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Michmas / Geba

Andere Schreibweise: Michmash (engl.); Mukhmas (engl.)

(erstellt: November 2007)

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1. Lage und Name

Michmas 1

Geba und Michmas liegen ca. 9 bzw. 11km nordnordöstlich von Jerusalem diesseits und jenseits des tiefen Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ (Wadi es-Swenit; hebr. Nachal Michmas), das zwischen den Orten eine Furt bietet, an einer strategisch wichtigen Nord-Süd-Straße durch das östliche Bergland.

1.1. Geba

3km östlich von er-Rām ([er-Ram]; Koordinaten: 1721.1402; N 31° 51' 17'', E 35° 13' 54''), das mit → Rama in Benjamin zu identifizieren ist, befindet sich auf einem Hügel der arabische Ort Ǧeba‘ ([Geba]; Koordinaten: 1749.1405; N 31° 51' 27'', E 35° 15' 34''), bei dem es sich wohl um das alte Geba („Hügel“) handelt. Die Anhöhe ist strategisch bedeutsam, da man von hier einen guten Blick auf die Orte der Umgebung hat. In der alttestamentlichen Überlieferung wird Geba zuweilen mit Gibea verwechselt, ist mit ihm aber nicht zu identifizieren (gegen Arnold, 1990; Näheres s. Art. → Gibea).

Die Identifizierung mit Chirbet et-Tell (Koordinaten: 1749.1587; N 32° 01' 16'', E 35° 15' 46''; 830m über N.N.). Verbunden mit der Annahme, dass die Liste der Städte Benjamins in Jos 18,21-24 weit nach Norden ausgreift, hat man gemeint, in Jos 18,24 – wie auch in 2Kön 23,8 (und Sach 14,10) – sei mit Geba nicht das mit Ǧeba‘ zu identifizierende Geba gemeint, sondern ein weiter nördlich gelegener Ort mit gleichem Namen. Dieses Geba hat vor allem die israelische Forschung im Gefolge Benjamin Maislers (=Mazar, 1940) vielfach mit Chirbet et-Tell identifiziert (vgl. Kallai-Kleinmann, 1958, 138-140; Kallai, 1986, 399f und Karte Nr. 2), einer Ortslage, die sich 18km nördlich von Ǧeba‘ am Süd-Rand einer kleinen Ebene auf einem frei stehenden, fast 100m hohen Hügel westlich neben der Höhenstraße befindet, die man von ihm aus sehr gut überblicken und kontrollieren kann. Nach der Oberflächenkeramik (Finkelstein / Lederman / Bunimovitz, 578-580) war der Ort in der Frühbronzezeit II-III besiedelt, vor allem aber in der Eisenzeit I und II sowie in persischer, hellenistischer, römischer und besonders byzantinischer Zeit, und auch später. Reste einiger mittelalterlicher Gebäude mit Gewölben und Bögen stehen auf der Ost-Seite der Kuppe noch relativ gut. Am oberen Hang findet man eine Weinpresse, Teile einer Ölpresse, Zisternen und im Süden Grabhöhlen. Einige liegende Säulen mögen von einer byzantinischen Kirche stammen, von der hier früher auch Säulenbasen und ein Kapitell zu sehen waren. Für die Identifizierung mit Chirbet et-Tell wird → Euseb angeführt, der in römischer Zeit einen Ort Geba „5 Meilen von Gophna (= Ǧifna; Koordinaten: 170.152; N 31° 57' 38'', E 35° 12' 58'') an der Straße nach Neapolis (= Nablus)“ kennt, was auf Chirbet et-Tell in der Tat zutrifft (Onomasticon Nr. 356; Text Kirchenväter 3; vgl. Dalman, 1913, 40; Alt, 1927, 50). Da die Liste der Städte Benjamins in Jos 18,21-24 jedoch kaum soweit nach Norden ausgreift, scheint diese Lokalisierung von Geba zumindest für die Eisenzeit unwahrscheinlich (Arnold, 1990, 24.142f; Na’aman, 1991, 25; Lipschits, 2004, 345-361). Chirbet et-Tell ist deswegen nicht mit dem biblischen Geba zu identifizieren, aber auch eine andere Identifizierung ist bislang nicht möglich.

