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(erstellt: Mai 2007; letzte Änderung: April 2009)

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1. Der Begriff „Kanon“

Kanon 1
Das griechische Wort κανών kanōn ist ein Lehnwort von einer semitischen Wurzel (hebräisch קָנֶה qānæh, akkadisch qinû, ugaritisch qn). Es bedeutet zunächst „Rohr / gerader Stab“, dann wegen dessen Verwendung als Maß-Stab „Messrute / Richtschnur“, ferner „Regel / Standard / Vorbild“, auch in ethischem Sinne (so Gal 6,16; Phil 3,14 und 1. Clemensbrief 7,2). Im kirchlichen Sprachgebrauch des 2./3. Jh.s wird der Begriff zunächst im Sinne von „Glaubensgrundlage / Lebensordnung“ der Christen verwendet (κανὼν τῆς πίστεως – regula fidei „Glaubensregel“ und κανὼν τῆς ἀληθείας – regula veritatis; zur Verwendung im Sinne von regula veritatis vgl. schon Philo, legum allegoriae 3,233; Text Philo).

Vom 4. Jh. an wird κανών kanōn bzw. lateinisch canon für kirchenrechtliche Bestimmungen bzw. synodale Grundsatzentscheidungen gebraucht (vgl. „kanonisches Recht“ für „Kirchenrecht“), in der zweiten Hälfte des 4. Jh.s dann für die als verbindlich anerkannte, im Wortlaut nicht mehr veränderliche Sammlung der (heiligen) Schriften (→ Bibel), die die Grundlage und Norm des Glaubens darstellen (vgl. canon 59 der Synode von Laodicea um 360 n. Chr.; Athanasius, Osterfestbrief von 367, I 30; s.u.).

In diesem Sinne beschreibt der Terminus die jeweilige Sammlung als heilig geltender Schriften der jüdischen und christlichen Glaubensgemeinschaften, also die jüdischen und christlichen Formen der Bibel. In der Religionswissenschaft fand eine Übertragung des Begriffs auch auf autoritative Texte anderer Religionen statt. Schließlich spricht man heute etwa auch von einem „Kanon der deutschen Literatur“ und meint damit bedeutende Werke der Literatur, die man gelesen haben sollte, eine „Pflichtlektüre“ für Interessierte und Gebildete.

2. Der vielschichtige Entstehungsprozess des jüdisch-christlichen Kanons

Die Bildung eines Kanons setzt die Existenz von Schriften voraus, die im Unterschied zu anderen Schriften als verbindlich und heilig angesehen werden, d.h. sie werden in besonderer Weise mit der Gottheit in Verbindung gebracht: Es herrscht die Überzeugung, dass diese Schriften göttliche Offenbarung sind oder enthalten. Die Inspiriertheit bildet somit ein Kriterium für die Bestimmung einer Schrift als kanonisch und damit autoritativ. Dies führt zu einer Eingrenzung möglicher Verfasser. Kriterien für die Kanonizität von Schriften werden – zumeist rückwirkend – entworfen, um aus einer vorhandenen Fülle von Schriften gezielt eine begrenzte Auswahl zu treffen.

Die Entstehung eines Kanons erfolgt in einem lange währenden Prozess: Die meisten Schriften, die später den Tenach bzw. das Alte Testament bilden, entstehen über einen längeren Zeitraum, in dem sie überliefert und dabei fortgeschrieben werden. In diesem Umgang mit ihnen zeigt sich bereits eine besondere Wertschätzung: sie gelten als autoritativ, ohne dass bereits eine offizielle Kanonisierung stattgefunden hätte. In der Endphase des Kanonisierungsprozesses gibt es Diskussionen über die Zugehörigkeit bzw. den Ausschluss einzelner Schriften. Dies geht mit der mehr oder minder offiziellen Festsetzung des Kanonumfanges einher. Die Auswahl einer begrenzten Zahl von Schriften aus einem größeren Reservoir bringt es mit sich, dass religiöses Schrifttum, das keine Aufnahme in den Kanon fand, zwar weiterhin gelesen und gebraucht wird, jedoch einen niedrigeren Rang einnimmt als die kanonischen Bücher (Deuterokanonen, → Apokryphen, → Pseudepigraphen). Die Etablierung eines Kanons führt zur Produktion von Literatur, die die nun unantastbaren kanonischen Schriften auslegt, ergänzt und aktualisiert (z.B. → Talmud, Kommentare der Kirchenväter). Hinzu kommt, dass der vergleichsweise umfangreiche Kanon – sowohl der jüdische Tenach als auch das aus der → Septuaginta hervorgegangene christliche Alte Testament – faktisch in sich Abstufungen erfährt, da bestimmte Teile des Kanons eine höhere Wertigkeit und Autorität besitzen als andere („Kanon im Kanon“).

Die Entscheidung für einen Kanon ist motiviert durch die Notwendigkeit der Identitätsfindung oder Identitätswahrung der Glaubensgemeinschaft. Eine Kanonentscheidung bedeutet daher auch immer eine Abgrenzung nach innen von anderen Gruppierungen oder Richtungen der eigenen Glaubensgemeinschaft oder nach außen von anderen Religionen. Wenngleich ein Kanon zunächst als unveränderliche Größe intendiert ist, birgt er dennoch das Potential der Veränderung: wenn Ausdifferenzierungen oder Aufspaltungen innerhalb der Glaubensgemeinschaft auftreten, kann es bei den „Neuerern“ auch Veränderungen im Blick auf den Kanon geben.

Weder der jüdische noch der christliche „Kanon“ war und ist eine eindeutige Größe. Deshalb hat sich das wissenschaftliche Interesse an dem Prozess der Kanonisierung als einem äußerst komplexen Vorgang in jüngster Zeit verstärkt.

3. Der Tenach

3.1. Der Begriff

„Tenach“ ist die in der jüdischen Glaubensgemeinschaft [seit dem Mittelalter] gebräuchliche Bezeichnung für die hebräische oder jüdische Bibel. Der Begriff wird auch zur Abgrenzung vom christlichen Alten Testament verwendet. Er beruht auf der Dreiteilung des hebräischen Kanons in die Tora („Weisung“), die Nebi’im („Propheten“) und Ketubim („Schriften“). Aus den Anfangsbuchstaben der drei Kanonteile wurde in der hebräischen Konsonantenschrift der Terminus TNK gebildet, gesprochen „Tenach“ (geschrieben auch Tenak; Tanach oder Tenakh). Alternativ dazu kann „Tora“ pars pro toto den ganzen hebräischen Kanon bezeichnen, ein Indiz dafür, dass dieser Teil als der wichtigste angesehen wird.

