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(erstellt: März 2013; letzte Änderung: März 2017)

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1. Name

Der Ortsname Para (פָּרָה pārāh; Septuaginta: Αφαρ Aphar bzw. Φαρα Phara; Vulgata: Affara) wird in der Städteliste Jos 18,21-24 – dem einzigen sicheren Beleg – mit Artikel gebraucht und bedeutet dann – bei einer Ableitung von פרה prh „fruchtbar sein“ – „die Fruchtbare“. Der Name lässt sich durch eine nahe Quelle erklären. Hieronymus deutet Affara dagegen als „Kalb oder Stier“ (Liber interpretationis hebraicorum nominum [hg. v. P. de Lagarde], 24:20). Die Ableitung von פָּרָה pārāh „junge Kuh“ legt sich jedoch durch nichts nahe.

2. Identifikation und Lage

Para 2
Para lag nach der Städteliste Jos 18,21-24 im östlichen Benjamin. Man identifiziert den Ort meist mit Chirbet ‛Ēn Fāra, dem „Farafonte“ der Kreuzfahrer. Angeführt werden dafür der Anklang an den Namen (auch wenn ‛Ēn Fāra eine andere Bedeutung hat) und die dem Namen entsprechende Fruchtbarkeit der nahen Quelle (Lombardi, 42-48; anders Kallai, 401). Allerdings war Chirbet ‛Ēn Fāra nach der Oberflächenkeramik nur in der Frühen Bronzezeit sowie in römischer, byzantinischer und frühislamischer Zeit besiedelt. Reste von Befestigungsmauern sind noch sichtbar. Im Norden stand bei der Mauer vermutlich ein Turm (18 x 9 m) aus Ziegelmauern auf einem Steinfundament.

Para 3
Chirbet ‛Ēn Fāra (= Chirbet el-Fāra und Tell Fāra; Koordinaten: 1795.1380; N 31° 50' 03'', E 35° 18' 38'') liegt ca. 10 km nordöstlich von Jerusalem und 5 km nordöstlich von ‘Anātā (→ Anatot) auf einem 100 m hohen Hügel an der Nordseite des Wādī Fāra, das neben dem Wādī ṣ-Ṣwēnīṭ den wichtigsten Oberlauf des Wādī l-Qelṭ darstellt. Die nach Süden geneigte Gipfelfläche bietet etwa einen halben Hektar zur Besiedlung. Das Besondere des einsamen Ortes abseits der Verkehrswege ist die ca. 800 m westlich gelegene reiche Quelle ‛Ēn Fāra (Koordinaten: 1786.1378; N 31° 50' 02'', E 35° 18' 07''), deren Wasser im Wādī Fāra zwischen den Felsen eine kleine Oase bilden, heute aber größtenteils durch eine Pipeline nach Jerusalem geleitet werden (Lombardi, 2ff). Die Quelle bietet das Zentrum des En Prat (En Fara) Nature Reserve.

Para 4
Man erreicht Chirbet ‛Ēn Fāra, indem man von Str. 437 zur jüdischen Siedlung Almon abzweigt. Man fährt dann über eine Hügelkette mit dem Wādī n-Nuchēla im Süden und dem Wādī Fāra im Norden Richtung Osten, lässt die Siedlung Almon links liegen und nimmt den steilen Abstieg ins Wādī Fāra. Am Talgrund des Wādī Fāra angekommen folgt man diesem Richtung Osten. Nach ca. 400 m liegt links am Hang gegenüber der letzten Serpentine der zurückgelegten Straße Chirbet Abū ‘Awm (Koordinaten: 17930.13785; N 31° 50' 00'', E 35° 18' 30'') mit römischer, byzantinischer und frühislamischer Keramik. Ca. 100 m weiter erhebt sich links der steile Hügel, auf dessen Plateau sich Chirbet ‛Ēn Fāra befindet.

Auf dem Weg nach Chirbet ‛Ēn Fāra passiert man Chirbet ‘Almīt und Chirbet Abū-Musarra, die mit den biblisch Orten Almon und Awim identifiziert werden.

