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Schöpfung (NT)

(erstellt: September 2022)

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1. Einleitung und Definition

Das Wort „Schöpfung“ hat verschiedene Bedeutungen, wie sich exemplarisch an den unterschiedlichen Konnotationen von „Schöpfung“ in den folgenden beiden Sätzen zeigen lässt.

Bsp. 1: Paulus meint in 2Kor 4,6 die Erschaffung des Lichts inmitten der Dunkelheit am ersten Tag der Schöpfung (vgl. Gen 1,2f).

Bsp. 2: Die Bewahrung der Schöpfung ist ein wichtiges Ziel von religiösen Umweltinitiativen.

Während im ersten Satz der Prozess göttlichen Schaffens am Anfang der Welt gemeint ist, geht es im zweiten Satz um den Schutz von Natur sowie von klimatischen und ökologischen Gegebenheiten. Unter Schöpfung versteht man demnach mindestens zweierlei:

A) Schöpfung als Prozess (Handlung): Schöpfung bezeichnet göttliche Handlungen zur Erschaffung, Erhaltung und Vollendung der Welt bzw. von allem, was existiert.

B) Schöpfung als Resultat (Geschaffenes): Schöpfung meint auch die Objekte bzw. das Ergebnis dessen, was Gott schafft, erhält und vollendet, also die Welt bzw. das All und alles, was sich darin befindet, sowie grundlegende Strukturen (wie z.B. die Sieben-Tage-Struktur als zeitliche Ordnung).

Mit Schöpfung als Handlung hängen Subjekte (z.B. Gott als Schöpfer), Verben (z.B. erschaffen), Zeitangaben (z.B. am Anfang) und Materialien (z.B. aus Staub von der Erde) zusammen. Während bei einem engen Verständnis Schöpfung auf den Prozess (A) beschränkt bleibt, wird bei einem erweiterten Verständnis auch das Geschaffene (B) in den Blick genommen. Zu Schöpfung als Prozess (A) ist anzumerken, dass mit Erschaffung nicht nur das Hervorrufen von etwas, das vorher nicht existiert hat (Röm 4,17), gemeint ist, sondern auch das Anordnen, Trennen, Bearbeiten und Benennen von dem, was bereits da war (z.B. das Zusammensetzen [συνίστημι / synistēmi] von Land aus dem Wasser heraus, 2Petr 3,5).

Die oben genannten Schöpfungshandlungen können auf verschiedene Art und Weise vollzogen werden, sei es durch das Wort (2Petr 3,7) oder durch die Tat (Apg 17,24: Gott, der den Kosmos gemacht hat [ποιέω / poieō]; Apk 10,6: der den Himmel … und die Erde … und das Meer … erschaffen / gegründet hat [κτίζω / ktizō]). Die verschiedenen anthropomorphen Metaphern (Sprechen, Machen, Gründen usw.) akzentuieren jeweils andere Aspekte schöpferischen Handelns. Erschaffen wird meist mit der ersten Schöpfung am Anfang (creatio prima / originans), Erhalten in der Regel mit der kontinuierlichen Schöpfung (creatio continua) und Vollenden meist mit der Neuschöpfung (creatio eschatologica / nova) verknüpft (→ Schöpfung AT), wobei diese Handlungen nicht auf eine dieser Schöpfungsarten beschränkt bleiben (Vollendung ist ein Aspekt der ersten Schöpfung in Gen 2,1-3, Geburten als Prozesse der individuellen Erschaffung von Menschen und Tieren ereignen sich immer wieder usw.).

Beispiele für das Geschaffene (B) sind Himmelskörper, der Himmel, die Erde, Wetterphänomene (Scheinen des Lichts, Dunkelheit, Wind, Donner), Menschen, Tiere (Lämmer, Schafe, Fische), Pflanzen (Weizen, Weinstock), Ressourcen (Wasser) usw. Der Bereich des Geschaffenen fokussiert also Objekte der Schöpfung, die teilweise selbst zum Material werden, aus dem anderes entsteht (z.B. ist Erde / Staub das Objekt der Schöpfung, woraus wiederum der Mensch geformt wird).

