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Libanonwaldhaus

(erstellt: März 2012)

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Libanonwaldhaus 2

Bei dem Libanonwaldhaus handelt es sich um ein imposantes, ca. 50 x 25 m großes und 15 m hohes Gebäude mit vier Reihen von Zedernsäulen. Es soll von Salomo nach Abschluss des Tempelbaus auf der Akropolis von Jerusalem südlich des Tempelareals errichtet worden sein (1Kön 7,2-5), wohl als Ausdruck des Glanzes und der Macht seines Königtums.

1. Name und Belege

Das Libanonwaldhaus, dessen Bau in 1Kön 7,2-5 beschrieben wird, ist im Alten Testament nur fünfmal erwähnt (1Kön 7,2; 1Kön 10,17.21//2Chr 9,16.20). Der Name „Libanonwaldhaus“ (בֵּית יַעַר הַלְּבָנוֹן bêt ja‛ar halləbānôn; LXX: οἶκος δρυμῷ τοῦ Λιβάνου; Vulgata domus saltus / silvae Libani) hat vermutlich eine doppelte Bedeutung. Zum einen kann diese dreigliedrige Constructus-Verbindung darauf hinweisen, dass die für den Bau herangezogenen Materialien aus den für ihre → Zedern berühmten Wäldern des Libanon stammen. Somit würde dieser Name das aus Zedernholz des Libanon errichtete Gebäude von den Steingebäuden des Palastbezirkes abheben (Mulder 101). Zum anderen kann damit aber auch das Aussehen des Gebäudes beschrieben werden, das einem Libanonwald gleicht. Vermutlich haben die vielen aufgestellten Zedernsäulen zum Namen Libanonwaldhaus geführt. Ob deren Kapitelle mitunter vegetabilischen Dekor aufgewiesen haben, ist fraglich. Auf alle Fälle bezieht sich die Bezeichnung „Zedernsäulen“ auf das Material und nicht die Form der Säulen (Noth 135). Sie sind tatsächlich aus Zedernholz und ähneln nicht der Gestalt von Zedern, für die die auseinanderstrebenden Seitenäste typisch sind. Einen so verzweigten Wald wollte man sicherlich kaum nachahmen.

Es handelt sich beim Namen „Libanonwaldhaus“ wahrscheinlich um eine volkstümliche und weniger um die offizielle Bezeichnung dieses Gebäudes (Schipper 95). Umstritten ist zudem, ob es sich bei der in 1Kön 7,6-7 erwähnten Säulen- und Thronhalle um Anbauten zum Libanonwaldhaus oder selbstständige Gebäude handelt, zumal der Begriff אוּלָם ’ûlām nicht auf „Vorhalle“ eingeengt werden muss, sondern sich ebenso auf ein nach einer Seite hin offenes Gebäude beziehen kann (Weippert 1988, 476).

Die Kurzform „Waldhaus“ in Jes 22,8 wird sich vermutlich ebenfalls auf das „Libanonwaldhaus“ beziehen. In Hhld 3,9 wird berichtet, dass Salomo sich ein אַפִּרְיוֹן ’appirjôn „Tragsessel“ (so MT) aus Hölzern des Libanon gebaut habe. Mit einer minimalen textkritischen Änderung zu *’appiden „Palast“ (vgl. „Apadana“ in Persepolis) könnte diese Angabe mit dem „Libanonwaldhaus“ verbunden werden. Möglicherweise ist auch das in Neh 3,19 belegte נֶשֶׁק nešeq „Zeughaus“ mit dem Libanonwaldhaus identisch (Mulder 100).

Auf der → Mescha-Stele wird ebenfalls ein ähnliches Lexem verwendet (KAI 181,21). Es wird sich bei dem moabitischen j‛rn um ein besonderes Gebäude des Regierungsviertels Meschas handeln (Eshel 2000), das als Schatz- bzw. Waffenkammer Verwendung fand, auch wenn j‛rn bislang meist als „Parkanlage“ gedeutet worden ist.

