn Gott selbst das Sakrament. Es vermittelt Heil, wenn es in der rechten Absicht und richtigen Form vollzogen wird („ex opere operato“). Die sittliche Qualität des Spenders ist also nicht maßgeblich. Diese Position gibt pastoral Sicherheit und macht damit ernst, dass es auch unter den Amtsträgern Sünder gibt.

Augustinus setzt gegenüber den Donatisten zunächst auf theologische Argumentation und Angebote zur „Rückkehr“. Als dies wenig fruchtet und es zu Unruhen und gewalttätigen Übergriffen besonders durch die radikalen Donatistentrupps der Circumcellionen kommt, befürwortet Augustinus ab etwa 404/405 den Einsatz staatlicher Gewalt. Hatte nicht Christus selbst im Gleichnis vom Gastmahl, zu dem die Eingeladenen nicht kommen wollen, den Herrn zum Diener sagen lassen: „dann zwinge sie einzutreten“ (compelle intrare) (Lk 14,23)? Ist der Zwang nicht gerechtfertigt, wenn dadurch die Irrenden zu ihrem eigenen Heil zur Wahrheit geführt werden? Diese Argumentation wird in den folgenden Jahrhunderten eine verhängnisvolle Wirkung entfalten, wenn sie zur Legitimation von Gewalt im Kampf für die christliche „Wahrheit“ gegen Ketzer, Häretiker und Nichtchristen verwendet wird. Nach einem letzten großen Streitgespräch 411 zwischen je 280 donatistischen und katholischen Bischöfen, darunter als Wortführer Augustinus, wird durch das Urteil eines kaiserlichen Richters die donatistische Kirche verboten, zugunsten der „katholischen“ Kirche enteignet und in sie integriert.

2.7. Gnade, „Bekenntnisse“ (confessiones) und die Auseinandersetzung mit den Pelagianern

Bereits für den frühen Augustinus steht fest, dass der Mensch auf Erlösung und Gottes Hilfe angewiesen ist. Die wiederholten Phasen der Pauluslektüre vertiefen das Gnadenproblem. Einen entscheidenden Impuls gibt dann wohl im Jahr 396 eine Anfrage Simplicians, seines geistlichen Beraters in der Mailänder Phase, der um die Deutung einiger Schriftstellen u.a. aus dem Römerbrief gebeten hatte. In der erneuten Auseinandersetzung mit Paulus, besonders Röm 9,10-29, betont Augustinus in seiner Antwort „An Simplician“ die zentrale Bedeutung der Gnade Gottes. Die Menschheit ist für ihn von der → Sünde des ersten Menschenpaares gezeichnet. Sie ist eine „Masse der Sünde“ (massa peccati), eine „verdammte Masse“ (massa damnata), die der gerechte Gott zu Recht straft. Die Sünde Adams und Evas hat nicht nur Mühsal, Krankheit und Tod gebracht, sondern auch Wollen und Können des Menschen massiv eingeschränkt. Der Mensch ist seither aus sich selbst heraus nicht zum Guten fähig. Alles Gute, was er hat, kommt von Gott (vgl. 1 Kor 4,7), selbst der Entschluss zum Glauben. Damit verdunkelt sich Augustins pessimistische Sicht auf den Menschen weiter. Ihr korrespondiert das Bild eines souveränen Gottes, der den Einzelnen zurecht verwirft oder aus unverdienter Gnade zum Heil erwählt. Augustinus gelangt zu dieser Logik („des Schreckens“ [K. Flasch, 1990]), da er sich gezwungen sieht, die einzelnen biblischen Aussagen unter Bezug auf andere Schriftstellen und im Rahmen der anerkannten Glaubenswahrheiten zu interpretieren und so logisch stimmig „die Wahrheit“ zu ermitteln. Dies kann nur auf dem Boden des damaligen Denkhorizonts und der biblischen Hermeneutik geschehen.