Para 5
Chirbet ‘Almīt mit dem Weli von Šēḫ ‘Abd es-Salām liegt an Str. 437 im nördlichen Bereich der Abzweigung zur jüdischen Siedlung Almon (Koordinaten: 17600.13690; N 31° 49' 31'', E 35° 16' 25''; 638 ü.M.). Die Chirbe wird mit der Levitenstadt Almon (Jos 21,18 עַלְמוֹן ‘almôn; = Alemet עָלֶמֶת ‘ālæmæt 1Chr 6,45) identifiziert, da diese nach Jos 21,18 in Benjamin im Umfeld von Anatot zu suchen ist und da sich ‘Almīt nicht aus dem Arabischen, wohl aber von hebräisch עַלְמוֹן ‘almôn ableiten lässt. In der Kreuzfahrerzeit hieß der Ort Amieth. Nach der Oberflächenkeramik war der Hügel, von dem man eine gute Aussicht hat, vor allem in der Eisenzeit II besiedelt sowie in persischer, hellenistischer, römischer, byzantinischer, mittelalterlicher und türkischer Zeit. An der Südwest-Seite befindet sich bei dem Weli eine 1981 freigelegte Grabhöhle der Perserzeit, in der noch die Knochen von sechs Erwachsenen und drei Kindern lagen. An die fast quadratische Eingangskammer (3,3 x 3,5 m) mit einer Bank an einer Wand schließt sich ein trapezförmiger Raum mit Bänken an drei Seiten. Die Funde stammen aus der Eisenzeit II sowie aus persischer, römischer und byzantinischer Zeit. Ansonsten sieht man auf dem Hügel Mauerreste, Schachtgräber, Zisternen sowie Überbleibsel einer Weinpresse.

Para 6
Chirbet Abū-Musarra liegt ca. 2 km östlich von Chirbet ‘Almīt nördlich der Zufahrtsstraße zur jüdischen Siedlung Almon (Koordinaten: 17730.13730; N 31° 49' 35'', E 35° 16' 55''). Auf der Chirbe finden sich Mauerreste, eine Ölpresse, Zisternen und Höhlen, von denen eine als Columbarium genutzt wurde. Die Keramik stammt aus der Eisenzeit I und vor allem der Eisenzeit II, aber auch aus hellenistischer, römischer, byzantinischer und türkischer Zeit. Angesichts der eisenzeitlichen Scherben kommt der Ort am ehesten für die Identifikation mit dem alttestamentlichen Awim (עַוִּים ‘awwîm) in Frage, das nach Jos 18,23 bei Para lag.

3. Biblische Erwähnungen

3.1. Stadt in Benjamin. Sicher erwähnt wird Para im Alten Testament nur in der Städteliste Jos 18,21-24.

3.2. Jeremia vergräbt einen Gürtel. Möglicherweise zählt Para zu den Schauplätzen von Jer 13,1-11 (Lombardi, 48-59). → Jeremia erzählt, dass Jahwe ihn nach פְּרָת pərāt geschickt hat, um dort in einem Felsspalt einen Gürtel aus Leinen zu vergraben. Nach langer Zeit schickt er ihn erneut dorthin, um festzustellen, dass dieser Gürtel vernichtet ist – ein Zeichen für die bevorstehende Vernichtung Judas. Mit פְּרָת pərāt ist nach dem hebräischen Text, der von den antiken Übersetzungen (außer Aquila: εις φαραν) gestützt wird, der → Euphrat gemeint. Da es jedoch nicht sehr realistisch ist, dass Jeremia viermal eine Strecke von ca. 1000 km tatsächlich zurückgelegt hat, hält man die Erzählung für einen → Traum oder eine → Vision. Der Form nach handelt es sich jedoch um eine → Zeichenhandlung. Wenn man davon ausgeht, dass Zeichenhandlungen nicht nur literarische Gebilde sind, sondern vor einer Öffentlichkeit tatsächlich ausgeführt wurden, und wenn man ferner annimmt, dass dies auch für Jer 13,1-11 gilt, obwohl hier angesichts des langen Zeitraums (Jer 13,6), in dem der Gürtel verrottet, Zweifel erlaubt sind, legt es sich nahe, dass der Prophet nach dem ursprünglichen Text nicht ins ferne Mesopotamien gereist sein kann. Statt פְּרָת pərāt „Euphrat“ könnte dann פָּרָה pārāh „Para“ gemeint gewesen sein, insbesondere weil der Ortsname in der Erzählung außer in Jer 13,5 immer mit he-locale verbunden ist (V. 4.6.7) und פְּרָתָה pərātāh sowohl „zum Euphrat“ als auch „nach Para“ bedeuten kann. Insofern beruht die Deutung auf den Euphrat allein auf פְּרָת pərāt in V. 5. Vielleicht hat die Erzählung Para als Ort der Handlung gewählt, um in der Namensähnlichkeit anklingen zu lassen, dass die Vernichtung – der Ankündigung vom Feind aus dem Norden entsprechend – vom Euphrat ausgeht bzw. – falls das Exil schon im Blick ist – am Euphrat geschieht.

