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Seleukos / Seleukiden

(erstellt: Februar 2006)

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Die Dynastie der Seleukiden wurde von Seleukos I. Nikator begründet und beherrschte in hellenistischer Zeit ein Reich, das sich zumindest zeitweise von Kleinasien über Syrien, Babylonien und Persien bis nach Indien erstreckte und auch Palästina umfasste. In den Syrischen Kriegen kämpften die Seleukiden gegen die in Ägypten herrschenden Ptolemäer um die Vorherrschaft.

1) Seleukos I. Nikator („der Siegreiche“; 358 / 354-281 v. Chr.), der Gründer des Seleukidenreiches, stammte aus Makedonien und war einer der führenden Generäle Alexanders des Großen, insbesondere in Indien. Mit Antigonos (Kleinasien und Asien), Lysimachos (Thrakien) und Ptolemaios I. (Ägypten) gehört er zu den Diadochen („Nachfolgern“) Alexanders des Großen, die nach dessen Tod um das Erbe stritten.

Seleukiden 1

Bei der ersten Teilung des Alexanderreichs 323 v. Chr. hatte Seleukos nichts erhalten. Daraufhin war er 320 v. Chr. an der Ermordung des Perdikkas beteiligt, der als Alexanders Siegelverwalter die Vormundschaft über dessen noch junge Söhne ausübte. Bei der anschließenden Neuverteilung erhielt er Babylonien, konnte die Macht jedoch nicht dauerhaft an sich bringen und musste zu Ptolemaios I. nach Ägypten fliehen. 312 v. Chr. konnte er Babylonien und Persien zurückerobern, nahm 305 v. Chr. den Königstitel an, besiegte 301 v. Chr. gemeinsam mit Lysimachos in der Schlacht bei Ipsos in Kleinasien Antigonos und eroberte damit Kleinasien und Syrien. Jetzt regierte er das größte der Diadochenreiche. In ihm ließ Seleukos nach persischem Vorbild zahlreiche unterschiedliche politische Systeme nebeneinander bestehen (griechische Poleis, Ethnoi etc.). Zusammengehalten wurden sie durch die Person des Königs, zu dem Treueverhältnisse bestanden. 281 v. Chr. besiegte Seleukos den Lysimachos, der in der Schlacht fiel, und eroberte so Thrakien und Makedonien. Jedoch wurde er noch im selben Jahr von Ptolemaios Keraunos, einem Sohn Ptolemaios I., ermordet, der seinerseits das Erbe des Lysimachos antreten wollte.

2) Nachfolger wurde Antiochos I. Soter (*324; 281-261 v. Chr.). Bereits seit 294 v. Chr. war er Mitregent seines Vaters im Osten des Reiches. Mit Ptolemaios Keraunos musste er wegen Unruhen im eigenen Land Frieden schließen und ihm Makedonien überlassen. Nach Kleinasien eindringende Kelten (Galater) siedelte er nach seinem Sieg in der sog. Elefantenschlacht von 275 dort an. Gegen Ptolemaios II. führte er den 1. Syrischen Krieg (274-271 v. Chr.), den er verlor.

3) Antiochos II. Theos (*286; 261-246 v. Chr.) musste sich zu Beginn seiner Herrschaft 261 v. Chr. im 2. Syrischen Krieg (260-253) gegen die Ptolemäer durchsetzen. Er verstieß seine Frau Laodike und heiratete Berenike, die Tochter Ptolemaios II., um das Verhältnis zu seinem Konkurrenten zu stabilisieren; die Mitgift kann aber auch als versteckte Kriegsentschädigung gewertet werden. An der Thronfolge entzündete sich der 3. Syrische Krieg (246-241 v. Chr.), denn Laodike reklamierte diese für ihren Sohn Seleukos. Berenike machte daraufhin ihren Sohn, dessen Name unbekannt ist, zum König und rief ihren Bruder Ptolemaios III. um Hilfe an. Dieser drang mit seinem Heer tief in das seleukidische Herrschaftsgebiet ein, konnte jedoch nicht verhindern, dass Berenike getötet wurde (vgl. Dan 11,5-8). 241 v. Chr. musste er sich wegen Unruhen in seinem ägyptischen Stammland wieder zurückziehen und Seleukos II. als Seleukiden-Herrscher anerkennen.

4) Seleukos II. Kallinikos (*265, 246-226 v. Chr.) konnte sich zwar als Thronerbe durchsetzen, verlor aber wichtige Häfen im Mittelmeerraum und war insgesamt ein wenig erfolgreicher Herrscher.

5) Seleukos III. Soter Keraunos (*243, 226-223 v. Chr.) regierte ab 226 v. Chr. Er wurde von eigenen Soldaten ermordet.

