die-Bibel.de

(erstellt: Juni 2008; letzte Änderung: November 2011)

Permanenter Link zum Artikel: https://bibelwissenschaft.de/stichwort/32186/

1. Name und Lage

Der Name des Ortes blieb über die Zeiten hinweg praktisch konstant: Im Alten Testament heißt er Taanach (תַּעְנַך ta‘nakh), in der Neuzeit tragen der → Tell und der an seinem Fuß gelegene Ort arabisch den Namen Tell Ta‛annek, was heutzutage (Tell) Ti‘innik ausgesprochen wird.

Auf Grund dieser Kontinuität des Namens und der Angaben zur Lage des Ortes ist die Identifikation von Taanach zweifelsfrei gesichert. Der Ort liegt ca. 40 km südöstlich von Haifa und ca. 8 km südöstlich von → Megiddo und damit etwa in der Mitte zwischen Mittelmeer und Jordan am südöstlichen Rand der Ebene Jesreel auf einem Hügel, der zu den Ausläufern des samarischen Berglands gehört (Koordinaten: 171.214; N 32° 31' 20'', E 35° 13' 10''). Der Hügel erstreckt sich ca. 340 m in Nord-Süd und ca. 110 m in Ost-West Richtung und erhebt sich an die 40 m über die Jesreel-Ebene.

Verkehrsstrategisch liegt Taanach am südlichen Zweig des Übergangs der „Straße am Meer“ (via maris) über den Bergrücken, der sich zum Karmel zieht (die Hauptroute führt über einen Pass bei Megiddo, der nördliche Zweig über Jokneam und der südliche über Taanach). In diesem Zusammenhang findet sich auch die älteste Erwähnung Taanachs, nämlich durch Pharao → Thutmosis III., der für die Schlacht bei Megiddo (1468 v. Chr.) den Anmarsch über den Pass bei Taanach wählte.

2. Quellen

2.1. Literarische Zeugnisse

Taanach wird erstmals im ägyptischen Bericht des Pharao Thutmosis III. über die Schlacht von Megiddo (1468 v. Chr.) erwähnt, so wie später im Bericht des Pharao → Scheschonk (bzw. Schischak) über seinen Kriegszug nach Israel (922 v. Chr.), wo Taanach in der Liste der eroberten Städte genannt wird.

Wahrscheinlich ist es unter dem Namen Ta-ah-[nu-ka] in einem der → Amarna-Briefe aus dem 14. Jh. (EA 248, Z.14) genannt, demzufolge musste der Prinz Jašdata im Konflikt mit → Sichem nach Megiddo fliehen.

Im Alten Testament ist Taanach in Jos 17,11f. und Ri 1,27 als eine der Städte genannt, die Israel nicht erobern konnte, obwohl es in Jos 12,21 (im Rahmen einer allerdings idealisierten Siegesliste) als Ort eines der 31 von den Israeliten besiegten Könige erwähnt wird. Dort wird die Stadt den Stämmen Issachar und Asser zugeordnet, während sie später an Manasse gegeben wird (Jos 17,11; Jos 21,25; 1Chr 6,25; 1Chr 7,29).

Für die Zeit Salomos wird Taanach als Hauptstadt des fünften der zwölf Verwaltungsbezirke genannt (1Kön 4,12). Dieser umfasste die Ebene Jesreel und das Gebiet um die Stadt → Bet-Schean bis jenseits des Jordangrabens.

Taanach wird dann erst wieder in der byzantinischen Zeit im Onomastikon [Ortsnamenliste] des → Hieronymus (98,12; 100,7 Text Kirchenväter 3) als eine villa pergrandis, d.h. als ein großes Dorf, erwähnt. Aus der Kreuzritterzeit (12./13. Jh. n. Chr.) gibt es Nachrichten über den Ort und ein dort bestehendes Kloster; ebenso in einem osmanischen Zensus (Steuerschätzung) von 1596 n. Chr. Dem entspricht der Fund eines kleinen Palastes aus der islamischen (mittelalterlichen) Zeit, von dem aus vermutlich der Ort und die Umgebung verwaltet wurden.

Im 19. Jh. wurde der Ort von dem französischen Palästinareisenden Victor Guérin besucht. Dieser berichtete von Ruinen und hatte den Eindruck, dass die heutige Moschee auf den Fundamenten einer byzantinischen Kirche errichtet ist.

