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Oliven / Olivenöl

(erstellt: Januar 2020)

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1. Bezeichnungen

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Die Olive (hebr. זַיִת zajit; griech. ἐλαία elaia; beide Begriffe bedeuten auch „Ölbaum“) ist die zunächst grüne, bei voller Reife im Herbst schwarze Steinfrucht des → Ölbaums. Sie hat eine Größe von 2-3 cm. Ihr Geschmack ist zunächst bitter, wird mit zunehmender Reife aber nach und nach angenehmer.

Die hebräische Bezeichnung für Öl ist שֶׁמֶן šæmæn oder auch יִצְהַר jiṣhar, die griechische ἒλαιον elaion. Wo im Alten Testament von Öl gesprochen wird, ist in der Regel Olivenöl gemeint. Eine Ausnahme stellt Est 2,12 dar, wo wahrscheinlich Myrrhenöl im Blick ist.

2. Altes Testament

2.1. Olivenernte und -verarbeitung

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Palästina galt als Land mit reichlich Öl, das häufig in einer Folge mit → Getreide und → Wein genannt wird (Dtn 7,13, Dtn 11,14 u.ö.). Seine Kulturlandschaft war u.a. von → Ölbäumen geprägt, wie auch das Relief vom Feldzug Sanheribs 701 v. Chr. vermittelt, das die Zerstörung der judäischen Stadt → Lachisch zeigt.

Die Olivenernte fand zumeist im Oktober statt. Dazu stieg eine Person in den Baum (→ Ölbaum) und klopfte die Früchte mit einem Stock ab (Dtn 24,20; Jes 17,6). Danach wurden die am Boden liegenden Früchte aufgesammelt, in flache Säcke abgefüllt und zu einer Ölpresse gebracht.

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Diese Ölpressen bestanden aus einem Balken, der an einem Ende in einer Wand befestigt war und am anderen Ende mit einem Stein beschwert wurde. Die Oliven wurden unter den Balken gelegt. Durch den so entstehenden Druck wurde das Öl aus den Früchten gepresst. Solche Ölpressen fanden sich vor allem im Küstengebiet. Ein Zentrum für Ölgewinnung war im 7. Jh. v. Chr. → Ekron. Dort fand man insgesamt 113 Ölpressen, die jährlich etwa 1000 l Öl liefern konnten. Das Öl, das beim ersten Pressen gewonnen wurde, galt am feinsten und wertvollsten (Am 6,6; 2Kön 20,13). Bei weiteren Pressungen, bei denen der Druck verstärkt oder das Material erhitzt wurde, entstand Öl von weniger guter Qualität.

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In hellenistisch-römischer Zeit kamen Ölmühlen auf, die in der Nähe von Ölbaumkulturen errichtet wurden. Sie bestanden aus einem senkrecht rotierenden Oberstein, der in einem vertieften Trog im Kreis bewegt wurde und so die Oliven zerdrückte.

Zur Ölgewinnung konnten die Oliven aber auch in einem Mörser oder einem Steinbottich zerdrückt (Ex 27,20; Ex 29,40; 1Kön 5,25 u.ö.) oder wie Trauben in einer Kelter getreten werden (Mi 6,15). Aufbewahrt wurde das Öl in großen Krügen (1Kön 17,12ff; 2Kön 4,2ff).

Der Handel mit Olivenöl (Ez 27,17; 1Kön 5,25; Hos 12,2) war ein lukratives Geschäft, das auch internationale Bedeutung hatte, denn in Ägypten und Mesopotamien gab es nicht genügend natürliche Ressourcen, um den Bedarf an Olivenöl zu decken (vgl. Hos 12,2). Von Ölvorratslagern ist 1Chr 27,28; 2Chr 11,11; 2Chr 32,28 die Rede.

2.2. Verwendung im Alltag

Öl war ein wichtiges Alltagsprodukt und Grundnahrungsmittel, nach Sir 39,26 (Lutherbibel: Sir 39,31) gehört es wie Wein und Kleidung zu den Grundbedürfnissen des Menschen. Es wurde als kalorienreicher Fettersatz anstelle von Butter und Fett zur Zubereitung von Speisen (Ez 16,13; Num 11,8), beim Kochen und Backen verwendet und war so neben Brot eines der wichtigsten Lebensmittel (1Kön 17,12; 2Kön 4,2).

Ein Ölkuchen ist ein Backwerk, dem neben Mehl, Wasser und Salz auch Öl zugesetzt wurde (vgl. Ex 29,23; 1Kön 17,8-16). Eine andere Bezeichnung für Ölkuchen ist לְשַׁד הַשֶּׁמֶן ləšad haššæmæn. In Num 11,8 werden die während der israelitischen Wüstenzeit aus → Manna gefertigten „Kuchen“ geschmacklich mit einem solches Ölgebäck verglichen.

