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Ritus / Ritual

(erstellt: Mai 2010)

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1. Kultur, Religion und Ritual

In einer Welt und Zeit, die vordergründig sehr ritualarm ist, sind biblische (und außerbiblische) Rituale oft schwer verständlich, undurchsichtig oder einfach nichtssagend. Dies ist allerdings eher ein Echo der modernen Faszination am Mess- und Greifbaren als ein Problem des Rituals an sich. Rituale kennzeichnen auch das Leben eines Menschen, der mit beiden Beinen in der Moderne oder Postmoderne steht. Die Macht des Rituals ist nicht nur in „primitiven“ (oder vor-modernen) Gesellschaften sichtbar, sondern zieht sich auch wie ein Faden durch die Textur unseres Lebens.

Ritual schafft Gemeinschaft und vernetzt Einzelne zu einem größeren Ganzen. Es kommuniziert Werte und komplexe Konzepte in einer Form und Weise, die vergleichbar ist mit einem Geschichtenerzähler, dessen Zuhörer gebannt an seinen Lippen hängt und – selbst ohne Worte – versteht.

1.1. Ritus und Ritual

Ritus und Ritual beschreiben soziales Verhalten, das oft (aber nicht exklusiv) in einem religiösen Kontext erscheint. „Ritus“ soll als die kleinere Sinneinheit verstanden werden, während „Ritual“ die größere, aus vielen Einzelriten bestehende Sinneinheit meint, die in ihrer Ganzheit eine spezifische Botschaft kommuniziert. Die Begriffe Ritual und Ritus werden oft in religiösen Kontexten gebraucht, obwohl Rituale an sich nicht religiös sind (McLeod, auch Bergen, 2005; gegen die sehr begrenzte Definition in Seymour-Smith, 1986, 248). Man denke nur an moderne politische und säkulare Rituale (wie z.B. die Vereidigung eines Präsidenten oder die öffentliche Verleihung eines akademischen Titels) oder an Familienrituale (wie z.B. der fünfzehnte Geburtstag eines Mädchens in lateinamerikanischen Ländern).

„Ritual“ wird in der Religionswissenschaft verschieden definiert (siehe die 24 Definitionen, die Platvoet, 42-45, für die Jahre von 1909-1991 zusammenträgt; vgl. den historischen Überblick von Bell, 1997, 1-60). Die Definition, die diesem Artikel zugrunde liegt, basiert auf Platvoets Definition (1995, 41) und stellt die soziale Dimension von Ritualen ins Zentrum, die nicht auf religiöse Rituale beschränkt ist. Ritual ist die stimmige Sequenz von stilisiertem sozialem Verhalten, das aufgrund seiner Signalwirkung von gewöhnlicher sozialer Interaktion unterschieden wird. Diese Signalwirkung hilft dem „Publikum“, sich auf das Ritual an sich zu konzentrieren, und betont, dass es sich um ein außergewöhnliches Ereignis handelt, das an einem besonderen Platz, in einem besonderen Moment, zu einem besonderen Anlass stattfindet und dessen Auswirkungen die Teilnehmer und das Publikum betreffen.

1.2. Kult

Im Kult bilden verschiedene Rituale zusammen ein kultisches System. Der inzwischen mit Ritual synonym gebrauchte Begriff Kult leitet sich vom lateinischen colere „kultivieren / pflegen“ ab und beschreibt die Gesamtheit religiöser Handlungen, die nicht zur individuellen Frömmigkeit gehören (cf. Albertz, 1978). Zwischen Ritual (bzw. Kult) und der umgebenden Kultur bzw. dem Weltbild besteht eine dynamische Interaktion, wobei Kult und Ritual keine starren Größen, sondern für Offenbarung und Wandel offen sind. Der Alte Orient mit seinen verschiedenen Religionen und Ritualen belegt sehr gut, dass religiöse Rituale trotz mancher Überlappung oftmals sehr unterschiedliche Funktionen hatten, obwohl sie in einem ähnlichen Kulturkreis entstanden sind. Die Funktion von Altären und Opferpraktiken, die mit Altären assoziiert sind, spiegelt diese unterschiedlichen Perspektiven. Während der Opferkult in Mesopotamien den wesentlichen Zweck der Ernährung der Götter erfüllt (Hallo, 1987), ist das Opfer in Israel eng mit der Vorstellung von → Sühne verbunden (Rodriguez, 1979; Janowski, 1982) und dient erst in zweiter Linie der Versorgung der Priesterschaft. Ideologie und Theologie zeigen deutliche Einflüsse auf Kult und Ritual.

2. Zur Forschungsgeschichte

Ritualforschung wird vor allem von Religionsgeschichtlern betrieben. Sie haben oft wenig Interesse an Theologie und umgekehrt werden ihre Ergebnisse von Theologen kaum rezipiert. Angesichts der qualitativen und quantitativen Bedeutung von Ritualtexten in der Bibel ist es an der Zeit, dieses Defizit zu beseitigen (Gorman, 1996; Klingbeil, 2004). Ritualtexte verordnen oder beschreiben konkrete Handlungen, die in Raum und Zeit geschehen, bestimmte Teilnehmer voraussetzen usw. Sie beschreiben eine wichtige Realität, die bei der Darstellung biblischer Theologie nicht übersehen werden darf. Blut, Opfer, Heiligkeit und Reinigung sind wichtige theologische Koordinaten, die die biblische Theologie maßgeblich bestimmen.

2.1. Ritual in sozialwissenschaftlicher Perspektive

Ritual ist ein wichtiger Bestandteil des alltäglichen Miteinanders von Menschen. Deswegen haben Soziologen und Anthropologen Rituale sehr genau beobachtet und beschrieben und dabei eine Fülle verschiedener theoretischer Ansätze entwickelt. Da religionsgeschichtliche Ansätze sehr stark von sozialwissenschaftlichen Disziplinen beeinflusst sind, nimmt die Beschreibung von Ritualen – besonders in vergleichender Perspektive – eine immer größere Bedeutung ein.