2.2. Archäologische Zeugnisse

2.2.1. Grabungsgeschichte

Auf bzw. beim Tell Ta‛annek wurden drei Mal Ausgrabungen durchgeführt, 1902-1904 von Ernst Sellin, 1963-1968 unter Paul W. Lapp und 1985 von Albert Glock.

Die Ausgrabung unter Ernst Sellin, damals Professor für Alttestamentliche Wissenschaft und Biblische Archäologie in Wien, erfolgte 1902 und 1903. Auf Grund der Textfunde wurde 1904 eine ergänzende Grabung durchgeführt, bei der man ebenfalls noch einmal Tontafeln mit Keilschrift fand. Sellin hatte bewusst einen Grabungsort im ehemaligen Nordreich Israel gesucht. Seine Ausgrabung war die erste im nördlichen Teil Israels. Er arbeitete wie damals üblich mit (meist 5m breiten) Suchgräben, die diagonal über den Tell verliefen und die, wo man auf Mauern stieß, auf die Fläche des entsprechenden Gebäudes erweitert wurden. Dazu kamen Sondagen an auffallenden Stellen des Tells (z.B. das sog. nordöstliche Vorwerk bzw. die Nordostburg). Sellin verwendete ausdrücklich die damals noch relativ neue Methode der Keramikchronologie und verglich seine Funde insbesondere mit den damaligen Erkenntnissen aus Zypern (auf Grund der Nähe zum Mittelmeer gab es in Taanach eine Reihe von Objekten und Gefäßformen, die mit der mykenischen Kultur vergleichbar waren). Sellin erkannte und unterschied bereits die wesentlichen Siedlungsschichten, allerdings datierte er die älteste Schicht zu spät in den Anfang des 2. Jt.s v. Chr., weil es die damalige Keramikchronologie noch nicht erlaubte, die in Taanach bestehende, ca. 500-jährige Besiedlungslücke zwischen der Frühbronzezeit und der späten Mittelbronzezeit zu erkennen. Neben der in groben Zügen zutreffenden Folge der Siedlungsschichten konnte er auf Grund der zahlreichen Kleinfunde ein anschauliches Bild der Kulturgeschichte des Tells entwickeln. Besonders wichtig wurden ein Dutzend Tontafeln mit Texten in der damals international verbreiteten akkadischen Keilschrift. Daneben entdeckte Sellin die Reste zweier Kultständer mit religiösen Bildmotiven, von denen einer wieder zusammengesetzt werden konnte. Neben einem reichen Repertoire aus Keramikgefäßen fanden sich auch einige Schmuckobjekte und vor allem ein Rollsiegel, das neben der ägyptisierenden Abbildung einer Gottheit den Namen des Besitzers in akkadischer Keilschrift enthielt und mit ägyptischen Hieroglyphen verziert war. (Zu den Texten siehe unten).

In den Jahren 1963, 1966 und 1968 wurde eine groß angelegte Ausgrabung von Seiten des Concordia Seminary St. Louis und der American Schools of Oriental Research unter der Leitung von Paul W. Lapp durchgeführt. Diese Ausgrabung konnte nur auf einem Teil des Tells durchgeführt werden, weil zugleich das jordanische Militär eine Stellung auf dem Tell hatte. Die Ausgrabungen sollten einerseits die alten Ergebnisse von Sellin überprüfen und andererseits zu neuen Erkenntnissen führen, zumal inzwischen die Archäologie erhebliche Fortschritte gemacht hatte (neue Grabungs- und Dokumentationsverfahren, differenzierte Keramikchronologie). Zwar war die Fortsetzung der Grabungen nach dem sog. 6-Tage-Krieg von 1967 offensichtlich ohne Schwierigkeiten möglich, die Grabungen kam aber durch den überraschenden Unfalltod von Paul Lapp im Jahre 1970 zu einem Ende. Leider hat dieses Ereignis auch die Publikation der Grabungsberichte erheblich beeinträchtigt. Neben den damaligen preliminary reports ist bis heute nur ein Teil der Materialen genauer untersucht und publiziert.