2. Quellen

Vom Libanonwaldhaus ist archäologisch nichts erhalten, so dass sich die Rekonstruktion ausschließlich auf den biblischen Befund stützen muss. Die in 1Kön 7,2-5 mitgeteilten Informationen sind so knapp gehalten, dass im Hinblick auf das Äußere und Innere des Gebäudes nur wenig Zuverlässiges geschlossen werden kann, abgesehen davon, dass es sich offenbar um eine Holzkonstruktion gehandelt hat. Weder wird die Gestaltung der Fassade, noch die innere Gliederung in einzelne Geschosse beschrieben. Ebenso fehlt eine genaue Verortung des Libanonwaldhauses im Palastkomplex Salomos. Darüber hinaus werden hinsichtlich des Mauerwerks keine Angaben gemacht. Es könnte sich um einen Lehmziegelaufbau mit einem Unterbau aus Steinquadern gehandelt haben (Busink 133). Lediglich in 1Kön 7,9-12 werden einige allgemeine Daten zum Palast Salomos nachgetragen. Außerdem erschwert die Verwendung von seltenen und umstrittenen Wörtern eine adäquate Beschreibung. Hinzu kommt, dass der hebräische Text an vielen Stellen textkritisch mitunter unzuverlässig ist. Ferner steht die nominale Ausdrucksweise einer sachgemäßen Deutung ebenfalls im Weg. Diese Formulierungsweise geht vermutlich auf einen vorliegenden Text zurück (Noth 132), der vor allem an Maßen, Materialien und Techniken interessiert war, aber keine ausführliche Beschreibung liefern wollte. Insofern wird der Bau nicht in gewünschter Detailfreudigkeit geschildert, sondern nur die besonderen architektonischen Elemente mitgeteilt, was verschiedene Rekonstruktionen ermöglicht.

Bei der Rekonstruktion ist zudem umstritten, ob sich 1Kön 7,2-5 nur auf den Innenbereich oder auch auf die äußere Gestaltung des Libanonhauses bezieht. Je nachdem wie man die einzelnen Angaben auswertet, lassen sich verschiedene Baupläne zeichnen. Manchmal wird der ganze Palastkomplex Salomos als „Libanonwaldhaus“ bezeichnet (Richter 174-175), weil dadurch der Mangel der fehlenden Beschreibung des Palastes behoben werden kann. Eine solche Deutung ist jedoch textlich unsicher. Auf alle Fälle bestand das Libanonhaus aus einer großen Säulenhalle und einem darüber liegenden Oberbau (van Gelderen 102). Im Folgenden sollen nur die halbwegs gesicherten Daten mitgeteilt werden.

3. Lage

Vermutlich ist das Libanonwaldhaus ein freistehendes Gebäude innerhalb des Palastkomplexes gewesen. In welchem Verhältnis es zu den anderen Gebäuden von 1Kön 7 stand, kann nicht mehr gesagt werden. Genauso ist fraglich, ob das dort zuerst genannte Libanonwaldhaus das erste Gebäude gewesen ist, wenn man das Palastareal von Süden betrat, und ob die Abfolge der Gebäude, wie sie 1Kön 7 schildert, der tatsächlichen Anordnung von Süd nach Nord entsprochen hat. Von den einzelnen Palastgebäuden Salomos wird nur das Libanonwaldhaus ausführlich beschrieben. Offenbar war nur dieses Gebäude öffentlich zugänglich, während die anderen Gebäude verschlossen waren. Da nur das Libanonwaldhaus auch in späten Texten belegt ist, scheint es längere Zeit bestanden zu haben, während die anderen salomonischen Prunkbauten in späteren Bauphasen ersetzt worden sind.

4. Bauzeit

Während Salomo den Tempelbau bereits nach sieben Jahren abgeschlossen hat, zogen sich die Arbeiten an den Palastgebäuden 13 Jahre hin, was darauf hinweist, dass der Palast den Tempel an Größe und Aufwand weit übertroffen hat. Dies versuchen die biblischen Autoren offenbar dadurch zu unterdrücken, dass sie den Palastbau nur sehr kurz beschreiben. Da zunächst der Tempel gebaut wird, darf die längere Bauzeit der Palastgebäude Salomo ohnehin nicht negativ angelastet werden. Josephus hingegen verweist darauf, dass im Gegensatz zum Palastgebäude der Tempel mit Hilfe Gottes so schnell fertig gestellt werden konnte. Außerdem entschuldigt er Salomo dahin gehend, dass er für den Palast trotz längerer Bauzeit weniger Aufwand betrieben hätte (Antiquitates VIII 131-132; Text gr. und lat. Autoren).

