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Krone / Krönung (AT)

(erstellt: Dezember 2008)

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1. Krone und Diadem (Typologie)

Die Krone ist eine Kopfbedeckung, die als Schmuckstück die Trägerin bzw. den Träger verschönert und zugleich den sozialen Status kenntlich macht. In der Regel besteht sie aus wertvollem Material und ist mit Schmuckelementen wie z.B. Perlen oder Edelsteinen versehen. Vom Typus her lässt sich das offene „Diadem“ (gr. διάδημα diádēma) von der geschlossenen „Krone“ (lat. corona) im engeren Sinne unterscheiden:

Als „Diadem“ wird ein dekorierter, nicht geschlossener Reif bzw. Streifen aus Metall bezeichnet, der an seinen Enden mit Löchern für ein Bindeband versehen ist. Es ist z.B. mit Punkten, Strichen, aufgesetzten Rosetten oder Edelsteinen verziert. Zuweilen begegnet es als nachgeahmter Blütenkranz. Seinen Ursprung hat es im textilen Stirnband, welches bei Männern und Frauen in der altorientalischen Welt allgemein beliebt war (Weippert, 287f.). Aus Metall gearbeitete Stirnreife mit Blütenmuster erinnern an Blütenkränze als Kopfschmuck. Kunstgeschichtlich hat das Diadem über die Prinzessinnen- und Königinnennkrone in hellenistischen und abendländischen Monarchien seinen Weg als Kopfschmuck für Damen bis in die Gegenwart gefunden.

Die „Krone“ als umlaufende, geschlossene Kopfbedeckung aus kostbarem Material lässt sich sowohl auf den Blütenkranz, wie auch auf den Turban als Kopfbund aus Stoff zurückführen. Sie kann als kunstvolle Helmkrone bzw. mehr oder weniger hoch aufragender Metallkranz begegnen. Diese Form wurde zum Vorbild für die Kronen der abendländischen Könige und Kaiser.

2. Etymologie und wichtigste Belege

Die beiden wichtigsten hebräischen Nomina des Alten Testaments, die im Deutschen meist mit „Diadem“ bzw. „Krone“ wiedergegeben werden, sind נזר nezær und עטרה ‘ǎṭārāh.

2.1. נזר „Diadem“

Die semitische Wurzel נזר nzr / ndr („dem üblichen Gebrauch entziehen / aussondern“; Nif.: „sich enthalten / sich weihen“ Hif.: „sich weihen“) steht hinter dem hebräischen Nomen נזר nezær „Weihe / Diadem“ und ist verwandt mit der Bezeichnung נזיר nāzîr „Geweihter / Nasiräer“ (→ Nasiräer). Vom Typus her bezeichnet נזר nezær eher das Diadem als die geschlossene Krone (G. Mayer, 329f.).

Das Diadem ist sichtbares Zeichen der Königswürde. In 2Sam 1,10 berichtet der junge Mann, der → Saul den Todesstoß gegeben haben will, dem → David, er habe dem schwerverletzten Saul Diadem und Armspange abgenommen, welche er nun überreiche. Bei der Thronbesteigung des siebenjährigen → Joasch wird diesem das Diadem aufgesetzt (2Kön 11,12; 2Chr 23,11). Als in nachexilischer Zeit der → Hohepriester stellvertretend königliche Funktion übernahm, ging auch das Diadem als königliches Insignium an diesen über (Ex 29,6; Ex 39,30; Lev 8,9; vgl. Noth, 182.188). Dass das Diadem der Davididen mit Blüten dekoriert gewesen sein könnte, legt Ps 132,18 nahe.

2.2. עטרה „Kranz / Krone / Diadem“

Das Nomen עטרה ‘ǎṭārāh bezeichnet einen ringförmigen Kopfschmuck, der meist als königliches Ehrenzeichen dient. עטרה ‘ǎṭārāh kann dabei auch das Diadem (נזר nezær) mit bezeichnen, wenn es sich um ein Königsinsignium handelt. Von der Grundbedeutung der Wurzel עטר ‘ṭr „umringen / umkränzen / umgeben / umzingeln“ ausgehend legt sich als Ursprung ein Kranz aus Blüten und Blättern – also eine vegetabile Krone - nahe, woraus dann die allgemeine Bedeutung „Krone“ als Kranz aus Metall hervorging. (Kellermann, 24).

Im Alten Testament begegnet עטרה ‘ǎṭārāh z.B. in 2Sam 12,30 (vgl. 1Chr 20,2). Dort wird die Krone des Stadtkönigs der ammonitischen Stadt → Rabba erwähnt, die auf Davids Haupt kam. Das Nomen findet sich sonst hauptsächlich in poetischen Texten und in Parallelismen mit sehr unterschiedlichen Kopfzierden (z.B. Jes 28,5; Jes 62,3; Ez 21,31; Spr 4,9) sowie in verschiedenen Zusammenhängen als Krone des davidischen Königs (Ps 21,4) bzw. des Hohenpriesters (Sach 6,11.14). Auch die Zecher beim Gelage (Jes 28,1.3) tragen eine עטרה ‘ǎṭārāh. In übertragenem Gebrauch findet sie sich z.B. in Hi 19,9; Spr 4,9; Jes 62,3 u.ö.