Wie viele andere wissenschaftliche Disziplinen erlebte die Kulturanthropologie während der sechziger Jahre des 20. Jh.s große ideologische und wissenschaftstheoretische Veränderungen. Turners Einfluss veränderte nicht nur die Anthropologie an sich, sondern auch das Verständnis von Ritual. Seine Diskussion von communitas, Liminalität („Grenzüberschreitung“) und dem Verhältnis des Ritualprozesses zum größeren gesellschaftlichen „Drama“ (oder Prozess) brachte neue Ansätze und warf neue Fragen auf, die sich mit früheren Perspektiven (wie z.B. der Frazerschen Mythus- und Ritualschule [→ Uppsala Schule], der Religion-als-soziale-Funktion-Schule von Duerkheim, der psychoanalytischen Schule und der religionsphänomenologischen Schule) auseinandersetzte (cf. Klingbeil, 2007, 23-37; Bell, 1997, 1-16).

In den letzten drei Jahrzehnten haben sich viele der etablierten Perspektiven weiterentwickelt und wurden oftmals „neu entdeckt“ (wie z.B. die Phänomenologie, siehe Waardenburgs [1978] sehr hilfreiche Kritik und Diskussion). Neuere Ansätze, die hilfreich sind, um Rituale besser zu verstehen, sind unter anderem Performanzkritik, die Idee, dass Ritualisierung ein Kennzeichen menschlichen Verhaltens ist und dazu dient, Machtverhältnisse innerhalb einer Gruppe zu etablieren und zu kontrollieren (Bell). Das Verhältnis von Ritual und Macht ist sicher kein neues Thema, sollte aber systematischer untersucht werden. Im Licht des zunehmenden Interesses an ökologischen Fragen ist auch Rappaports Ansatz zu verstehen, der Ritual als ausgleichendes Element zwischen dem Menschen und den ihn umgebenden natürlichen Ressourcen sieht (1980, 1999). Kognitive Forschungsansätze haben in den letzten Jahren auch wieder an Einfluss gewonnen (besonders in der europäischen Forschung) – vor allem wenn sie mit sozialen und funktionalen Fragen kombiniert werden (z.B. Lawson und McCauley).

Dieser kurze Überblick wichtiger methodologischer Entwicklungen in verschiedenen sozialwissenschaftlichen Disziplinen bietet im Blick auf Ritual, Religion und Kultur Hintergrundinformationen, die für die Frage nach dem Verständnis von Ritual in der Bibelwissenschaft bedeutsam sind.

2.2. Ritual und Bibelwissenschaft

Interdisziplinäre Forschung beschert der Bibelwissenschaft viele neue und manchmal herausfordernde Fragen. Das Studium von Ritus und Ritual (wie auch von Religion an sich) hat von derartiger Forschung profitiert. Traditionell haben jüdische Wissenschaftler mehr Interesse an biblischen Ritualtexten gezeigt, und Forscher wie J. Milgrom, B. Levine, M. Haran, S. Olyan (und viele ihrer Studenten) haben wichtige Beiträge zur Erforschung des biblischen Rituals geleistet (siehe Klingbeil, 2007, 45-47 mit Bibliographie). Allerdings waren viele dieser Beiträge textorientiert und setzten sich nur bedingt mit sozialwissenschaftlichen Ansätzen auseinander. Die Arbeiten von F. Gorman (1990), I. Gruenwald (2003), W. Bergen (2005), G. Klingbeil (2007) und J. Watts (2007) unterstreichen die zunehmende Einsicht in die zentrale Bedeutung des Rituals für Religion. Diese neue Generation von biblischen Ritualstudien setzt sich generell mit sozialwissenschaftlichen Ansätzen auseinander und versucht – in dieser Diskussion – neue Einsichten zu den biblischen Ritualtexten zu gewinnen. Gorman betont die soziale Funktion des Rituals in der Geschichte der israelitischen Religion. Gruenwalds Suche nach einem System der Ritualinterpretation, das sich aus dem Text selbst ergibt, ist hilfreich und betont die impliziten Ritualkategorien der Texte. Bergen, auf der anderen Seite, versucht eine postmoderne Lesung des biblischen Rituals im Vergleich mit aktuellen (säkularen) Ritualen (wie z.B. Sportritualen). Im Gegensatz zu Bergen ist Watts hauptsächlich an der (text-)rhetorischen Struktur der biblischen Ritualtexte interessiert (und kehrt damit wieder zum Text zurück) – besonders im Rahmen des öffentlichen Lesens (und Vorlesens) der biblischen Texte.

Europäische Wissenschaftler haben beim Verstehen von Ritualtexten traditionell einen textorientierten Ansatz bevorzugt, d.h. Fragen zum Quellenmaterial, zur Form und zum Redaktionsprozess waren oft wichtiger als die Bedeutung und Funktion der Rituale an sich (Klingbeil, 1998, 70-89). → Julius Wellhausen und einige seiner Zeitgenossen entwarfen (aufgrund ihrer theologischen oder ideologischen Prämissen) ein negatives Bild von Ritual. Die repetitive Struktur von Ritualtexten, kombiniert mit (oftmals) blutigen Vorgängen, führte dazu, dass biblische Rituale (als Handlungen, die ein wichtiger Baustein und Ausdruck der Religion sind) entweder ignoriert oder als religionsgeschichtlich „spät“ klassifiziert wurden.

Nun stellen biblische Ritualtexte eine besondere Kategorie von Ritualen dar, die sich oftmals von anderen Quellen zum Ritual unterscheiden. Anders als anthropologische Feldforschung sind biblische Ritualtexte „nur“ Texte und unterliegen somit denselben Beschränkungen, die Texte an sich haben (Wer schrieb sie? Wurden sie von einem Autor geschrieben? Wann wurden sie geschrieben? Wie gut war die Überlieferung?). Allerdings beweisen vergleichbare Texte aus → Ugarit und → Emar (14.-12. Jh. v. Chr.) die Existenz von Ritualtexten als literarisches Genre und weisen oftmals ähnliche Merkmale auf (wie z.B. die Unterscheidung zwischen präskriptiven und deskriptiven Texte, die Levine [1963] vor über 40 Jahren schon beschrieb).

