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Schwalbe

(erstellt: März 2010)

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Die Schwalbe kommt im Vorderen Orient vor allem als Zugvogel vor. Sie brütet in Europa und Asien, überwintert aber im südlichen Afrika. In Ägypten wurden Schwalben u.a. zu Regenerationssymbolen.

Für mehrere hebräische und griechische Tiernamen wird die Übersetzung „Schwalbe“ vorgeschlagen, so für:

1) דְּרוֹר dərôr Ps 84,4; Spr 26,2, doch handelt es sich bei dieser onomatopoetischen Bezeichnung, die inschriftlich in Tell Dēr ‘Allā (→ Sukkot [Tell Der Alla]; I 8) belegt ist, eher um eine (wilde?) Taubenart als um die Schwalbe (vgl. LXX [τρυγών]; Müller, Funktion, 198f; ders., Problem, 136, anders Driver, 131). Dieser Vogel, der sich häufig in der Nähe menschlicher Behausungen aufhält, baut sein Nest bei den Altären JHWHs und wird daher für den Beter von Ps 84 zum Bild für seinen Wunsch, die schützende Gottesnähe im Tempel zu erfahren (Ps 84,4). Das ziellose Hin- und Herfliegen von דְּרוֹר dərôr und צִפּוֹר ṣippôr, die sich lange in der Luft aufhalten können, ohne zu landen, hat Spr 26,2 vor Augen, wo ein unbegründeter Fluch mit dem Fliegen dieser Vögel verglichen wird: Ein solcher Fluch bleibt in der Luft und trifft den Verfluchten nicht (vgl. Meinhold, 437).

2) Dagegen steht סוּס sûs bzw. סִיס sîs in den Verbindungen sûs ‘āgûr in Jes 38,14 (zum Text vgl. Wildberger, BK X/3, 1443f) bzw. sûs (Qere: sĭs) wə‘āgûr in Jer 8,7 (vgl. ferner ss ‘gr in Dēr ‘Allā I 7) vermutlich für die Schwalbe (so Müller, Problem, 137) bzw. für Turmschwalbe / Mauersegler (so Driver, 131; Köhler, 38). Beide Vögel wurden wegen ihres ähnlichen Aussehens leicht verwechselt. Auch die Bezeichnung sûs / sîs hat einen onomatopoetischen Hintergrund: Sie bezieht sich auf die typischen Rufe „si - si - si“ (vgl. Müller, Funktion, 197f; ders., Problem, 136f und modern-arabisch sîs „Mauersegler“). ‘āgûr dagegen könnte die Kurzfußdrossel meinen (so Köhler, 38f, zur Diskussion vgl. auch HAL 740; Driver, 131f). Sowohl sîs als auch ‘āgûr sind Zugvögel und werden als solche zum Vorbild des Menschen, weil sie sich an den göttlichen Ordnungen orientieren (Jer 8,7, zur Stelle s. Wanke, 96f). In Jes 38,14 vergleicht ein Kranker sein Stöhnen mit dem Ruf eines sîs (vgl. Riede).

3) Bar 6,22 nennt Schwalben (griech. χελιδών chelidōn) im Zusammenhang einer Götterbildpolemik.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Paulys Realencyclopädie, Stuttgart, 1893-1978
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Cansdale, G., Animals of the Bible, Exeter 1970, 185-187
  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina I, Gütersloh 1928, 389f
  • Douglas van Buren, E., The Fauna of ancient Mesopotamia. Represented in Art, Rom 1939, 87
  • Driver, G.R., Birds in the Old Testament, PEQ 87 (1955), 5-20.129-140, bes. 131f
  • Feliks, J., The Animal World of the Bible, Tel Aviv 1962, 61.85.89
  • Heimpel, W., Tierbilder in der sumerischen Literatur (StP 2), Rom 1975, 401-406
  • Møller-Christensen, V. / Jordt Jørgensen, Biblisches Tierlexikon, Konstanz 1969, 126f
  • Janowski, B. u.a. (Hgg.), Gefährten und Feinde des Menschen, Neukirchen-Vluyn 1993, Reg. s.v. Schwalbe, Mauersegler
  • Köhler, L., Kleine Lichter. Fünfzig Bibelstellen erklärt, Zürich 1945, 35-39
  • Meinhold, A., Die Sprüche (ZBK.AT 16/2), Zürich 1991
  • Müller, H.-P., Die Funktion divinatorischen Redens und die Tierbezeichnungen der Inschrift von Tell Deir ‘Allā, in: J. Hoftijzer / G. van der Kooij (Hgg.), The Balaam Text from Deir ‘Allā re-evaluated, Leiden 1991, 185-205, 197-200
  • Müller, H.-P., Das Problem der Tierbezeichnungen in der althebräischen Lexikographie, SEL 12 (1995), 135-147
  • Parmelee, A., All the Birds of the Bible, New York 1959, 161f.184ff
  • Pinney, R., The Animals of the Bible, Philadelphia 1964, 170
  • Riede, P., Im Netz des Jägers. Studien zur Feindmetaphorik der Individualpsalmen (WMANT 85), Neukirchen-Vluyn 2000, 305-307
  • Schouten van der Velden, A., Tierwelt der Bibel, Stuttgart 1992, 86f
  • Wanke, G., Jeremia (ZBK.AT 20/1), Zürich 1995
  • Wildberger, H., Jesaja. 3. Teilband: Jesaja 28-39 (BK X/3), Neukirchen-Vluyn 1982
  • Wünsche, A., Die Bildersprache des Alten Testaments. Ein Beitrag zur aesthetischen Würdigung des poetischen Schrifttums im Alten Testament, Leipzig 1906, 86

Abbildungsverzeichnis

  • Schwalbe. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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