Das Verb עטר ‘ṭr Pi. im Sinne von „krönen“ (als bleibender Zustand) findet sich in Hhld 3,11 (Krönung mit der Hochzeitskrone), Ps 8,6 (der von Gott bekrönte Mensch), Ps 65,12 (JHWH krönt das Jahr mit Fruchtbarkeit) und Ps 103,4 (Gott krönt die Seele des Beters mit Güte und Erbarmen).

2.3. Weitere Begriffe

Die Kopfbedeckung der Königin → Waschti in Est 1,11 wird als כתר־מלכות kætær-malkhût bezeichnet (כתר kætær von כתר ktr II Pi.: „umstellen / umringen“). In Est 2,17 bekommt → Ester die כתר־מלכות kætær-malkhût bei ihrer Inthronisation. Der Begriff begegnet noch einmal für ein Pferd in Est 6,8. Die → Septuaginta übersetzt auf hellenistischem Hintergrund interpretierend διάδημα diádēma. Hier ist aber die aufrechte, steife Tiara, die Kopfbedeckung des Perserkönigs (Kidaris), die ihn vor allen anderen heraushebt, gemeint.

Weitere Nomina in Parallelismen zeigen die Verwandtschaft der Krone mit dem Blumenkranz ציץ ṣîṣ (von ציץ ṣjṣ I „glänzen / blühen”) an, der als (welker) Blumenkranz des Zechers beim Gelage in Jes 28,1 (parallel mit עטרה ‘ǎṭārāh) und als goldener Kopfschmuck des Hohenpriesters belegt ist (Ex 28,36; Ex 39,30 und Lev 8,9 mit der Näherbestimmung נזר־הקדשׁ nezær-haqqodæš „heiliger Reif“). Im Sprüchebuch begegnet ein „schöner Kranz“ (לויה liwjah) in der Ermahnung der Eltern in Spr 1,9 (vgl. Spr 4,9 und Spr 14,24 parallel zu עטרה ‘ǎṭārāh).

3. Die Krone als Ehren- und Würdezeichen des Königs und die Krönung

Im Alten Testament begegnet die Krone analog zur Umwelt als Ehren- und Würdezeichen der → Könige, häufiger jedoch als Symbol des Ruhmes und der Prachtentfaltung. Das Ritual der Krönung zur Legitimation von Königen ist in Israel jedoch anders als in der Umwelt nur spärlich belegt. Sowohl mit der Schilderung von Krönungszeremonien als auch mit der Erwähnung der Krone als königlichem Ehren- und Würdezeichen ist das Alte Testament gegenüber der Umwelt sehr zurückhaltend. Diese Zurückhaltung lässt sich mit der Verwendung der Krone als Attribut für Götterdarstellungen z.B. in Ägypten oder dem Zweistromland sowie aus der Ablehnung des magischen Gebrauchs des vegetabilen Kranzes, aus dem sich die Metallkrone entwickelt hat, erklären (Kellermann, 26). Nach Ps 21,4 symbolisiert die Königskrone die Macht und Würde des Königs, die ihm von Gott verliehen wurde, und ist Herrschaftszeichen des Königs (z.B. 2Kön 11,12) und auch des Hohenpriesters (z.B. Ex 29,6; Ex 39,30; Lev 8,9).

Als Teil des königlichen Ornats auf dem Kopf, dem vorrangig beachteten Körperteil, lässt die Krone die wenn nicht ohnehin schon erhabene Gestalt des Königs (1Sam 10,23) entsprechend größer erscheinen. Abgesehen von den Belegen in 2Sam 1,10 und 2Sam 12,30 wird in den alttestamentlichen Geschichtsbüchern erst im Zusammenhang mit der Thronbesteigung des Joasch die Königskrone erwähnt. 2Sam 1,10 legt die Vermutung nahe, dass die Krone nicht nur bei offiziellen Anlässen, sondern auch in der Schlacht getragen wurde. Dass die Königskrone der Davididen aus Gold bestand, ist in Ps 21,4 belegt (vgl. 2Sam 12,30). Nach Ez 21,31 handelt es sich bei der israelitischen Königskrone um ein goldenes Diadem (נזר nezær; vgl. 2Kön 11,12), dass über einem Turban getragen wurde (vgl. die priesterlichen Traditionen in Ex 29,6; Ex 39,30f; Lev 8,9). Offenbar sind die Grenzen zwischen Priesterturban (Ex 28,4; vgl. Ez 21,31) und Königskrone hier schon fließend und deuten auf die nachexilische Übertragung königlicher Ämter und Würden auf den Hohenpriester hin. Darauf verweisen auch die beiden, letztlich im Tempel deponierten Kronen (עטרות ‘ǎṭārôt) für den Hohenpriester → Jeschua in Sach 6,9-14, wo offenbar gescheiterte Restaurationsversuche des davidischen Königtums in nachexilischer Zeit im Hintergrund stehen.