2.2.2. Grabungsbefund

Die Ausgrabungen führten zu dem Ergebnis, dass Taanach schon in der Frühen Bronzezeit (ab FB II und III) eine Stadt mit starker Stadtmauer war; insgesamt ließen sich dieser Epoche vier Bauphasen zuschreiben. Auffallend ist das starke Glacis (eine der Stadtmauer vorgelagerte Rampe, die Angriffe auf die Mauer erschwert), eine Neuerung in der damaligen Verteidigungstechnik.

Nach einer Lücke von ca. 500 Jahren wurde Taanach in der Mittelbronzezeit ab ca. 1700 v. Chr. wieder besiedelt (MB II C). Diese Neugründung der Stadt erfolgte offensichtlich durch eine von Norden gekommene Bevölkerungsgruppe, wahrscheinlich die Hyksos. Die Stadtmauer wurde in der damals neuen Technik einer Kasemattenmauer errichtet und die Stadt planvoll angelegt (→ Befestigungsanlagen).

Die Besiedlung der Spätbronzezeit (SB) war etwas bescheidener, stand aber in Kontinuität zur vorausgehenden Besiedlung, was sich daran zeigt, dass zum Teil ältere Gebäude weiter verwendet wurden. Ähnlich wie etwa gleichzeitig in Megiddo waren Häuser zu Häuserblöcken mit dazwischen verlaufenden Straßen zusammengefasst.

Eine Besonderheit ist ein 7,4m in die Tiefe verlaufender Schacht, der vermutlich einen unvollendet gebliebenen Brunnen darstellt, der bis zum Grundwasser hätte hinabreichen sollen (ähnlich jenen Anlagen, wie sie dann für die Eisenzeit aus Hazor, Megiddo und anderen Orten bekannt sind).

Einen Einschnitt stellen die Zerstörungen durch Thutmosis III. im Zusammenhang seines Asienfeldzugs und der Schlacht von Megiddo 1468 v. Chr. dar. Die Stadt existierte aber weiter und bildete offensichtlich ein, wenn auch von Megiddo abhängiges regionales Zentrum mit einem Stadtfürsten (dessen Name wahrscheinlich Talwašur lautete). Dies ergibt sich insbesondere aus den aus der Zeit um 1450 v. Chr. stammenden Tontafeln, die schon Sellin gefunden hatte und von denen eine weitere in den amerikanischen Ausgrabungen gefunden wurde.

Die spätbronzezeitliche Siedlung war vermutlich bescheiden, aber immerhin wurde eine aus der Zeit nach 1200 v. Chr. stammende Tontafel in alphabetischer Schrift gefunden, was auf Schreiber- und damit Verwaltungsaktivität hinweist.

Die früheisenzeitliche (EZ I) Besiedlung war vermutlich ebenfalls bescheiden. Genaueres ist allerdings schwer zu sagen, weil bei den amerikanischen Ausgrabungen wegen der damaligen Präsenz des Militärs nur ein kleiner Teil des Tells erforscht werden konnte.

Im 10. Jh. war der Ort anscheinend wieder stärker besiedelt. In diese Phase gehört der bei der amerikanischen Ausgrabung gefundene Kultständer – wahrscheinlich ebenso auch der seinerzeit von Sellin gefundene Kultständer. (Wenn man der in neuerer Zeit von manchen Forschern vertretenen „Low Chronology“ folgt, wäre diese Phase auf den Anfang des 9. Jh. zu datieren. Allerdings ist diese Low Chrononoly umstritten und fraglich). Der Ort wurde 922 v. Chr. beim Kriegszug des Pharao Scheschonk erobert.

Als Gebäude aus dem späten 9. Jh. wurde das sog. „nordöstliche Vorwerk“, identifiziert; eine kleine vorgelagerte Befestigung, die den Zugang von der Ebene her bewachte. Es umfasste mindestens zwei Bauphasen. Dieser Befund zeigt, dass auch die Besiedlung auf dem Hügel umfangreicher gewesen sein muss, als bei der Ausgrabung auf dem Tell selbst nachgewiesen werden konnte. Dieses „Vorwerk“ wurde in persischer Zeit restauriert und weiter verwendet.

Über die jüngeren Phasen gibt es keine weiteren archäologischen Befunde, was an der begrenzten Ausgrabungsfläche liegt und daran, dass der Tell landwirtschaftlich genutzt und damit auch wiederholt umgepflügt wurde. In der hellenistisch-römischen Zeit wurde die Siedlung an den Fuß des Tells verlegt, wo auch heute das Dorf Ti‘innik liegt. Auf dem Tell zu finden waren die Reste der im Mittelalter dort gelegenen „Burg“, die das Verwaltungszentrum bildete und vermutlich auch einen gewissen Schutz gegen Überfälle gewährte.