3.2. Das allmähliche Werden des Tenach und seiner Teile

3.2.1. Tora („Weisung“)

Die → Tora („Weisung / Lehre“) im engeren Sinne (d.h. wenn das Wort nicht die hebräische Bibel bezeichnet) umfasst fünf Bücher. Daher rührt der griechische Terminus „Pentateuch“ (πέντε pente „fünf“ + τεῦχος teuchos „Gefäß / Krug“, in dem man nämlich Schriftrollen aufbewahrte). Im Hebräischen sind die einzelnen Bücher nach dem wichtigsten Anfangswort benannt: Bereschit „am Anfang“; Schemot „Namen“; Wajjiqra „und er rief“; Bemidbar „in der Wüste“; Debarim „Worte“. In der wissenschaftlichen Tradition tragen sie die griechisch-lateinischen Namen, die inhaltliche Aspekte aufgreifen: Genesis „Entstehung“, Exodus „Auszug“, Leviticus „priesterlich[es Gesetz]“, Numeri „Zahlen“; Deuteronomium „zweites Gesetz“. In deutschen Übersetzungen tragen sie als Titel 1.-5. [Buch des] Mose, da Mose traditionell als Verfasser des Pentateuchs gilt.

Die fünf Bücher der Tora bieten einerseits Erzählungen von der Schöpfung über die drei Erzväter Abraham, Isaak und Jakob, den Auszug aus Ägypten und die Wüstenwanderung bis kurz vor die Einwanderung in das verheißene Land; andererseits sind in diese Erzählungen Gesetzestexte und -sammlungen eingearbeitet, die „Weisung“ im eigentlichen Sinne.

Die Tora ist der Teil des Tenach, der als erster faktisch kanonischen Rang genoss. Zwei Umstände belegen dies: Die fünf Bücher der Tora wurden als erste unter den späteren biblischen Schriften ins Griechische übersetzt (vgl. Brief des Aristeas; s.u.), damit sie auch den Griechisch sprechenden Juden in der Diaspora verständlich und zugänglich blieb. Außerdem kennt die Glaubensgemeinschaft der → Samaritaner, die sich im 4., spätestens im frühen 3. Jh. v. Chr. vom Hauptstrom der jüdischen Religionsgemeinschaft löste, nur die Tora als heilige Schrift. Die samaritanische Überlieferung des Pentateuchs deckt sich bis auf wenige, meist von den Samaritanern bewusst vorgenommene Veränderungen mit dem Text, wie er auch in der masoretischen Tradition weitergegeben wurde. D.h. dass der Textbestand des Pentateuchs bereits um 300 v. Chr. in dem uns heute geläufigen Umfang und Wortlaut vorgelegen haben muss, also seither nicht mehr verändert wurde. Die Auffassung einer Unantastbarkeit des Textbestandes kommt in der so genannten Kanonformel, einer sehr späten Fortschreibung, zum Ausdruck, die in der Tora selbst enthalten ist: „Ihr sollt nichts dazutun zu dem, was ich euch gebiete, und sollt auch nichts davontun“ (Dtn 4,2; vgl. Dtn 13,1). Die Tora wird als unantastbar gesehen, weil darin göttliche Offenbarung gefunden wird. Durch die Kanonformel wird sie vor Verfälschung gesichert. Dies indiziert die hohe Autorität der vorliegenden Schriften bereits zu einer Zeit, wo von einer „offiziellen“ Kanonisierung noch nicht die Rede sein kann.

Eine frühe, wenn nicht die früheste Phase des Kanonisierungsprozesses wird gern mit der Auffindung eines Buches unter König → Josia in Verbindung gebracht. Nach der Darstellung in 2Kön 22-23 führte Josia 622 / 621 eine kultische Reform durch, die sich an dem gefundenen Buch orientierte. Dies Buch wird wegen der Ähnlichkeit der josianischen Reformmaßnahmen zu Bestimmungen im → Deuteronomium als eine Vorform des Deuteronomiums („Ur-Deuteronomium“) angesehen. Ein als autoritativ angesehenes Buch diente jedenfalls nach deuteronomistischer Geschichtsdarstellung als Handlungsmaßstab kultischer Maßnahmen. Am Deuteronomium orientiertes Denken fand Niederschlag in deuteronomistisch geprägter Literatur, die die Krise des Exils theologisch zu bewältigen sucht. Dass das so genannte → Deuteronomistische Geschichtswerk (Jos-2Kön) Kerngedanken des Deuteronomiums aufnimmt, wurde als Zeichen dafür gewertet, dass das Deuteronomium bzw. eine Frühform desselben zumindest in deuteronomistischen Theologenkreisen kanonischen Rang besaß.

In der Verlesung des Buches der Weisung des Mose (sefær tôrat mošæh, Neh 8,1) durch Esra in der Mitte des 5. Jh.s v. Chr. erblickt man ein weiteres Indiz für den fortschreitenden Kanonisierungsprozess zumindest der Tora, ja, interpretiert das in Neh 8 Geschilderte als Kanonisierungsakt des Pentateuchs – zumindest in einer Frühform. Aus der Bezeichnung „Buch der Weisung des Mose“ ist nämlich nicht ersichtlich, ob es sich bereits um den fertigen Pentateuch handelt oder um eine Vorform desselben. Sowohl bei Josias Reform als auch bei Esras Gesetzesverlesung (vgl. Neh 9-10) erfolgt eine Verpflichtung des Volkes auf das verlesene Gesetz und eine rituelle Besiegelung in einer Festbegehung. In beiden Fällen besitzt die Schrift hohe Autorität, laut Esr 7,6 (vgl. Esr 7,11) stellt sie göttliche Offenbarung dar.

3.2.2. Nebi’im („Propheten“)

Der zweite Kanonteil (→ Prophetenbücher) enthält zunächst erzählende Schriften, die die Geschichte Israels von der Landnahme bis zum Babylonischen Exil darstellen: Jos, Ri, 1-2Sam; 1-2Kön. Im 8. Jh. n. Chr. wurden diese Schriften als „frühere“ oder „vordere“ Propheten bezeichnet, weil der Gang der Geschichte von prophetischen Gestalten mit Gottes Wort begleitet wird. Die Bezeichnung zeugt also von einer bestimmten Geschichtsauffassung. Zusammen mit Dtn werden die vorderen Propheten in der Exegese ausgehend von einer These → Martin Noths oft als zusammenhängendes Werk betrachtet und als „Deuteronomistisches Geschichtswerk“ bezeichnet.