1.2. Michmas

2km nordöstlich von Ǧeba‘ liegt auf der anderen Seite des Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ der arabische Ort Muchmās mit dem alten Zentrum im Norden des Ortes (Koordinaten: 1764.1423; N 31° 52' 16'', E 35° 16' 40''; ca. 600m über N.N.). In dem Namen hat sich der biblische Ortsname Mikhmās / Mikhmāś erhalten, der wohl von der Wurzel kms „verbergen / aufbewahren“ abzuleiten ist und vielleicht „verborgener Ort“ oder „Sammlungsort“ bedeutet, Letzteres möglicherweise im Blick auf Silos. Da sich in Muchmās zwar Scherben aus römischer und byzantinischer Zeit, jedoch nur vereinzelt aus der Eisenzeit II fanden, wird man Michmas eher mit Chirbet el-Ḥāra el-Fauqā auf dem höchsten Punkt am Nordwest-Rand von Muchmās (Koordinaten: 1763.1424; N 31° 52' 34'', E 35° 16' 28''; ca. 620m über N.N.) identifizieren, wo die Eisenzeit I und II gut belegt sind.

1.3. Das Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ, die Grenze zwischen Israel und Juda

Wenige Kilometer nördlich von Jerusalem erstreckte sich seit der sog. Reichsteilung 926 v. Chr. von Osten nach Westen die Grenze zwischen Israel und Juda. Östlich der Wasserscheide verlief sie meist durch das Wādī el ‘En und dessen Fortsetzung das Wādī ‘En el-Mēsa. Dieses mündet in das Wādī el Medīne, das südwestlich von Muchmās in das tief eingeschnittene Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ übergeht (Beschreibung Dalman, 1905, 161ff; ders., 1911, 11f). Dieses Wadi erstreckt sich mit dem Wādī el Qelṭ als Fortsetzung vom Bergland bis zum Jordantal und bildet eine natürliche Grenze (Jos 16,1; Jos 18,11-13). Der Weg durch das Wadi oder eher der leichter begehbare Weg auf seiner nördlichen Höhe war vermutlich der in 1Sam 13,18 erwähnte „Weg der Grenze“ nach → Jericho (Mazar, 1984, 10f*). Da das Wadi nur 1km südlich von Muchmās zu einer unüberquerbaren Schlucht wird, bildet der in 1Sam 13,23 als „Furt von Michmas“ bezeichnete und in Jes 10,29 erwähnte Übergang nach Ǧeba‘ östlich der Höhenstraße die letzte Möglichkeit einer Nord-Süd-Passage vor dem Jordangraben. Der Übergang lässt sich allerdings nicht sicher lokalisieren, da zwei Stellen in Frage kommen (Dalman, 1904, 161ff).

1.4. Migron

In der Nähe von Michmas ist Migron („Dreschplatz“) zu suchen, doch bleibt die genaue Lage des Ortes unklar – falls es überhaupt ein solcher ist und nicht einfach eine „Tenne“ gemeint sein sollte (so Stoebe, 1965, 274ff). Nach der Abfolge der Orte in Jes 10,28 lag Migron zwischen → Ai und Michmas, also nördlich von Michmas, und da kommt vor allem Chirbet Tell el-‘Askar (Koordinaten 17670.14305; N 31° 52' 50'', E 35° 16' 50''; südlich neben Str. 457, ca. 1km nach der Abzweigung von Str. 60) in Frage, der auf einer Erhebung 750m nordnordöstlich von Muchmās liegt. Neben einer Ruine und Terrassenmauern hat man Spuren eines Mosaiks, Grabhöhlen, Zisternen und Weinpressen gefunden. Keramik belegt insbesondere die → Eisenzeit I, aber auch die Mittelbronzezeit und → Eisenzeit II sowie die persische, römische und byzantinische Zeit.