3. Geschichte

Aus den Ausgrabungen und den literarischen Quellen ergibt sich, dass Taanach ab der Frühen Bronzezeit (FB II) eine zumindest regional bedeutende, gut befestigte und wohl auch gut ausgebaute Stadt war, die mehrere Bauphasen hatte und die bis gegen Ende der Frühbronzezeit existierte.

Nach einer Lücke von ca. 500 Jahren, für die jedenfalls keine Stadtmauer und keine größeren Gebäude nachgewiesen sind, wurde Taanach um 1700 v. Chr., wahrscheinlich von Hyksos-Gruppen, neu aufgebaut und mit einer Stadtmauer versehen. Die Stadt existierte auch nach dem Einschnitt durch den Kriegszug des Pharao Thutmosis III. im Jahr 1468 weiter und war ein dem übergeordneten Megiddo zugeordnetes Verwaltungszentrum mit einem Stadtfürsten, an dessen Hof es zumindest einen Schreiber gab, der die Briefe und Listen in der damals üblichen akkadischen Silbenkeilschrift verfassen bzw. lesen konnte. Die Keramik wie auch die Text- und Kleinfunde (z.B. das mit akkadischer Schrift, aber ägyptischen Symbolen versehene Rollsiegel) zeigen, dass die Stadt so wie die Ebene Jesreel und die Region insgesamt im Überlappungsbereich von ägyptischem und syrischem Einfluss wie auch der Mittelmeerkultur (mykenische Welt) lag.

Die Stadt existierte durch die Spätbronzezeit und die Eisenzeit hindurch, wenn auch in unterschiedlicher Größe.

Die bald nach 1200 v. Chr. zu datierende, in alphabetischer Keilschrift verfasste Tontafel zeigt, dass auch in dieser Zeit Schreibkenntnisse und vermutlich auch eine gewisse Verwaltung in Taanach vorhanden waren.

Im 10. Jh. wurde Taanach – sofern die Liste von 1Kön 4 zutreffende historische Information bewahrt – zu einem israelitischen Verwaltungszentrum, nämlich für einen der Gaue Salomos. 922 v. Chr. war der Ort von den Zerstörungen durch den Kriegszug des Pharao Scheschonk (bzw. Schischak) betroffen. Es gab aber im 9. und 8. Jh. weiterhin eine gewisse Besiedlung und zumindest regionale Bedeutung der Stadt, die auch weiterhin eine Befestigung hatte.

Ab ca. 733 v. Chr. muss Taanach zur assyrischen Provinz Megiddo gehört haben. Über die assyrische und die babylonische Zeit gibt es aber weder archäologische noch literarische Zeugnisse.

In der Perserzeit wurde das nordöstliche Vorwerk instand gesetzt, was auch auf eine gewisse Bedeutung des Ortes (vielleicht wieder als Stützpunkt der Verwaltung) schließen lässt.

In hellenistischer Zeit wurde der Ort an den Fuß des Tells verlegt. Um 400 n. Chr. bezeichnet → Hieronymus den Ort als villa pergrandis, d.h. als größeres Dorf. Offensichtlich gab es auch eine kleine Kirche, auf deren Fundamenten später die Moschee des Ortes erbaut wurde.

Im Mittelalter gab es auf dem Tell eine ummauerte Siedlung von etwa 140 x 110m mit einer kleinen Burg bzw. Residenz, die vermutlich das regionale Verwaltungszentrum war und wohl auch einen gewissen Schutz bot. Im Mittelalter gab es offensichtlich auch ein kleines christliches Kloster bzw. eine Einsiedelei. Die Besiedlung in der Antike und im Mittelalter ist auch durch eine Vielzahl von Kleinfunden wie Fragmenten von Öllampen oder Gefäßen bezeugt.

In osmanischer Zeit ist das Dorf Taanach bezeugt, das wohl eine kleine landwirtschaftliche Siedlung darstellte – wie es noch heute eine ist. Seit 1948 ist der Ort durch die Nähe zur jordanisch-israelischen bzw. palästinensisch-israelischen Grenze beeinträchtigt.