Eine andere Frage bezüglich biblischer Ritualtexte hat mit der Bedeutung von Ritual(en) zu tun. Sind Rituale an sich bedeutungsvolle Kommunikation oder ist ihre Bedeutung nur von dem kulturellen und religiösen Kontext abhängig? Die Antwort auf diese „entweder-oder“-Dichotomie sollte aber differenziert ausfallen. Waschungen und Taufe im Alten und Neuen Testament haben ähnliche, aber auch unterschiedliche Bedeutungen und sind vom jeweiligen theologischen (und kulturellen) Kontext geprägt. Das Konzept der Polyvalenz ist hier hilfreich und zwingt den modernen Leser genau hinzuschauen und Bedeutung nicht von vorneherein „etymologisch“ zuzuordnen.

Eine weitere Schwierigkeit bei biblischen (wie mitunter auch bei außerbiblischen) Ritualtexten ist die oftmals ausgesprochen komprimierte Präsentation. Ein gutes Beispiel dafür sind die Altarbaunotizen in der Genesis (Gen 8,20; Gen 12,7-8; Gen 13,18; Gen 22,9-10; Gen 26,25; Gen 35,7), die in extrem zusammenfassender Form ein Bau- und Opferritual beschreiben (Klingbeil, 2004), dessen spezifische Elemente (z.B.: Wie soll der Altar gebaut werden [→ Kultinstallationen]? Wer soll ihn bauen? Welche Form hat er? Wie soll er genutzt werden? usw.) jedoch nicht präzisiert worden sind. Diese Komprimierung von wichtigen Elementen, die auch ausführlichere Beschreibungen betrifft (Ex 25-31; 1Kön 8), ist übrigens nicht nur ein Problem von Texten (biblisch und außerbiblisch), sondern kann auch in kulturanthropologischen Untersuchungen wahrgenommen werden, weil Teilnehmer eines Rituals oft stillschweigend wissen, was zu tun ist oder was etwas bedeutet, so dass explizite Ritualanweisungen und Erklärungen fehlen.

Schließlich muss noch auf die vergleichende Religionswissenschaft verwiesen werden. Trotz parallelomania und parallelophobia (Sandmel) können Daten von Ritualen aus anderen Regionen des Alten Orients sehr hilfreich sein. Allerdings sollte der biblische Text zuerst verstanden und das Ritual strukturell und funktional adäquat interpretiert werden, bevor vergleichende Daten eingebracht werden. Die Schritte des Vergleichens und des Kontrastierens (Hallo, 1990) sollten beide in den Verstehensprozess mit eingebunden sein. Ein gutes Beispiel ist hier die Untersuchung des Salbungsrituals in Lev 8 und der Vergleich mit einem Text aus → Emar (Text 369; vgl. Fleming, 1998; Klingbeil, 1998 und 2000), wo sich sowohl signifikante Ähnlichkeiten als auch klare Unterschiede aufzeigen lassen. In vielen Fällen allerdings setzen sich vergleichende Untersuchungen eher beschränkt mit Ritualtheorie auseinander und betonen historische, religions- oder sozialgeschichtliche Fragen (siehe z.B. Kämmerer, 2007).

3. Zur Methodik der Ritualinterpretation

Um Rituale zu verstehen, muss man vor allem ein guter Beobachter sein. Die systematische Beschreibung eines Rituals ist der erste Schritt, um es zu verstehen (oder zumindest besser zu verstehen). Verschiedene Elemente eines Rituals (soweit sie dokumentiert sind; s.o. § 2.2.) werden beschrieben, zueinander in Verbindung gesetzt und dann kontextuell und funktional interpretiert. Ohne ein bestimmtes linguistisches Modell für die Ritualinterpretation zu bemühen, erscheint es doch hilfreich, analog zu linguistischen Kategorien die Ritualanalyse in Morphologie, Semantik, Syntax und Pragmatik einzuteilen. Ritualmorphologie beschäftigt sich mit den kleinsten Bestandteilen eines Ritual (z.B. Zeit, Raum, Aktionen, benötigte Situation, Objekte, Klang). Ritualsyntax beschreibt die Beziehungen zwischen diesen Elementen (Was wird betont? Was wird nicht explizit erwähnt?). Ritualsemantik versucht, die verschiedenen Elemente zusammenzubringen und das Ritual als Ganzes zu verstehen. Schließlich tritt der Betrachter in der Ritualpragmatik einen Schritt zurück und versucht, das Ritual in den größeren kulturellen, historischen und religiösen Kontext einzuordnen und seine Funktion zu verstehen. Dieser letzte Schritt ist allerdings der schwierigste, da Pragmatik eigentlich Feedback erwarten lässt, das in einer Welt von Texten schwer zu finden ist. Möglicherweise ist der intertextuelle Gebrauch eines Ritualtexts (oder eines Elements daraus) ein möglicher Anhaltspunkt, um die funktionale Dimension des Rituals zu verstehen.

3.1. Auslöser von Ritualen

Rituale geschehen nicht im luftleeren Raum. Es gibt verschiedene Gründe, warum ein Ritual durchgeführt wird (sowohl in Texten als auch im realen Leben).

3.1.1. Zeiten

Rituale sind oft wichtig, um bestimmte Lebenssituationen und Lebenszeiten adäquat zu bewältigen. Arnold van Gennep nannte diese Rituale rites de passage und beschrieb sie als (biographische) Übergangsriten (wie, z.B., Hochzeits- oder Beerdigungsrituale), die aus drei wichtigen Phasen bestehen: Trennung – Übergang – Reintegration. Wichtige Geburtstagsfeiern oder Weiherituale fallen in diese Kategorie und oftmals ist das Erreichen eines bestimmten Alters der Auslöser. Beispielsweise soll die Beschneidung eines männlichen Babys acht Tage nach der Geburt geschehen (Gen 17,12).

Festrituale sind an den Jahreszeitenzyklus gebunden – oftmals an den Rhythmus vom Pflanzen und Ernten (→ Fest). Die Verknüpfungen von kultischen und agrarökonomischen Elementen fließen in den Kalendern des Alten Orients oft zusammen (Cohen; Fleming, 2000) – eine Tendenz, die man auch im israelitischen Kalender beobachten kann (Ex 23,14-17; Num 28-29; Dtn 16). Zeit ist enorm wichtig in Kalenderritualen (z.B. die Bedeutung der Dauer von „sieben Tagen“, die Veränderung und Wandel charakterisiert; s. Lev 23,6-8.34; Klingbeil 1997).