Dieses Konzept prägt auch Augustins „Bekenntnisse“ (confessiones) (397-401). In die Form eines großen Zwiegesprächs mit Gott (Gebetes) gefasst will Augustinus seine Leser zur Erkenntnis des einen Gottes, der die Wahrheit schlechthin ist, und zur Selbsterkenntnis vor diesem Gott führen. Dabei reflektiert er, wer er war (conf. 1-9), wer er gegenwärtig ist (10) und welcher Gott ihm in der Heiligen Schrift, nämlich in den Schöpfungserzählungen, begegnet (11-13). Es geht ihm um das „Bekenntnis“ des großen, erhabenen, allmächtigen Herrn und gnädigen Gottes sowie der Sündhaftigkeit des Menschen. Besonderes Interesse haben bis heute die Bücher 1-9 gefunden. Am eigenen Lebensweg bis zur Rückkehr nach Nordafrika zeigt Augustinus: Der schon bei Geburt sündige Mensch entfernt sich von Gott, geht in seiner Welt- und Selbstbezogenheit in die Irre, und doch begleitet ihn der gnädige Gott und führt ihn völlig unverdient zu sich zurück. Auf diesem Hintergrund zeichnet er selbst das Bild vom jugendlichen Sünder, über dessen Irrungen die Mutter bittere Tränen weint, um den Zustand nach der Bekehrung umso heller erscheinen zu lassen. In der Darstellung verbindet Augustinus somit die Erzählung von Vergangenem mit der bewertenden Reflexion aus der Perspektive des Bischofs (Feldmann, 1986-1994, 1168-1174).

Auf diesem Hintergrund kommt es zum pelagianischen Streit über Gnade und Erbsünde (V.H. Drecoll/W. Löhr/J. Lössl, in: Drecoll, 2007, 179-203;zu den Schriften Geerlings, 2002, 99-122; https://www.augustinus.de/einfuehrung/leben?showall=&start=2). Pelagius, ein aus Britannien stammender Mönch, der sich zeitweise in Rom und Nordafrika aufhält, protestiert schon 404/405 gegen Augustins sentenzhaften Gebetsruf: „Gib, was Du befiehlst, und befiehl, was Du willst“ (conf. 10,40.45.60). Als Mönch beurteilt er die Möglichkeiten des Menschen positiver. Aus seiner Sicht hat der Schöpfer dem Menschen eine gute Natur, die → Freiheit des Willens und, gestärkt durch die Sakramente, die Kraft zur Umsetzung geschenkt. Mit diesen Gnadengaben kann der Mensch grundsätzlich die Gebote halten und sündlos leben. Die Ursünde des ersten Menschenpaares wirkt zwar als schlechtes Vorbild, schwächt aber nicht die Natur. Daher ist die Kindertaufe, so der Pelagius-Schüler Caelestius, nicht zwingend notwendig, wenn auch sinnvoll (da Ungetaufte nicht in den Himmel gelangen, sondern an einen „mittleren Ort“ zwischen Himmel und Hölle). Für Augustinus dagegen ist der Mensch infolge der Ursünde schon bei der Geburt sündig und muss so bald wie möglich getauft werden, um durch die Erlösungsgnade Christi geheilt zu werden. Pelagius und Caelestius werden schließlich 417/418 von einer nordafrikanischen Synode, dem Kaiser und dem römischen Bischof Zosimus verurteilt.

Doch Julian, der hochgebildete Bischof von Aeclanum, kann sich der Verurteilung des Pelagius nicht anschließen. Er sieht in Augustins These von der Übertragung der Adamssünde ein manichäisches Erbe, da Sünde hier geradezu als böse Substanz gedacht und die Willensfreiheit aufgehoben werde – ganz anders allerdings bei Christus, so dass man sich fragen müsse, ob Augustinus ihn in vollem Sinn als Mensch anerkenne. Zudem widerspreche die negative Sicht auf → Sexualität der Heiligen Schrift und kirchlicher Lehre. Für Augustinus dagegen belegt Paulus in Röm 5,12 („[Adam …,] in dem alle gesündigt haben“), dass alle Menschen als „Masse der Verderbnis“ (massa perditionis) im Urvater Adam enthalten waren. Die Ursünde werde im Zeugungsakt übertragen, der der sexuellen Begierde (concupiscentia) entspringt. Für diese Überzeugung spreche auch die Praxis der Kindertaufe. Gegen den Vorwurf, die Ehe abzulehnen, betont Augustinus, dass sie ein Gut darstellt und für alle, die nicht zur sexuellen Enthaltsamkeit fähig sind, zu empfehlen ist. In der Ehe ist die sexuelle Betätigung gerechtfertigt, sofern sie dem primären Ehezweck der Fortpflanzung dient (→ Ehe und Familie). Zudem verschärft Augustinus seine Lehre der Prädestination. Gott weiß nicht nur, sondern hat bereits im Voraus bestimmt, wer zum Heil gelangen wird. Die Gründe seiner Wahl bleiben göttliches Geheimnis. Die Auseinandersetzung mit Julian wird Augustinus bis an sein Lebensende beschäftigen. Seine letzte Schrift gegen Julian bleibt unvollendet. – Mit der Gnaden- und Erbsündenlehre hat Augustinus ein schweres Erbe mit tiefen Spuren in der christlichen Kulturgeschichte hinterlassen.