2. Schöpfungsterminologie

Zur Schöpfungsterminologie können alle Wörter gerechnet werden, deren semantisches Potential und entsprechender Kontext schöpfungstheologische Konnotationen nicht ausschließen (Shoukry 2023). Zur Schöpfungsterminologie gehören Wörter der Wurzel *κτι- (*kti-: κτίζω / ktizō [„schaffen“] [Mt 19,4], κτίσις / ktisis [„Schöpfung“ [Mk 10,6] / „Geschöpf“], κτίσμα / ktisma [„Geschöpf“] [1Tim 4,4], κτίστης / ktistēs [„Schöpfer“] [1Petr 4,19], παντοκτίστης / pantoktistēs [„Allschöpfer“ / „Gründer aller Dinge“] [Diog 7,2], συγκτίζω / synktizō [Passiv: „zusammen mit etwas erschaffen werden“] [Sir 1,14 LXX], θεόκτιστος / theoktistos [„gottgeschaffen“] [Arist 201]). Die Besonderheit dieser Wortgruppe ist, dass sie innerhalb der biblischen und weiteren frühjüdischen / frühchristlichen Schriften fast ausschließlich als Schöpfungsterminologie verwendet werden. Die Schöpfungsterminologie auf die Wurzel *kti- zu reduzieren, wäre allerdings eine Engführung, die der Breite des Spektrums zur Entstehungszeit des NT nicht gerecht wird. Weitere Beispiele dieses Bedeutungsbereichs (mit jeweils einer exemplarischen Belegstelle) sind: γενέτις / genetis („Ursprung, Erzeugerin, Mutter, Schöpferin“, Weish 7,12), γενεσιάρχης / genesiarchēs („Urheber“, Weish 13,3), γενεσιουργός / genesiourgos („Schöpfer“, Jub 11,17), κοσμογένεια / kosmogeneia („Weltschöpfung“, Origenes, Contra Celsum 6,29), κοσμογονία / kosmogonia („Weltschöpfung“, Clemens, Stromateis 5,14), κοσμοπλαστέω / kosmoplasteō („die Welt schaffen“, Philo, De migratione Abrahami 6), κοσμοπλάστης / kosmoplastēs („Weltschöpfer“, Philo, De plantatione 3), κοσμοποιέω / kosmopoieō („die Welt machen/schaffen“, Philo, Legum allegoriae III,96) κοσμοποιητής / kosmopoiētēs („Weltschöpfer“, Corpus hermeticum Excerpt 23,64), κοσμοποιητικός / kosmopoiētikos („schöpferisch“, Philo, De opificio mundi 21), κοσμοποιία / kosmopoiia („Weltschöpfung“, 4Makk 14,7), κοσμοποιός / kosmopoios („Weltschöpfer“, Philo, De opificio mundi 7), τεχνῖτις / technitis („Handwerkerin, Künstlerin, Werkmeisterin“, Weish 8,6).

Neben diesen Wörtern, die in biblischen und weiteren frühjüdischen Schriften (nahezu) ausschließlich als Schöpfungsterminologie verwendet werden, gibt es Wörter, die in bestimmten Kontexten eindeutige Bezüge zur Schöpfung aufweisen können, aber in anderen Kontexten nicht unbedingt auf Schöpfung bezogen sind. Ein Beispiel hierfür ist ποιέω / poieō („machen“, „schaffen“), das etwa in Apg 14,15 eindeutig auf Schöpfung bezogen ist, aber an vielen weiteren Stellen andere und auch menschliche Handlungen ausdrücken kann. Weitere Wörter dieser Kategorie sind z.B.: γίνομαι / ginomai („entstehen, werden, geschehen“, Joh 1,3), ἐργάζομαι / ergazomai („arbeiten, tätig sein, schaffen, wirken“, Joh 5,17), ζῳοποιέω / zōiopoieō („lebendig machen, beleben“, Joh 5,21).

Die meisten der bisher genannten Wörter lassen sich dem Bedeutungsbereich A zuordnen (Schöpfung als Prozess). Würde man versuchen, die Wörter des Bedeutungsbereichs B (Schöpfung als Resultat) zusammenzustellen, hätte man eine nahezu endlos fortzusetzende Liste (vgl. den Ansatz eines Versuchs bei Moore). Hierzu zählen die Wörter „Himmel“, „Erde“, „Kosmos“, „Licht“, „Leben“, „alles / alle Dinge / das All“ (πᾶς / pas / (τὰ) πάντα / [ta] panta), „Erstgeschaffener / Erstgeformter“ (πρωτόπλαστος / prōtoplastos [Weish 7,1; Weish 10,1]), „Gebilde / Geschöpf“ (πλάσμα / plasma [Röm 9,20]), „Gemachtes / Gebildetes / (Schöpfungs-)Werk“ (ποίημα / poiēma [Röm 1,20]) usw. Ausgehend von der genannten Definition sowie dem angedeuteten Spektrum der Schöpfungsterminologie werden im Folgenden Texte und Stellen hervorgehoben, die im Zusammenhang mit der Schöpfungsthematik eine Rolle spielen.

3. Schöpfungstexte

3.1. Prä- und Inter-Texte des Neuen Testaments

In vielen Prä- und Inter-Texten des NT werden Schöpfungskonzeptionen aus Gen 1-3 und anderen Stellen des AT rezipiert (Jub 2; 4Esr 6; slawHen 24-33; Sib 1,5-35; Sib 3,8-25) und darüber hinaus auch eigene schöpfungstheologische Konzeptionen entwickelt. Dazu gehören etwa