Ein anderes wichtiges alttestamentliches Kalenderritual ist das tägliche kommunale Morgen- und Abendopfer (Ex 29,38-42; Num 28,1-8). Alle Angehörigen Israels (ungeachtet von Alter, Geschlecht oder gesellschaftlichem Status) scheinen an dem Opfer-Ritual teilgenommen zu haben.

3.1.2. „Problemlöser“

Eine der wichtigsten Funktionen von Ritualen ist es, als „Problemlöser“ zu fungieren. Die Diskussion zur Funktion des → Opfers in der Religion Israels ist komplex and hat viele Facetten. Zweifellos gehört es im Alten Testament zur Funktion des Opfers, Ordnung zu schaffen, zu erhalten oder wiederherzustellen (Jenson 1995). Versehentliche → Sünde erfordert Wiederherstellung, die normalerweise durch Opferpraktiken erwirkt wird (Lev 4,2-3). Sündopfer (oder Reinigungsopfer) spiegeln die Struktur der israelitischen Gesellschaft: Ein Priester musste einen Jungstier opfern (Lev 4,3), ein Fürst einen Ziegenbock (Lev 4,22-23), während ein „normaler“ Israelit eine weibliche Ziege oder ein Schaf darbringen musste (Lev 4,27-28.32). Allerdings scheint das alttestamentliche Opfersystem (soweit man davon sprechen kann) zwei Phasen zu kennen. Die erste Phase wird durch die rituell-konforme Darbringung eines spezifischen Opfers abgeschlossen. Doch werden die akkumulierten Sünden erst durch das Eliminationsritual des → Jom Kippurs (Lev 16) vom Heiligtum beseitigt – symbolisiert im → Sündenbock, der in die Wildnis geführt wird und von dort niemals zurückkehrt (Gane, 2005; Schenker, 1981, 115-116). Diese Wiederherstellung von Ordnung und Heiligkeit ist verknüpft mit der Schöpfungsordnung (Jürgens, 2001).

3.1.3. Umkehr

Manchmal löst auch ein innerlicher Prozess ein Ritual aus. Das Taufritual im Neuen Testament ist ein gutes Beispiel für diese Kategorie. Taufe ist eine freiwillige individuelle (oder kollektive) Entscheidung, die Reue, Nachfolge, Reinigung und Veränderung ausdrückt (Apg 2,41; Apg 8,12.13.36-38; Apg 10,24-48 usw.). Sie resultiert in veränderten Beziehungen (Griechen und Juden, arm und reich, Frauen und Männer finden zusammen) und kann auch Status und Hierarchie beeinflussen (outsider werden zu insidern).

3.1.4. Ritual und Innovation

Ein letzter Auslöser für Rituale sollte noch erwähnt werden – besonders, da alle Rituale, die bis jetzt genannt wurden, Mittel waren um interne oder externe Unausgewogenheiten oder Probleme „ins Lot“ zu bringen. Ritual ist nämlich nicht nur konservativ und erhaltend. Ein Ritual kann auch kulturelle und religiöse Veränderungen bewirken. Diese innovative Funktion von Ritualen ist sichtbar in der neutestamentlichen Abendmahlsfeier, die historisch zwar eng mit dem Passaritual verknüpft ist, theologisch aber etwas Neues darstellt und zudem als Folge einer Veränderung der jüdischen Gesellschaft im hellenistischen Kontext zu sehen ist.

3.2. Morphologie und Semantik von Ritualen

3.2.1. Kontext und Struktur

Biblische Rituale erscheinen in Texten, die in Hebräisch, Aramäisch oder Griechisch verfasst worden sind. Sprache ist immer eng mit Struktur verbunden, und um Rituale zu verstehen, muss die linguistische und literarische Struktur eines Ritualtextes verstanden werden. Allerdings kann Textsyntax nicht automatisch mit Ritualsyntax gleichgesetzt werden.

Beispiel: Hebräische Verbformen können hilfreich sein, um komplexe (und ausführlichere) biblische Ritualtexte zu verstehen. Das gilt z.B. für das in Lev 8 beschriebene Ordinationsritual. Von den 100 verwendeten Verbformen sind 64 wajjiqṭol-Formen, die einen Handlungsfortschritt zum Ausdruck bringen. Allerdings erscheinen zwischen diesen typischen wajjiqṭol-Formen an bestimmten Stellen in dem zentralen Opferabschnitt (Lev 8,14-29) immer wieder qāṭal-Formen, die normalerweise abgeschlossene Ereignisse beschreiben (wie z.B. Lev 8,15.17, wo ein Blutritus und die Verbrennung des Kadavers außerhalb des Lagers beschrieben werden) und außerhalb der wajjiqṭol-Sequenz liegen. Ist es möglich, dass diese qāṭal-Formen eine rituelle Pause andeuten? – denn es braucht schließlich Zeit, bis ein Tierkadaver bewegt ist und verbrannt werden kann. Eine andere Möglichkeit ist, dass hier Parallelhandlungen im hebräischen Text angedeutet sind (siehe weitaus detaillierter, Klingbeil, 1996). In jedem Fall ist die Kenntnis der Sprache eines Ritualtexts und wichtiger grammatikalischer Kategorien (wie z.B. der Verbformen) wichtig und hilfreich für die Untersuchung der Struktur eines biblischen (oder außerbiblischen) Ritualtexts.

3.2.2. Ordnung und Abfolge

Die Ordnung und die Abfolge von Ritualen sind wichtig: Rituale leben von ihrer Struktur, die Ritualhandlung ist oftmals voraussehbar und die Ordnung, die ein Ritual kennzeichnet, ist ein Hinweis auf das größere Ordnen und Einordnen von sozialen Gegebenheiten. So kann das in Lev 16 beschriebene → Jom-Kippur-Ritual nicht losgelöst von anderen Opfer-, Reinigungs- und Initiationsritualen im Buch → Leviticus verstanden werden kann (bes. hilfreich Jürgens, 2001, und Gane, 2005).

Auch innerhalb eines Rituals sind die Ordnung und Abfolge der Elemente wichtig. Man stelle sich nur einmal vor, in einem christlichen Hochzeitsritual würde das Jawort von Bräutigam oder Braut zum falschen Zeitpunkt gegeben. Damit wäre die innerrituelle Logik durcheinandergebracht und das Ritual nicht mehr verständlich.