2.8. Der Fall Roms, „Über den Gottesstaat“ (de civitate Dei)

Als 410 Rom von germanischen Westgoten unter Alarich erobert und geplündert wird, ist die antike Welt schockiert. Traditionell-römischem Denken verhaftete Stimmen sehen den Grund für diese Katastrophe bei den Christinnen und Christen. Die Götter, die das römische Reich groß gemacht haben, versagen jetzt Schutz und Hilfe, da das Reich sie nicht mehr verehrt. Augustinus verfasst daraufhin ab 412 seine 24 Bücher „de civitate Dei“. Er verteidigt nicht nur das Christentum, indem er die Schuld am Untergang der paganen Welt zuweist, sondern entwirft eine „Theologie der Universalgeschichte“. Seit dem Sündenfall bestehen zwei menschliche „civitates“, „Gemeinschaften“ oder „Gesellschaften“. Augustinus verwendet den Begriff bildlich in Parallele zur Bürgergemeinschaft einer Stadt bzw. des Reiches. Die „Gemeinschaft Gottes“ (civitas Dei) lebt „dem Geist nach“ bzw. „Gott gemäß“, d.h. sie ist bestimmt von der Liebe zu Gott, richtet sich ganz auf ihn aus und folgt seinen Geboten. Die „irdische Gemeinschaft“ (civitas terrena) lebt „dem Fleisch nach“ bzw. „dem Menschen gemäß“. Sie folgt den Spielregeln und Werten menschlicher Gesellschaft. Eigensüchtig und rücksichtslos geht es um Besitz, Ansehen, Macht, Vergnügen. Erneut orientiert sich Augustinus stark an Paulus (z.B. Gal 5,19-26; 4,21-31). In der Weltgeschichte sind beide Gemeinschaften gemischt, erst im Gericht werden sie getrennt. Die civitas terrena geht der Verdammung entgegen, während die civitas Dei in die Herrlichkeit Gottes eingehen wird.

2.9. Letzte Jahre

Um 425 kann Augustinus sein drittes Hauptwerk „Über die Trinität“ (→ Dreifaltigkeit/Trinität) abschließen, das er um 399/400 begonnen hatte. Kurz vor Ende seines Lebens legt er in seinen „Retractationes“ eine Selbstrezension vor, in der er nahezu alle Schriften (außer Briefen, Predigtreihen u.a.) kritisch sichtet und Irrtümer, Schwächen oder spätere Weiterführungen notiert. Die Werkschau demonstriert nochmals Augustins unbedingte Verpflichtung zur Wahrheitssuche. Sie ist zudem ein wertvolles historisches Dokument für sein ungeheuer reiches literarisches Werk.

Augustinus stirbt am 28. August 430 nach kurzer Krankheit, während Hippo Regius von den Vandalen belagert wird. Die Einnahme der Stadt und des weiteren nordafrikanischen Raums durch die Germanen hat er nicht mehr erlebt.

3. Religionsdidaktische Konkretisierungen

Im Rahmen des Religionsunterrichts (→ Religionsunterricht) als einem umfassenden „Lern- und Bildungsprozess“ (Lindner, 2015, 2.) bietet die Beschäftigung mit Augustinus vielfältige Anstöße zur Reflexion der eigenen Lebenssituation, Lebensgestaltung und religiösen Verortung gegenüber christlichen Traditionen und trägt so zur religiösen Identitätsbildung (→ Identität, religiöse) bei. Damit erfüllt sie die Grundforderung an kirchengeschichtliche Gegenstände im Religionsunterricht, dass „anhand von Geschichte … religiös gelernt“ (König, 2013, 209) wird, und befolgt wichtige Prinzipien der → Kirchengeschichtsdidaktik (Lindner, 2015; Mendl, 2018, 118f.). Augustinus bietet sich an für → biographisches Lernen (Lindner, 2016), für Vorbildlernen, da er zwar ein „Großer“ der Theologiegeschichte ist, doch biographische Brüche und eine spannungsreiche intellektuell-religiöse Entwicklung aufweist, die zur kritischen Bewertung herausfordert, ebenso für ethisches Lernen. Denkbar sind konstruktivistische (→ Konstruktivistischer Religionsunterricht), alltagsgeschichtliche (Hoffmann, 2013) und erinnerungskulturelle (→ Kirchengeschichtskultur) Zugänge. Es bestehen viele Möglichkeiten zur Multiperspektivität (→ Perspektivenwechsel), z.B. durch Einbezug von Personen aus dem persönlichen Umfeld (Mutter, Konkubine, Sohn, Freunde, Gönner) wie auch von Gegnern. Die Voraussetzungen sind aufgrund der vielfältigen Quellen (→ Quellenarbeit, kirchengeschichtsdidaktisch) auch in deutscher Übersetzung gut.