  • die Verknüpfung von → Geist und Schöpfung (Jdt 16,14; Weish 15,11),
  • die → König-Metapher als Ausdruck für Gott als Schöpfer (Jdt 9,12; Tob 13,7.16; Sib 1,7),
  • die Schöpfung als Anfang (Jub 1,27 // 4QJubileesa IV 7; Jub 4,15; äthHen 69,17-18; LibAnt 1,1; 4Esr 3,4; 4Esr 6,1.38; syrBar 21,4; syrBar 48,7; slawHen 24,2; slawHen 47,2; Sib 3,16; Philo, De opificio mundi 26; De sacrificiis Abelis et Caini 8; De plantatione 93; Quis rerum divinarum heres sit 122; De praemiis et poenis 1; Josphus, Antiquitates judaicae 1,27; 8,280),
  • Adam und Eva als → ersterschaffene Menschen (v.a. Vita Adae et Evae),
  • die Dialektik von Schöpfung und Neuschöpfung (Jub 1,29; äthHen 72,1; äthHen 91,15-16; Liber Antiquitatum Biblicarum 3,9-10),
  • die Markierung eines Neubeginns bzw. von Neuschöpfung durch den achten Tag als Wiederkehr des ersten Schöpfungstages (Joseph und Aseneth 9,5; 11,1; slawHen 33,1-2),
  • der → Sabbat als gesegneter Ruhetag und Höhepunkt der Schöpfung (Jub 2)
  • sowie das Ringen mit der Aufhebung der → Flüche des Schöpfers (die Auferstehungsthematik als Überwindung des Sterblichkeit-Fluchs in der Apokalypse des Mose 28,4).

Der frühjüdische Kontext ist der dominante Schriftenbereich neutestamentlicher Schöpfungskonzeptionen. Es gibt aber auch einige gewichtige Verwandtschaften zwischen biblischen und stoischen sowie anderen griechischen Schöpfungsvorstellungen:

  • Die Entstehung der Welt kann auf Gott zurückgeführt werden (Seneca, Brief Nr. 65; Plutarchus, Moralia 1014a-b / De animae procreatione in Timaeo 5; anders Cicero, De natura deorum 1,18-56).
  • Der erschaffene Mensch ist geformter Lehm / Ton bzw. Schlamm ([Pseudo-]Apollodor, Bibliothek 1,7.1; Lucianus, Prometheus 13).
  • Der Mensch ist göttliches Ebenbild (Epiktet, Lehrgespräche 1,1,11; Lucianus, Prometheus 11-17).
  • Der Logos hat schöpferische und schöpfungserhaltende Funktion (Seneca, Brief Nr. 65,12; Plutarchus, Moralia 373b-c / De Iside et Osiride 54; Plutarchus, Moralia 436d / De defectu oraculorum 47; Mark Aurel, Selbstbetrachtungen 5,32).

Selbstverständlich sind diese Vorstellungen nicht identisch mit den biblischen, da z.B. Gott und Logos anders als im NT weniger personal konzipiert werden und teilweise eher abstraktere Größen sind. Nichtsdestotrotz lassen sich einige Verbindungslinien erkennen.

Als Vertreter von jüdischen Philosophen, die teilweise um die Verbindung des frühjüdischen Schöpfungsglaubens mit anderem zeitgenössischem Gedankengut bemüht sind, müssen zumindest → Aristobulos, → Philo und → Josephus genannt werden. Aristobulus (Fragm. 5) versteht z.B. das geschaffene Licht metaphorisch als Sophia, von der alles Licht und Erkennen ausgeht, wobei er peripatetische Ansätze mit denen von „Salomo“ vergleicht (er denkt wohl besonders an Weish). Philo widmet der Weltentstehung ein ganzes Buch (De opificio mundi) und kommt auch in seinen Genesis-Auslegungen (Legum allegoriae. Quaestiones et solutiones in Genesim) sowie andernorts auf seine schöpfungstheologischen Positionen (z.B. Schöpfungsmittlerschaft des Logos) zu sprechen. Josephus stellt die Schöpfung und das Paradies an den Anfang seiner Geschichte des jüdischen Volks (Antiquitates judaicae 1,27-51).

3.2. Evangelien

3.2.1. Synoptische Evangelien

Die Bergpredigt (Mt 5-7) spricht die Universalität der Schöpfergüte (Mt 5,45.48) sowie die Fürsorge und Vorsehung des Schöpfers an (Mt 6,25-34 // Lk 12,22-32; Mt 7,9-11 // Lk 11,11-13; außerhalb der Bergpredigt am Beispiel der Spatzen: Mt 10,29-31 // Lk 12,6-7).

Der Himmel kommt nicht nur als unsichtbarer Aufenthaltsort von Gott und Engeln vor, sondern auch als geschaffener Himmel, der z.B. als Lebensraum für die Vögel auftaucht (Mt 8,20 // Lk 9,58). Außerdem bildet der Himmel zusammen mit der Erde einen Merismus, der die Ganzheit der geschaffenen Welt ausdrückt (Mt 5,18 // Lk 16,17; Mt 11,25 // Lk 10,21).