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Öl diente auch als Ausgangsprodukt für kosmetische Salben, denen entsprechende Duftstoffe beigemengt wurden, was ihren Wert steigerte (Hhld 1,3; Hhld 4,10), und dann zur Körper- (Ez 16,9; Jes 57,9), vor allem zur Haut- und Haarpflege (vgl. Mi 6,15; Ps 104,15; Pred 9,8), auch nach dem Baden (2Sam 12,20; Rut 3,3) und zur Linderung von Krankheiten sowie – wegen der entzündungshemmenden Wirkung – von Wunden (Jes 1,6). In Trauerzeiten, in denen verschiedene Selbstminderungsriten zum Tragen kamen, verzichtete man auf das wohltuende und erquickende Salben des Körpers (2Sam 14,2; → Trauerriten).

Zur Ehrung von herausgehobenen Personen und Gästen wurden diese anlässlich von Festen und Gastmählern „mit Freudenöl“ (Ps 45,8; vgl. Jes 61,3) gesalbt (Ps 23,5). Dabei dürfte auch in Israel die aus Ägypten bekannte Sitte verbreitet gewesen sein, den Geehrten Salbkegel aufs Haupt zu setzen.

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Daneben wurde Öl als Leuchtmittel für Lampen und kultische Leuchter benutzt (Ex 27,20; vgl. Mt 25,3f.8). Mit Leder bespannte Schilde wurde zur Pflege und zur Beeindruckung der Gegner mit Öl bestrichen (2Sam 1,21).

Öl galt wie andere Lebensmittel auch als eine Gabe Gottes (Dtn 11,14; Hos 2,10; Joel 2,19.24), und sein Vorhandensein war Zeichen göttlichen → Segens (Dtn 7,13; Dtn 33,24; Jer 31,12). Das Fehlen von Öl dagegen zeigte Not, Unheil und → Fluch an (Dtn 28,40.51; vgl. Joel 1,10; Hag 1,11). Wer Wein und Öl im Übermaß liebt und zu sich nimmt, der kann nicht reich werden, mahnt Spr 21,17.

2.3. Verwendung im Kult

Im Kult war Öl neben Gries oder Brotfladen Teil der Opfermaterie beim Speise- (vgl. Lev 2,2) und beim Erstlingsopfer (Lev 2,15; Num 18,12; Dtn 18,4 u.ö.; → Opfer). Auch Ölkuchen konnte beim Speisopfer dargebracht werden (Lev 2,4; Lev 7,12). Bei ihm handelte es sich um im Ofen gebackenes Ringbrot (hebr. לֶחֶם שֶׁמֶן חַלַּת Ex 29,23; Lev 8,26). Außerdem konnten Fladenbrote (→ Brot), mit Öl bestrichen oder übergossen wurden, geopfert werden (Ex 29,2.23; Lev 2,5; Lev 6,14; Lev 7,12; Lev 8,26; Num 6,15.19 u.ö.). Ferner wurde Öl verwendet, wenn Menschen, die vom Aussatz (Krankheit) geheilt worden waren, ihre Reinigungsopfer darbrachten (Lev 14,10ff; Lev 23,13).

Darüber hinaus war Öl bei der → Salbung von Königen (1Kön 1,39; 2Kön 9,3 u.ö.; Ps 89,21; → Messias bedeutet „Gesalbter“ und bezieht sich auf eine königliche Figur) oder Priestern (Ex 28,41; Ex 30,30) wichtig. Es wurde zum Zeichen der → Erwählung aus einer Flasche oder einem Ölhorn (1Sam 16,1.13; 1Kön 1,39; 2Kön 9,1) auf das Haupt des zu Salbenden gegossen. Dieses Öl hat an manchen Stellen die „Fachbezeichnung“ „Heiliges Salbungsöl“ (Num 35,25; vgl. Ex 29,7.21; Lev 8,2.12.20; Lev 21,10). Neben herausgehobenen Personen können auch kultische Gegenstände wie die → Lade oder das → Zelt der Begegnung gesalbt werden (Ex 40,9ff). Dadurch wurden die so geheiligten Gegenstände von profanen abgehoben. Wenn → Jakob den Stein, auf dem er geschlafen hatte, nach seinem nächtlichen Traum als Steinmal (→ Mazzebe) aufrichtet und mit Öl übergießt, dann ist das Zeichen der Weihe und der Kraftzufuhr (Gen 28,18). Nach 1Chr 9,29 waren bestimmte → Leviten als Verwalter von Ölvorräten tätig.