3.2.3. Raum und Zeit

Raum und Zeit sind zwei extrem wichtige Elemente eines Rituals. Ein Ritual kann oft nur in einem bestimmten Raum „funktionieren“. Im Alten Testament waren Opfer meistens mit einem Altar und später mit dem Tempel verbunden. Die Tempelarchitektur war eng mit dem Ritualverständnis verknüpft. Hierarchie und Funktion wurden auch durch Raumaufteilung illustriert, was man leicht verstehen kann, wenn man den dreigliedrigen Aufbau der Stiftshütte bzw. des Tempels (Vorhalle, Tempelraum und Allerheiligstes) bedenkt.

Räumliche Grenzen waren oft Teil des Ritualplans und Spiegel von wichtigen theologischen Konzepten wie Heiligkeit, Hierarchie und Gemeinschaft. Heiliger Raum kann auch beweglich und relativ gedacht sein (z.B. die tragbare Stiftshütte) und wird von der Gegenwart Gottes abhängig gemacht (siehe Ex 3,5). Heiliger Raum war oftmals als Ort der Begegnung mit der Gottheit konzipiert, die dort weilte und von dort aus „handelte“. Die Herrlichkeit Jahwes war beweglich (Ex 24,16), mitunter mit dem Heiligtum verbunden, konnte aber auch die ganze Erde erfüllen (Num 14,21).

Bewegung ist essentiell für den rituellen Raum und unterstreicht den Aspekt der Veränderung, den das Ritual bewirken kann. → Prozessionen sind Rituale in Bewegung und dienen oftmals als kollektive rites de passage. So waren in der Sowjetunion oder Deutschland während des Nationalsozialismus Militärparaden ritualisierte Propaganda, die Macht, Einigkeit und Überlegenheit demonstrieren sollten.

Orientierung ist in verschiedenen Religionen ein wichtiges Kriterium. Der Standort des Gläubigen zu einem himmlischen (oder irdischen) Fixpunkt kann für ein Ritual elementar sein. Muslime beten in Richtung Mekka und Daniel betete in die Richtung Jerusalem (Dan 6,11). Oftmals hilft ein Ritual, Grenzen zu überschreiten. Der Anthropologe Victor Turner nannte diese Qualität des Rituals „Liminalität“. Die Taufe im Neuen Testament scheint diese Bedeutung zu haben. Paulus greift dieses Konzept innerbiblisch auf und erinnert daran, dass Israel als Ganzes durch das Schilfmeer zog (1Kor 10,1-5), was als Symbol der Taufe interpretiert wird. Allerdings – so argumentiert Paulus – zog diese „Taufe“ scheinbar keine Veränderungen im Charakter nach sich, was dann letztendlich zu Gottes Verwerfung der Wüstengeneration führte.

Zeit spielt eine oftmals entscheidende Rolle im Ritual. Selbst wenn alle anderen Elemente (wie Ort, Handlungen, Objekte, Beteiligte usw.) ritualkonform koordiniert sind, das Ritual aber im falschen Moment durchgeführt wird, wird das unausweichlich zum Scheitern des Rituals („ritual failure“) führen. Das Passaritual (→ Passa) muss im richtigen Moment begangen werden, damit es wirksam ist.

Rituelle Zeit ist absolut oder relativ zu verstehen. Absolute Zeit ist Kalenderzeit und kann genau mit Datum und Zeitpunkt festgelegt werden (siehe z.B. die jährlichen → Feste in Israel), während relative Zeit die Zeit des Rituals an sich beschreibt (z.B.: Wie lange dauert es, bis ein Haus rituell gereinigt ist?). Es gibt bestimmte „Zeit-Bausteine“, die in vielen Ritualen im Alten Testament immer wieder erscheinen. Die „Sieben-Tage“-Einheit ist einer dieser Bausteine, der in verschiedenen Ritualen immer wieder auftaucht. Sieben Tage wird getrauert (Gen 50,10; Hi 2,13), sieben Tage dauert die priesterliche Ordination (Lev 8,33-35) und sieben Tage müssen vergehen, ehe eine Frau, die gerade einen Sohn geboren hat, rituell wieder rein ist (Lev 12,2). Vermutlich basiert diese rituelle Sieben-Tage-Einheit auf dem Konzept der Sechs-Tage-Woche mit dem abschließenden → Sabbat.

In einigen Ritualtexten finden sich viele spezifische Zeitangaben, die von einem bestimmten Datum bis zu einer bestimmten Tageszeit reichen. Allerdings sind diese genauen Angaben eher die Ausnahme als die Regel. Meistens muss die rituelle Zeit kontextuell rekonstruiert werden: Wie lange dauert es, bis ein Tier gewaschen ist? Wie viel Zeit vergeht, wenn Haare geschnitten und der ganze Körper gewaschen werden müssen? Die meisten biblischen (und auch außerbiblischen) Ritualtexte sind wenig informativ und erwarten, dass der potenzielle Leser die Antworten auf diese (und ähnliche) Fragen entweder schon kennt oder zumindest intuitiv ahnt.

3.2.4. Gegenstände und Handlungen

Gegenstände, die in Ritualen verwendet werden, vollziehen eine geheimnisvolle Metamorphose. Nicht jedes Messer kann benutzt werden, sondern nur ein speziell für das Opferritual gefertigtes. Ein normaler kantiger Stein wird plötzlich Teil eines Altars (→ Kultinstallationen). Kleidung verändert nicht nur Leute, sondern auch deren Stellung und Status. Essen und Kochutensilien werden relevant für das Ritual. All diese Gegenstände gewinnen an Bedeutung – nicht weil sie von Natur aus plötzlich anders sind, sondern weil sie im Zusammenhang mit den anderen Ritualelementen eine neue Konstellation ergeben, die etwas kommunizieren möchte.