Das Verhältnis des Menschen zur Schöpfung ist dergestalt, dass er sie wahrnehmen und daraus Schlüsse ziehen kann (Mt 16,2-3 // Lk 12,56). Durch den Glauben können Menschen Anteil an der Schöpfermacht Gottes bekommen und Gegebenheiten der Schöpfung sogar verändern (Mt 17,20 // Mk 11,23: Berge versetzen, was laut Mt 21,18-22 // Mk 11,12-14 größer ist, als einen Feigenbaum zu verfluchen; Lk 17,6: Bäume versetzen). Der Kosmos (bzw. die Schöpfung, Mk 13,19) hat einen Anfang (Mt 13,35; Mt 24,21; Mt 25,34) sowie ein Ende (Mt 28,20; Mt 24,35 // Mk 13,31; Lk 21,33) und ihm widerfährt schließlich eine Wiederentstehung (der „neue Geburtstag“, παλιγγενεσία / palingenesiaMt 19,28).

Was die Lehre Jesu angeht, ist hervorzuheben, dass in der Diskussion um die Ehescheidung der markinische sowie der matthäische Jesus mit Gen 1,27 und Gen 2,24 explizit schöpfungstheologisch argumentieren (Mk 10,6-8 // Mt 19,4-6). Darüber hinaus wird das Schlüsselthema vom Königreich Gottes mit seiner Herrschaft als Schöpfer verknüpft (Driggers).

Aber nicht nur die Lehre, sondern auch die Wunder und Heilungen werden schöpfungstheologisch gelesen, wie etwa die Sturmstillung in Mk 4,35-41 (// Mt 8,23-27; Lk 8,22-25), die Totenauferweckung in Mk 5,21-24.35-43 (// Mt 9,18-19.23-26; Lk 8,40-42.49-56), der Seewandel in Mk 6,45-52 (// Mt 14,22-33, vgl. auch Joh 6,16-21) sowie die Heilung eines Taubstummen in Mk 7,31-37 (// Mt 15,29-31) – vgl. auch die Summarien in Mt 11,5 // Lk 7,22. Hinsichtlich Mk 7 wird argumentiert, dass die Formulierung er hat alles gut gemacht (Mk 7,37) eine Anspielung auf Gen 1,31 ist (Ahearne-Kroll).

In der Auferstehungsperikope (Mk 16,1-7 par.) werden besonders drei Motive mit der Schöpfungsthematik in Verbindung gebracht: der Sabbat, der erste Tag der Woche (Mk 16,1 // Mt 28,1; Lk 24,1) und die aufgehende Sonne (Mk 16,2). Der Sabbat gilt als der Tag, an dem sich Gott von seinem Schöpfungswerk ausruhte. Am ersten Tag der Schöpfungswoche erstrahlt das Licht im Chaos der Dunkelheit. Der erste Tag der Woche in Mk 16 markiert den Beginn der Neuschöpfung, an dem ebenso die Sonne aufgeht.

Alles in allem kann man sagen, dass es in den synoptischen Evangelien auch, aber weniger um Schöpfung als Prozess (A), sondern eher um Schöpfungsmotive im Sinne der Definition B (das Geschaffene) geht. Anders als im Johannesevangelium (JohEv) und bei Paulus werden kaum eigenständige, explizite schöpfungstheologische Konzeptionen entwickelt, sondern diese scheinen vielmehr vorausgesetzt zu sein. Zu wesentlichen Aspekten der synoptischen Schöpfungstheologie zählt die Vorstellung von Anfang und Ende der Schöpfung sowie von Gott als Erhalter. Während Paulus die anthropologische Dimension der Neuschöpfung hervorhebt (Verwandlung von Menschen), spielt die Natur bei den Synoptikern eine größere Rolle.

3.2.2. Johannes

Teilweise wird vom JohEv behauptet, dass Schöpfung ein Randthema sei, das nur vereinzelt vorkomme, nämlich nur in Joh 1,1-4.10; Joh 17,5.24 (Becker, 96). Demgegenüber kann gezeigt werden, dass die Rede vom präexistenten Logos, der vor der Schöpfung (Joh 17,5.24) bei Gott war und durch den alles bzw. der Kosmos geschaffen wurde (Joh 1,1-4.10), eine Leseanweisung ist, auch über den Prolog (Joh 1,1-18) und das hohepriesterliche Gebet (Joh 17) hinaus nach Spuren von Jesus als Schöpfer und von Schöpfungsbildlichkeit bzw. -motiven („creation imagery“, Sosa Siliezar) zu suchen.