2.4. Metaphorik

In nachexilischer Zeit spricht Sach 4,14 von den beiden „Ölsöhnen“ als heilvollen Führungspersonen und hat damit den Hohenpriester und den König im Blick (→ Eschatologie). Wenn der Gaumen der gefährlichen und in den Bann ziehenden fremden Frau „glatter ist als Öl“ (Spr 5,3), dann wird das „Flüssige, Süße und Leichte“ (Meinhold 1991, 102) ihrer verführerischen Reden betont. Die „aalglatte, heuchlerische Rede“ (Hossfeld / Zenger 2000, 102) des Feindes gleicht weich fließendem Öl, ist aber in Wirklichkeit bedrohlich wie ein gezücktes Schwert (Ps 55,22). Vom Feind wird Ps 109,18 gesagt, dass der Fluch bis in seine Knochen eindrang, wie das Öl durch die Poren der Haut. Wenn aber der von seinen Feinden verfolgte Beter bekennt, „du, Gott, überschüttest mich mit grünem (also frischem) Öl“, dann spiegelt dieser Satz die Erfahrung seiner Rettung, die in einem Sieges- und Freudenfest seinen Ausdruck findet (Ps 92,11). Eine streitsüchtige Frau ist aber so wenig zu verbergen, wie wenn sich jemand seine Hände mit parfümiertem Öl eingerieben hat (Spr 27,16). Öl und Räucherwerk erfreuen des Menschen Herz (Spr 27,9); ebenso lebenserfreuend ist ein Freund, der beisteht und rät.

3. Neues Testament

Das Neue Testament nimmt ebenfalls die alltagspraktische und religiöse Bedeutung von Oliven und Olivenöl in den Blick. In Jak 3,12 dient das Bild eines Oliven tragenden Feigenbaumes dazu, um vor dem Missbrauch der Zunge zu warnen. Als Leuchtmittel ist Öl in Mt 25,3.4.8 vorausgesetzt. Daneben fand es bei der Salbung von Kranken Verwendung (Mk 6,13; Jak 5,14, vgl. Lk 10,34), aber auch zum Einreiben von Toten (Mk 14,8; Mk 16,1). In Lk 7,46 wird der „normalen“ Salbung eines Menschen mit Öl eine solche mit kostbarer Myrrhensalbe gegenübergestellt. Öl ist aber auch Teil des Vermögens (Lk 16,6; Apk 6,6) bzw. einer für Babylon bestimmten Handelsware (Apk 18,13).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der Assyriologie und vorderasiatischen Archäologie, Berlin 1928-2018
  • Theologisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart 1933-1979
  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Der Kleine Pauly, Stuttgart 1964-1975 (Taschenbuchausgabe, München 1979)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973-2015
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1992
  • Calwer Bibellexikon, 2. Aufl., Stuttgart 2006
  • Handbuch theologischer Grundbegriffe zum Alten und Neuen Testament, Darmstadt 2006
  • Sozialgeschichtliches Wörterbuch zur Bibel, Gütersloh 2009

2. Weitere Literatur

  • Hossfeld, F.-L. / Zenger, E., Psalmen 51-100 (HThKAT), Freiburg 2000
  • Keel, O. / Küchler, M. / Uehlinger, Chr., Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land, Bd. 1, Zürich u.a. 1984
  • Meinhold, A., Die Sprüche. Teil 1: Sprüche Kapitel 1-15 (ZBK.AT16/1), Zürich 1991
  • Zwickel, W., Die Welt des Alten und Neuen Testaments. Ein Sach- und Arbeitsbuch, Stuttgart 1997, 162f

Abbildungsverzeichnis

  • Die assyrische Darstellung der Eroberung Lachischs zeigt auch die Landschaft Palästinas mit Olivenbäumen, aber auch Wein­stöcken, Feigen­bäumen, Pinien und Granatäpfelbäumen (Reliefdetail, Palast Sanheribs in Ninive, nach 700 v. Chr.). Aus: A.H. Layard, A Second Series of Monuments of Nineveh, London 1853, Pl. 23
  • Ölivenernte. Ein Mann schlägt die an den Zweigen hängenden Oliven mit einem Stock, zwei Frauen sammeln die herabgefallenen Früchte ein. Danach werden Sie zu einer Ölpresse gebracht. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Ölpresse in Hazor (Eisenzeit II). Die in Säcken gesammelten Früchte legte man unter einen Balken, der an der Seite in eine Wand eingebracht war und am anderen Ende mit Steingewichten beschwert wurde. So wurden die Oliven gepresst und das ausfließende Öl in einem Becken gesammelt. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Ölmühle, wie sie in hellenistisch-römischer Zeit aufkam und meist in der Nähe von Ölbäumen platziert war. Man legte die Oliven in die Mitte eines Steintrogs. Ein senkrecht zu diesem stehender, rotierender Stein, der durch ein Tier oder einen Menschen bewegt wurde, zerquetschte die Oliven. Das Öl floss durch eine Vertiefung aus und wurde in Krügen aufgefangen. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2010)
  • Frau mit einem Salbkegel auf dem Kopf (Malerei aus Grabkammer TT181 der Bildhauer Nebamun und Ipuki; etwa 1350-1300 v. Chr.). © public domain
  • Öllampe: Sie wurde mit Olivenöl gefüllt und in dem Schnabel brannte an einem Docht eine Flamme (Levante; 12.-7. Jh. v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum; BM 2009,5018.29 lizenziert unter Creative Commons-Lizenz, Attribution-Share Alike 4.0 International; Zugriff 11.2.2020

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