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(erstellt: Februar 2009)

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Panamuwa ist der Name zweier Könige (Großvater und Enkel), die im 8. Jh. v. Chr. den aramäischen Stadtstaates Ja’udi (andere Schreibweisen: Jaudi, Ya’udi, Yaudi) regierten, der assyrisch Sam’al (Sam’ilu; andere Schreibweise: Samal) genannt wurde (→ Aramäer). Die Namensform Panammu ergibt sich, wenn das auslautende w nicht als Konsonant, sondern als Vokal gelesen wird.

1. Lage und ältere Geschichte von Ja’udi / Sam’al

Ja’udi / Sam’al liegt im Südosten der Türkei am Ostrand des Amanusgebirges an der über dieses Gebirge führenden Ost-West-Verbindung vom Euphrat zur Südküste Kleinasiens, ca. 70 km nord-östlich von Iskenderum und ca. 110 km nord-nord-westlich von Aleppo. Der Name der neuzeitlichen Siedlung ist → Sendschirli (andere Schreibweisen: Zindschirli, Zincirli; Koordinaten: N 37° 06' 13'', E 36° 40' 43'').

Der Name Sam’al bedeutet links bzw. Norden und drückt aus, dass dieser Staat der nördlichste der aramäischen Staaten war. Die Aramäer wurden im 12. und 11. Jh. in diesem Gebiet sesshaft. Im 10. Jh. etablierte sich das erste aramäische Herrscherhaus. Zur älteren Geschichte von Sam’al siehe bei → Kilamuwa.

2. Panamuwa I. (ca. 790/780-760/750 v. Chr.)

2.1. Ja’udi / Sam’al vor Panamuwa I.

Nach vorübergehender Zugehörigkeit zum assyrischen Herrschaftsgebiet erlangte Ja’udi / Sam’al um 800 v. Chr. auf Grund der Schwäche → Assyriens wieder seine Selbständigkeit. In der Inschrift auf der Baalstatue des → Zakur von Hamat (um 790 / 780 v. Chr.) wie auf den Stelen von → Sfire wird Ja’udi / Sam’al (um 750 v. Chr.) als selbständiger aramäischer Staat erwähnt. Der in der Inschrift des Zakur genannte, leider schlecht lesbare Name des Königs von Ja’udi / Sam’al könnte QRL (Qarilu), Vater des Panamuwa (I.) sein.

2.2. Die Herrschaft Panamuwa I.

Über die Herrschaft von Panamuwa I. erfahren wir aus der Inschrift auf einer Kolossalstatue des Gottes → Hadad, die etwa 770 / 760 v. Chr. abgefasst wurde (KAI 214; Schwiderski 195f; TUAT.NF II, 308-312). Panamuwa berichtet von seiner Einsetzung als Nachfolger des Qarilu durch die Götter von Sam’al und von seiner gedeihlichen Regentschaft. Er festigte die Herrschaft seiner Dynastie und führte das Land zu Wohlergehen („Ich rottete aus Krieg und Zwietracht von meinem Vaterhaus. In meinen Tagen aß und trank Ja’udi fürwahr“; Zeile 9). Er sorgte für die Errichtung von Befestigungsanlagen der Städte in seinem Land, sicherte den Handel aber auch die gebührenden Opfer und Abgaben für die Götter und veranlasste eine umfangreiche Bautätigkeit im Land. Diese Bautätigkeit wird wiederholt erwähnt und auf die Veranlassung insbesondere des (Haupt-)gottes Hadad zurückgeführt. Dazu gehörte auch die Errichtung (oder Restaurierung?) eines Tempels für Hadad, dem auch die Statue, auf der die Inschrift steht („ich richtete diese Hadadstatue auf“; Zeile 14) gewidmet war. Darüber hinaus scheint er noch einen weiteren „Tempel für die Götter dieser Stadt“ (Zeile 19) erbaut zu haben.

Auch wenn die Darstellung in einer solchen Königsinschrift einseitig ist, war die Herrschaft von Panamuwa I. offensichtlich vom Wohlergehen des Landes geprägt, wozu auch die für den Handel günstige Lage des Landes beitrug. Nach Panamuwa kam es zu einem Konflikt um die Thronfolge. Sein Sohn Barṣur wurde ermordet.