Hinzu treten die schriftprophetischen Bücher, die „späteren“ oder „hinteren“ Propheten, nämlich Jesaja, Jeremia und Ezechiel als „große Propheten“ und die meist als ein Buch gezählten zwölf „kleinen Propheten“ Hosea, Joel, Amos, Obadja, Jona, Micha, Nahum, Habakuk, Zefanja, Haggai, Sacharja und Maleachi (griechisch Dodekapropheton → „Zwölfprophetenbuch“ genannt). Diese Schriften enthalten im Wesentlichen Spruchsammlungen, die dem Propheten zugeschrieben werden, der dem jeweiligen Buch seinen Namen gegeben hat.

Der Komplex „Propheten“ erhielt ebenfalls kanonisches Ansehen, allerdings später als die Tora; die älteste griechische Übersetzung ist jünger und weniger sorgfältig als die der Tora. Man geht davon aus, dass der Prophetenkanon im 2. Jh. v. Chr. kanonischen Rang besaß, da das Danielbuch, das um 165 v. Chr. verfasst wurde, keine Aufnahme mehr unter den „Propheten“ fand, sondern in die „Schriften“ eingereiht wurde.

Fraglich ist, wie man es bewertet, dass Daniel in Qumran (4Q174 1,4) und Mt 24,15 als Prophet bezeichnet wird. Ist dies ein Indiz dafür, dass das Buch doch unter die Nebi’im gerechnet werden konnte, dass also der Kanonteil weniger fest war, als meist angenommen?

Im Babylonischen Talmud (Schabbat 13b; Text Talmud; vgl. Chagiga 13a; Text Talmud 2) spiegelt sich eine Diskussion um das Ezechielbuch wider, das zu dieser Zeit sicher zum Kanon zählte, dessen Zugehörigkeit aber in Frage gestellt wurde auf Grund von „Widersprüchen“ (zwischen der Priestergesetzgebung in Ez 40-48 und Ex 25-Num10?).

Als Beleg für die faktische Kanonizität der beiden ersten Kanonteile „Gesetz“ und „Propheten“ können die Verweise im Neuen Testament dienen (→ Bibel).

3.2.3. Ketubim („Schriften“)

Zuletzt bildete sich ein dritter Teil, der die sehr allgemeine Bezeichnung „Schriften“ erhielt, weil hier Bücher unterschiedlicher Inhalte und literarischer → Gattungen zusammen gestellt sind, nämlich Gebetstexte (Ps), weisheitliche Literatur (Hi, Spr, Pred), Dichtungen (Hhld, Klgl), Novellen (Rut, Ester), ein prophetisches Buch (Dan) sowie Geschichtsdarstellungen (1/2Chr, Esr, Neh). Dieser Kanonteil bleibt bis in das 2. Jh. n. Chr. im Fluss. Seine Offenheit lässt sich an den bezeugten Verweisen ablesen: Der Prolog zu Ben Sirach, der zwischen 130 und 115 v. Chr. datiert wird, spricht von „Gesetz, Propheten und Schriften, die sich daran anschließen“ (V.1) bzw. erwähnt „Gesetz, Propheten und die andern Bücher unserer Väter“ (V.3). Im Buch selbst, das um 190 v. Chr. entstanden ist, behandelt das Lob der Väter (Sir 44,1-49,20) zentrale Gestalten lediglich aus dem Bereich der Tora und der Propheten. Allenfalls bei der Betrachtung Davids und Salomos könnten Hinweise auf den Psalter (Sir 47,9-10 [Lutherbibel: Sir 47,11-12]) bzw. die Sprüche (Sir 47,18 [Lutherbibel: Sir 47,19f]; vgl. jedoch 1Kön 5,12) gegeben sein.

Ein frühes Zeugnis für einen dritten Kanonteil stammt aus → Qumran: „Das Buch Mose, die Bücher der Propheten und David“ (4Q397,10), wobei „David“ für den Psalter steht; vgl. dazu Lk 24,44: „Gesetz des Mose, Propheten und Psalmen“. Offenkundig bildet der → Psalter den Kern und Ausgangspunkt der Ketubim.

Philo, De vita contemplativa 3,25 (um 50 n. Chr.; Text Philo), nennt neben Gesetzen und durch Propheten geweissagten Worten andere Schriften, „durch die Erkenntnis und Frömmigkeit vermehrt und vervollkommnet werden.“

Die Offenheit des dritten Kanonteils erklärt auch, dass in die entsprechende griechische Schriftensammlung noch weitere Bücher Eingang finden konnten. Die im Babylonischen → Talmud überlieferten Diskussionen, ob das → Hohelied (Mischnatraktat Jadajim 3,5), → Prediger (Schabbat 30b; Text Talmud) oder Ester (Megilla 7a; Text Talmud 2) als heilige Schriften anzuerkennen sind oder nicht, zeigen, dass man sich Gedanken um eine endgültige, autoritative Festlegung des Kanons machte. Dabei ist nicht eindeutig feststellbar, ob es zu diesem Zeitpunkt noch um die Frage einer Aufnahme in einen bereits bestehenden Kanon ging oder ob man über den Verbleib der fraglichen Bücher in einem im Grunde schon fest stehenden Kanon stritt.

Fest steht, dass es einen größeren Bestand an religiösem Schrifttum gab, das später nicht kanonisch wurde (z.B. äthHen); auch dafür mag das Neue Testament als Zeugnis dienen, da dort einige solcher Werke wie Heilige Schrift als Autorität benutzt werden (vgl. etwa Mk 10,19 und Sir 4,1; 1Kor 2,9 und AscJes 11,34; Jud 14-16 und äthHen 1,9; Jak 1,19 und Sir 5,11 [Lutherbibel: Sir 5,13]).