Schöpfung (NT) 01
Im Prolog sind die Schöpfungsmotive Licht und Dunkelheit, Leben sowie das Verb γίνομαι / ginomai Beispiele (Zimmermann 2020, 119). Außerhalb des Prologs ist das wohl beste Beispiel die Stelle Joh 5,17, die häufig in Zusammenhang mit Gen 2,1-3 gebracht wird; es geht dabei um die Frage, wie sich das Ruhen des Schöpfers am Sabbat mit seiner kontinuierlichen Erhaltungstätigkeit vereinbaren lässt (creatio continua). Der johanneische Jesus behauptet, wie auch sein Vater andauernd zu wirken (Zimmermann / Shoukry). Daneben wird die Gabe des Geists in Joh 20,22, die mit dem Anhauchen verknüpft wird, als ein Schöpfungsakt inszeniert (es wird dasselbe Verb verwendet wie in Gen 2,7 und Weish 15,11, nämlich ἐμφυσάω / emphysaō). Heilungen (Joh 4; Joh 5; Joh 9; Joh 11) und andere Wunder (Weinwunder, Speisungswunder, Seewandel, Auferstehung usw.) bringen die (neu-)schöpferische Macht Jesu über Gesundheit, Leben und Tod (Kok) sowie über die Natur zum Ausdruck (Gradl, 23), weswegen die Werke Jesu als Schöpfungswerke interpretiert werden können (Sosa Siliezar), was teilweise durch bestimmte Schöpfungsmotive zusätzlich unterstrichen wird (etwa der geformte Schlamm in Joh 9,6, Shoukry 2021). Jesus gibt Leben und belebt wie der Schöpfer (Joh 5,21). Darüber hinaus findet sich in Joh 3,31 ein Anklang an die Anthropogonie: Der Mensch ist (anders als der von oben kommende Christus) nur aus der Erde (Gen 2,7; Gen 3,19). Die Metaphern Vater, König (Joh 18,36-37) und Gärtner (Joh 20,15) können als Andeutungen auf das Verhältnis von Gott bzw. Jesus als Schöpfer zur Schöpfung gesehen werden. Und auch der Garten an sich wird als Paradies-Motiv gedeutet (Zimmermann 2008). Der achte Tag (Joh 20,26) als neuer erster Tag der Woche (Joh 20,1) nach dem großen Sabbat (Joh 19,31) kann als Anbruch der neuen Schöpfungswoche verstanden werden (Weidemann).

Das JohEv thematisiert wie die Synoptiker das kontinuierliche Schöpfungshandeln. Charakteristisch ist für das JohEv vor allem die prominente Rolle, die Jesus schon bei der creatio prima zugeschrieben wird.

3.3. Apostelgeschichte

Die Jerusalemer Gemeinde preist nach lukanischer Darstellung in ihrem Gebet in Apg 4,24 Gott als Schöpfer von Himmel, Erde, dem Meer und allem, was darin ist (Marlow / Harris, 3). Jesajanische Schöpfungsvorstellungen von der Größe des Schöpfers werden in der Rede des Stephanus rezipiert (Jes 66,1-2 in Apg 7,49-50). Und Joel wird in der Pfingstrede des Petrus rezipiert (Jo 3,4 in Apg 2,20): Die apokalyptischen Ausmalungen von der Sonne und dem Mond, die sich in Dunkelheit und Blut verwandeln, werden als Ausblicke auf die eschatologische Erneuerung im Sinne einer „de-creation“ (statt „re-creation“) interpretiert (McDonough, 44). Eine Bezeichnung Jesu in der Rede des Petrus in der Halle Salomos kann als Anklang an Jesu schöpferische Tätigkeit gelesen werden, nämlich wenn er Urheber / Fürst des Lebens genannt wird (Apg 3,15).

Laut der → Areopagrede des lukanischen Paulus (Apg 17,22-31) hat Gott, der Schöpfer (ὁ ποιήσας / ho poiēsas), nicht nur den Kosmos als Himmel und Erde geschaffen (Apg 17,24), sondern auch alles, was darin lebt (Apg 17,25), also auch die Menschen (Apg 17,26-29). Als Herr über die Schöpfung erhält Gott sie auch, indem er allen alles gibt (Apg 17,24-25). Diese Thematik wird schon zuvor in der Missionspredigt in Lystra angeschnitten – dort wird exemplarisch vom Regen und von fruchtbaren Zeiten gesprochen (Apg 14,15-17).

3.4. Paulinische Briefe

3.4.1. Protopaulinische Briefe

Schon zu Beginn des Römerbriefs finden sich wichtige schöpfungstheologische Passagen (Röm 1,18-23; Röm 2,14-16). Besonders hervorzuheben sind in Röm 1,20 die Zeitangabe seit der Schöpfung des Kosmos (ἀπὸ κτίσεως κόσμου / apo ktiseōs kosmou) sowie die Schöpfungswerke, durch die man prinzipiell auf den Schöpfer zurückschließen könne (vgl. auch Röm 2,14), was nicht automatisch heißt, dass jeder „natürliche“ Mensch (1Kor 2,14) Gott erkennt (Gal 4,8; 1Thess 4,5), obwohl die Welt durch Gottes Weisheit erschaffen wurde und deren Ordnung daher grundsätzlich erkennbar sein müsste (1Kor 1,21.24; vgl. Konradt, 149-150). Götzendienende vertauschen jedenfalls „Geschöpf“ (κτίσις / ktisis) und „Schöpfer“ (ὁ κτίζων / ho ktizōn, Röm 1,25).

