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(erstellt: Januar 2007)

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Meriba ist ein Ortsname (Ex 17,7; Ps 95,8), der meist in der Verbindung mej-mərîvā „Wasser von Meriba“ begegnet (vgl. Num 20,13.24; Dtn 33,8; Ps 106,32). Er bezeichnet eine Lokalität in einer Oase, die im Ezechielbuch an der Südgrenze Judas zur Wüste → Zin, nahe dem Karawanenort → Kadesch (= ‘Ēn el-Qudērāt) lokalisiert wird (vgl. mej-mərîvat qādeš Ez 48,28; vgl. Ez 47,19; Num 27,14; Dtn 32,51; Dtn 33,2).

Der Name bedeutet „Streit / Rechtsstreit“ und gibt zu der Vermutung Anlass, dass in der besagten Oase traditionell Rechtsstreitigkeiten der Wüstenbewohner untereinander oder solche mit denselben verhandelt wurden, ebenso wie in Kadesch, das den Beinamen ‘ên-mišpāṭ „Rechtsspruch-Quelle“ trägt (vgl. Gen 14,7).

Ex 17,1b.2-7 lokalisiert den Ort beiläufig in der Nähe des Horeb (→ Sinai; Ex 17,6) und führt den Namen auf eine Streitigkeit des Volkes mit Mose zurück, worin der Vorwurf erhoben wurde, dieser habe das Volk in die Wüste geführt, um es dort an Wassermangel sterben zu lassen. Mose schlägt auf Gottes Geheiß mit seinem Stab gegen einen Felsen und fortan entspringt aus diesem die Quelle, die dann den Namen „Streit-Wasser“ (Luther: „Haderwasser“) trägt.

In einer weiterführenden Bearbeitung wird das Aufbegehren gegen Mose zugleich als Herausforderung (bzw. Erprobung, Versuchung) JHWHs interpretiert (v.2bβ: „Was versuchet ihr JHWH?!“) und der Ort mit der sonst nicht mehr belegten Örtlichkeit → „Massa“ (volksetymologisch: „Versuchung“) identifiziert (Ex 17,7). Hieran knüpft sich eine umfängliche paränetische Tradition (vgl. Dtn 6,16; Dtn 9,22; Ps 95,8; Hebr 3,7-8).

In einer jüngeren aus priesterlicher Hand stammenden Variante dieser Erzählung in Num 20,1-13 wird der Streit des Volkes mit → Mose bei Kadesch lokalisiert (v.1) und der Hohepriester → Aaron miteinbezogen. In einer Gotteserscheinung erhält Mose auch hier den Auftrag, mit seinem Stab gegen einen Felsen zu schlagen, er hält aber vor der Durchführung einen Moment inne und stellt die Frage „Sollen wir etwa aus diesem Felsen Wasser für euch austreten lassen?!“ (Num 20,10). Dieser Moment des Zögerns wird von JHWH als strafwürdiger Akt des Unglaubens gerügt, in dem Mose und Aaron den Heiligkeitserweis JHWHs selbst in Frage gestellt haben, weswegen es ihnen verwehrt bleibt, das gelobte Land zu betreten (vgl. auch Dtn 32,51).

Das oft (wohl fälschlich) für sehr alt gehaltene Segensgebet des Mose über Levi (Dtn 33,8-11) nimmt Bezug auf eine im Pentateuch nicht erhaltene Überlieferung, in der Mose Gott bittet, demjenigen die priesterlichen Losorakel anzuvertrauen, der durch Gott in Massa erprobt worden sei und gegen den Gott bei den Wassern von Meriba einen Streit geführt habe. Damit wird angedeutet, dass es in dieser Situation einen Repräsentanten des Stammes Levi, den „Mann deiner Huld“, gegeben habe, der – anders als Mose und Aaron – den Prüfungen Gottes stand gehalten und also das Recht erworben habe, das Erbe des Priestertums anzutreten. Man kann nur vermuten, dass es sich hierbei um Spuren einer Legendenbildung des zadokidischen Priestertums des zweiten Tempels handelt, das sich auf → Eleasar und Pinchas zurückführte, die sich neben den Söhnen Levis durch ihren Eifer als reine und würdige Erben des Priestertums in der Wüste bewährt hatten (vgl. Ex 32,25-28; Lev 10,6-7; Num 17,1-5; Num 25,6-15; Ps 106,28-33; 1Chr 5,27-41).

Literaturverzeichnis

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  • Seebass, H., Numeri (BKAT IV/2), Neukirchen-Vluyn 2003.

Abbildungsverzeichnis

  • Die Wasser von Meriba (Jan Steen; 17. Jh.).

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