4. Textfunde

Die schon von Sellin gefundenen Tontafeln in akkadischer Keilschrift bilden ein zwar kleines, aber noch immer das umfangreichste, bisher in Kanaan (Israel / Palästina) gefundene Keilschriftarchiv. Es handelt sich um 12 bzw. 14 Tontafeln (die Fragmente 4a und 8a gehören nicht wie ursprünglich gedacht zu den Texten 4 und 8, sondern sind Reste separater Tontafeln; um Verwirrungen durch eine neue Zählung zu vermeiden, wurde aber die Bezeichnung beibehalten). Der Name auf dem Rollsiegel (Personenname „Atanahili“) wird als akkadischer Text Nr. 13 und die 1968 gefundene weitere Tontafel (mit der Fundnummer TT 950) als Text Nr. 14 gezählt. Die Tafeln (außer TT 14) befinden sich im Archäologischen Museum in Istanbul; allerdings sind nicht mehr alle Tafeln vorhanden und ihr Zustand hat sich seit ihrer Auffindung verschlechtert.

Es handelt sich um Briefe und um Listen mit zahlreichen Personennamen. Die Briefe sind an den Stadtfürsten Talwašur (so die wahrscheinliche, aber nicht ganz sichere Lesung) gerichtet und stammen von Ahiama, dem Stadtfürsten von Megiddo (TT 1 und 2), sowie von Amanhatpa, dem Gouverneur von Gaza (wo damals die ägyptische Provinzverwaltung war) (TT 5 und 6). In den Briefen geht es um Unterstützung und die Ausrüstung von Kriegswagen, aber auch um die Entsendung bzw. den Verkauf von Personen sowie um Kritik, dass Talwašur nicht vor dem Gouverneur erschien bzw. gewünschte Ausrüstung nicht lieferte. Die Texte TT 8, 8a, 9, 10 und 11 sind vermutlich ebenfalls Briefe, aber zu fragmentarisch, um etwas über den Inhalt sagen zu können.

Die übrigen Texte sind Listen mit Personennamen. Der genauere Zweck (Soldaten, Vertreter von Sippen?) ist unklar. Auffallend ist, dass in TT 3, 4 und 7 neben jedem Namen eine Zahl von 1 bis 3 und auch Summenangaben zu finden sind. Ob es sich dabei z.B. um mitzubringende weitere Personen oder um Ausrüstungsgegenstände oder sonstiges handelt, ist unklar.

Interessant an den ca. 80 Personennamen ist die sprachliche Zusammensetzung: Soweit sie lesbar sind, sind ca. 60 % der Namen westsemitisch, etwas über 20 % indo-arisch und etwas unter 20 % hurritisch. Auch wenn man von den Namen nicht unmittelbar auf die Volkszugehörigkeit schließen kann, so verweisen die Namen doch auf einen gewissen Anteil von Menschen, die bzw. deren Vorfahren aus den entsprechenden Gebieten (Obermesopotamien, Mitannireich, Nordsyrien) stammen.

Die Namenslisten sind außerdem  für die Liste der zwölf Provinzverwalter Salomos in 1Kön 4,7-19 von Bedeutung. Die zahlreichen Namen mit der Struktur „Sohn des X“ in den Taanach-Texten zeigen, dass auch bei den Namen mit eben dieser Struktur in 1Kön 4,7-19 nichts fehlt, sondern sie zutreffend überliefert sind. Dass die betreffenden Personen in 1Kön 4,7-19 nicht mit eigenem Namen genannt, sondern als „Sohn des X“ bezeichnet werden, verweist wahrscheinlich auf die besondere soziale Stellung des Vaters des Betreffenden, auf der die Funktion des Sohnes aufbaut (vgl. Kreuzer 2010).