Die Sünde der Geschöpfe ist seit dem ersten Menschen Adam als Grundgegebenheit präsent, die zur Sterblichkeit und zum Tod führt (Röm 6,23), wohingegen die Gerechtigkeit des einen Menschen Jesus neues, ewiges Leben für alle ermöglicht (Adam-Christus-Typologie, Röm 5,12-21; 1Kor 15,20-28.44-49). Der Vater schenkt dieses neue Leben durch die Taufe auf Christus (Röm 6,3-4) und durch die Auferweckung, bei der die Vergänglichkeit gegen Unvergänglichkeit getauscht wird (1Kor 15,42-54; zur präsentischen Verwandlung ins Bild des Kyrios vgl. 2Kor 3,18). In Röm 8,11 ist nicht klar, ob in der paulinischen Vorstellung Gott durch den Geist oder der Geist selbst in schöpferischer Kraft die Auferweckung zum neuen Leben bewirkt (vgl. allgemein zur belebenden Funktion 2Kor 3,6). Die Vergänglichkeit betrifft aber nicht nur die Menschen (2Kor 4,18-5,10), sondern die gesamte seufzende, erlösungsbedürftige Schöpfung (Röm 8,19-23; nichtsdestotrotz ist die ganze Tierwelt in paulinischer Sicht rein [Röm 14,14.20], was jedoch nicht unbedingt eine allgemeine Wertschätzung von Tieren implizieren muss, 1Kor 9,9). Grund zur Hoffnung ist, dass Gott als Schöpfer die mächtigste Instanz überhaupt ist (eine andere Instanz wäre etwa der Teufel als Gott [2Kor 4,4] dieses gegenwärtigen, bösen Äons, Gal 1,4) – keine andere „Kreatur“ (κτίσις / ktisis) kann von der Liebe Gottes trennen (Röm 8,39).

Die Souveränität des Schöpfers über die Menschen als Geschöpfe wird in der Töpfer-Ton-Metapher ausgedrückt (Röm 9,20-21; vgl. z.B. Jes 29,16; Jes 45,9). Die Schöpfungstheologie des Römerbriefs gipfelt in der Aussage, dass alles aus Gott, durch ihn und auf ihn hin ist (Röm 11,36).

Ähnlich hymnisch lobt Paulus Gott als Ursprung von allem in 1Kor 8,4-6, wo auch Jesu Beteiligung an der Schöpfung zur Sprache kommt. Gott gehört die ganze Erde und deren Fülle (1Kor 10,26; vgl. Ps 24,1). Er ist es, der in seinem kontinuierlichen Schöpfungswirken den Menschen, Tieren, Pflanzen und den Himmelskörpern ihre Formen verleiht (1Kor 15,36-41). Insofern ist der Pantokrator-Titel für Gott angemessen (2Kor 6,18).

Paulus scheint mit den Schöpfungstexten aus Gen vertraut zu sein, da er sich auf bestimmte Stellen exemplarisch zurückbezieht (1Kor 6,16 vgl. Gen 2,24), u.a. um die patriarchalen Gesellschaftsstrukturen seiner Zeit schöpfungstheologisch zu rechtfertigen (1Kor 11,2-16). Insgesamt will sich Paulus nicht in dieser vergänglichen Welt verlieren, die zeitlich (1Kor 7,29-31; 1Kor 10,11) und räumlich (Röm 10,18) begrenzt ist. Stattdessen weiß er um einen dritten Himmel und redet vom Paradies nicht als einem vor langer Zeit verlorenen Garten, sondern als einem jenseitigen Ort, an den man entrückt werden kann (2Kor 12,2.4). Dass die Gesamtheit der Schöpfung mehr als die wahrnehmbare Erde umfasst, geht auch aus Phil 2,10 hervor („im Himmel und auf Erden und unter der Erde“).

Paulus greift Ez 36,6 in 2Kor 3,3 auf, wodurch der Gedanke der neuen Schöpfung in 2Kor 5,17 vorbereitet wird, die sich durch das Versöhnungsgeschehen auszeichnet und bewusst vom Alten abgegrenzt wird. Explizit kommt die neue Schöpfung (καινὴ κτίσις / kainē ktisis) sonst nur noch in Gal 6,15 vor. Diese durch die Taufe vollzogene Neuschöpfung führt zur innergemeindlichen Aufhebung der sozialen Hierarchien (Gal 3,28).

3.4.2. Deuteropaulinische Briefe

Die Grundlegung des Kosmos markiert den Beginn der Schöpfung (Eph 1,4), dessen Gesamtheit durch den Merismus von Himmel und Erde ausgedrückt wird (Eph 1,10; Kol 1,20); alternativ ist von der ganzen Schöpfung unter dem Himmel die Rede (Kol 1,23), nicht zu verwechseln mit den Elementen der Welt, die der Philosophie zugeschreiben werden, von der eine bewusste Abgrenzung vollzogen wird (Kol 2,8.20). Gott gilt als Schöpfer (Eph 3,9) und universaler Vater von allem (Eph 3,14-15), der auf allem und durch alles und in allem ist (Eph 4,6). Er ist es, der alles belebt (1Tim 6,13). An der Schöpfung ist jedoch nicht nur der Vater, sondern auch der präexistente Sohn als Ebenbild Gottes und Erstgeborener der ganzen Schöpfung beteiligt (Kol 1,15-20, sog. „Schöpfungshymnus“), was seine Überlegenheit gegenüber anderen Mächten oder Wesen impliziert (Kol 2,10.15).