6) Antiochos III. Megas (*242, 223-187 v. Chr.), Bruder Seleukos’ III., musste anfangs mehrere Aufstände niederschlagen. Danach kam er in den palästinischen Raum, wurde aber von Ptolemaios IV. Philopator (221-204 v. Chr.) in der Schlacht von Raphia 217 v. Chr. nahe der ägyptischen Grenze zurückgeschlagen (4. Syrischer Krieg, 219-217 v. Chr.) und konnte auch die Mittelmeerküste nicht für sich einnehmen. In der Folgezeit erweiterte er sein Reich, was starken Eindruck in der antiken Welt hinterließ. Er legte sich den Titel der persischen Großkönige zu und beanspruchte so deren Nachfolge (‚Megas’ ist ursprünglich kein Beiname, sondern die Verkürzung des Titels ‚megas basileus’, die griechische Übersetzung des persischen Großkönigstitels). Im 5. Syrischen Krieg (202-198 v. Chr.) eroberte Antiochos III. den syro-palästinischen Raum und beendete die Herrschaft der Ptolemäer in Juda (Josephus, Antiquitates XII, 129-153 Text gr. und lat. Autoren; Dan 11,9-20). Der Übergriff auf Griechenland und damit auf Europa scheiterte 192 v. Chr. an den Römern, die Antiochos kurz vor seinem Tod noch einmal vernichtend schlugen.

7) Seleukos IV. Philopator (*218, 187-175 v. Chr.) erbte ein durch römische Kriegsentschädigungsansprüche finanziell desolates Reich und versuchte, es wieder zu stärken. Er wurde von seinem Minister Heliodor ermordet, worauf sich Dan 11,20 bezieht.

8) Antiochos IV. Epiphanes (um *215, 175-164 v. Chr.; → Antiochos IV.), führte den 6. Syrischen Krieg (169-168 v. Chr.), der ihn zweimal nach Ägypten führte. Auf den Rückwegen plünderte er den Jerusalemer Tempel und ließ dort Besatzungssoldaten zurück. Die Umwidmung des Tempels an Zeus Olympios löste den Makkabäeraufstand aus (167-160 v. Chr.). Dass er zuvor eine Zwangshellenisierung in Juda durchgeführt hat, ist unwahrscheinlich und widerspricht dem Bericht in 2Makk 4,7-10, der die Initiative dem Hohenpriester Jason zuschreibt. Die Abschaffung identitätsstiftender jüdischer Bräuche nach dem zweiten Rückzug aus Ägypten ist jedoch belegt (1Makk 1,44-50; Josephus, Antiquitates XII, 253-256; Text gr. und lat. Autoren). Ein Großteil der Vision in Dan 11 ist ihm gewidmet (vv21-45).

9) Antiochos V. Eupator (164-162 v. Chr.) trat 164 schwach die Nachfolge an, konnte den Makkabäeraufstand nicht niederwerfen, sondern musste einen Kompromiss eingehen.

10) Demetrios I. Soter (162-150 v. Chr.) kämpfte wieder gegen die Makkabäer. Er wurde von dem Usurpator Alexander I. Balas ermordet. Nach dessen Tod 145 v. Chr. regierten wieder Seleukiden das Reich, die allerdings angesichts innerfamiliärer Streitigkeiten jeweils nur eine kurze Zeit amtieren konnten und weite Gebiete an Parther und Römer verloren.

Im Jahr 64 v. Chr. hat der römische Feldherr Pompejus den letzten Seleukiden, Antiochos XIII., abgesetzt und sein Gebiet als Provinz Syria in das Römische Reich eingegliedert.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Der Neue Pauly, Stuttgart / Weimar 1996-2003
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998ff.
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Bickerman, Elias J., The Jews in the Greek Age, Cambridge (Mass./USA) / London, 1988
  • Fischer, Thomas, Seleukiden und Makkabäer, Bochum 1980
  • Gehrke, Hans-Joachim, Geschichte des Hellenismus, München 2. Aufl. 1995
  • Haag, Ernst, Das hellenistische Zeitalter. Israel und die Bibel im 4. bis 1. Jahrhundert v. Chr. (BE 9), Stuttgart 2003
  • Sasse, Markus, Geschichte Israels in der Zeit des Zweiten Tempels. Historische Ereignisse – Archäologie – Sozialgeschichte – Religions- und Geistesgeschichte, Neukirchen-Vluyn 2004 (Lit.!)

Abbildungsverzeichnis

  • Das Reich der Diadochen. Aus: Wikimedia Commons; © Captain_Blood, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-3.0; Zugriff 17.1.2006

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