Der 1963 gefundene Text TT 433 bzw. TT 15 (in den Ausgaben ugaritischer Texte unter der Nr. 4.767 geführt) ist demgegenüber gut zwei Jahrhunderte jünger und ist einer der ältesten Texte in Alphabetschrift. Die Zeichen entsprechen dem ugaritischen Keilschriftalphabet (→ Schrift; → Ugarit), eventuell in lokaler Ausprägung bzw. von noch ungeübter Hand. Wegen seiner Kürze und seiner Gestaltung (zwei Zeilen mit Tennstrich dazwischen, ein Zeichen am Rand und nur drei Zeichen auf der Rückseite) ist der Text schwer zu deuten. Es könnte sich um eine Mitteilung, ein Rezept oder einen magischen Text handeln. Möglicherweise ist der Text eine Schreibübung. Jedenfalls zeigt der Text die weite Verbreitung der ugaritischen Alphabetschrift bis nach Palästina und weist das Vorhandensein von Schreiberkenntnissen in dem (neben Städten wie Megiddo und Hazor) vergleichsweise kleinen Ort Taanach nach.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Die Religion in Geschichte und Gegenwart, 3. Aufl., Tübingen 1957-1965
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Encyclopaedia Judaica, Jerusalem 1971-1996
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • The New Encyclopedia of Archaeological Excavations in the Holy Land, Jerusalem 1993
  • Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 1993-2001
  • The Oxford Encyclopedia of Archaeology in the Near East, Oxford / New York 1997
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2005
  • Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
  • Archaeological Encyclopedia of the Holy Land, New York / London 2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Grabungsberichte, Fundberichte und Erstpublikationen

  • Frick, Frank S., The Iron Age Cultic Structure (Tell Taannek 1963-1968, IV/2), Bir Zeit 2000.
  • Friend, Glenda, The Loom Weights (Tell Taannek 1963-1968, III/2), Bir Zeit 1998.
  • Lapp, Paul W., Chronique Archéologique; Tell Ta‘annak, RB71 (1964), 240-246.
  • Lapp, Paul W., Chronique Archéologique; Tell Ta‘annak, RB75 (1968), 93-98.
  • Lapp, Paul W., Taanach By The Waters Of Megiddo, BA 30 (1967), 2-27.
  • Lapp, Paul W., The 1963 Excavation at Tell Ta‘annek, BASOR 173 (1964), 4-44.
  • Lapp, Paul W., The 1966 Excavation at Tell Ta‘annek, BASOR 185 (1967), 2-39.
  • Lapp, Paul W., The 1968 Excavations at Tell Ta‘annek, BASOR 195 (1969), 2-49.
  • Rast, Walter E., Taanach I, Studies in the Iron Age Pottery (ASOR Exc. Reports), Cambridge, MA 1978.
  • Sellin, Ernst, Tell Ta‘annek. Bericht über eine mit Unterstützung der kaiserlichen Akademie der Wissenschaften und des k.k. Ministeriums für Kultus und Unterricht unternommene Ausgrabung in Palästina (Abhandlungen der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Denkschrift 50/IV), Wien, 1904; Anhang: Hrozný, Friedrich, Die Keilschrifttexte von Ta‘annek, 113-122.
  • Sellin, Ernst, Eine Nachlese auf dem Tell Ta‘annek in Palästina (Abhandlungen der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Denkschrift 52/III), Wien, 1906; Anhang: Hrozný, Friedrich, Die neuen Keilschrifttexte von Ta‘annek, 36-41.
  • Ziese, Mark S., The Early Bronze Age Ceramics Assemblage from Tell Ta‘annek, Palestine, Ph.D., Andrews University 2003.

3. Zu den Taanach-Texten

  • Hrozný, Friedrich, Die Keilschrifttexte von Ta‘annek, in: Sellin, Ernst, Tell Ta‘annek (Abhandlungen der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Denkschrift 50/IV), Wien, 1904, 113-122 und Tafeln X und XI
  • Hrozný, Friedrich, Die neuen Keilschrifttexte aus Ta‘annek, in: Sellin, Ernst, Eine Nachlese auf dem Tell Ta‘annek in Palästina (Abhandlungen der Kaiserlichen Akademie der Wissenschaften Denkschrift 52/III), Wien, 1906, 36-41 und Tafeln I-III.
  • Hillers, Delbert R., An Alphabetic Cuneiform Tablet from Taanach (TT433), BASOR 173 (1964), 45-50.
  • Glock, Albert E., A New Ta‘annek Tablet, BASOR 204 (1971), 17-30.
  • Horowitz, Wayne / Oshima, Takayoshi, The Taanach Cuneiform Tablets. A Retrospective, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 77-84.
  • Horowitz, Wayne / Oshima, Takayoshi / Kreuzer, Siegfried, Die Keilschrifttexte von Taanach / Tell Ta‘annek, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 85-97.
  • Kreuzer, Siegfried, TT Nr. 15 = TT 433 = KTU 4.767: Tafel in keilalphabetischer Schrift, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 85-97.
  • Pruzsinszky, Regine, Das Onomastikon der Texte aus Tell Taanach, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 101-117.
  • Berlejung, Angelika, Briefe aus dem Archiv von Taanach [TT1.2.5.6], TUAT.NF III, 2006, 230-234.
  • Horowitz, Wayne / Oshima, Takayoshi / Sanders, Seth, Cuneiform in Canaan, Jerusalem 2006, 127-151.161f.