Nach 1Sam 14,2 lag Migron allerdings nicht nördlich von Michmas, sondern an der Grenze des Flurgebiets von Geba, also südwestlich von Michmas, und dann mag man an den 1km westlich von Muchmās in der Senke gelegenen Tell Mirjam (Koordinaten: 17555.14185; N 31° 52' 09'', E 35° 16' 04''; südlich neben der Straße, die Muchmās mit Str. 60 verbindet) denken (Alt, 1927, 18ff), den Kallai-Kleinmann jedoch mit → Beth-Awen identifiziert (1956, 180-185; später anders: 1991, 175f). Der hohe, von Norden über einen Sattel am besten zugängliche, ansonsten von Wadis umgebene Tell besteht nicht nur aus Siedlungsschichten, sondern der Fels reicht bis zur Gipfelfläche, deren Durchmesser nur etwa 40m beträgt. Dort finden sich außer einer natürlichen Höhle Reste einer Mauer mit in Läufer-Binder-Technik gesetzten Steinen und im Norden eine Zisterne. Besiedelt war er in der Eisenzeit I und II sowie in hellenistischer, römischer und byzantinischer Zeit. Arnolds These (1990, 57), Migron (< ngr „fließen“) meine das Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ, lässt sich kaum begründen.

1.5. Bozez und Senne

Nach 1Sam 14,4f ist in der Nähe der Furt durch das Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ, die Michmas und Geba verbindet, auf jeder Seite des Wadis ein „Felszahn“ zu sehen. Der eine wurde bôṣeṣ „Schlüpfriger“ (?), der andere sænnæh „Dorn“ genannt.

Trotz der scheinbar genauen Angaben ist eine Identifizierung der Felsen nicht möglich. Es gibt verschiedene Vorschläge: 1) Am Eingang des Wadis Chirbet el-Maqṭara an der Nord-Wand und ‘Alljet Rās el-Wādī („Oberstock des Talanfangs“) gegenüber (Dalman, 1905, 163).- 2) Weiter abwärts nach der ersten Talwindung bei el-‘Alalijāt (Abel, 1952, II, 328).- 3) Noch weiter abwärts bei der zweiten auf der Süd-Seite des Wadis einmündenden kurzen Schlucht südlich von Chirbet el-Merǧame (Dalman, 1911, 12).

1.6. Rimmon

1Sam 14,2 lokalisiert das Lager Sauls „unterhalb von Rimmon, das in / bei Migron war“. Da rimmôn „Granatapfel“ bedeutet, übersetzt Luther: „unter dem Granatapfelbaum“. Davon ausgehend, dass mit → Gibea in 1Sam 14,2 Ǧeba‘ und mit Migron nicht eine Tenne, sondern das Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ gemeint sei, kommt Arnold (1992, 773f) zu der These, dass mit Rimmon hier kein Baum, sondern eine Höhle gemeint ist, die aufgrund der Form des Eingangs „Granatapfel“ genannt wurde. Dieselbe Höhle sei in Ri 20 gemeint, wenn dort erzählt wird, dass sich 600 Benjaminiter nach der Eroberung Gibeas zum Fels → Rimmon („Granatapfelfelsen“) flüchteten (Ri 20,45.47; Ri 21,13), der jedoch meist mit Rammūn gleichgesetzt wird.

Die postulierte „Granatapfelhöhle“ identifiziert Arnold mit der großen Karsthöhle Maġarat el-Ǧaje, die sich weiter unten im Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ in einem nach Süden gerichteten Abschnitt am West-Hang befindet und vom Wadi aus gut zugänglich ist. In ihr stößt man auf ein Netzwerk von Tunneln, riesige Hallen und hunderte von kleinen Räumen. Der Eingangsbereich wird – vermutlich seit Jahrhunderten – als Winterquartier für Schafherden genutzt. Bei der Erforschung der Höhle 1998 fand man zwei chalkolithische Kupferaxtblätter, das Ende eines Dolches oder einer Lanze der Mittelbronzezeit I, eine Fibel der Eisenzeit I sowie eine Reihe von Münzen aus römischer, byzantinischer, aijubidischer und mamluckischer Zeit. Münzen aus der Zeit Bar Kochbas zeugen davon, dass die Höhle als Zufluchtsort benutzt wurde (Eshel / Zissu, 1999, 56f*.75f).