Handlungsabläufe machen Texte interessant und Rituale sind normalerweise voll davon. Gesten, Bewegung, Haltung und Tempo sind alles Elemente der Handlung, obwohl sie selten in biblischen Texten beschrieben werden (so bestimmt Lev 16 z.B. nicht, ob der Hohepriester sich gebückt, aufrecht, langsam oder schnell bewegen soll). Oft ist das Ergebnis einer Handlung zu Beginn eines Abschnitts genannt und wird erst später detaillierter beschrieben. So berichtet Ex 19,14, dass Mose das Volk Israel heiligte, beschreibt aber erst später, welche Handlungen mit dieser Heiligung verbunden sind, nämlich Waschungen (Ex 19,14b) und sexuelle Abstinenz (Ex 19,15). Außerdem werden oft eher allgemeine Handlungen beschrieben, während spezifischere Einzelheiten im Dunkeln bleiben. Häufig werden rituelle Handlungen auch negativ, d.h. durch Verbote beschrieben, die in die Interpretation des Rituals mit einbezogen werden müssen.

Letztendlich sind Ritualhandlungen meist in komprimierten Texten beschrieben. Der Leser muss fehlende Details ergänzen. Die vielen neutestamentlichen Hinweise auf christliche Taufen (z.B. Apg 2,38.41; Apg 8,12.16.36.38; Apg 9,18, usw.) in narrativen Texten illustrieren diesen Sachverhalt.

3.2.5. Teilnehmer und Rollen

Teilnehmer eines Rituals können sowohl Menschen als auch Tiere sein. Man kann zwischen aktiven und passiven Teilnehmern unterscheiden. Der Ziegenbock, der am → Jom Kippur in die Wüste geschickt wird (→ Sündenbock), ist sicherlich als passiver Teilnehmer einzuordnen, was allerdings keine Wertigkeit impliziert, denn ohne ihn wäre das Ritual nicht durchführbar. Tiere als Teilnehmer sind oft eng mit dem Status der menschlichen Teilnehmer verbunden (ein Fürst oder → Priester musste z.B. ein teureres Opfer bringen als ein normaler Israelit).

Weitere Fragen, die für die Analyse von Teilnehmern und ihren Rollen wichtig sind, lauten wie folgt: Wie werden die Rollen der Teilnehmer definiert (persönliche Wahl, Vorfahren, göttliche Berufung)? Wer nimmt aktiv und wer nimmt passiv an dem Ritual teil? Warum? Welche Autorität haben die religiösen Spezialisten? Welche Rollen spielen Gruppen und/oder Einzelne? Antworten auf diese (und andere) Fragen helfen, die Ritualteilnehmer und ihre Rollen besser zu verstehen.

3.2.6. Sprache und Klang

Die Kategorie von Sprache und Klang ist die am schwierigsten zu beschreibende Kategorie in den biblischen Ritualtexten. Die Frage ob nichtlinguistische Elemente im Ritual erscheinen (wie z.B. Schreien oder Stöhnen) kann leider nicht immer beantwortet werden. Instrumente und Musik (→ Musikinstrumente) bilden eine andere Unterkategorie von Sprache und Klang und verkomplizieren das Bild noch mehr, da Musik selten von Texten „hörbar“ gemacht werden kann. Selbst die Psalmen, die eine Anzahl von technischen Hinweisen zur Musik enthalten, sind äußerst schwer musikalisch zu interpretieren (Braun, 1999). Es gibt biblische Hinweise, dass Instrumente in verschiedenen Ritualkontexten benutzt wurden, obwohl sie nicht spezifisch genannt werden. Das Horn (šōfār) wurde in dem Reinigungsritual benutzt, das vor dem Bundesschluss stattfand (Ex 19,13.16). Allerdings wird nicht berichtet, wer das Horn blasen sollte und wie es geblasen wurde. Ps 81,3 deutet an, dass das Horn zu den Neumondfestlichkeiten geblasen wurde. Doch gibt es dazu keine eindeutige Ritualvorschrift. Musik spielt auch eine wichtige Rolle in Prozessionsritualen (→ Prozession). 2Sam 6,15 beschreibt die Prozession der → Bundeslade nach Jerusalem und erwähnt „Jauchzen“ (Elberfelder Übersetzung) und Hörnerschall. Der Kontext legt ein Ritual nahe (in sechs Schritten, gefolgt von Opfern), doch erhält der Leser leider keine näheren Auskünfte zur Funktion des Jauchzens bzw. Gesangs oder der genauen Tonfolge. Weiterhin ist die Handpauke (Ps 68,26) anzuführen, das archäologisch mit den entsprechenden Terrakottafiguren am häufigsten belegte rituelle Musikinstrument der Südlevante.

Ein anderes Instrument, das im Zusammenhang von Tempel- (oder Stiftshütte-)ritualen erscheint, ist die Silbertrompete (Num 10,1-10), die speziell auf Gottes Geheiß aus getriebenem Silber gemacht wurde. Dieses Instrument durfte nur von Priestern gespielt werden und wurde an Festtagen (Num 10,10) und jedes Mal, wenn die Bundeslade bewegt wurde, geblasen. Interessanterweise werden in den Qumrantexten spezifischere Anweisungen zum modus operandi der Silbertrompeten gegeben (1QM viii, 5.8.9.12.14).

5 … Und die Priester stoßen in die Trompeten – einen langgezogenen Ton – zur Aufstellung der Schlachtordnung. 6 Und die Anführer begeben sich zu ihren Abteilungen, jeder an seinen Posten. Und wenn sie zu drei Ordnungen dastehen, 7 blasen die Priester für sie zum zweiten Mal Lärm – einen ruhigen und festen Ton – zum Vorrücken, bis sie herankommen 8 an die Schlachtreihe des Feindes. Dann sollen sie ihre Hand nach den Kampfwaffen ausstrecken. Und die Priester blasen mit sechs Trompeten 9 der Erschlagenen – einen scharfen schmetternden Ton – für die Dauer des Kampfes. Und die Leviten und die ganze Schar mit den Hörnern blasen 10 einstimmig großen Kampflärm, um das Herz des Feindes zum Schmelzen zu bringen. Und mit dem Schall des Lärms fliegen 11 die Wurfkampflanzen hinaus, um Erschlagene zu fällen. Die Hörner sollen verstummen, aber auf den Tro[mpe]ten sollen 12 die Priester blasen – einen scharfen schmetternden Ton – für die Dauer des Kampfes, bis sie auf die Schlachtreihe 13 des Feindes siebenmal geworfen haben. Und danach stoßen für sie die Priester in die Trompeten der Rückkehr – 14 einen ruhigen, langgezogenen Ton. Entsprechend dieser Ordnung sollen die [Pr]iester für die drei Abteilungen blasen. …“ (zitiert nach E. Lohse, Die Texte aus Qumran. Hebräisch und Deutsch, Darmstadt 1981, 199).