3.3. Der Abschluss der Kanonisierung des Schriftenbestandes

Der Abschluss der Herausbildung des hebräischen Kanons lässt sich nicht an einem bestimmten zeitlichen Punkt fest machen, wie es längere Zeit in der Forschung geschah: Man pflegte seit den Beiträgen von Graetz (1886) und Buhl (1891) die so genannte „Synode“ (an diesem Begriff wird die analoge Vorstellung zu christlichen Entscheidungsprozessen greifbar) von → Jabne (griech. Jamnia) im Jahre 90 n. Chr. als ein offizielles Gremium rabbinischer Schriftgelehrter anzusehen, das den Kanon gewissermaßen offiziell verabschiedete. Angestoßen durch die Funde in Qumran wurde dies Bild jedoch revidiert: Es gab zwar ein Treffen in Jabne, aber keine offizielle Kanonisierung. Bezeugt ist nämlich nur das Votum für die Kanonizität von Hohemlied und Prediger, die „als die Hände verunreinigend“ qualifiziert wurden (Mischnatraktat Jadajim 3,5). Mit dieser Wendung wird in der jüdischen Tradition die Heiligkeit der biblischen Bücher umschrieben (vgl. Megilla 7a; Text Talmud 2). Sie steht der christlichen Rede von einem Kanon nahe.

Greifbar wird der Abschluss des hebräischen Kanons für uns erst gegen Ende des 1. Jh.s n. Chr. durch Zeugnisse, die Zählungen und Auflistungen von Schriften bieten, denen besondere Autorität zugeschrieben wird.

So schreibt Josephus, Contra Apionem I, 38-41 (um 95 n. Chr.; Text gr. und lat. Autoren): „Bei uns gibt es nicht 10.000 Bücher, die untereinander nicht übereinstimmen und einander widersprechen, sondern nur 22, die die Aufzeichnung des ganzen Zeitraumes enthalten und mit Recht für glaubwürdig gehalten werden. Davon sind fünf Bücher von Mose, die die Gesetze und die Überlieferung seit der Erschaffung der Menschheit bis zum Tod des Mose umfassen. Das ist ein Zeitraum von fast 3000 Jahren. Vom Tod des Mose bis Artaxerxes, dem Nachfolger des Xerxes auf dem persischen Thron, haben die Propheten, die nach Mose kommen, die Ereignisse ihrer Zeit in 13 Büchern erzählt. Die vier übrigen enthalten Loblieder auf Gott und Lebensregeln für die Menschen. Von Artaxerxes bis in unsere Tage ist zwar gewiss das Einzelne berichtet worden, aber man schenkt diesen Schriften nicht denselben Glauben wie den früheren, weil es an der genauen Aufeinanderfolge der Propheten fehlte.“

Die Zahl von 22 Büchern, die sich nach → Euseb (Historia ecclesiastica 6,25,1-2; Bibliothek der Kirchenväter) auch bei → Origenes findet und die auch Hieronymus im Prolog zu den Königebüchern nennt, stimmt mit der Anzahl der Buchstaben des hebräischen Alphabets überein – sicher nicht zufällig. Angesichts der heute üblichen Zählung von 39 Schriften in der Hebräischen Bibel ist zu bedenken, dass die zwölf Kleinen Propheten als ein Buch zählten, da sie auf einer Rolle geschrieben wurden; ebenso wurden 1-2Sam, 1-2Kön, 1-2Chr sowie Esr und Neh nur als jeweils ein Buch gezählt. Den etablierten Kanon vorausgesetzt müsste sich dennoch eine Zahl von 24 Schriften ergeben. Meistens erklärt man sich die Zählung bei Josephus damit, dass Rut dem Richterbuch und die Klagelieder dem Jeremiabuch zugeschlagen seien, dass der Kanon also insofern komplett sei. Die Josephus-Stelle benennt deutlich den prophetischen Ursprung von Schriften als Kriterium für ihre Kanonizität. Ein weiterer Aspekt ist die Auffassung, dass die 22 Bücher nicht in einer inhaltlichen Spannung oder in Widerspruch zueinander stehen.

4Esr (um 100 n. Chr.) zählt 24 kanonische Bücher, weiß aber auch um die Existenz einer großen Zahl apokrypher Schriften. Das Buch stellt Esra als den letzten Propheten dar (12,42; vgl. Tosefta Sota 13,4: „Als Haggai, Sacharja und Maleachi [Letzterer wird mit Esra gleichgesetzt], die letzten Propheten, gestorben waren, schwand der heilige Geist aus Israel“). Nach der Zerstörung des Tempels soll Esra die verlorenen Schriften erneut aufschreiben: „So wurden in 40 Tagen 94 Bücher geschrieben. Und es geschah, als die 40 Tage vollendet waren, dass der Höchste so zu mir redete: Veröffentliche diejenigen, die du zuerst geschrieben hast, dass Würdige und Unwürdige sie lesen können. Die 70 letzten aber sollst du zurückhalten und sie nur den Weisen in deinem Volk übergeben, denn in ihnen ist der Born des Verstehens, die Quelle der Weisheit und der Strom der Erkenntnis.“ (14, 44-47). Auch hier wird das Kriterium der Inspiriertheit des Verfassers deutlich: Die Phase der Inspiration endet mit Esra, d.h. alle kanonischen Schriften müssen nach diesem Kriterium spätestens von Esra verfasst bzw. aufgeschrieben sein.

Eine eindeutige Gliederung und Auflistung eines Bestandes von 24 Einzelbüchern erscheint im Babylonischen Talmud. Dort wird die Tora mit ihren fünf Büchern als selbstverständlich vorausgesetzt. Dann heißt es: „Die Reihenfolge der Propheten ist folgende: Josua, Richter, Samuel, Könige, Jeremia, Ezechiel, Jesaja und die zwölf“ (Baba Batra 14b; Text Talmud). „Die Reihenfolge der heiligen Schriften ist folgende: Rut, Psalmen, Hiob, Sprüche, Prediger, Hoheslied, Klagelieder, Daniel, Ester, Esra und die Chronik.“ (ebda.).

