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Onias / Oniaden

(erstellt: Februar 2006)

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Oniaden ist die Bezeichnung für eine Priesterdynastie aus dem 3. und 2. Jh. v. Chr., deren vorwiegender Name Onias (gräzisierte Form eines hebr. Namens mit der Wurzel חנן „gnädig sein“) und deren zweithäufigster Name Simon war. Sie führten sich über Jaddua (Neh 12,10; Josephus, Antiquitates XI, 347; Text gr. und lat. Autoren) und Jochanan (Neh 12,10.22) genealogisch auf den Priester → Zadok zurück und stellten über mehrere Generationen die Hohenpriester in Jerusalem.

1) Onias I. (um 300 v. Chr.; Josephus, Antiquitates XI, 347) soll nach der Darstellung in 1Makk 12,7-8 Kontakte nach Sparta gehabt haben. Unabhängig von der Frage, ob diese Notiz historisch zutreffend ist, spiegelt sie das Interesse vieler Völker der hellenistischen Welt wider, angeblich alte Verbindungen zum klassischen Griechenland herzustellen, um sich der herrschenden griechischen Klasse anzunähern.

2) Auf Onias I. folgte sein Sohn Simon I. der Gerechte (1. Hälfte 3. Jh.; Josephus, Antiquitates XII, 43; Mischnatraktat Avot 1,2).

3) Ihn beerbte dessen Sohn Onias II. (2. Hälfte 3. Jh.), allerdings erst nach einer kurzen Zwischenzeit unter Elieser und Manasse, da Onias II. noch nicht volljährig war, als sein Vater starb (Josephus, Antiquitates XII, 44.157). Onias II. beendete – wahrscheinlich unter dem Eindruck der militärischen Erfolge der → Seleukiden im 3. Syrischen Krieg (246-241 v. Chr.) – die Tributzahlungen an Ptolemaios III. Da Ptolemaios Herrscher über Juda blieb, musste Onias II. das Amt der Prostasia, die offizielle Vertretung des jüdischen Ethnos vor dem ptolemäischen König, an seinen Rivalen Josef abgeben, einen Neffen aus der Familie der → Tobiaden, der in diesem Konflikt als Vermittler wirkte (die Darstellung in Josephus, Antiquitates XII, 158-173 ist in der Wertung der Akteure zwar tendenziös, trifft aber den politischen Kern der Sache).

4) Simon II. (um 200 v. Chr.), Sohn von Onias II., konnte aufgrund von innerfamiliären Streitigkeiten unter den Tobiaden die Prostasia von diesen zurückerlangen. Als der seleukidische König Antiochos III. (223-187 v. Chr.) im 5. Syrischen Krieg (202-198 v. Chr.) Koilesyrien und damit auch Juda eroberte, erreichte Simon unter Verweis auf die proseleukidische Politik seines Vaters, dass Juda die Privilegien der persischen Zeit zurückerhielt und man wieder nach den Rechtstraditionen der Tora zu leben durfte. Simon baute den Tempel aus und verbesserte die Wasserversorgung Jerusalems (Sir 50,1-4). Jesus Sirach hat ihm in Sir 50,1-21 (Lutherbibel: Sir 50,1-23) ein literarisches Denkmal gesetzt.

5) Onias III. (1. Hälfte 2. Jh.), Sohn Simons II., machte – wahrscheinlich angesichts des Siegs der Römer über Antiochos III. bei Magnesia in Kleinasien (190 v. Chr. ) – einen proptolemäischen Schwenk und wurde dafür von seinem proseleukidischen Tempelvorsteher Simon bei Seleukos IV. (187-175 v. Chr.) denunziert. Um sich zu rechtfertigen, reiste er zu Seleukos, traf aber erst nach dessen Tod ein und hatte es deswegen mit dem Nachfolger Antiochos IV. (175-164 v. Chr.) zu tun (2Makk 3,4-4,6). Da dieser Juda schnell befrieden wollte, übertrug er das Hohepriesteramt 175 v. Chr. an Onias’ Bruder Jason, der ihm dafür eine erhebliche Summe Geld geboten hatte (2Makk 4,7-8). Als Jason, der die Hohepriesterwürde zwar nicht rechtsgültig, aber doch noch als Zadokite inne hatte, 172 v. Chr. von Menelaos, einem Bruder des Tempelvorstehers Simon, durch Zahlung einer noch höheren Summe an Antiochos verdrängt wurde, war die Zeit der Oniaden als Hohepriester beendet. Über den Tod Onias’ III. gibt es unterschiedliche Überlieferungen: nach 2Makk 4,30-38 ließ Menelaos Onias ermorden (vgl. auch Dan 9,26); nach Josephus (Bellum Judaicum I, 33; VII, 420-432; Text gr. und lat. Autoren) floh Onias nach Ägypten und gründete in → Leontopolis einen neuen Tempel (nach Josephus, Antiquitates XII, 387f; XIII, 62-73 machte dies erst sein Sohn Onias IV., über den sonst jedoch kaum etwas zu sagen ist).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Der Neue Pauly, Stuttgart / Weimar 1996-2003
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998ff.
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Büchler, Adolf, Die Tobiaden und die Oniaden, Hildesheim / New York 1975 [Wien 1899]
  • Gehrke, Hans-Joachim, Geschichte des Hellenismus, München 2. Aufl. 1995
  • Haag, Ernst, Das hellenistische Zeitalter. Israel und die Bibel im 4. bis 1. Jahrhundert v. Chr. (BE 9), Stuttgart 2003
  • Hengel, Martin, Judentum und Hellenismus. Studien zu ihrer Begegnung unter besonderer Berücksichtigung Palästinas bis zur Mitte des 2. Jh. v.Chr., Tübingen 3. Aufl. 1988
  • Sasse, Markus, Geschichte Israels in der Zeit des Zweiten Tempels. Historische Ereignisse – Archäologie – Sozialgeschichte – Religions- und Geistesgeschichte, Neukirchen-Vluyn 2004 (Lit.!)

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