3. Panamuwa II. (ca. 745-733 v. Chr.)

3.1. Thronfolge und Herrschaft Panamuwa II.

Nach dem Tod von Panamuwa I. wurde dessen Sohn und Nachfolger Barṣur ermordet. Der in der Inschrift des Barrakib (KAI 215; TUAT I, 628-630), Sohn von Panamuwa II., nicht namentlich genannte Thronprätendent regierte anscheinend einige Jahre bis sich Panamuwa II., Sohn des Barṣur, durchsetzte. Vermutlich ging es bei diesem Konflikt auch um die Haltung gegenüber den Assyrern. Jedenfalls berichtet die Inschrift, dass Panamuwa II. seinen Thron durch die Hilfe des assyrischen Königs → Tiglat-Pileser III. (745-727 v. Chr.) erlangte („In dieser Situation brachte mein Vater Panamuwa [II.], Sohn des Barṣur, ein Geschenk hin zum König von Assur, und dieser setzte ihn als König ein über sein Vaterhaus“; Zeile 8-9). Panamuwa II. setzte neue Ortsvorsteher und Heerführer ein („bestimmte Dorfvorsteher und Streitwagenkommandanten“; Zeile 10). Die Inschrift berichtet auch von der Restaurierung des Palastes („nahm seinen väterlichen Palast und machte ihn schöner als zuvor“; Zeile 9). Unter der assyrischen Oberherrschaft erlangte das Land neuen Wohlstand und das Herrschaftsgebiet des Panamuwa wurde vom assyrischen Großkönig erweitert. Die Inschrift betont die Loyalität des Panamuwa („… er war ein treuer Diener gegenüber seinem Herrn, dem König von Assur. Da lebte er gut und auch Ja’udi lebte gut … Und mein Vater strengte sich mehr an als alle anderen mächtigen Könige. Und deshalb fügte sein Herr Tiglatpileser [III.], der König von Assur, fürwahr vom Gebiet Gurgum und von Que [?] hinzu“; Zeile 12-15; Gurgum und Que sind die nördlichen und westlichen Nachbarländer).

3.2. Die Einbindung in das assyrische Reich

Zur Loyalität gegenüber dem assyrischen Großkönig gehörte auch die Beteiligung an dessen Kriegszügen. Panamuwa muss an zahlreichen Kriegszügen teilgenommen haben. Er starb – in Folge von Krankheit oder vielleicht im Kampf – im Rahmen der Belagerung und Eroberung von → Damaskus 734 / 733. Sein Sohn und Nachfolger Barrakib betont im Rahmen einer anderen Inschrift (TUAT I, 630f) ebenfalls seine Loyalität gegenüber dem assyrischen Großkönig und die Einsetzung durch den Gott Rakib-El und durch Tiglatpileser: „Ich bin Barrakib, Sohn des Panamuwa, König von Sam’al, Diener des Tiglatpileser, des Herrn der vier Viertel der Erde. Auf Grund der Loyalität meines Vaters und auf Grund meiner eigenen Loyalität setzten mich mein Herr Rakib-El und mein Herr Tiglatpileser auf den Thron meines Vaters …“ (Barrakib-Inschrift Zeile 1-7). Barrakib errichtete einen neuen, prunkvollen Palast (Zeile 20) und regierte vielleicht bis ca. 713 / 711. Nach ihm setzten die Assyrer keinen einheimischen König, sondern einen assyrischen Statthalter ein.

4. Die Inschriften

4.1. Die Inschriften und ihre Sprache

Bei den Ausgrabungen in Sendschirli wurde eine Reihe von kürzeren und längeren Inschriften auf Statuen und Gebäudeteilen im Bereich des neuen Palastes des Barrakib gefunden. Die beiden längsten und wichtigsten sind oben zitiert. Die Hadad-Stele mit der Inschrift Panamuwa I. wurde im 7 km von Zendschirli gelegenen Ort Gercin gefunden. Während die Inschrift → Kilamuwas (noch) in phönizischer Sprache abgefasst war, sind die Panamuwa- und die Barrakib-Inschriften zwar mit der verbreiteten phönizischen Schrift aber in aramäischer Sprache abgefasst, wobei die Inschrift von Panamuwa I. vom lokalen aramäischen Dialekt („Sam’alisch“) geprägt ist.

4.2. Die Inhalte der Inschriften

Es ist typisch für die Königsinschriften, dass sie die dynastische Folge der Könige berichten und verschiedene Leistungen des Königs herausstellen, wobei hier insbesondere die Leistungen für das Wohlergehen der Bevölkerung (einschließlich baulicher Maßnahmen für die Infrastruktur) und der Dank an die Götter (Opfer und Abgaben, aber auch Errichtung von Statuen und Tempeln) genannt werden. Ein wichtiges Thema ist die Haltung gegenüber der Großmacht Assur, wobei die Loyalität der Dynastie von Sam’al betont wird, aber auch durchscheint, dass es darüber auch Konflikte gab.