Didaktische Perspektiven

1. Im Sinne der „Subjektorientierung“ sowie der „Reziprozität“ kann an zentrale Erfahrungen und Fragen Jugendlicher und junger Erwachsener angeknüpft werden.

  • Identitätsproblem und Sinnsuche: „Ich bin mir selbst zur großen Frage geworden“ (conf. 4,9). Dieser Satz formuliert eine zentrale Fragestellung, die Augustinus besonders intensiv in den „Bekenntnissen“ thematisiert. Wie Jugendliche heute versucht sich der junge Augustinus in einer Pluralität und „Konkurrenz von Sinnangeboten“ zu orientieren (Feldmann, 1987). Elternhaus und gesellschaftliches Umfeld vermitteln damals wie heute selbstverständliche Werte und Ziele wie Erfolg, Wohlstand, Anerkennung, Einfluss und Bedürfnisbefriedigung. Die Hortensiuslektüre markiert für Augustinus einen Bruch, der diese Selbstverständlichkeiten hinterfragt und die Frage nach „Glück“, „Sinn“ und gelingendem Leben aufwirft. Am intellektuellen Werdegang Augustins werden Lernende herausgefordert, sich mit Sinnangeboten aus Philosophie und Religion kritisch auseinanderzusetzen. Zudem zeigt das Beispiel Augustins die notwendige Verschränkung von Erkenntnis, Entscheidung, probeweiser (!) Umsetzung und Weitersuche, wenn sich die Entscheidung als nicht tragfähig erweist. Auch hierfür sind die „Bekenntnisse“ wichtig, unter diesem Gesichtspunkt kann man aber auch den weiteren Lebensweg in den Blick nehmen.
  • Im Hintergrund steht die grundsätzliche Frage: Wer ist der Mensch, wer bin ich – im Sinne Augustins: Wer bin ich vor Gott? Die Leserinnen und Leser werden in den „Bekenntnissen“ in diesen Reflexionsprozess einbezogen und zur eigenen Positionierung aufgefordert, ob Religion und Christentum relevante Befragungsinstanzen darstellen und tragfähige Antworten bieten. Der Streit um Gnade und Erbsünde stellt die Frage unter anderen Vorzeichen erneut. Augustins pessimistischer → Anthropologie mit dem völligen Angewiesensein auf die göttliche Gnade steht das positivere Menschenbild der Pelagianer gegenüber und fordert zur Beurteilung heraus.

2. Der junge Augustinus regt zur Positionierung gegenüber der eigenen Kirche an. Die Lernenden dürfte es überraschen, dass der große Heilige als junger Mann die „katholische“ Kirche für unattraktiv hält und sich von ihr abwendet, weil sie die Kirche des lauen Mittelmaßes ist, sich kritischen Anfragen verweigert und höheren intellektuellen und ethischen Ansprüchen nicht zu genügen scheint. Im Zuge der „Bekehrung“ revidiert Augustinus diese Kritik und findet eine Reihe von Argumenten für die Glaubwürdigkeit und Autorität der Kirche. Beide Positionen differenzieren das Kirchenverständnis und tragen zur begründeten Stellungnahme gegenüber aktuellen Formen von „Kirche“ bei.