Der hebräische Kanon entwickelt sich in einem lange dauernden Prozess zu einer autoritativen Sammlung von als heilig geltenden Schriften. Dies geschieht zunächst durch entsprechenden Gebrauch dieser Schriften, durch Konvention innerhalb der Glaubensgemeinschaft ausgehend von der Tora als Kern des Kanons. In Teilen der jüdischen Gemeinschaft bleibt diese sogar allein Kanon (Samaritaner, Sadduzäer). Erst gegen Ende der Entwicklung kommt es offensichtlich zu Diskussionen über die Zugehörigkeit oder den Ausschluss einzelner Bücher (Hhld, Pred, Est, Sir, aber auch Ez) und zur expliziten Darlegung von Kriterien für die Schriftenauswahl. Das entscheidende Kriterium ist, dass der Verfasser ein göttlich Inspirierter, ein Prophet ist, der eine göttliche Offenbarung empfangen hat. Dies geschah nur während eines begrenzten Zeitraumes, nämlich von Mose bis Esra. Insofern werden die dann kanonischen Bücher sämtlich Männern zugeschrieben, die man in diese Epoche einordnete: „Mose schrieb sein Buch, den Abschnitt von Bileam [Num 23-24] und Hiob. Josua schrieb sein Buch und die [letzten] acht Verse des Pentateuchs. Samuel schrieb sein Buch, Richter und Rut. David schrieb die Psalmen durch zehn Greise: Adam, den ersten Menschen, Melchisedek, Abraham, Mose, Heman, Jedutun, Asaf und die drei Söhne Korachs. Jeremia schrieb sein Buch, Könige und Klagelieder. Hiskia und sein Kollegium schrieben Jesaja, Sprüche, Hoheslied und Prediger. Die Männer der großen Synagoge schrieben Ezechiel, die Zwölf[propheten], Daniel und die Esterrolle. Esra schrieb sein Buch und die Genealogie der Chronik bis auf seine eigene. /…/ Nehemia führte es zu Ende.“ (Baba Batra 14b-15a; Text Talmud).

Dass in der Endphase des Kanonisierungsprozesses noch umstrittene Bücher wie Hoheslied und Prediger akzeptiert wurden, hängt damit zusammen, dass diese in ihren Überschriften Salomo zugeschrieben wurden. Da Ester z. Z. des Perserkönigs Xerxes spielt, fällt es – analog zur Einordnung Daniels in die erzählte Zeit – noch in die Epoche Esras. Das Kriterium des prophetischen Verfassers vor der Zeit Esras führt zum Ausschluss von Ben Sirach.

Der hebräische Kanon erwächst also aus einem sich allmählich herausbildenden Konsens, der – soweit wir es heute beurteilen können – nicht durch einen offiziellen Beschluss eines dazu ermächtigten Gremiums formell bestätigt wurde, sondern durch den entsprechenden Gebrauch dieser Schriftensammlung in Gottesdienst und Lehre. Die endgültige Verfestigung des Kanons in der zweiten Hälfte des 1. Jh.s n. Chr. erfolgt gerade zu dieser Zeit, weil die historischen Lebensumstände der jüdischen Glaubensgemeinschaft einmal mehr nach einer Klärung ihrer Identität verlangten. Nach der Zerstörung des Tempels 70 n. Chr. und der Vertreibung aus Jerusalem als Folge des Bar-Kochba-Aufstandes 132/133 ergab sich angesichts des endgültigen Verlusts der kultischen Mitte die Notwendigkeit einer gemeinsamen Orientierungsbasis und zugleich einer Abgrenzung nach außen, nämlich gegen apokalyptisch ausgerichtete Gruppierungen und vor allem gegenüber den Christen, die die Septuaginta (und damit einen etwas umfangreicheren Kanon) zunehmend für sich vereinnahmten. Diese Abgrenzung äußerte sich auch im Festhalten an der hebräischen Sprache (statt des Griechischen) und der Schriftrolle (statt des Codex).

3.4. Die Abfolge der Einzelschriften

Die einzelnen Bücher, die später den Tenach bilden sollten, lagen – wie sämtliche umfangreichere Literatur der damaligen Zeit in Palästina – in Form von Schriftrollen vor. Damit spielt die Reihenfolge der Bücher im Einzelnen zunächst keine so wichtige Rolle wie beim Codex, der uns bis heute geläufigen Gestalt von Büchern, bei dem eine Festlegung der Abfolge notwendig ist, wenn man einen Sammelband aus Einzelschriften erstellt. Voll zum Tragen kommt die Festlegung also erst, wenn man Schriftrollen herstellt, die mehr als eine Einzelschrift enthalten, spätestens bei der Herstellung von Vollbibeln in Codexform. Dennoch ist die Reihenfolge von Anfang an nicht völlig beliebig. Bei der Tora ist die Anordnung der Bücher durch den Erzählverlauf vorgegeben – hier hat es fast ausnahmslos die Folge Gen Ex Lev Num Dtn gegeben (vgl. jedoch Melito von Sardes, um 190, bei Euseb, Historia ecclesiastica 4,26,14 (Bibliothek der Kirchenväter): „die fünf Bücher Moses, nämlich Genesis, Exodus, Numeri, Leviticus und Deuteronomium“). Für den Bereich der „vorderen Propheten“ gilt Entsprechendes: Der Ablauf der dargestellten Ereignisse erzwingt die Reihe Jos Ri Sam Kön. Aus den Listen und Zählungen, die – wie Josephus – auf nur 22 Bücher kommen, hat man geschlossen, dass Rut mit Ri in eins gefasst und nicht gesondert gezählt wurde. Doch mag hier auch eine andere Tradition vorliegen.

Bei den „hinteren Propheten“ variiert die Stellung des Jesajabuches, das an erster Stelle, aber auch in dritter Position (vgl. Baba Batra 14b; Text Talmud) erscheinen kann hinter Jeremia und Ezechiel, aber vor dem Zwölfprophetenbuch. Analog zu Rut konnte Klagelieder wohl zu Jeremia gezählt werden.

Die größte Variabilität findet sich im Komplex der „Schriften“, wenngleich sich auch hier frühzeitig einige wenige Konventionen abzeichnen. Abgesehen von der Kopfstellung des Psalters, die in der Rabbinerbibel gegeben ist, finden sich auch Rut (vgl. Baba Batra 14b; Text Talmud: Rut Pss Hi Spr Pred Hhld Klgl Dan Est Esr/Neh Chr) und Chr (Codex Leningradiensis) in der Anfangsposition. Man hat vermutet, dass beide Schriften eine Art Vorspann zum Psalter bilden sollten, da David, der als Verfasser der Psalmen galt, in ihnen vorkommt (Genealogie Rut 4,18-22; breite Behandlung Davids in 1Chr 11-29). Im 6. Jh. n. Chr. stellt man Rut Hhld Pred Klgl Est zur Gruppe der Megillot („Rollen“, d.h. fünf Festrollen) zusammen, da diese Bücher als gottesdienstliche Lesungen an den fünf jüdischen Festen dienen. Die Standardausgabe des Alten Testaments, die Biblia Hebraica Stuttgartensia (BHS), die auf dem Codex Leningradiensis beruht, übernimmt auch dessen Schriftenanordnung mit einer Ausnahme: Chr wird von der Anfangsstellung unter den „Schriften“ an den Schluss versetzt (so zuvor auch in Biblia Hebraica Kittel [BHK]), was sich auch in antiker rabbinischer Tradition findet.