Wie schon in den protopaulinischen Briefen scheinen die Genesis-Schöpfungstexte bekannt zu sein, da beispielsweise Gen 2,24 in Eph 5,28-31 als Beleg für die somatische Einheit von Mann und Frau angeführt wird und die Geschöpfe prinzipiell als gut bewertet werden (1Tim 4,3-4: hier wird wie schon bei Paulus geschlussfolgert, dass es deshalb keine Speisetabus geben sollte, da Gott das geschaffen hat, was verspeist wird).

Es werden aber auch eigenständige theologische Konzeptionen entwickelt, die an die Genesis-Texte anknüpfen und sich gleichzeitig davon abgrenzen. Die Überordnung des Mannes über die Frau wird in 1Tim 2,8-15 gegenüber 1Kor 11 auf die Spitze getrieben: Es wird nicht nur argumentiert, dass Adam zuerst geschaffen wurde und daher die Frau nicht über den Mann herrschen dürfe (was mit einem Lehrverbot für Frauen verbunden wird), sondern auch, dass die Frau verführt worden sei und Adam nicht. Aus dieser Schuld-Situation könne sich die Frau (es wird von Eva auf alle geschlossen) retten, indem sie Kinder zur Welt bringe. Während in Gen 3 der Akzent auf den Schmerzen als Fluch liegt, wird in 1Tim 2 das Gebären positiv gewertet.

Ein weiteres Beispiel für eine gegenüber den Genesis-Texten eigenständige Entwicklung ist Kol 3,9-10: Die Ebenbildlichkeit zum Schöpfer gilt im Kolosserbrief nicht allgemein anthropologisch für alle Menschen, sondern werde erst durch Ablegen des alten (Kol 2,11) und Anziehen des neuen Menschen erreicht – nur so sei man als Mensch im Vollsinn von Gott belebt, ansonsten sei man tot (Kol 2,12-13) und auf die irdische Welt ausgerichtet (Kol 3,2.5). Die Konzeption der Neuschöpfung spiegelt sich außerdem darin wider, dass die Gläubigen als in Christus geschaffenes Werk bezeichnet werden (ποίημα / poiēma, Eph 2,10), wobei diese Neuschöpfung sowohl eine individuelle (Eph 4,24) als auch eine ekklesiologische Komponente hat (Eph 2,15).

3.5. Katholische und restliche Briefe

Wie in den Evangelien und bei den Deuteropaulinen ist die Grundlegung des Kosmos (Hebr 1,10; Hebr 4,3; 1Petr 1,20) der „Anfang der Schöpfung“ (2Petr 3,4). Wie bei Paulus ist alles durch und für Gott erschaffen (Hebr 2,10). Ob bei der Erschaffung durch das Sprechen / Wort (ῥῆμα / rhēma) in Hebr 11,3 an eine Schöpfung aus dem Nichts (creatio ex nihilo) gedacht ist oder an ein Entstehen des Sichtbaren aus dem Unsichtbaren, ist umstritten. Ähnlich wie im Kolosserbrief ist der Sohn als Abbild Gottes an der Schöpfung beteiligt (Hebr 1,1-4), was mit seiner kosmischen Vorrangstellung (in dem Fall gegenüber Engeln) verbunden wird.

Das Diesseits kann als „diese Schöpfung“ bezeichnet werden (Hebr 9,11), dessen Gesamtheit mit dem schriftengruppenübergreifend üblichen Merismus Himmel und Erde ausgedrückt wird (in Hebr 12,26 als Allusion an Hag 2,6; außerdem Jak 5,12). Diese beiden sind aufeinander bezogen, denn die Erde ist auf den Regen aus dem Himmel angewiesen, um Frucht zu bringen (Jak 5,7; vgl. Jud 12: ohne Wurzeln sterben Bäume ab).

Kein Geschöpf kann vor Gott verborgen bleiben, sondern alle sind gegenüber ihrem Schöpfer rechenschaftspflichtig (Hebr 4,13). Insofern hängen Protologie und → Eschatologie zusammen. Gott ist nicht nur Schöpfer und Richter dieser Welt, sondern auch „Baumeister und Schöpfer“ (Lutherübersetzung für τεχνίτης καὶ δημιουργός / technitēs kai dēmiourgos) der eschatologischen Stadt (Hebr 11,10). Dass die Gläubigen als Erstlingsfrucht von Gottes Geschöpfen bezeichnet werden, impliziert wohl, dass es für die verfassende Person von Jak 1,17-18 bei der Neuschöpfung neue κτίσματα / ktismata („Geschöpfe“) gibt, von denen „wir“ die ersten Kinder vom Vater des Lichts sind (soteriologische Deutung, vgl. auch 1Petr 1,3.23). Oder man versteht diese Aussage allgemein und sieht darin eine Spiegelung der frühchristlichen Konzeption von der Vorrangstellung der Menschen in der Schöpfung, die mit ihrer Ebenbildlichkeit zu ihrem Vater begründet wird (Jak 3,9; zur Abwertung der Tiere: 2Petr 2,12; Jud 10). Aus der Ebenbildlichkeit folgt ethisch das Gebot, sich um die Mitmenschen zu kümmern (Jak 1,27), denn wer die Geschöpfe ehrt, der ehrt den Vater, der sich in ihnen widerspiegelt. Trotz der Ebenbildlichkeit kann das, was vom Menschen ausgeht, als irdisch, natürlich und dämonisch verurteilt werden (Jak 3,15, vgl. Jud 19). Demgegenüber wird jede gute Gabe des Schöpfers, die von oben vom Vater des Lichts kommt, aufgewertet (Jak 1,17).