3.3. Rahels Grab in Efrata. Bei dem biblischen Ortsnamen → Efrata (אֶפְרָתָה’æfrātāh) handelt es sich vielleicht um eine Namensvariante von Para (פָּרָה pārāh), so dass der Ort ebenfalls mit Chirbet ‛Ēn Fāra zu identifizieren wäre (Lombardi, 60-86). Nach Gen 35,16-20; Gen 48,7 starb → Rahel bei Benjamins Geburt auf dem Weg von → Bethel nach → Hebron kurz vor Efrata. Dieses Efrata ist entgegen der späteren (judäischen) Glossierung (Gen 35,19; Gen 48,7 vgl. Mi 5,1) und der auf ihr fußenden Tradition (Knopf, 95ff) nicht mit → Bethlehem zu identifizieren, da Rahels Grab und mit ihm Efrata nach 1Sam 10,2-5 an → Sauls Weg vom efraimitischen → Rama nach → Gibea nicht südlich, sondern nördlich von Jerusalem zu suchen ist (Nähres → Efrata). Sonst wäre Benjamin auch nicht in seinem Stammesgebiet geboren. Allerdings hat schon → Dalman (356) gegen diese Lokalisierung von Efrata eingewandt, dass sowohl bei dem Weg Jakobs als auch bei dem Sauls an die Höhenstraße als der schnellsten Verbindung nach Hebron bzw. Gibea zu denken ist. Chirbet ‛Ēn Fāra wäre zu weit östlich dieser Höhenstraße.

Der Identifikation von Efrata mit Chirbet ‛Ēn Fāra entspricht eine Tradition, die Rahels Grab tatsächlich auf der Linie von → Bethel / Bētīn (Koordinaten: 172.148; N 31° 55' 32'', E 35° 14' 20'') nach Chirbet ‛Ēn Fāra lokalisiert. 4 km westnordwestlich der Chirbe finden sich nämlich fünf ungewöhnlich lange, rechteckige Bauten, von denen der palästinische Volksglaube – vielleicht unter Aufnahme alter Traditionen – den südlichsten als qabr umm beni-’Israïn „Grab der Mutter der Söhne Israels“ deutet, also als Grab Rahels, und die übrigen als qubūr beni-’Israïn „Gräber der Söhne Israels“ (früher hießen diese Monumente angeblich qubūr el-‛Amāliqe). Die Anlagen liegen ca. 2 km südsüdöstlich von Ǧeba‘ (Koordinaten: 1749.1405; N 31° 51' 27'', E 35° 15' 34''; → Michmas / Geba) am flachen Nord-Hang des Wādī r-Rudede, das in das Wādī Fāra mündet, östlich neben Str. 437 (1758.1388; N 31° 50' 32'', E 35° 16' 08''). Die innen mit kleineren Steinen gefüllten Bauten bestehen außen aus grob gesetzten Zyklopensteinen, die in bis zu vier Lagen eine Höhe von 1-2 m erreichen (52,5 x 4,5 m; 43,2 x 2,8 m; 32,5 x 6,0 m; 34,0 x 4,9 m; 28,5 x 3,1 m). Bau Nr. 5 – der nördlichste – ist kaum noch zu sehen, da er dem Ausbau von Str. 437 zum Opfer fiel. In seiner Mitte befand sich eine von Osten zugängliche Kammer von 2 x 1 m bei 2 m Tiefe. In dem benachbarten, direkt neben der Straße liegenden Bau Nr. 4 kann man einen runden Raum von 2 m Durchmesser sowie einen rechteckigen Raum (4,5 x 1,5 m), der von riesigen Steinen (ca. 2,5 x 0,7 m) abgedeckt ist und im Osten einen 1 m hohen und 60 cm breiten Eingang hat, gut erkennen. Auch nach der Untersuchung von 1992 ist weder das Alter noch die Funktion der Anlagen klar. Abgesehen von Streukeramik der römischen und byzantinischen Zeit gibt es keine indikativen Scherben, jedoch stehen die Bauten Megalith- oder Dolmengräbern des 4./3. Jahrtausends näher als eisenzeitlichen Grabanlagen. Möglicherweise waren sie Grabstätten oder hatten in irgendeiner Form mit dem Totenkult zu tun. (SWP, III 100-102; Vincent, 287ff; Lombardi, 87-98; Abeles, 131-134.46*).