3.5. Der abgestufte Rang der Teile des Tenach

Die Anordnung der Kanonteile spiegelt nicht nur die Entstehungsgeschichte des Kanons wider, sie trifft auch eine Aussage über ihren autoritativen Rang. Die → Tora nimmt die absolute Vorrangstellung ein, weil Gott einzig mit Mose von Angesicht zu Angesicht gesprochen hat (vgl. Num 12,8), die → Propheten nach ihm haben Gottes Offenbarungen in Träumen oder Visionen empfangen (Num 12,6). Unterscheidungskriterium zwischen Tora und Nebi’im ist also der Charakter der Offenbarung. Im Verhältnis zu den Propheten stehen die Ketubim auf der dritten Stufe. Die Diskussion unter den Rabbinen über die technische Frage, ob man Tora und Propheten bzw. Tora, Propheten und Ketubim auf eine Schriftrolle schreiben dürfe, spiegelt die Anschauung einer unterschiedlichen Wertigkeit der Kanonteile wider. Für den liturgischen Gebrauch darf die Tora keinesfalls mit anderen Texten verbunden werden. Im Gottesdienst genießt die Tora höchste Bedeutung, was sich in der Ordnung der Schriftlesung sowie äußerlich durch das besondere Zeremoniell um die Torarollen zeigt.

4. Die Septuaginta und der griechische Kanon

4.1. Der Begriff „Septuaginta“ (LXX)

Der Name der ältesten griechischen Übersetzung der hebräischen Bibel erfolgte nach ihrer Ursprungslegende. Übersetzt wurde zunächst nur die Tora, die Bezeichnung → „Septuaginta“ (lat. „siebzig“, daher auch die Abkürzung mit dem römischen Zahlzeichen LXX) bezieht sich jedoch auf die gesamte Schriftsammlung. Der Aristeasbrief (150-100 v. Chr.) erzählt, wie es zu der ersten Übersetzung kam und sucht diese – und somit auch ihren Gebrauch – auf diese Weise rückwirkend zu legitimieren.

Laut → Aristeasbrief gibt König Ptolemaios II. Philadelphos (282-246 v. Chr.) auf Anregung seines Bibliothekars eine Übersetzung der jüdischen Gesetze für seine Bibliothek in Alexandria in Auftrag. Deswegen wurde Aristeas nach Jerusalem gesandt, um dort unter Mitwirkung des Hohenpriesters Eleasar aus jedem Stamm Israels sechs Gelehrte auszuwählen. So reisen 72 Männer mit Aristeas zurück an den Hof in Alexandria. Anschließend übersetzen sie binnen 72 Tagen auf der Insel Pharos die Tora ins Griechische. Durch gegenseitiges Vergleichen kommen sie zu einer völligen Übereinstimmung im Wortlaut der Übersetzung. Der jüdischen Gemeinde zu Alexandria wird die Übersetzung vorgelesen; sie billigt sie und erklärt sie für unveränderlich, bevor sie auch dem König zu Gehör gebracht wird, der die Tora mit Bewunderung wahrnimmt.

Die Erzählung des Aristeasbriefes erfuhr in der Folgezeit eine legendenhafte Steigerung ins Wundersame: Laut Philo (De vita Mosis II 5-7; Text Philo) werden die nun 70 Männer von prophetischem Geist erfüllt, so dass alle denselben Wortlaut übersetzen. Noch weiter gesteigert ist die Geschichte bei Irenäus (Adversus haereses III 21,2; Bibliothek der Kirchenväter): Hier erfüllen die 70 Übersetzer ihre Aufgabe ein jeder für sich in strenger Klausur von den übrigen getrennt, und doch stimmen ihre Übersetzungen wörtlich bis in das kleinste Detail überein. Damit wird die göttliche Inspiriertheit der griechischen Fassung zum Ausdruck gebracht, so dass die LXX der hebräischen Bibel in nichts nachsteht.

Hieronymus kritisierte diese legendenhafte Ausschmückung im Prolog zum Pentateuch in der Vulgata: „sie schreiben aber, dass die in einer Halle Versammelten sie verglichen haben, nicht prophezeit haben. Es ist nämlich etwas anderes, ein Seher zu sein als ein Übersetzer“ (sed in una basilica congregatos contulisse scribant, non prophetasse. Aliud est enim vatem, aliud esse interpretem).

Die abgerundete Zahl der Übersetzer führte zur Bezeichnung „Septuaginta“ (LXX). Nachweislich wird sie erstmals bei dem Christen Justin verwendet (Dialogus cum Tryphone 68,7; 71,1 u. ö.; Bibliothek der Kirchenväter).

Der Aristeasbrief datiert die Übersetzung der Tora in das 3. Jh. v. Chr., was in etwa den Tatsachen entsprechen dürfte. Die Übertragung des prophetischen Kanons erfolgte später als die des Pentateuchs, noch später wurden die „Schriften“ übersetzt. Die → Septuaginta bildet die bedeutendste griechische Übersetzung der hebräischen Bibel. Da sie für die Bibliothek in Alexandria angefertigt worden sein soll – faktisch für die jüdische Diaspora, die in Alexandria zahlreich vorhanden war –, hat man auch von einem „alexandrinischen Kanon“ gesprochen, der sich in seinem Schriftenbestand vom hebräischen Kanon unterschieden habe. Dieser Vorstellung begegnet man heute mit äußerster Zurückhaltung, ja, betrachtet sie als Irrweg.