Die (Menschen-)Welt bzw. der Kosmos ist vergänglich (1Joh 2,17): Himmel und Erde samt ihren Elementen und (Schöpfungs-)Werken verbrennen laut 2Petr 3,10-13 („de-creation“), um einem neuen Himmel und einer neuen Erde zu weichen.

3.6. Johannesapokalypse

Wie in den Evangelien und Briefen ist die Grundlegung des Kosmos der Anfang der Schöpfung (Apk 13,8; Apk 17,8). Die Gesamtheit der Schöpfung wird nicht nur durch die Formulierung „alles“ / „das All“ (τὰ πάντα / ta panta, Apk 4,11) ausgedrückt, sondern auch durch die Nennung von zwei (Apk 21,1), drei (Apk 5,3) bzw. vier (Apk 5,13) Bereichen veranschaulicht: Himmel, Erde, unter der Erde, Meer. In Apk 14,7 wird der Bereich unter der Erde weggelassen und stattdessen werden die Wasserquellen genannt. Das vertikale Gegenüber der Erde ist der Himmel (Apk 9,1), das horizontale Gegenüber ist das Wasser als Gegensatz zum trockenen Land (Apk 10,2.5.8), wobei die Erde der Lebensraum der Menschen (Apk 3,10; Apk 6,10; Apk 8,13; Apk 11,10; Apk 13,12.14; Apk 14,6) und Pflanzen (Apk 9,4) und das Wasser der Aufenthaltsort der Geschöpfe des Wassers ist (Apk 8,9). Es wird betont, dass Gott derjenige ist, der alles erschaffen hat (Apk 4,11; Apk 10,6), wobei Jesus der Anfang der Schöpfung ist (ἀρχὴ τῆς κτίσεως τοῦ θεοῦ / archē tēs ktiseōs tou theou), was entweder auf seine Präexistenz und Beteiligung bei der Erschaffung von allem anspielt oder ihn zum ersten Geschöpf erklärt.

Die gegenwärtige Schöpfung ist durch Dürre, Plagen und andere Katastrophen bedroht (Apk 9,3; Apk 11,6); der Untergang kosmischer Elemente wird als Gericht gedeutet (Apk 6,12-17). Diese erste Schöpfung (Apk 21,1) ist letztlich räumlich (Apk 7,1) und zeitlich (Apk 11,18) begrenzt, was u.a. in der Metapher der Ernte (Apk 14,15-16) und der Gläubigen als Erstlingsfrüchten (Apk 14,4) zum Ausdruck kommt. Am Ende steht der Ausblick auf eine universale Neuschöpfung (Apk 21,1-2; Apk 21,5): Im neuen Himmel und auf der neuen Erde wird es kein Leid mehr geben (Apk 21-22).

4. Ausblick

Neutestamentliche Schöpfungstheologie bietet einen Ausweg aus den wenig zielführenden Gegenüberstellungen von Naturwissenschaft vs. Glaube. Das NT ist nicht an naturwissenschaftlichen Fragen der Weltentstehung interessiert, sondern es geht um die Fragen des Ursprungs – nämlich wem die Geschöpfe ihren Ursprung verdanken –, der Erhaltung und des Ziels der Schöpfung. Dabei dient die Natur oft als Anschauungsbereich und Erkenntnisfeld. Womöglich steckt mehr Potential für natürliche Theologie im NT, als bisher angenommen wurde.

Neutestamentliche Schöpfungstheologie kann für heutige Schöpfungsethik fruchtbar gemacht werden. Da die Schöpfung an Gott und Christus zurückgebunden wird, kommt ihr eine prinzipielle Güte zu. Zwar wird nirgends explizit ein Auftrag zur Bewahrung ausgesprochen, allerdings folgt aus Gottes Liebe zum Kosmos die Sendung seines Sohnes, der sich mit den Bedingungen der Schöpfung, ja mit der Geschöpflichkeit selbst identifiziert. Jesus sendet die ihm Nachfolgenden so, wie ihn sein Vater geschickt hat, was eine Hinwendung zur Schöpfung impliziert.

Siehe auch

Literaturverzeichnis

Lexikonartikel

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  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., 1998-2005
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 3. Aufl., 2011 (jeweils die Artikel zu der genannten Schöpfungsterminologie)
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Empfehlungen

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Abbildungsverzeichnis

  • Jesus heilt einen Kranken (232 n. Chr.) http://media.artgallery.yale.edu/duraeuropos/data/christian-building/images/gallery-1/zoom/y-298a-01.jpg , Public Domain

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