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(erstellt: August 2009)

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Als Bewohner von Nestern (hebräisch qen, abgeleitet von qinnen „nisten“) werden im Alten Testament meist Vögel (Jes 16,3; Ez 31,6) genannt, so z.B. → Schwalbe (Ps 84,4), → Storch (Ps 104,17), → Taube (Jer 48,28) und → Geier (Jer 49,16; Ob 4; Dtn 32,11). Sie bevorzugen als sichere Nistplätze hohe Bäume, wie → Zedern (Jer 22,23; vgl. Ps 104,17; Ez 31,6), oder andere hoch gelegene Orte (Hi 39,27; Hab 2,9) wie z.B. Felsklüfte (Jer 48,28) oder auch Mauern (Ps 84,4). Nach Jes 34,15 hat auch die Pfeilschlange ein Nest, und zwar in Ruinen und wüsten Stätten (→ Kobra / Natter 2.2.).

Das Nest gilt als Inbegriff von Sicherheit und Schutz. Wer seine Heimat verlässt oder verliert und somit entwurzelt ist, gleicht daher einem Vogel, der aus seinem Nest flattert (Spr 27,8, vgl. Meinhold; s. ferner Jes 16,2). Wer kein Nest hat, ist heimatlos (Mt 8,20; Lk 9,58; vgl. Sir 36,26 [Lutherbibel: Sir 36,28]). Daher richtet sich der Wunsch des Beters darauf, wie ein im Tempelbereich nistender Vogel Gottes schützende Nähe zu erfahren (Ps 84,3f).

Wegen ihrer Unerreichbarkeit werden mehrfach die Wohnungen von im Bergland lebenden Völkern (Num 24,21: → Keniter; Jer 49,16; Ob 4: → Edom) mit einem in Felsen gebauten Nest verglichen: Obwohl sich diese Völker in ihren Nestern sicher fühlen, werden sie doch von Gottes Gericht erreicht (vgl. ähnlich Hab 2,9). Ein anderer Bildgebrauch findet sich in Jes 10,14: Hier wird das gewaltsame Vordringen der → Assyrer, die die eroberten Gebiete völlig plünderten, mit Eiersammlern verglichen, die verlassene Vogelnester ausrauben, ohne dass ihnen jemand Einhalt gebieten könnte.

Dtn 22,6 verbietet, eine Vogelmutter zusammen mit den Jungen oder ihrem Gelege aus dem Nest zu nehmen (vgl. Keel 1980; Boecker 1993). Im Hintergrund des Verbots steht das Staunen vor der Entstehung neuen Lebens, das dem Menschen verwehrt, aus Profitgier das Muttertier, das Leben weitergibt, zugleich mit den gerade lebensfähig werdenden / gewordenen Nachkommen zu töten. Zu Hiob 29,18 → Phoenix.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich 1978-1979
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Boecker, H.-J., „Du sollst dem Ochsen, der da drischt, das Maul nicht verbinden.“ Überlegungen zur Wertung der Natur im Alten Testament, in: B. Janowski u.a., Gefährten und Feinde des Menschen. Das Tier in der Lebenswelt des alten Israel, Neukirchen-Vluyn 1993, 67-84, 71f
  • Keel, O., Das Böcklein in der Milch seiner Mutter und Verwandtes. Im Lichte eines altorientalischen Bildmotivs (OBO 33), Freiburg (Schweiz) / Göttingen 1980, 44f
  • Meinhold, A., Die Sprüche. Teil 2: Sprüche Kapitel 16-31, Zürich 1991, 453f

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