Gesang (oder Schreien) war auch Teil von Trauerklagen (2Sam 3,32-34; Jer 9,17-22 vgl. Schroer 2002) und erscheint in negativer Perspektive in der Auseinandersetzung auf dem Berg Karmel zwischen → Elia und den Baalpriestern (1Kön 18,26-29). → Wechselgesänge scheinen auch ein Bestandteil des israelitischen Ritualrepertoires gewesen zu sein (Ex 15,20-21; cf. Num 21,17; 1Sam 18,7; 1Sam 21,12; 1Sam 29,5; Jes 27,2; Esr 3,11), was zugleich die Interaktion zwischen der Gemeinde und den professionellen Sängern unterstreicht.

3.3. Bedeutung und Funktion von Ritualen

Rituale können phänomenologisch beschrieben werden, obgleich die Texte die Abläufe oft nur verkürzt darstellen. Auch die Bedeutung biblischer Rituale wird von den Texten nur selten präzise beschrieben. Ritualpragmatik hilft, die Bedeutung zu erahnen und den kommunikativen Prozess eines Rituals zu verstehen. Folgende Fragen sind in diesem Zusammenhang hilfreich: Welcher Kommunikationsstrategien bedient sich das Ritual und warum? Was sagt das Ritual über religiöse, kulturelle und soziale Gegebenheiten aus? Betont das Ritual die Interessen einer bestimmten Gruppe oder Klasse und, falls dem so ist, wie passen diese Interessen in den größeren sozialen Kontext?

In der Vergangenheit wurden Rituale oft in bestimmte Klassen eingeteilt. F.H. Gorman (1990) unterschied zwischen Gründungs-, Erhaltungs- und Wiederherstellungsritualen. Diese Kategorien sind sicherlich hilfreich, aber eher künstlich, da Gorman ein bestimmtes „System“ in den priesterlichen Texten erkennen wollte. Die Einfachheit eines solchen Systems führt oft dazu, dass die feinen Unterschiede eingeebnet werden. C. Bell (1997, 94) erkannte die Gefahr der „Über-Vereinfachung“ und schlug sechs Kategorien vor: (1) Lebenszyklusrituale (rites de passage), (2) Kalenderrituale, (3) Wechsel- und Gemeinschaftsrituale, (4) Heimsuchungsrituale, (5) Fest- und Fastenrituale sowie (6) politische Rituale. Allerdings war sie sich bewusst, dass auch diese sechs Kategorien eher prototypisch zu verstehen sind, d.h., dass es viele Variationsmöglichkeiten gibt, die den Kategorien nicht entsprechen. Angesichts der Polyvalenz von Ritualen ist es hilfreich, sie nicht nur in limitierte Kategorien einzuordnen, sondern besser ihre Dimensionen zu beschreiben. Oftmals überlappen sich Dimensionen. Aber das Erfassen der Dimensionen kann helfen, Ritualprofile zu beschreiben und Ritualkombinationen zu entdecken. Weiterhin können außerbiblische Ritualtexte in derselben Form beschrieben und mit biblischen Ritualtexten verglichen werden (s. Klingbeil, 1998). Im Folgenden werden zehn dieser Dimensionen aufgezählt und kurz beschrieben:

1. Die interaktive Dimension betont die soziale Interaktion zwischen Individuen und Gruppen-Aktion, die gelernt werden muss. Für Opferrituale scheint diese interaktive Dimension sehr wichtig zu sein, besonders wenn die öffentliche Natur dieser Rituale bedacht wird.

2. Die kollektive Dimension benötigt als Minimum zwei Teilnehmer, nämlich einen „Sender“ und einen „Empfänger“. Oftmals involviert die kollektive Dimension eine Gruppe, wie z.B. in Ritualen, die einen Bundesschluss realisieren. Trauerrituale (zumindest in der biblischen Welt) sind ebenfalls kollektiver Natur und verändern die Stellung des Einzelnen innerhalb einer Gruppe (Gen 50,3-4).

3. Die traditionalisierend-innovative Dimension schafft etwas Neues, ohne das Alte zu verwerfen. Rituale sind nicht nur statisch, sondern auch dynamisch und bringen oft Veränderungen. In Zeiten religiöser oder politischer Spannungen, von Erweckungsbewegungen oder theologischen Konflikten dienen Rituale oftmals der Erneuerung und benutzen manchmal bekannte Ritualelemente (siehe z.B. die Verbindung von → Passafest und Abendmahl).

4. Die kommunikative Dimension betont die Lautsprecherfunktion von Ritualen. Explizit oder implizit kommunizieren Rituale allen Beteiligten etwas und lassen einen Beobachter (oder Leser) etwa bestimmte soziale Positionen erkennen. Man kann im Blick auf die kommunikative Dimension betonte und unbetonte Botschaften unterscheiden, wobei die betonten präzise und direkt sind, während die unbetonten eher bewusst diffus gehalten werden.

5. Die symbolische Dimension verbindet oftmals Schlüsselsymbole eines kulturellen oder religiösen Systems mit Ritual. Die Essenssymbole von Wein und Brot werden im Abendmahlritual mit anderen Schlüsselsymbolen wie Blut, Sünde und Vergebung verbunden. Die symbolische Dimension eines Rituals erfordert eine Vertrautheit mit biblischen Schlüsselsymbolen.

6. Die Multimedia-Dimension betrifft – ähnlich der kommunikativen Dimension – alle Ebenen (Handlung, Körpersprache, Kleidung, Ornamente usw.). Auffälliges Verhalten oder auffälliges Design ist typisch für die Multimedia-Dimension. Der Bauplan und die Konstruktion der Stiftshütte beinhalten einige Multimedia-Elemente. Im Neuen Testament sollte die Taufe auch als Multimedia-Ereignis gesehen werden.

7. Die performative Dimension berücksichtigt die Bedeutung von „Schauspielen“ in einem Ritual. Sowohl „sehen“ als auch „tun“ kann Teil dieser Aufführung sein.