5. Beschreibung und Rekonstruktion

Maße – Außenmauern – Säulen. Das Libanonwaldhaus war ein 100 Ellen langer, 50 Ellen breiter und 30 Ellen hoher Bau (annähernd 50 x 25 x 15 m, 1 Elle = 44,5 oder 52,5 cm), der auf einer Konstruktion mit drei (LXX) bzw. vier Reihen (MT) von je 15 Zedernsäulen aufruhte. Somit übertraf dieses Gebäude sogar die Größe des Tempels von Jerusalem (1Kön 6,2) und überdeckte eine Fläche von etwa 1.250 m2. Es handelt sich somit um einen großen und hohen Langbau im Seitenverhältnis 1 : 2. Da aufgrund dieser Größenangaben die Säulen offenbar zu weit voneinander stehen, als dass sie noch überbrückt werden konnten, ist wohl davon auszugehen, dass diese Größenangaben das gesamte Gebäude (Noth 134) und nicht nur das eigentliche Libanonwaldhaus beschreiben, das auf der Säulenkonstruktion ruhte. Die Höhe von 30 Ellen kann sich ebenfalls nur auf das gesamte Gebäude beziehen. Ein 30 Ellen hoher Oberbau ist baulich kaum möglich.

Manchmal wurde vermutet, dass das Libanonwaldhaus der Arche Noah geähnelt hat (Baumgart 548). Allerdings stimmen nur Breite und Höhe überein. Ob das Libanonwaldhaus zudem wie die Arche dreistöckig war, bleibt fraglich.

Vermutlich ist mit etwa 10 Ellen dicken Außenmauern zu rechnen (Weippert 2003, 223). Dann erhält man einen 80 x 30 Ellen großen Innenraum für die Säulenkonstruktion. Durch die Verwendung von vier Säulenreihen wurde das Obergeschoss ermöglicht. Die Lesart der LXX, die nur von 3 Säulenreihen ausgeht, harmonisiert offenbar die beiden Verse 1Kön 7,2 und 1Kön 7,3, wo von 45 Säulen die Rede ist, ein Eingriff, der nicht nötig ist. Somit standen die einzelnen Zedersäulen nur etwa 5 Ellen in der Länge und etwa 6 Ellen in der Breite voneinander entfernt, so dass der Eindruck eines dichten Waldes entstand, zumal die Säulenabstände, wenn man für die Zedernsäulen einen Durchmesser von 2 Ellen ansetzt (Zedernstämme können bis zu 2,5 m dick sein), nur ca. 3,1 bzw. 4,8 Ellen betrugen.

Libanonwaldhaus 1

Manchmal rechnet man hingegen nicht mit einer geschlossenen massiven Außenmauer aus Stein, sondern mit mindestens einer Säulenreihe, da nur so eine adäquate Beleuchtung der inneren Halle aus Zedernsäulen gegeben sei (Abb. 2). Darüber hinaus werden die vier Säulenreihen auch als Quadrat gestellt, so dass ein offener Innenhof entsteht. Ob die äußeren Säulen als Pilaster an den Außenwänden angebracht waren, ist fraglich. Wahrscheinlich ist es nicht. Solche Rekonstruktionsversuche können textlich nicht begründet werden.

Längsbalken. Auf den Zedernsäulen lagen כְּרֻתוֹת kərutôt „abgeschlagene Stücke“, vermutlich Zedernbalken, die als Architrav dienten. Eine Deutung von כְּרֻתוֹת kərutôt als Kapitelle (protoionische Kapitelle Ussishkin 92) oder als Zedernholzüberzug über den Säulen (Mulder 103) ist eher unwahrscheinlich. Eine Vertäfelung mit Zedernholz, die über den Zedernsäulen angebracht ist, ist unnötig. Es wird sich bei כְּרֻתוֹת kərutôt daher eher um ein Gebälk oberhalb der Zedernsäulen handeln (Noth 135).

Querbalken. Auf den Säulen befanden sich darüber hinaus 45 צְלָעֹת ṣəlā‛ot „Rippen“, vermutlich die Querbalken, die im rechten Winkel zu den Längsbalken verliefen. Diese Deutung von צְלָעֹת ṣəlā‛ot ist mit der Bedeutung „Bretter“ (Görg 1977) ebenfalls vereinbar. Aus dieser Zahlenangabe geht hervor, dass es tatsächlich vier Säulenreihen gewesen sind, da jede der 15 Querreihen jeweils drei Querbalken zwischen den vier Säulen benötigte. Somit bestand der Säulenunterbau aus insgesamt 60 Säulen, d.h. vier Reihen à 15 Säulen. Über dieser Holzkonstruktion mit 42 rechteckigen Kassetten, die von den Längs- und Querbalken gebildet wurden, war eine Decke aus Zedernholz angebracht.