4.2. Die LXX als christliches Buch

4.2.1. Der Schriftenbestand

Bereits die neutestamentlichen Schriftsteller haben sich bei Rückgriffen auf die Heilige Schrift der Juden der griechischen Übersetzung in Gestalt der LXX bedient. Wegen der christlichen Vereinnahmung der LXX erstellte man im jüdischen Bereich zunächst noch alternative griechische Übersetzungen, bevor sich dort das Hebräische als Sprache der Heiligen Schrift und damit der Tenach fest einbürgerte. Die LXX wurde von den jüdischen Gemeinden aufgegeben. Deshalb stammt die auf uns gekommene handschriftliche Überlieferung der LXX fast ausschließlich aus christlichen Kreisen. Deshalb lässt sich nur schwerlich ermitteln, welche Entwicklung die LXX als jüdische Sammlung im Griechisch sprechenden Judentum nahm und welchen Schriftenbestand sie als solche aufwies. Vermutlich war hier – wie beim hebräischen Kanon – manches im Fluss. Fest steht, dass die LXX mehr Schriften enthält als der Tenach. Dieses Mehr bezeichnet man auf evangelischer Seite als „Apokryphen“, auf katholischer als „Deuterokanonen“. Es handelt sich um Schrifttum, das teilweise aus dem Hebräischen ins Griechische übersetzt, teilweise auch ursprünglich Griechisch verfasst (Weish, 2-4Makk, evtl. → Susanna) worden ist. Eine Erklärung dafür, wie es zur Erweiterung des Schriftenbestandes in der (christlichen?) LXX kam, gibt es nicht.

Melito von Sardes († um 190, zitiert bei Euseb, Historia ecclesiastica 4,26,14; Bibliothek der Kirchenväter) bietet für das Alte Testament eine Liste, die weitestgehend mit Baba Batra 14b-15a (Text Talmud) übereinstimmt: Pentateuch, Josua, Richter, Rut, 4 Königebücher (= 1-2Sam, 1-2Kön), 2 Chronikbücher, Psalmen Davids, Sprüche Salomos oder Weisheit, Prediger, Hoheslied, Hiob, Jesaja, Jeremia, Zwölfprophetenbuch, Daniel, Ezechiel, Esra.

Athanasius bietet in seinem Osterfestbrief von 367 n. Chr. eine Liste der Schriften des Alten (und Neuen) Testaments und fügt dann hinzu: „Es gibt auch andere Bücher außerhalb von diesen, die zwar nicht kanonisiert, aber von den Vätern dazu bestimmt sind, denen vorgelesen zu werden, die neu hinzukommen und im Wort der Frömmigkeit unterrichtet zu werden wünschen: die Weisheit Salomos, die Weisheit Sirachs, Ester, Judit, Tobias; [für das Neue Testament] die so genannte Apostellehre und der Hirte.“

In den großen Majuskelhandschriften des 4./5. Jh.s (Codex Vaticanus [4. Jh.], Codex Sinaiticus [4. Jh.], Codex Alexandrinus [5. Jh.]) ist die LXX als griechisches Altes Testament greifbar. Alle drei enthalten zusätzlich zum Schriftenbestand des Tenach Judit, Tobit, Jesus Sirach, Sapientia Salomonis sowie die Erweiterungen in Daniel und Ester sowie Ps 151. Im Codex Vaticanus fehlen 1-4Makk, im Codex Sinaiticus 2-3Makk., Codex Alexandrinus hat dagegen 1-4Makk sowie das Buch der 14 Oden (mit dem Gebet des Manasse). Es bleibt die grundsätzliche Frage, ob man aus dem Inhalt der Codices auf den Kanon schließen darf oder nicht (im Codex Vaticanus haben vermutlich Textlücken zum Ausfall von 1. Esra, Baruch und dem Brief Jeremias geführt).

Das 3. Konzil zu Karthago (397 n. Chr.) nimmt insofern eine offizielle Kanonisierung vor, als sie den gottesdienstlichen Gebrauch von Schriften regelt. Sie beschließt, „dass außer den kanonischen Schriften nichts in der Kirche gelesen wird unter der Bezeichnung heiliger Schriften. Kanonische Schriften sind: Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri, Deuteronomium, Josua, Richter, Rut, vier Bücher der Könige [= 1-2Sam, 1-2Kön], zwei Bücher der Chronik, Hiob, Davidischer Psalter, fünf Bücher Salomos [= Spr, Pred, Hhld, Weish, Sir], Zwölfprophetenbuch, Jesaja, Jeremia [dazu zählen auch Klgl, Bar, EpJer], Daniel, Ezechiel, Tobit, Judit, Ester, 1-2Makkabäer“ (ut praeter scripturas canonicas nihil in ecclesia legatur sub nomine divinarum scripturarum. Sunt autem canonicae scripturae: Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri, Deuteronomium, Jesu Nave, Iudicum, Ruth, Regnorum libri quattuor, Paralipomena libri duo, Iob, Psalterium Davidicum, Salomonis libri quinque, duodecimi libri Prophetarum, Esaias, Ieremias, Daniel, Ezechiel, Tobias, Iudit, Hester, Maccabeorum libri duo; Denzinger / Hünermann, Enchiridion symbolorum, 40. Aufl. 2004, 186).

4.2.2. Die Abfolge der Einzelschriften

Eine wesentliche Veränderung gegenüber dem Tenach erfolgt durch die Anordnung der Einzelschriften, in der sich stärker als im Tenach eine bewusste Entscheidung spiegelt. Zudem werden die zusätzlich einbezogenen „apokryphen“ Bücher unter die hebräischen Schriften eingeordnet.

Auch der Kanon der christlichen LXX ist dreiteilig: Die geschichtlichen Bücher, angeführt durch den Pentateuch, schließen die „Vorderen Propheten“ zuzüglich Rut ein. Außerdem werden weitere erzählende Bücher aus den Ketubim in diesen Teil versetzt und apokryphe Werke angefügt. Die Geschichte erzählenden Schriften sind chronologisch angeordnet: Pentateuch, Jos, Ri, Rut, Sam, Kön, Chr, Esr/Neh, Est (mit Erweiterungen), Jdt, Tob, 1-4Makk.

Die poetischen Bücher umfassen Ps, Spr, Pred, Hhld, Hi sowie Weish und Sir (gelegentlich zuzüglich Oden und GebMan).

Die prophetischen Bücher führt das Zwölfprophetenbuch an (die ersten sechs in gegenüber dem Tenach veränderter Reihenfolge), dahinter stehen Jes, Jer (mit Klgl, Bar und EpJer), Ez, Dan (mit Erweiterungen: Gebet Asarjas [ZusDan 3,1-26], Gesang der drei Männer im Feuerofen [ZusDan 3,27-66], Susanna [ZusDan 1], Bel und der Drache [ZusDan 2]).