4.3. Religionsgeschichtliche Angabe

In religionsgeschichtlicher Hinsicht bedeutsam sind die Inschriften auf Grund der Nennung der in Sam’al und für das Königshaus wichtigen Götter. Es sind dies: → Hadad (vermutlich identisch mit dem bei Kilamuwa genannten → Baal), → El, Rakib-El, Rasap (→ Reschef), der Sonnengott → Schamasch sowie der Mondgott → Sin. Darüber hinaus bezeugen die Inschriften die Errichtung von Tempeln durch den König und das Gedenken an die königlichen Vorfahren.

4.4. Die Bedeutung der Inschriften für das Alte Testament

1) Die Inschriften zeigen das auch für Israel und Juda existentielle Problem des Verhältnisses zu den Assyrern, wobei sich die Könige von Sam’al (in der Regel, siehe die Krise zwischen Panamuwa I. und II.) für Abhängigkeit von den Assyrern entschieden, während die Haltung in Jerusalem und → Samaria schwankte (siehe Geschichte Israels, → Syrisch-ephraimitischer Krieg; Ende des Nordreiches 722 v. Chr.; Belagerung Jerusalems 701 v. Chr.).

2) Die Inschriften zeigen die enge Bindung des Königshauses an die Götter des Landes, wobei der oberste Gott Hadad eine wesentliche Rolle spielt, insbesondere aber auch Rakib-El, als der offensichtlich spezifisch sam’alische „persönliche“ Schutzgott der Dynastie. Im Alten Testament ist Jhwh sowohl der Gott des Volkes als auch der Gott des Königshauses, wobei die besondere Beziehung Gottes zum König im Alten Testament besonders für Jerusalem und das Davidhaus belegt ist.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

(siehe unter Aramäer, Sam’al, Sendschirli, Zindschirli)

  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • The Oxford Encyclopedia of Archaeology in the Near East, Oxford / New York 1997
  • Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Editionen und Übersetzungen der Inschriften

  • Delsman, W.C., 1985, Die Inschrift für den König Panammu von J’DJ (Sam’al), TUAT I/6, 638-640
  • Delsman, W.C., 1985, Die Inschrift des Königs Barrakib von J’DJ (Sam’al) I, TUAT I/6, 628-632
  • Donner, H. / Röllig, W., 2002, Kanaanäische und Aramäische Inschriften I – III, 5. Aufl. Wiesbaden [KAI 214, 215, 216]
  • Kottsieper, I., Die jaudische Hadadinschrift PNMWs I., TUAT.NF II, 308-312
  • Schwiderski, D. (Hg.), 2004, Die alt- und reichsaramäischen Inschriften / The Old and Imperial Aramaic Inscriptions (Fontes et Subsidia ad Bibliam pertinentes 2), Bd. 2: Texte und Bibliographie, Berlin / New York, 195f
  • Tropper, J., 1993, Die Inschriften von Zincirli (ALSP 6), Münster
  • Younger, K.L. Jr., 200 = 2003, The Hadad Inscription (2.36), The Context of Scripture II, Leiden, 156-158 [= KAI 214 = Tropper H]
  • Younger, K.L. Jr., 200 = 2003, The Panamuwa Inscription (2.37), The Context of Scripture II, Leiden, 158-160 [= KAI 215 = Tropper P]
  • Younger, K.L. Jr., 200 = 2003, The Bar-Rakib Inscription (2.38), The Context of Scripture II, Leiden, 160-161 [= KAI 216 = Tropper B 1]

3. Weitere Literatur

  • Dion, P.E., 1997, Les Araméens à l’age du Fer. Histoire Politique et Structures Sociales (Études Bibliques 34), Paris 1997
  • Kreuzer, S., 1996, Die Religion der Aramäer auf dem Hintergrund der frühen aramäischen Staaten, in: P. Haider / M. Hutter / S. Kreuzer (Hgg.), Religionsgeschichte Syriens. Von der Frühzeit bis zur Gegenwart, Stuttgart, 101-115.374f.432-435
  • Landsberger, B., 1948, Sam’al. Studien zur Entdeckung der Ruinenstätte Karatepe, Ankara
  • Lipiński, E., 2000, The Aramaeans. Their Ancient History, Culture, Religion (Orientalia Lovaniensia Analecta 100), Leuven
  • Schramm, W., 1983, Uša = Sam’al, Orientalia 52, 458ff.
  • Wartke, R.-B., 1999, Zincirli – Sam’al, in: W. Seipel / A. Wieczorek (Hgg.), Von Babylon bis Jerusalem, Bd. 2 (Ausstellungskatalog), Mailand, 301ff.
  • Wartke, R.-B., 2005, Sam’al. Ein aramäischer Stadtstaat des 10. bis 8. Jhs. v. Chr. und die Geschichte seiner Erforschung, Berlin / Mainz

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zu Ja’udi / Sam’al. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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