2. Geschichte

2.1. Frühe Königszeit

Nach der Erzählung 1Sam 13-14, in der mehrere Episoden miteinander verschmolzen sind und deren Schichtung wie historischer Gehalt unklar bleiben (vgl. Dietrich / Naumann, 1995, 36ff), hatten die → Philister zur Zeit → Sauls in Michmas ein großes Heerlager errichtet (1Sam 13,5.11.16) und im benachbarten Geba einen Posten stationiert (1Sam 13,3). Saul und sein Sohn → Jonatan lagerten dagegen mit ihren Truppen in Gibea (1Sam 13,2.16cj.), Migron (1Sam 14,2) und → Gilgal (1Sam 13,4f), das hier vielleicht mit Chirbet ed-Dawwāra identifiziert werden kann. Der Sieg über die Philister wird einerseits Saul (1Sam 13,4; 1Sam 14,16f), andererseits einem Handstreich Jonatans in Geba (1Sam 13,3; 1Sam 14,1f) zugeschrieben, vor allem aber Jahwe (1Sam 14,23), denn er ließ die Philister sich in einem blutigen Getümmel gegenseitig umbringen (1Sam 14,20). In der Erzählung wird dieser siegreiche Ausgang der Kämpfe in der Einleitung proleptisch vorweggenommen, wenn Michmas schon hier als Standort der Truppen Sauls eingeführt wird (1Sam 13,2).

2.2. Grenze zwischen Israel und Juda

Während der Zeit des geteilten Staates bot sich nach anfänglichen Grenzverschiebungen das östlich von Muchmās unpassierbare Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ als natürliche Grenze zwischen Israel und Juda an. Michmas und Geba lagen sich nun als Grenzorte gegenüber, und Geba wurde nach 1Kön 15,22 von → Asa (907-867 v. Chr. König von Juda) ebenso wie → Mizpa zu einer Festung ausgebaut, um die Nordgrenze Judas an den beiden grenzüberschreitenden Hauptstraßen zu sichern. Aharoni (1968, 29f) vermutet, es habe in Geba wie in dem als Grenzfestung vergleichbaren → Arad ein Grenzheiligtum gegeben (vgl. → Bethel und → Dan; vgl. Langston, 1998, 83-92). Josias Beseitigung der Kulthöhen „von Geba bis Beerscheba“ (2Kön 23,8) kann man dafür jedoch kaum anführen, da die Ortsnamen hier nur ein Gebiet umreißen sollen, selbst aber nicht als Orte von Heiligtümern verstanden werden müssen. Allerdings gab es in Geba nach 1Sam 10,5, ohne dass sich sagen ließe, welche Zeit sich in der Bemerkung spiegelt, eine Höhe Gottes („Gibea Gottes“) und Propheten – freilich nur, wenn der Vers nicht auf Gibea, sondern auf Geba zu beziehen ist. Dafür spricht immerhin, dass die ebenfalls erwähnte Wache der Philister, die bei der Höhe stationiert war, nach 1Sam 13,3 in Geba zu lokalisieren ist.

2.3. Assyrische Zeit

Nach der Eroberung des Nord-Reichs durch die Assyrer 722 v. Chr. wurde Michmas Grenzort der assyrischen Provinz Samaria. Geba, das traditionell dem Stamm Benjamin zugerechnet wurde (Jos 18,24; 1Chr 6,45; 1Chr 8,6), bleibt der nördlichste Ort Judas, wie die Wendungen „von Geba bis Beerscheba“ (2Kön 23,8) zeigt (vgl. „von Geba bis Rimmon“ in Sach 14,10).