Die Variationen der Abfolge in den drei Codices B, א und A zeigen, dass die Anordnung sich zu dieser Zeit noch nicht verfestigt hat: so erscheinen Propheten vor den poetischen Büchern, danach dann die „kleinen Geschichtswerke“ Ester-4Makk (A). In B folgen Est, Jdt, Tob auf Sir. Gelegentlich finden sich Makk auch in Endposition. Jedoch hat sich die oben genannte Anordnung durchgesetzt.

Hinter dieser Abfolge steht eine christliche Konzeption: Geschichte / Vergangenheit – poetische (Lehr-)Bücher / Gegenwart – Propheten / Zukunft bilden eine Linie, die von dem Rückblick auf die Heilsgeschichte über Schrifttum, das zur Gestaltung des gegenwärtigen Lebens dient, auf die Verheißungen der Propheten zuläuft. Da diese Verheißungen als in Jesus Christus erfüllt angesehen werden, erfolgt die Anordnung im Blick auf das nachfolgende Neue Testament. So ist der „Kanon im Kanon“ eindeutig die Prophetie, während im Mittelpunkt des Tenach die Tora steht.

5. Christliche Formen des Alten Testaments

5.1. Der Begriff „Altes Testament“

Angeregt wird der Begriff „Altes Testament“ durch Paulus, der in 2Kor 3,14 auf Ex 34,29-34 eingeht und bei dieser Gelegenheit die Schrift, die die Israeliten lesen, als παλαιὰ διαθήκη, „alter Bund / Altes Testament“ und „Mose“ bezeichnet. Als Bezeichnung für den Schriftenkanon ist παλαιὰ διαθήκη erstmals deutlich belegt in einem Fragment eines Briefes des Melito von Sardes, das Euseb wiedergibt (Historia ecclesiastica 4,26,13f; Bibliothek der Kirchenväter).

5.2. Das Alte Testament der römisch-katholischen Kirche

Die Heiligen Schriften des Christentums wurden bereits im späten 2. Jh. n. Chr. ins Lateinische übersetzt. Zur maßgeblichen Übersetzung wurde die des Hieronymus, die später sog. → Vulgata. Hieronymus nutzte den hebräischen Text, kritisierte die Aufnahme zusätzlicher Schriften, wie sie in der LXX erfolgt war, nahm sie aber dennoch in seine Übersetzung auf. Nach dem sog. Prologus Galeatus, dem Vorwort zu den Samuel- und Königsbüchern in der Vulgata, zählt er Weish, Sir, Jdt, Tob nicht zum alttestamentlichen Kanon.

„Dies Vorwort der Schriften, sozusagen ein mit Helm besetzter Anfang für alle Bücher, die wir vom Hebräischen ins Lateinische übersetzen, kann passenderweise dazu dienen, dass wir zu wissen imstande sind, was außerhalb dieser [Schriften] ist, [und] unter die Apokryphen ausgeschieden werden muss. Nämlich die Weisheit, die gewöhnlich als die des Salomo überschrieben wird, und das Buch des Jesus Sirach, Judit und Tobias und der Hirt (des Hermas) sind nicht kanonisch. Das erste Buch der Makkabäer fand ich auf Hebräisch vor, das zweite ist griechisch, weshalb es auch aus eben dieser Sprache gebilligt werden kann. (Hic prologus Scripturarum quasi galeatum principium omnibus libris, quos de hebraeo vertimus in latinum, convenire potest, ut scire valeamus, quicquid extra hos est, inter apocrifa seponendum. Igitur Sapientia, quae vulgo Salomonis inscribitur, et Iesu filii Sirach liber et Iudith et Tobias et Pastor non sunt canone. Macchabeorum primum librum hebraicum repperi, secundus graecus est, quod et ex ipsa φράσιν probari potest.).“

In Reaktion auf die Veränderung des Kanons im Zuge der reformatorischen Übersetzungstätigkeit schrieb die römisch-katholische Kirche 1546 auf dem Konzil zu Trient den Schriftenbestand der Vulgata als verbindlichen Kanon fest und erklärte die Vulgata zur maßgebenden Ausgabe der Schrift (Sessio IV am 8.4.1546; Denzinger / Hünermann, Enchiridion symbolorum, 40. Aufl. 2004, 1501-1506).

Im Verzeichnis der heiligen Bücher werden aus dem Alten Testament aufgeführt: „Die 5 Bücher Mosis, nämlich Genesis, Exodus, Leviticus, Numeri, Deuteronomium; Josue, Richter, Rut, 4 Bücher der Könige, 2 Bücher der Chronik, das erste Buch Esdras und das zweite, das Nehemias heißt, Tobias, Judit, Ester, Job, Davids Psalmenbuch mit 150 Psalmen. Die Sprüche, der Prediger, das Hohelied, Weisheit, Ecclesiasticus, Isaias, Jeremias mit Baruch, Ezechiel, Daniel, die 12 kleinen Propheten, nämlich Osea, Joel, Amos, Abdias, Jonas, Michäas, Nahum, Habakuk, Sophonias, Aggäus, Zacharias, Malachias; 2 Bücher der Makkabäer, das erste und zweite.“ (Denzinger / Hünermann, Enchiridion symbolorum, 40. Aufl. 2004, 1502).

5.3. Das Alte Testament der reformatorischen Kirchen

Luther übersetzte beide Teile der christlichen Bibel humanistischen Grundsätzen entsprechend aus der jeweiligen Originalsprache, das Alte Testament also aus dem Hebräischen bzw. Aramäischen. Daher entspricht der Schriftenbestand des protestantischen Alten Testaments dem des Tenach. Die Anordnung der Schriften folgt jedoch der Tradition der LXX bzw. Vulgata. Die über den Tenach hinaus gehenden Schriften der LXX, die „Apokryphen“, stehen in der Lutherbibel von 1534 als gesonderter Teil zwischen Altem und Neuem Testament unter der Überschrift „Apocrypha: Das sind Bücher: so der heiligen Schrifft nicht gleich gehalten vnd doch nützlich vnd gut zu lesen sind“, nämlich: Jdt, Weish, Tob, Sir, Bar mit EpJer, Makk sowie Stücke zu Est und Dan.

Literaturverzeichnis

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  • Theologische Realenzyklopädie, Berlin / New York 1977-2004
  • Evangelisches Kirchenlexikon, Göttingen 3. Aufl. 1986-1997
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, Stuttgart u.a. 2. Aufl. 1992
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Auflage, Freiburg i.Br. 1993-2001
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