8. Die ästhetische Dimension bezieht visuelle Elemente in die Durchführung des Rituals ein. Ästhetik ist allerdings nicht nur auf visuelle Elemente beschränkt, sondern bezieht auch andere Sinne ein (wie z.B. den Geruch). In den alttestamentlichen Opferritualen erscheinen oft Hinweise, die Geruch mit der erfolgreichen Durchführung des Rituals verbindet (Gen 8,21). Verschiedene deutsche Übersetzungen lesen hier „wohlgefälligen Geruch“ (revidierte Elberfelder Übersetzung), „lieblichen Geruch“ (Schlachter), „beschwichtigenden Geruch“ (Zürcher Bibel). Gerüche (verbunden mit dem Gebrauch von Parfüm oder Weihrauch) haben eine ästhetische Dimension, denn Geruch schafft eine emotionale Verbindung (Bechmann). Andere ästhetische Elemente eines Rituals sind Tänze und prozessionsähnliche Bewegungen, die viele Individuen einbeziehen (z.B. 2Sam 6).

9. Die strategische Dimension berücksichtigt, dass sich in Ritualen oft auch Machtstrukturen widerspiegeln. Ritualhandeln wird als Handeln im richtigen Leben interpretiert. Im Neuen Testament können Rituale anders als im Alten Testament nicht die Anwesenheit des Volkes als fester Größe voraussetzen, da die neutestamentliche Gemeinde eine kulturell und ethnisch relativ unzusammenhängende Gruppe war. Die Abendmahlsgemeinschaft war deswegen nicht nur ein theologisches Ereignis, sondern diente auch dazu, den „Leib“ bzw. „Tempel Christi“, also die Gemeinde, strategisch Wirklichkeit werden zu lassen.

10. Die integrative Dimension versucht, Gemeinschaft zu schaffen und neue soziale Beziehungen zu etablieren. Einsegnungsrituale fallen in diese Dimension (Lev 8; Num 8), wie auch Bestattungsrituale. Ein weiteres alttestamentliches Ritual, das auf Integration abzielte, findet sich in Dtn 21,10-14. Es geht hier um die Integration einer weiblichen Kriegsgefangenen in eine israelitische Familie. Wichtige rituelle Elemente umfassen Bewegung, Haare rasieren, Fingernägel schneiden, das Ausziehen der alten Kleider und das Anziehen von neuen Kleidern usw. Sie scheinen alle auf ein Ziel hinzuarbeiten, nämlich die Integration der Frau als Ehefrau in die israelitische Stämmegemeinschaft.

4. Beispiele biblischer Ritualtypen

Rituale begleiten unser Leben und erscheinen auch im biblischen Text in wichtigen Momenten.

Übergangsriten (rites des passage, s.o.) sind nicht nur wichtig für den Einzelnen, sondern betreffen auch Gruppen. Die → Beschneidung der israelitischen Männer am Ende der → Wüstenwanderung und vor der → Landnahme im Anschluss an die Überquerung des Jordans (Jos 5,3-8) ist ein solches Beispiel. Dieser Ritus enthält Elemente der Trennung, des Übergangs und der (zukünftigen) Reintegration (Klingbeil, 2007, 135-136).

Festrituale sind nicht nur zeitorientiert, sondern auch Teil eines Lebensrhythmus, der fest mit der Sieben-Tage-Einheit der Woche (einschließlich des abschließenden Ruhetages / Sabbat) verbunden war.

Eliminations- und Reinigungsrituale (siehe oben) beinhalteten oftmals Opfer und Waschungen, wie z.B. aus Dtn 21,1-9 sichtbar wird (Wright, 1987), wenn das Genick eines Kalbs gebrochen wird und die Ältesten ihre Hände sinnbildlich über dem Kadaver des Tieres waschen und somit die Blutschuld „wegschaffen“ (Elberfelder Übersetzung).

Heilungsrituale finden sich eher selten in der Bibel. → Naaman muss sich sieben Mal im Jordan untertauchen, bevor er vom Aussatz befreit wird (1Kön 5,10). Allerdings scheint dieses Ritual eher fallspezifisch als exemplarisch zu sein. Oftmals sind Heilungsrituale eng mit Reinigungsritualen assoziiert (wie z.B. bei oder auch nach der Reinigung vom „Aussatz“, Lev 14 oder Lk 17,12-15).

Toten- und Trauerrituale sind komplex und beinhalten viele (oftmals unterschiedliche) Subriten, wie z.B. Totenbeschwörung (→ Totenkult) oder Selbstminderungsriten (→ Trauerriten). Kleider werden zerrissen (Gen 37,34; Gen 44,13; Num 14,6 usw.), es wird gefastet (1Sam 31,13; 1Chr 10,12), geklagt (Gen 50,10) und man saß oftmals tagelang trauernd auf dem Boden (Hi 2,12; Ez 3,15-16). All diese Riten verbindet das Element des „Außergewöhnlichen“ – Tod unterbricht das Leben und diese Unterbrechung wird auch symbolisch „nachgespielt“.

Die Inthronisation eines Königs (1Kön 1,32-48; 2Kön 11,12-20) könnte als politisches Ritual interpretiert werden, obwohl Politik und Religion im Alten Orient ja nicht so weit voneinander entfernt liegen wie im säkularisierten Europa des 21. Jh.s (z.B. Albertz, 2006).

Es gibt sicher noch mehr Ritualtypen, allerdings scheint es eher angebracht, sie zuerst phänomenologisch zu beschreiben, und dann, auf diesen Beobachtungen aufbauend, die verschiedenen (oftmals sich überlappenden) Dimensionen zu klassifizieren. Auf diese Art und Weise kann man der Versuchung widerstehen, einen bestimmter Ritualtypus (wie, z.B., ein „politisches Ritual“ oder ein „Trauerritual“) nicht nuanciert genug zu betrachten.

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Abbildungsverzeichnis

  • Das Verstehen von Ritualen. Aus: Klingbeil, 2007, 206 Fig. 21; © Eisenbrauns Inc.
  • Eine Steigerung der Heiligkeit zeigt sich im Zugangsbereich der Stiftshütte. Aus: Klingbeil, 2007, 162 Fig. 15; © Eisenbrauns Inc.

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