Jes 10,27b-32 schildert einen von Norden kommenden, feindlichen Ansturm auf Jerusalem. Vermutlich bezieht sich der Text auf reale militärische Operationen, allerdings kaum auf den Angriff der Assyrer 701 v. Chr. – so erst der redaktionelle Kontext (Jes 10,5.12.24) –, da sie nicht von Norden, sondern von Westen über → Lachisch kamen, sondern ursprünglich eher auf das Anrücken des syrisch-ephraimitischen Heeres 734 v. Chr. (Donner, 1960, 30-38; → Syrisch-ephraimitischer Krieg). Auf jeden Fall fällt auf, dass der Feind nicht auf dem direkten Weg über die Höhenstraße nach Jerusalem zieht, sondern – vermutlich um die Grenzfestung → Mizpa zu umgehen – einen Umweg durch das Bergland östlich der Wasserscheide wählt. Über → Ai, das mit Ajjat als fem. Nebenform gemeint sein dürfte, zieht er durch Migron, um in Michmas vor der Überquerung des Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ und damit vor der Grenzüberschreitung ein Basislager zu errichten, ehe er in Geba, also schon auf feindlichem Gebiet das Nachtlager aufschlägt. Für die Städte Judas bedeutet dies Schrecken. Genannt werden → Rama und → Gibea, die an der Höhenstraße liegen, sowie Gallim, Lajescha, → Anatot, Madmena und Gebim.

Von diesen Orten ist nur Anatot sicher mit Rās el-Charrūbe identifiziert. Für die anderen Orte hat Donner (1968, 46-54) vorgeschlagen: Gallim = Chirbet Erḥa (Koordinaten: 1725.1394); Lajescha = Chirbet Rās eṭ-Ṭawīl (Koordinaten: 1735.1378), Madmena = Chirbet el-‘Adase (Koordinaten: 1726.1372) und Gebim = Chirbet Ka‘kūl (Koordinaten: 1738.1359), doch lassen sich diese Identifikationen kaum wahrscheinlich machen.

2.4. Nachexilische Zeit

Michmas und Geba waren weiterhin besiedelt. Die Liste der Heimkehrer in Esra 2 gibt für Michmas 122, für Rama und Geba zusammen 621 Männer an (Esr 2,26f = Neh 7,30f). In Neh 11,31-33 wird die Liste der Orte der Benjaminiter von Geba und Michmas eröffnet, und Neh 12,29 nennt Geba als einen der Orte, aus denen Levitische Sänger nach Jerusalem kamen. Dem entspricht, dass Jos 21,17 Geba zu den Levitenstädten zählt (→ Leviten).

2.5. Spätere Zeiten

In makkabäischer Zeit hat → Jonatan, der nach dem Tod seines Bruders → Judas Makkabäus 160 v. Chr. die Führung der → Makkabäer übernommen hatte, vorübergehend ein paar Jahre in Michmas residiert (1Makk 9,73; vgl. Josephus, Antiquitates XIII,1,6; Text gr. und lat. Autoren), bis er 152 v. Chr. nach Jerusalem einziehen konnte, um dort zum Hohenpriester und Haupt des jüdischen Volkes eingesetzt zu werden. Nach → Euseb war Michmas im 4. Jh. n. Chr. ein großes Dorf (Onomasticon 132,3f).

3. Besichtigung

Muchmās. In den Häusern von Muchmās konnte man – zumindest zu Beginn des 20. Jh.s – viele römische Steine, Kapitelle und Säulen verbaut sehen. Nördlich des Ortes hat man ein Columbarium und unterirdische Felsengräber gefunden, die früher von Rollsteinen geschützt waren. In ihnen lagen noch zu Beginn des 20. Jh.s Sarkophage, jedoch ohne Deckel (Grant, 1926, 194).

Im Norden des Ortes wurde 1931 eine dreischiffige, byzantinische Kirche entdeckt. Das Mittelschiff war 7,14m breit. Zu einem allerdings schwer beschädigten Mosaik gehörte eine Inschrift. Steine der Kirche (auch Säulen und Kapitelle) findet man weiter nördlich bei der Moschee Ǧami es-Sultan Ibrahim auf einem Grab.

Ǧeba‘. Scherben, Architekturfragmente, Zisternen, Weinpressen und Gräber zeugen von der Besiedlung in der Eisenzeit II sowie in persischer, römischer, byzantinischer, frühislamischer und ottomanischer Zeit. Beeindruckend sind die Reste eines zweistöckigen Turms der Kreuzfahrerzeit auf dem Gipfel des Hügels (37x37m; 9m hoch). Am Nord-Ost-Rand des Ortes steht bei einem Weli eine unscheinbare Moschee, die Nebi Ja‘qūb geweiht ist. Nach einer lokalen Tradition soll der Ahnvater in der Höhle darunter gesessen und gebetet haben; zu Beginn des 20.Jh.s spielte sie als Stätte von Reinigungseiden eine Rolle und man erzählte von einem Mann, der hier nach einem Meineid erblindete (Alt, 1926, 22).

Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ. Von Muchmās führt ein Weg in die Schlucht des Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ mit ihren über 100m hohen Hängen. Am Nord-Hang des Wadis befindet sich Chirbet el-‘Alalijāt. Der Name ‘Alalijāt „Obergemächer“ bezieht sich auf die vielen, zum Teil schwer zugänglichen Höhlen vor allem am Nord-Hang des Wadis, die zum Teil durch Schächte miteinander verbunden sind. In der Zeit der → Makkabäer und der jüdischen Aufstände haben sie als Fluchtsstätten gedient, später lebten in ihnen – das zeigen syrische Inschriften und Kreuze – christliche Mönche, die zu einer Laura gehörten. Aus der Vita des Hl. Saba erfahren wir, dass der Hl. Firmin, ein Schüler Sabas, im 5. Jh. bei Michmas eine Laura gegründet hat und sich diese später vorübergehend dem Origenismus zuwandte (Marcoff / Chitty, 1929, 167ff; Hirschfeld, 1992, 54f.117f). Die Laura muss relativ groß gewesen sein, vermutlich sind ihr ca. 40 Höhlen zuzurechnen. Das Zentrum bildete eine kleine Kirche auf dem Gipfel des Nord-Hangs, die am besten von oben zugänglich ist. Von einem Hof mit einer Zisterne betrat man die innen 16,4m lange und 7,2m breite Kirche durch eine Tür in der südlichen Längswand. In der nach Osten gerichteten, internen Apsis befand sich ein Fenster. Oben am Nord-Hang des Wadis finden sich Reste der Bauten der Laura, z.B. Chirbet ed-Duwēr „das kleine Kloster“. Am West-Ende der Laura stehen die Reste eines Turms, der arab. el-Maqṭara genannt wird.

Östlich der Kirche findet sich bei einem 56m langen und bis zu 6m breiten Felsvorsprung eine weitere Gruppe von Höhlen, die man nur über eine Strickleiter erreichen kann. Hier hat man mehrere Zisternen in den Fels geschlagen. Ein Becken mit der syrischen Fassung von Ps 29,3 wird, da der Vers in der Taufliturgie verwendet wurde, als Taufbecken gedeutet.

Ma‘ale Michmas. Unmittelbar nördlich der Siedlung Ma‘ale Michmas (Koordinaten: 1789.1425; N 31° 52' 40'', E 35° 18' 24''; an Str. 458) hat man 1994 bei einer Notgrabung ein fast quadratische Dreiraumhaus (8,5 x 9,0m) aus der späten Eisenzeit II (Ende 7. Jh.) gefunden. Es lag vermutlich an der Straße von Ai nach Jericho, die man von hier aus, da diese Stelle am Rand des Berglands einen weiten Blick nach Osten erlaubt, sehr gut kontrollieren konnte (Riklin, 1996, 119; ders., 1998, 78).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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Abbildungsverzeichnis

  • Karte: Das Gebiet nördlich von Jerusalem. © public domain (angefertigt von Klaus Koenen)
  • Satellitenbild des Gebiets von Muchmās und Ǧeba‘. © Google Earth (Zugriff 30.10.2007); Beschriftung Klaus Koenen
  • Muchmās von Ǧeba‘ aus gesehen. © public domain (Foto: Klaus Koenen, 2001)
  • Das Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ. Zeichnung aus: H.B. Rawnsley, The Rock of the Pomegranate, PEFQSt 11 (1879), 118-126, Abb. 1
  • Eingang der Karsthöhle Maġarat el-Ğaje im Wādī eṣ-Ṣwēnīṭ, die über ein Netzwerk von Tunneln, riesige Hallen und Hunderten von kleinen Räumen verfügt. Zeichnung aus: H.B. Rawnsley, The Rock of the Pomegranate, PEFQSt 11 (1879), 118-126, Abb. 2

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