3. Anhand der theologischen Debatten Augustins gewinnen die Lernenden in „identitätsbildender Rückschau“ (Lindner, 2015, 2.1.) vertieften Zugang zu zentralen Konzepten der christlichen Tradition und kirchlichen Vollzügen. Die Auseinandersetzung mit dem Pelagianismus vermittelt eine differenzierte Vorstellung von (Erb-)Sünde, Gnade und Rechtfertigung. Die Diskussion um diese Konzepte durchzieht die Traditionsgeschichte. Sie wird besonders in der Reformation wieder akut und prägt bis heute konfessionelle Identitäten (→ Konfession(en)). Sie begründet zudem die Praxis der Kindertaufe, die unter dem Aspekt der religiösen Selbstbestimmung oft in der Kritik steht. Sie vernetzt andere wichtige Unterrichtsthemen wie Gottesfrage, Anthropologie und → Schöpfung und führt diese vertiefend fort. – Aktuelle Skandale stellen die Frage nach den ethischen Anforderungen besonders an Kleriker, nach dem Bild von Kirche in der Spannung zwischen Anspruch und Realität und nach ihrer Glaubwürdigkeit. Stark institutionalisierte und ritualisierte Kirchen werden durch charismatisch geprägte Gemeinschaften in Frage gestellt. Mit dem Donatismusstreit werden die Modelle einer idealen „Kirche der Heiligen“ und einer „gemischten“ Kirche deutlich. Lernende können an der historischen Situation die Implikationen und Folgen beider Modelle eruieren und bewerten. Steht Augustinus für ein lebensnahes Kirchenbild, das auch Unvollkommenheit zulässt und vielen die Hoffnung bietet, Teil der Heilsgemeinschaft zu sein, oder legitimiert er eine Kirche des Mittelmaßes und Mitläufertums? Die Lernenden erfassen die ursprüngliche Bedeutung von „katholisch“. Zudem wird das sakramententheologische Prinzip der Heilszuwendung durch Gott unabhängig von der sittlichen Qualität des Spenders in ihren pastoralen Funktionen deutlich und fordert zur Bewertung heraus. – Der Manichäismusstreit stellt dualistische Weltdeutungen zur Debatte, die kosmologisch vom Kampf zwischen „Gut“ und „Böse“ oder (wie im New Age) anthropologisch vom Widerstreit zwischen Körper und Geist bzw. Selbst ausgehen.

4. An den theologischen Auseinandersetzungen des Bischofs vollziehen Lernende nach, wie (bis heute wirksame) → Theologie „gemacht“ worden ist. Sie erkennen den diskursiven theologischen Erkenntnisprozess auf der Grundlage rationaler und biblischer Argumentation, aber auch die vielschichtigen Mechanismen der Mehrheitsfindung bis hin zum staatlichen Eingreifen. Sie erfassen so die Spannung zwischen Situationsbedingtem und bleibend Gültigem.

5. Die Lernenden erweitern ihre Sachkompetenz und verschaffen sich orientierendes Verfügungswissen. In der Person Augustins spiegeln sich christliche Existenz und kirchliche Verhältnisse der theodosianischen Zeit. Das Christentum wird Staatsreligion, die Kirche zur „Reichskirche“. Der Staat übt Druck auf Nichtchristen aus, greift in innerkirchliche Verhältnisse ein und verfolgt Häretiker. Letzteres kann in beiden Perspektiven am Manichäer Augustinus und am Bischof exemplifiziert werden. In Augustins Biographie spiegelt sich auch der beginnende Zusammenbruch des westlichen Imperiums mit gravierenden Folgen für das Christentum.

6. Die Beschäftigung mit Augustinus ist wissenschaftsorientiert und fördert methodische Kompetenz. Die „Bekenntnisse“ führen die Bedeutung der Verfasserintention und der Textgattung für die historische Auswertung vor Augen. Die Trennung zwischen Narration (→ Geschichtserzählung) und bewertender Reflexion macht die Funktionalisierung der eigenen Biographie erkennbar, um den Leser für ein gottgemäßes Leben zu begeistern. An der Gnaden- und Erbsündenlehre wird die Notwendigkeit deutlich, zwischen Sach- und Werturteil zu trennen. Für eine angemessene Stellungnahme ist zunächst die innere „Logik“ der augustinischen Argumentation im historischen und theologiegeschichtlichen Kontext herauszuarbeiten, um dann die Wirkungsgeschichte zu betrachten. Erst auf dieser Grundlage kann etwa in Diskussion der These von der „Logik des Schreckens“ ein fundiertes Werturteil aus heutiger Perspektive erfolgen.

4. Schluss

Augustinus erscheint trotz des großen historischen Abstandes als ein erstaunlich „moderner“ Mensch. Er trifft in einer „Pluralität von Sinnangeboten“ und Lebensentwürfen Entscheidungen, die er aber immer wieder auf die Probe stellt. Antriebskraft ist die unbedingte Verpflichtung zur Suche nach Wahrheit. Wahrheitserkenntnis muss rational verantwortet werden können. Glauben als Annahme einer noch nicht einsichtigen Wahrheit ist ein notwendiger Schritt, der auf Einsicht angelegt ist, soweit diese möglich ist (der ältere Augustinus wird hier immer vorsichtiger). Die erkannte Wahrheit muss aber auch existentiell umgesetzt werden. Einsicht bleibt nicht folgenlos, sie muss sich in der Lebensführung niederschlagen.

Literaturverzeichnis

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