Literaturverzeichnis

1. Literatur

  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992

2. Weitere Literatur

  • Abeles, Z., Qubur Bani Israil, Atiqot 32 (1997), 131-134 (Hebrew; English summary: 46*)
  • Conder, C.R. / Kitchener, H.H. (Hgg.), The Survey of Western Palestine, London 1882-1888 (= SWP)
  • Dalman, G., Einige geschichtliche Stätten im Norden Jerusalems, JBL 48 (1929), 354-361
  • Finkelstein, I. / Magen, Y., Archaeological Survey of the Hill Country of Benjamin, Jerusalem 1993, Nr. 479, 63* und Nr. 541, 70*
  • Kallai, Z., Historical Geography of the Bible: The Tribal Territories of Israel, Jerusalem / Leiden 1986
  • Keel, O. / Küchler, M., Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land, Bd. 2, Der Süden, Zürich u.a. 1982, 606-611
  • Knopf, T., Rahels Grab – eine Tradition aus dem TNK, DBAT 27 (1991), 73-137
  • Kochavi, M., Judaea, Samaria and the Golan, Jerusalem 1972, 184 Nr. 134 und 185 Nr. 137
  • Lombardi, G., La Tomba di Rahel. Ḥ. Farah – W. Farah presso Anatot. La sua relazione con la Bibbia e la questione della Tomba di Raḥel (PSBF. Mi 11), Jerusalem 1971
  • Simons, J., The Geographical and Topographical Texts of the Old Testament. A Concise Commentary in XXXII Chapters (Studia Francisci Scholten memoriae dicata 2), Leiden 1959, 32f
  • Vincent, L.-H., Chronique: Monuments en pierres brutes dans la Palestine occidentale, RB 10 (1901), 278-298
  • Vogt, E., Benjamin geboren „eine Meile“ von Ephrata, Bib. 56 (1975), 30-36
  • Zu den Survey-Ergebnissen s. online: The West Bank and East Jerusalem Searchable Map

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zur Lage von Chirbet ‛Ēn Fāra. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Chirbet ‛Ēn Fāra auf dem Hügel im Zentrum des Bildes. © public domain (Foto: Aaron Koenen, 2016)
  • Die Oase unterhalb der Quelle ‛Ēn Fāra. © public domain (Foto: Aaron Koenen, 2016)
  • Die eigentliche Quelle ‛Ēn Fāra. © public domain (Foto: Aaron Koenen, 2016)
  • Russisches Kloster am Ort der von Chariton um 330 n. Chr. gegründeten Laura Pharan (200 m südöstlich der Quelle). © public domain (Foto: Aaron Koenen, 2016)
  • Ruinen einer alten griechischen Kirche unterhalb des Klosters. © public domain (Foto: Aaron Koenen, 2016)
  • Die sog. Gräber der Söhne Israels. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)

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