4. Weitere Literatur

  • Albright, William F., A Prince of Taanach in the Fifteenth Century B.C., BASOR 94 (1944), 12-30.
  • Bloch-Smith E. / Nakhai, B.A., A Landscape Comes to Life. The Iron I Period, Near Eastern Archaeology 62 (1999), 62-92.101-127.
  • de Vaux, Roland, Palestine in the Early Bronze Age, The Cambridge Ancient History 1/2, 3rd revised edition, Cambridge 1971, 208-237.
  • Der Manuelian, Peter, Studies in the Reign of Amenophis II., Hildesheimer ägyptologische Beiträge 26, 1987, 83-90.
  • Finkelstein, Israel, Notes on the Stratigraphy and Chronology of Iron Age Ta‘anach, TA 25 (1998), 208-218.
  • Frick, Frank S., Pottery at Tell Ta‘annek, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 35-47.
  • Knauf, Ernst Axel, Who Destroyed Megiddo VIA?, BN 103, 2000, 30-35.
  • Kreuzer, Siegfried, Palästinaarchäologie aus Österreich: Ernst Sellins Ausgrabungen auf dem Tell Ta‘annek in Israel (1902-1904); in: Zeitenwechsel und Beständigkeit. Beiträge zur Geschichte der Evangelisch-theologischen Fakultät in Wien 1821-1996 (Schriftenreihe des Universitätsarchivs 10), 1997, 257-276.
  • Kreuzer, Siegfried, Die Ausgrabungen des Wiener Alttestamentlers Ernst Sellin in Tell Ta‘annek (Taanach) von 1902 bis 1904 im Horizont der zeitgenössischen Forschung, Protokolle zur Bibel 13 (2004), 107-130.
  • Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (Wiener Alttestamentliche Studien 5), Wien / Frankfurt 2006.
  • Kreuzer, Siegfried, Die Ausgrabungen in Tell Ta‘annek / Taanach, in: ders. (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 13-34.
  • Kreuzer, Siegfried, Die Bildkomposition des Rollsiegels TT 13, in: ders. (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 71-74.
  • Kreuzer, Siegfried, Ernst Sellin und Gottlieb Schumacher, in: Charlotte Trümpler (Hg.), Das große Spiel. Archäologie und Politik zur Zeit des Kolonialismus (1860-1940), Essen 2008, 136-145.655f.
  • Kreuzer, Siegfried / Schipper, Friedrich T., Tell Ta‘annek – das biblische Taanach. Ernst Sellins Ausgrabungen im wissenschaftsgeschichtlichen Kontext: 100 Jahre „Nachlese auf dem Tell Ta‘annek in Palästina“, in: Wiener Jahrbuch für Theologie 2006, Wien 2006, 287-309.
  • Kreuzer, Siegfried, Menschen ohne Namen? 1Kön 4,7-19 im Lichte der Personennamen aus Tell Taanach, in: Peter Mommer / Andreas Scherer (Hgg.), Geschichte Israels und deuteronomistisches Geschichtsdenken (FS Winfried Thiel; AOAT 380), Münster 2010, 164-179.
  • Liphschitz, Nili / Waisel, Yoav, Dendroarchaeological Investigations in Israel (Taanach), IEJ 30 (1980), 136-138.
  • Meehl, Mark William, A Stratigraphic Analysis of the Unpublished Iron I Material from Tell Ta‘annek in Light of Recent Jezreel Valley Excavations, Ph.D John Hopkins University 1995; Microflilm 1996.
  • Muller, Beatrice, Les „Maquettes architecturales“ du Proche-Orient Ancien. Mesopotamie, Syrie, Palestine du Ille au milieu du Ier millénaire av. J.-C. (BAH 160), Beirut 2002.
  • Na’aman, Nadav, Pharaonic Lands in the Jezreel Valley in the Late Bronze Age, in: Heltzer, M. / Lipinski, E. (Hgg.), Society and Economy in the Eastern Mediterranean (c. 1500-1000 B.C.), (OLA 23), Leuven 1988, 177-185.
  • Na’aman, Nadav, Literary and Topographical Notes on the Battle of Kishon (Judges IV-V), VT 40 (1990), 423-436.
  • Na’aman, Nadav, The Hurrians and the End of the Middle Bronze Age in Palestine, Levant 26 (1994), 176-179.
  • Niemann, Hermann Michael, Taanach und Megiddo: Überlegungen zur strukturell-historischen Situation zwischen Saul und Salomo, VT 52 (2002), 93-102.
  • Niemann, Hermann Michael, Kern-Israel im samarischen Bergland und seine zeitweilige Peripherie: Megiddo, die Jesreel-Ebene und Galiläa im 11. bis 8. Jh. v.Chr. Archäologische Grundlegung, biblische Spiegelung und historische Konsequenzen, UF 35 (2003), 421-485.
  • Nigro, Lorenzo, The „Nordostburg“ at Tell Ta‘annek. A Reevaluation of the Iron Age IIB Defence System, ZDPV 110 (1994), 168-180.
  • Parr, Peter J., The Origin of the Rampart Fortification of Middle Bronze Age Palestine and Syria, ZDPV 84 (1968), 18-45.
  • Rainey, Ansom F., The military campground at Taanach by the Waters of Megiddo, in: B. Mazar (Hg.), Yigael Aharoni Memorial Volume, Jerusalem 1961, 61*-66*.
  • Rast, Walter E., Priestly Families and the Cultic Structure at Taanach, in: Coogan, Michael D. / Exum, J. Cheryl / Stager, Lawrence E. (Hgg.), Scripture and Other Artifacts (FS Philip J. King), Louisville 1994, 355-365.
  • Stech-Wheeler, T. / Muhly, J. D. / Maxwell-Hyslop K. R. / Maddin, R., Iron at Taanach and Early Iron Metallurgy in the Eastern Mediterranean, American Journal of Archaeology 85 (1981), 245-268.
  • Taha, Hamdan, Prehistoric and early urban mortuary differentiations in Palestine with special reference to Tell Taannek, Diss.phil. FU Berlin 1990.
  • Ziadeh, M. G[hada] H., Change and Continuity in a Palestinian Village. An Archaeological Study of Ottoman Ti‘innek, Ph.D. Dissertation, Darwin College, University of Cambridge 1991.
  • Ziadeh, M. G[hada] H., Ethno-history and „Reverse Chronology” at Ti‘innik, a Palestinian Village, Antiquity 69 (1995), 999-1008.
  • Ziese, Mark S., Persistent Potters of Early Bronze Age Tell Ta‘annek, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 49-60.
  • Zwickel, Wolfgang, Die Kultständer aus Taanach, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 63-70.