Der eigentliche und vorrangige Ritus zur Legitimation des Königs im alten Israel war neben der Akklamation (1Sam 10,24) die → Salbung (1Sam 10,1; 1Sam 16,1-13; → Messias). Nur bei der Inthronisation des Joasch 2Kön 11,12 (vgl. 2Chr 23,11) wird sehr summarisch eine Zeremonie geschildert, in der dem König neben Salbung und Akklamation sowie der Übergabe des Königsgesetzes (Wagner, 87) auch das Diadem aufgesetzt wird. In der Forschung wird die Historizität der Notiz bezweifelt, da eine priesterliche Bearbeitung das Krönungszeremoniell dem der Hohenpriester angeglichen habe (Würthwein, 348; Levin, 18.46f.52f.).

4. Die Krone als Symbol des Ruhmes, der Ehre und der Prachtentfaltung

Der übertragene, bildliche Gebrauch der Begriffe für Kronen im Alten Testament überwiegt den realen Gebrauch für das Herrschaftsinsignium. Von ihrer Bedeutung als Herrschaftszeichen her begegnet die Krone als Symbol für das Königtum und die mit ihm verbundenen Heilsvorstellungen in Ps 132,18, wonach die Krone des neuen davidischen Gesalbten „blühen“ werde. Ps 89,40 beklagt den Abstieg des Königtums, da die Krone des Gesalbten in den Staub getreten worden sei.

In poetischen Texten wird Gottes Heilshandeln bildhaft als Krönungshandlung (עטר ‘ṭr Pi.) besungen: Die Krönung eines Königs wird in Ps 8,5 als Bild für die besondere Würde verwendet, mit der Gott den Menschen als sein Geschöpf ausgezeichnet hat, und in Ps 103,4 für das Erlösungshandeln Gottes. Gott kann nach Ps 65,12 auch das Jahr „krönen“, womit besondere Fruchtbarkeit versinnbildlicht wird.

Wie ein König bzw. eine Königin wird das Brautpaar gefeiert und ihm damit königliche Ehre entgegengebracht: In Hhld 3,11 wird der Bräutigam von der Mutter wie König → Salomo bekrönt. Einen symbolischen Krönungsritus des Brautpaares legt auch die Allegorie Ez 16 nahe. Dort wird offenbar am Brauch des Brautvaters orientiert das von Gott auserwählte Findelkind → Jerusalem als Braut Ez 16,12f. u.a. mit einer prachtvollen Krone (עטרת־תפארת ‘ǎṭæræt-tif’æræt) geschmückt.

Die Krone als Symbol für besondere Ehre und den Lohn für ein ehrbares Leben begegnet in der Weisheitsliteratur (→ Weisheit). Nach Spr 4,9 (vgl. Spr 14,24 u.ö.) ist die Weisheit selbst eine prächtige Krone auf dem Haupt. Bildhaft ist die tüchtige Hausfrau in Spr 12,4 die Krone des Mannes, das graue Haar die Krone für den Greis als Lebenslohn des Gerechten (Spr 16,31) und die Enkel die Krone der Alten (Spr 17,6). Für Sir 1,18 ist die Gottesfurcht die Krone der Weisheit. Hi 19,9 vergleicht den Verlust der Ehre mit dem Verlust einer Krone.

Mit dem Bild vom wiedererstandenen → Zion als Krone in der Hand Gottes in Jes 62,3 beginnt die Eschatologisierung des Symbols der Krone. Sie versinnbildlicht die spätere, von Gott verheißene Belohnung (vgl. Sap 5,16f.). Das Neue Testament kennt in diesem Zusammenhang die Lebenskrone (Apk 2,10) sowie die himmlischen Krone als Siegeslohn (1Kor 9,24f., 2Tim 2,4f.; 2Tim 4,7f.).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979 (Art. Kranz / Krone)
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff (Art. נזר / עטר)
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977 (Art. Schmuck)
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001 (Art. Diadem)

2. Weitere Literatur

  • Kellermann, D., 1989, Art. עטר, Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament VI, Stuttgart u.a., 21-31
  • Levin, Chr., 1982, Der Sturz der Königin Atalja (SBS 105), Stuttgart
  • Mayer, G., Art. נזר, 1986, Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament V, Stuttgart u.a., 329-334
  • Noth, M., 1960, Das zweite Buch Mose (ATD 5), Berlin
  • Ott, J., 1998, Krone und Krönung, Mainz
  • Würthwein, E., 1984, Die Bücher der Könige 1.Kön.17-2.Kön. 25 (ATD 11/2), Göttingen
  • Wagner, D., 2005, Geist und Tora (ABG 15), Leipzig
  • Weippert, H., 1977, Art. Schmuck, Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen, 282-289

Abbildungsverzeichnis

  • Diadem (neuassyrische Darstellung). © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart
  • Metallstreifen (meist Gold) aus nachexilischer Zeit, die auf die Kleidung oder Kopfbedeckung genäht wurden und das Ansehen des Trägers steigern sollten. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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