Die Deutung von צְלָעֹת ṣəlā‛ot nicht in Verbindung mit der Dachkonstruktion, sondern als „Seitengemächer“ oder „Kammern“ (Busink 133), ist vermutlich auszuschließen. Mit dem Ausdruck צְלָעֹת ṣəlā‛ot ist demnach kaum ein Obergemach, sondern ein Gebilde der Tektonik angedeutet (Mulder 103-104). Insofern erübrigt es sich, dass das Libanonwaldhaus drei Stockwerke über der Säulenhalle gehabt hat, die jeweils 15 Kammern aufwiesen (van Gelderen 102).

Öffnungen. Der Begriff שְׁקֻפִים šəqufîm in 1Kön 7,4 ist entweder als „Rahmen“, als „Lichtöffnung“ (Görg 12-13) oder als „Jalousiefenster“ für Licht und Luft des Obergeschosses (van Gelderen 102) zu übertragen. Man hätte somit einen Parallelbegriff zu מֶחֱזָה mæḥäzāh „Durchblick“ oder „Einfassung“. Die in 1Kön 7,5 genannten פְּתָחִים pətāḥîm sind vermutlich keine „Türen“ bzw. „Eingänge“, sondern lediglich „Öffnungen“.

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Dach-Pergola. Die in 1Kön 7,4-5 beschriebenen architektonischen Angaben befinden sich oberhalb der Holzkonstruktion, beziehen sich folglich nicht auf den steinernen Außenbau (Noth 136). Das eigentliche Libanonwaldhaus ist demnach ein Dachaufbau mit drei parallelen Zügen aneinander gereihter, umrahmter Lichtdurchlässe. Somit könnte es eine Pergola gewesen sein, die sich als Obergeschoss über dem Säulenunterbau befand und ähnlich aufgebaut war, da sie aus drei rechteckigen Rahmen bestand, die 15-mal hintereinander gestaffelt waren. Auch wenn nicht explizit erwähnt, ist wahrscheinlich die gesamte Konstruktion – Säulenunterbau und Pergola – aus Zedernholz gebaut. Zum Schutz ist die Dachterrasse vermutlich von einem Geländer umgeben worden. Das Obergeschoss hat man wahrscheinlich durch eine Treppe erreicht, die vielleicht in der massiven Außenmauer eingelassen war (Abb. 1).

Ein Palastgebäude mit Pergola ist im Alten Orient nichts Ungewöhnliches. Eine ähnliche Pergola könnte sich auf dem Dach des Palastes des Moabiterkönigs Eglon befunden haben (Ri 3,23). Auf einem Relief aus dem Südwestpalast in Ninive, das Ereignisse des dritten Feldzuges Sanheribs darstellt, werden Häuser mit Pergola, Balustrade und Zypressen abgebildet (Abb. 3).

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Oft wird hingegen nicht von einer Pergola, sondern von einem Obergeschoss, das in mehrere Kammern zu gliedern wäre, ausgegangen, wofür der umstrittene Begriff צְלָעֹת ṣəlā‛ot herangezogen wird. Wenn die Kammern tatsächlich über den Säulen errichtet worden sind, könnte das Obergeschoss aus 30 Kammern bestanden haben (Busink 133-134), wobei die Höhe des Obergeschoss in einem Verhältnis von 1 : 2 zur Höhe der Säulenhalle stehe. Die schwierigen Begriffe שְׁקֻפִים šəqufîm, מֶחֱזָה mæḥäzāh und פְּתָחִים pətāḥîm werden dann gerne als Fenster und Türen für die große Säulenhalle gedeutet, wodurch eine angemessene Beleuchtung gesichert sei. Indem man 1Kön 7,5b textkritisch dahingehend verändert, dass hier nicht von Fenstern, sondern von Türen die Rede sei (Busink 136), erhält man insgesamt sechs Eingänge, jeweils zwei in den beiden Langseiten und einen in der Schmalseite, die sich gegenüberliegen.

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Außerdem hätte es in den Langseiten drei jeweils gegenüberliegende Fenster (מֶחֱזָה mæḥäzāh) gegeben, die über drei Fensterriegel (שְׁקֻפִים šəqufîm waagrecht oder senkrecht) verfügten (Busink 135; Abb. 4). Manchmal wird sogar vermutet, dass sich das Obergeschoss in drei Seitenflügel mit jeweils drei Stockwerken gegliedert hat (Richter 185-186 Abb. 5).

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Parallelen. Die Architektur des Libanonhauses wird gerne mit phönizischer Bautradition verbunden, die auch auf die Nachbarkulturen ausgestrahlt habe (Ussishkin 93). Ähnlich große Säulenhallen sind in der eisenzeitlichen urartäischen Palastarchitektur von Altıntepe (Koordinaten: N 39° 41' 47.55'', E 39° 38' 47.85'') und Arin-Berd (Koordinaten: N 40° 08' 26.16'', E 44° 32' 17.16'') belegt. Die Säulenhalle von Altıntepe maß innen 44 x 25 m. Das Dach wurde von 18 Säulen getragen, deren Säulenbasen einen Durchmesser von 1,5 Metern hatten. Die Außenmauer aus Lehmziegeln war mindestens 3 m dick und ruhte auf groben Steinblöcken. Die Innenwände waren mit Gemälden geschmückt (Abb. 6).

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Schon im spätbronzezeitlichen Ägypten wurden ähnliche Gebäude mit Säulen aus Holz gebaut. Der Palast in Tell el-Amarna aus dem 14. Jh. v. Chr. hatte eine quadratische Halle (17 x 17 m) mit sechs Reihen von sieben Säulen, die ähnlich eng nebeneinander standen und vermutlich aus Holz waren (Abb. 7; → Amenophis IV. Echnaton). Die Säulenhallen der persischen Paläste in Susa und Persepolis, die sog. Apadana, führen schließlich diese Bautradition weiter, indem sie Stein- statt Holzsäulen verwenden.

6. Funktion

Beim Libanonwaldhaus könnte es sich zunächst um ein → Schatzhaus gehandelt haben. Hierfür spricht die Bemerkung, dass Salomo 500 Schilde aus Gold im Libanonwaldhaus verwahrt hat (1Kön 10,16-17), die aber von → Rehabeam bereits wieder beseitigt worden sind (1Kön 14,26). Vermutlich sind hier etwa 1,5 kg schwere Zier- oder Prunkschilde gemeint, da Schilde aus weichem Gold für den Kampf nicht geeignet waren (Keel 252). Darüber hinaus waren alle im Libanonwaldhaus aufbewahrten Gefäße aus reinem Gold (1Kön 10,21). Möglicherweise ist das Gebäude in späterer Zeit als Zeughaus oder Waffenkammer verwendet worden (Jes 22,8; Eshel 1993). Die Größe und Einräumigkeit eines solchen Monumentalgebäudes könnte darauf hinweisen, dass das Libanonwaldhaus auch als königlicher Repräsentationsbau für öffentliche Anlässe oder als Empfangshalle genutzt worden ist (Mulder). Nach Josephus hat Salomo das Libanonwaldhaus vor allem als Gerichtshalle gebaut (Antiquitates VIII 133; Text gr. und lat. Autoren). Manchmal wird vermutet, dass die Funktion des Libanonwaldhauses sich über die Zeit den verschiedenen Anforderungen angepasst haben könnte. Außerdem können den einzelnen Gebäudeteilen unterschiedliche Funktionen zugeordnet werden. So könnte die Säulenhalle als Versammlungsraum gedient haben, während das Obergeschoss als Zeughaus (Stade 322-323) oder als Kaserne der königlichen Leibwache verwendet worden ist.

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Die Pergola sollte wohl Schatten spenden und Kühlung bringen (vgl. den Targum, s.u.). So konnte sich der König in diesem über den Palast und die Hauptstadt Jerusalem erhobenen Garten, der an das Paradies erinnert, auf angemessene Weise erholen. Dass das übrige Gebäude auch andere Funktionen haben konnte, ist damit freilich nicht ausgeschlossen.

7. Zur Rezeptionsgeschichte

In rabbinischer Auslegung wird das „Libanonwaldhaus“ mit dem Gestrüpp gleichgesetzt, in dem sich der Widder von Gen 22,13 verfangen hat (Schmitz 164). Außerdem weist Midrasch Tanḥuma darauf hin, dass das Heiligtum von Jerusalem aufgrund seiner Fruchtbarkeit mit dem „Libanonwaldhaus“ verglichen werden könne (Bietenhard 235-236). Der → Targum bezeichnete das „Libanonwaldhaus“ darüber hinaus als Haus der Kühlung der Könige, was darauf hindeutet, dass dieses Gebäude seiner Auffassung nach zur Erfrischung in den heißen Sommermonaten gedacht war. Der Targum hat hier offenbar nicht an einen Sommerpalast des judäischen Königs im Libanon gedacht.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Eerdmans Dictionary of the Bible, Grand Rapids 2000
  • The Interpreter’s Dictionary of the Bible, New York 1962
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich 1991-2001
  • The New Interpreter's Dictionary of the Bible, Nashville 2006-2009

2. Weitere Literatur

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  • Benzinger, I., 1927, Hebräische Archäologie, Leipzig
  • Bietenhard, H., 1982, Midrasch Tanḥuma B. Band 2 (Judaica et Christiana 6), Bern
  • Busink, T.A., 1970, Der Tempel von Jerusalem. 1. Der Tempel Salomos (Studia Francisci Scholten memoriae dicata), Leiden
  • Cogan, M., 2001, I Kings. A New Translation with Introduction and Commentary (AncB 10), New Haven
  • Eshel, H., 1993, The QRḤH and the Wall of the Ya‛aran in the Mesha Stele, EI 24, 31-33
  • Eshel, H., 2000, Two Epigraphic Notes, ZAH 13, 181-187
  • Gass, E., 2009, Die Moabiter. Geschichte und Kultur eines ostjordanischen Volkes im 1. Jahrtausend v. Chr. (ADPV 38), Wiesbaden
  • Gelderen, C. van, 1931, Der Salomonische Palastbau (Zu I Reg. 7,1-12), AfO 6, 100-106
  • Görg, M., 1977, Ein Fachausdruck israelitischer Architektur, BN 3, 14-16
  • Görg, M., 1980, Lexikalisches zur Beschreibung des salomonischen Palastbezirks (1Kön 7,1- 12), BN 11, 7-13
  • Keel, O., 2007, Die Geschichte Jerusalems und die Entstehung des Monotheismus. Bd. 2, Göttingen
  • Layard, A.H., 1853, A Second Series of the Monuments of Nineveh including Bas-reliefs from the Palace of Sennacherib and Bronzes from the Ruins of Nimroud, London
  • Möhlenbrink, K., 1932, Der Tempel Salomos. Eine Untersuchung seiner Stellung in der Sakralarchitektur des Alten Orients (BWANT 59), Stuttgart
  • Mulder, M.J., 1976, Einige Bemerkungen zur Beschreibung des Libanonwaldhauses in I Reg 7,2f., ZAW 88, 99-105
  • Noth, M., 1968, Könige 1-16 (BK-AT 9,1), Neukirchen-Vluyn
  • Pendlebury, J.D.S., 1935, Tell el-Amarna, London
  • Richter, G., 1917, Der salomonische Königspalast. Eine exegetische Studie, ZDPV 40, 171-225
  • Schipper, B.U., 1999, Israel und Ägypten in der Königszeit. Die kulturellen Kontakte von Salomo bis zum Fall Jerusalems (OBO 170), Fribourg
  • Schmitz, R.-P., 1979, Aqedat Jishaq. Die mittelalterliche jüdische Auslegung von Genesis 22 in ihren Hauptlinien (Judaistische Texte und Studien 4), Hildesheim
  • Stade, B., 1881, Geschichte des Volkes Israel. 1. Geschichte Israels unter der Königsherrschaft, Berlin
  • Ussishkin, D., 1973, King Solomon’s Palaces, BA 36, 78-105
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Abbildungsverzeichnis

  • Rekonstruktion des Libanonwaldhauses (nach H. Weippert). © Zeichnung Erasmus Gaß nach Stade, 319-320
  • Rekonstruktion des Libanonwaldhauses (nach Stade). © Zeichnung Erasmus Gaß nach H. Weippert 2003, Abb. 2A und 2B
  • Häuser mit Pergola, Balustrade und Zypressen (Relief aus Südwestpalast in Ninive; 7. Jh. v. Chr.). Abb. Layard pl. 40; © Zeichnung Erasmus Gaß
  • Rekonstruktion des Libanonwaldhauses (nach Busink). © Zeichnung Erasmus Gaß nach Busink 131
  • Rekonstruktion des Libanonwaldhauses (nach Richter). © Zeichnung Erasmus Gaß nach Richter Tafel XVII
  • Uratäischer Palast von Altıntepe (8.-7. Jh. v. Chr.). © Zeichnung Erasmus Gaß nach Ussishkin Fig. 8
  • Säulenhallen im königlichen Palast von Tell el-Amarna. © Zeichnung Erasmus Gaß nach Abb. Pendlebury 83
  • Rekonstruktion des Libanonwaldhauses (nach Möhlenbrink). © Zeichnung Erasmus Gaß nach Möhlenbrink 98

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