  • „Literatur zu den Ausgrabungen und Forschungen zu Tell Ta‘annek / Taanach“, in: Kreuzer, Siegfried (Hg.), Taanach / Tell Ta‘annek. 100 Jahre Forschungen zur Archäologie, zur Geschichte, zu den Fundobjekten und zu den Keilschrifttexten (WAS 5), Wien / Frankfurt, 2006, 121-128 sowie ebd. bei den einzelnen Beiträgen.

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zur Lage von Taanach. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Tell Ta‛annek. Mit Dank an © Palestinian Archaeological Institute, Bir Zeit University
  • Zeltlager der Ausgrabung 1963-1968, Blick vom Tell nach Osten. Mit Dank an © Palestinian Archaeological Institute, Bir Zeit University
  • Der von Sellin gefundene Kultständer aus Taanach (10. Jh. v. Chr.). © Siegfried Kreuzer

PDF-Archiv

Alle Fassungen dieses Artikels ab Oktober 2017 als PDF-Archiv zum Download:

Abbildungen

Unser besonderer Dank gilt allen Personen und Institutionen, die für WiBiLex Abbildungen zur Verfügung gestellt bzw. deren Verwendung in WiBiLex gestattet haben, insbesondere der Stiftung BIBEL+ORIENT (Freiburg/Schweiz) und ihrem Präsidenten Othmar Keel.

VG Wort Zählmarke
die-Bibel.dev.4.17.7
Folgen Sie uns auf: