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(erstellt: Mai 2009)

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1. Definitionen des Ka

Ein neben dem → Ba spezifisch altägyptischer, oft kontrovers diskutierter Begriff ist der des Ka (so die ägyptologische Aussprache abgeleitet von der Umschrift k3, tatsächliche Aussprache etwa ku oder ko). Ka bezeichnet zusammenfassend eine dem menschlichen und göttlichen Körper eigene innewohnende Kraft. Der Ka kann auch als eigenständiges göttliches Wesen personifiziert werden und einen Kult erhalten. Ferner kann er als Summe sich unterschiedlich ausprägender menschlicher und göttlicher Teilkräfte (in der Mehrzahl Kas, ägyptisch k3.w) verstanden werden. In Unkenntnis der menschlichen hormonellen Dispositionen war man sich früh der nicht erklärbaren inneren Triebkräfte bewusst, die von Geburt an in einem Körper fassbar wurden. Sichtbare Zeichen dafür waren etwa der innere Zwang zur Nahrungsaufnahme oder der Schatten eines Menschen, die beide auf die Existenz eines fortlebenden menschlichen Doubles im Menschen selbst hinwiesen. Die Kas (insbesondere die der Götter) können wiederum in Reihen personifiziert sowie textlich und bildlich aufgelistet werden. Sie werden mit individuellen Namen versehen, die ihre schützende Wirksamkeit, Stärke, ihre Ausstrahlungskraft oder ihre Funktion als Nahrungsgeber (in Verbindung mit dem ägyptischen Wort für Nahrung) umreißen.

Der altägyptische Ka-Begriff kann nicht adäquat übertragen werden. Wörterbücher verzeichnen Übersetzungen wie Geist, Kraft, Persönlichkeit, Lebenskraft, Lebensgeist bzw. Lebensgeister, Wille, Namen usw. Neutraler scheint die Bezeichnung Ka-Kraft. Formal hat man den Ka in einen „internen Ka“ und einen „externen Ka“ trennen wollen (Bolshakov). Intern ist der Ka im Leib; als extern wurde die Ausformulierung des Ka als „doppelte Existenz eines Menschen“ (Zwillingsgestalt; Begleiter des Menschen u.a.) bezeichnet, die dann z.B. in der Form einer menschlichen oder göttlichen Ka-Statue visualisiert wurde.

Die Etymologie des Ka-Begriffs ist unklar, auch wenn Zusammenhänge mit sprachlichen Wortfeldern des Denkens (altägyptisch k3j), des sexuellen Bereichs (altägyptisch nkj, bk3, k3.t) oder der magischen Kräfte (altägyptisch hk3, Gott Heka) vorliegen dürften. Häufiger sind auch ägyptische Bezüge und Assoziationen in Text und Bild zwischen dem Wortfeld Ka-Stier (ägyptisch k3) und besonders dem Wortfeld für Nahrung (k3).

2. Visualisierungen des Ka

Der Ka wird hieroglyphisch meist durch zwei nach oben gereckte Arme (sog. Ka-Arme) dargestellt. Isoliert liegen die Arme auf einer Tragstandarte. Seltener wird Ka durch Götterzeichen determiniert. In der Spätzeit erscheint er auch als Schlange oder sitzend in Mumienform (Belege s. LÄGG; Lanzone, T. CCCXCI). Vor Ka-Armen auf einer Tragstandarte wird kultisch agiert. Personifiziert kann der Ka als Nahrungsgeber ähnlich einer männlichen Nilgottheit dargestellt werden, mit Opferplatten und anderen Attributen in Händen. Bei der göttlichen Geburt erscheint er auf der Töpferscheibe neben dem stehenden Kind als dessen Double. Der stehende personifizierte Ka kann auch selbst den jungen König und den jungen Königs-Ka auf den Händen tragen (Abb. 3).

3. Der Königs-Ka

Ka 2
König und auch Königin haben einen Ka neben sich. Ägyptisch heißt er „Der Ka des Königs“ (k3 njswt), seltener „Der lebende Ka des Königs“. Die Königin hat einen – seltenen – „weiblichen Ka (k3t) des Königs“. Der lebende Königs-Ka hat gelegentlich zwischen den Armen die njswt-Königshieroglyphe. Visualisiert wird der Ka des Königs im Flachbild meist als zweite Figur hinter dem König. Zusätzlich ist er – seit der ersten Dynastie – mit dem Horusnamen-Rechteck verbunden, das meist über den Armen zu sehen ist. Komplexere Darstellungen zeigen ein menschliche Ka-Figur mit Ka-Armen und Horusnamen-Rechteck auf dem Kopf (Abb. 1).

Die eine Hand hat eine Maat-Feder, die andere hält vor sich eine hohe Stange mit einem Königskopf oder einer Königsbüste, meist mit Doppelkrone, seltener mit der Hieroglyphe des Königs-Ka. Eine Variante hat unterhalb der Tragstange zwei nach vorne gehende Arme, die wieder die Maat-Feder und die Stange mit Königskopf halten (Abb.2). Der Königs-Ka ist hinter diversen Handlungen des Königs dargestellt, so etwa beim Vorgang des Erschlagens der Feinde, bei Umarmungsszenen (Abb.1), bei der Jagd oder im Ritual des Ziehens der mrt-Kästen (LÄGG, 237). In der Rundplastik erscheint der (Königs-) Ka mit den aufgerichteten Armen auf dem Kopf des Königs (bekanntester Beleg eine Holzstatue des Pharao Hor aus der 13. Dynastie). In der Spätzeit begegnet der Ka des Königs auch als Falke mit Doppelkrone auf der Standarte (LÄGG, 237).

Seltener und ohne Spezifizierung begegnen die Kas des Königs in der Mehrzahl. So sind in Pyramidenspruch 396 „die Kas des (Pharao) NN hinter ihm und seine Hemusut (Mehrzahl) unter seinen Füßen“ (Pyramiden-Texte, Spruch 396). Die Hemeset, Mehrzahl Hemesut, sind die den Kas gegenübergestellten weiblichen Kräfte, dargestellt mit gekreuzten Pfeilen und Schild wie die Göttin Neith.

Der Ka-Begriff ist immer eng mit dem lebenden König verbunden und wohl ursprünglich am königlichen Palast verankert. Auch ein „Der lebende Königs-Ka des Pharao“ kommt vor (LÄGG, 237). Am Palast dürften Repräsentationsformen des Königs als Ka-Statuen aufgestellt gewesen sein. Vom Palastdenken aus könnte der Ka-Begriff auch all den Göttern zugeteilt worden sein, die als Könige der Götter wie ein König fungierten. König und alle Hochgötter sind durch die Vater-Sohn-Konstellation verbunden. So erscheint etwa auch ein „Der lebende Königs-Ka des Re“ (LÄGG, 237). Ramses II. ist an seinem Palast „Der große Ka des Re-Harachte“ (var. Re-Horus; LÄGG, 234). Dahinter dürfen konkret königliche Statuenrepräsentationen in der damaligen Hauptstadt des Landes, der Ramsesstadt, gesehen werden. Königliche Statueninstitutionen werden sich auch hinter der Summe des „Ka der Götter des Pharao“ verbergen (LÄGG, 238).

Wegen der besonders aus Texten bekannten Verbindung mit dem Sonnengott → Re und Re-Harachte hat man den Ursprung des Ka-Begriffs auch der sogenannten heliopolitanischen Theologie zuschreiben wollen. Man hat eine Nähe zum heliopolitanischen Opfergefilde (auch: „Feld des Ka“) des Sonnengottes konstatiert, aus der sich die häufige Verbindung mit der k3-Nahrung erklären lässt.

An bestimmten Festtagen wurde nach königlichem Vorbild die zyklische Geburt bzw. Wiedergeburt und Verjüngung der Götter nachvollzogen, bei denen auch der Ka bzw. die bei Göttern einzelnen diversifizierten Ka-Kräfte eine – nur den Geheimnisträgern am Palast bekannte – Rolle spielten. So führt etwa der Ka des Königs – im Zusammenhang mit den schon frühgeschichtlichen Riten des Morgenhauses im Palast – die Bezeichnung „Der lebende Ka an der Spitze des Morgenhauses und an der Spitze der Kleiderkammer“. Möglicherweise ist hinter dem Ka auch die Summe der Kräfte zu verstehen, die hinter den einzelnen machtvollen und gefährlichen königlichen Insignien, Kronen und Kleidungsstücken stehen (so Kees, 100). Sicher hat es – zumindest im Neuen Reich – als Kultrequisit konkret eine heilige Stange mit dem Königskopf gegeben, die anlässlich von Riten empor gehalten wurde.

Jeder Ka des Königs und der Götter war der Verjüngung unterworfen, in einem ständigen Zyklus zwischen Ruhe und Bewegung. Der Ka macht die täglichen Fahrten durch die Unterwelt im Boot des Sonnengottes mit. Als personifizierter Gott ist er der „Ka des Ostens“ oder „Ka des Westens“. Der Ka war etwa bei der Wiedergeburt des → Osiris am Choiakfest als dessen „Lebender Ka“ wieder gegenwärtig (LÄGG, 235). Im ägyptischen Monat Choiak (ägyptisch k3 hr k3 = vielleicht etwa „Ka-Fest wegen des Ka“) im 4. Monat der Achet-Jahreszeit im bürgerlichen Wandeljahr fand am Ende des Monats das gemeinägyptische Ka-Fest mit der Wiederauferstehung des Gottes Osiris statt. Im Geburtshaus von Dendera erscheint der „verjüngte Ka des Herrn der Erscheinungen“ (LÄGG, 239). Der Ka kann auch „ruhend / befriedet (ägyptisch ḥtp)“ sein wie Osiris und muss wiederbelebt werden. Meist in den funerären Kontext gestellt sind Aussagen der → Pyramidentexte über den Ka des jeweiligen Königs, dessen Ka ebenfalls versorgt werden muss. Der Ka in den Pyramidentexten wird wie der König „gerechtfertigt“, für ihn dient auch eine Pyramide, er muss beim Übergang nach dem Tode „gereinigt werden“. Die Macht des Ka hilft, beschützt und versorgt andererseits auch den König, der sich nach der vorübergehenden Trennung durch den Tod wieder mit seinem Ka vereinen will, so dass schließlich auch die Kas der Götter dem Ka des Königs wieder unterstehen. Der König schläft nachts mit seinem Ka und geht tagsüber mit ihm herum.

In zahllosen Königsnamen wird auf den Ka des Königs Bezug genommen. Ambivalent lassen sich die Aussagen der Königsnamen auch auf den Ka des Sonnengottes beziehen. Stark an Kas (d.h. an Ka-Kräften) ist z.B. ein Name der Königin Hatschepsut. Der König ist wie jeder Gott „Der an der Spitze der Kas“ oder „Der an der Spitze aller lebenden Kas“. Er ist der „Herr des Ka“ wie auch jeder Hochgott. Geburtsname und Ka des Königs sind im zyklischen Übergang des Todes getrennt und vereinigen sich wieder.

Der Ka des Königs wird bei der göttlichen Geburt des jungen Königs durch den Schöpfergott Chnum auf der Töpferscheibe geformt. Die Szenerie ist Teil von Geburtsräumen der ägyptischen Königs- und Göttertempel (*Luxor-Tempel, Mammisi von Edfu, Dendera usw.). König und sein Ka werden meist als Kleinkind mit Jugendlocke dargestellt, seltener hat der Königs-Ka den Aufsatz mit Tragstange. König und Königs-Ka begegnen gemeinsam auf den Händen einer stehenden Ka-Gestalt (Abb. 3) oder zusammen mit Geburtsgöttinnen (Abb.4). Die Texte sprechen aber auch von „vier (lebenden) Kas“, die Chnum vereinigt oder die im Gefolge des Chnum selbst sind. Die „vier lebenden Kas“ des Ptah (LÄGG, 243) begegnen etwa in der sogenannten memphitischen Lehre.

Die weiterlebende Existenz des Ka als königlichem Double wird am Palast durch die rituelle Herstellung und die Belebung einer Königsstatue als Ka-Statue des Königs sichtbar gemacht worden sein. Die Vorstellung vom lebenden (d.h. im Kult zyklisch permanent an bestimmten Festtagen wiederbelebten) Ka mit Hilfe einer sichtbaren Ka-Statue und einer Tragstandarte bei der Prozession ermöglichte die leibliche Präsenz des Königs an den ägyptischen Sakraleinrichtungen zu Lebzeiten dort sichtbar zu machen, wo er persönlich nicht anwesend war. Sie sicherte auch die Präsenz des Königs nach seinem Tode. Dazu diente – so vor allem institutionell im Alten Reich belegt – das Ka-Haus (ägyptisch ḥwt-k3) des Königs, das am Palast bzw. im Tempelbereich in der Stadt und ebenso in der Nekropole eingerichtet werden konnte. Seltener sind Gebäudebezeichnungen wie „Das Haus (pr) des Jubels des lebenden Königs-Ka“.

4. Der Ka und die Kas der Götter

Alle Götter, auch Göttinnen, haben einen Ka bzw. verschiedene einzelne Ka-Kräfte. In der Summe erscheinen die „Kas der Götter des Himmels“, die „Kas der Götter der Erde“ und der „Ka der Götter des Pharao“ (LÄGG, 238). Einen Ka – seltener auch einen Königs-Ka – haben nicht nur alle männlichen und weiblichen Götter der großen ägyptischen Neunheit, die auch durch die Vater-Sohn-Beziehung der Götter gegeben ist (z.B. der Gott Sobek als Ka des Geb). Ihn haben auch die dii minores (Götter der kleinen Neunheit), die ägyptischen Schutzgötter. Dazu gehören die „Lebenden Kas in den Gauen der Götter“ (LÄGG 242), die „Großen Kas von Ägypten“ und die Großen Kas der namentlich spezifizierten Tempelstätten. Ebenso besitzen alle großen und kleineren Urgötter einen Ka (Tjenenet, Nehebkau, Erdschlange Ir-ta usw.).

Die Kas gehören zur (kultisch an den Festen nachvollzogenen) Geburt bzw. Wiedergeburt der königlichen Götter. Götter wie Sia, der das (schlagende) Herz und den Verstand personifiziert, und der Gott Hu (die beiden Lippen, d.h. Ausspruch, Sprechfähigkeit) sind kombiniert mit dem „Ka, der alles ist, was im Mund des Amun ist“ (LÄGG, 233). Möglicherweise steht dahinter die Assoziation mit dem ägyptischen Wortfeld „denken“. Die Kas des Re bringen den Sonnengott zur Welt. „Ka ist der Name des Re im Tjenenet-Heiligtum“ (wieder assoziative Wortspiele mit dem Wortfeld Denken und der Geburtssituation).

Häufiger sind die Belege für die Kas im Kontext der Versorgung und Nahrung. Wegen ihrer Übernahme in das verbreitete Spruchgut der → Sargtexte und → Totenbuchtexte, das dann auch an den späten ägyptischen Tempeln zitiert wird, sind vor allem die einzelnen Kas des Sonnengottes Re bekannt. Die Zahl der Kas des Re schwankt. Im Mittleren Reich leben die Neun Kas des Re von dem Ausfluss seiner Augen und des Achselschweißes (Coffin Texts VI, 228f.). Der Tote kennt die Namen der 14 Kas und der 7 Bas des Re, die den materiellen Reichtum (aus dem Opfergefilde) bringen. Die Kas des Re, die in Auflistungen auch nur aus 12 oder weniger Wesen bestehen können, sind meist als männliche Götter personifiziert worden. Re besitzt aber wie der König auch die weiblichen Hemusut-Kräfte. Der „Ka des Re“ wird textlich auch anderen Göttern beigeschrieben, wenn diese als Chnum-Re, Sobek-Re oder als solare Sphinx usw. als solare, Re-gleiche Himmelsgötter die Versorgung (aus dem Opfergefilde) sichern.

Die mit Ka-Zeichen auf dem Kopf dargestellten einzelnen Kas des Re werden namentlich unterschieden. Sie heißen etwa Starker-Ka, Ehrwürdiger-Ka, Glänzender-Ka, Strahlender-Ka, Begleitender-Ka, Gedeihender-Ka, Angesehener-Ka, Der-Ka-des-Zaubers, Aufgehender-Ka, Tüchtiger Ka / Ausgestatter-Ka usw. Fast alle Epitheta lassen sich auch auf den Ka des Königs beziehen. Personifizierte Ka-Götter erscheinen – in Verbindung mit dem Opfergefilde – als Gabenbringer, oft in Assoziationen mit k3-Nahrung Mit den dargestellten Ka-Göttern sind diverse Attribute verbunden, Machtzepter ebenso wie Opferplatten mit Nahrung wie Broten oder Fleischstücken. Manchmal findet sich auch die Nahrungshieroglyphe auf dem Kopf oder zwischen den Armen. Sprechend sind dabei Namen wie „Der Ka, der Nahrung macht“ oder der „Ka, der die Speisen erschafft“, der „Ka der Speisen“ usw. Einige der Gaben bringenden Kas des Re sind manchmal auch weiblich, so eine „Gedeihende Hemuset“ oder eine „Ehrwürdige Hemuset“ (LÄGG VII, 240). Manche Namen von personifizierten Ka-Wesen des Re wie „Der denkende Ka“ oder der „Ka der Kas“ kommen dagegen selten vor.

Ka-Häuser von Göttern kommen nur in Umschreibungen vor wie etwa „Das Ka-Haus des Ptah“ für den Sakralbereich des Ptah von Memphis.

5. Der Ka der Menschen

Die Vorstellungen, die zum Königs-Ka mit seinen besonderen Kräften geführt haben, sind sicher früh auf die Sakralelite des Hofes übertragen worden, die im Schutze dieser besonderen königlichen Ka-Kraft stand. Viele ihrer Eigennamen beschreiben die Zugehörigkeit zum Ka oder lebenden Ka, bald auch zum Ka eines Gottes, häufig des Sonnengottes. Dahinter könnte in vielen Fällen die königlich-göttliche Institution stehen, an der die Familie dieser Namensträger jeweils faktisch, kultisch und versorgungstechnisch angebunden war. Die Elite hat die rituell belebte königliche Statue als Double des lebenden Königs für sich rasch adaptiert. Daraus entwickelte sich wohl die generelle Bezeichnung der Statuen von Privatleuten, die in den zyklisch zur Wiedergeburt führenden Staatskult der ägyptischen Tempel eingebunden waren, als Ka-Statue (Statue im abgeschlossenen Serdab-Raum des Grabes). Hohe Staatsbeamte errichteten wie der König im Alten Reich eigene Ka-Häuser in ihrer Stadt und ihrer Nekropole (Balat / Ain Asil in der Oase Dachla, in Elephantine, Koptos und anderswo).

Der Ka des ägyptischen Menschen wird in den ägyptischen Quellen in der Regel nicht weiter differenziert. Auf die menschliche Geburt bezieht sich die Aufforderung an die Geburtsgöttin Mesechenet, „einen Ka zu schaffen für das Kind, das im Leib dieser Frau ist“ (RÄRG, 358). Manche Personennamen lassen sich auf den Ka der Privatperson selbst beziehen (z.B. Namen wie „Mein Ka wiederholt sich“). Solche Privatnamen scheinen bereits die analoge Teilnahme am kultisch vollzogenen, ewigen Zyklus der königlichen Verjüngung vorauszusetzen.

Durch das Double des Menschen in Form seiner – ebenfalls rituell belebten – Ka-Statue am städtischen Sakralzentrum und in der Nekropole ist die wesentliche Aufgabe der Privatstatue die Sicherung der Versorgung zu Lebzeiten wie nach dem Tode durch die Kultteilnahme und die Gewährung der spezifischen königlich-staatlichen Opferversorgung und Ausstattung „für den Ka des NN“ bzw. im funerären Bereich „für den Ka des Osiris NN“. Dazu gehören auch Bilder, die anstelle des Opfertisches die Ka-Arme auf kleiner Tragstange vor dem hockenden Grabherrn und seiner Frau zeigen (z.B. RÄRG, 361).

Meist nur aus dem funerären Umfeld bekannt sind Phrasen wie „Der mit (bzw. zu) seinem Ka geht“, die auch als Synonyme für „sterben“ verstanden werden (WÄS V,37,6). Ungenau als Totenpriester werden meist die sogenannten „Ka-Diener“ (ägyptisch ḥm-k3) bezeichnet, die vor allem als Akteure bekannt sind, die an den Kultstellen des Grabes und der Ka-Häuser eines hohen Beamten für den täglichen Kult verantwortlich waren. Man wollte auch das häufig jugendliche Aussehen der Person bei den Statuen von Privatleuten zum spezifischen Ausdruck der unsterblichen Form des Ka erklären (Bolshakov), doch ist das umstritten.

In abgeschwächter Form werden, sicherlich aus der Hofsprache und der persönlichen Anrede an den König kommend, Phrasen wie Dein Ka für das Du der 2. Person oder Sein Ka für das Er der 3. Person verwendet. In den sogenannten Weisheitslehren wird der Ka einer Privatperson öfter angesprochen; so soll er etwa durch die moralische, der ägyptischen Ordnung (→ Maat) gerecht werdende Handlung zum „zufriedenen Ka“ werden.

Abzulesen aus den Privatnamen scheint in der ägyptischen Spätzeit generell die Notwendigkeit der Anbindung an den königlichen Ka-Kult für den Ägypter selbst immer unwichtiger geworden zu sein. Der private Statuenkult für den Ka des NN in Stadt und Nekropole verliert ab der Ptolemäerzeit rasch an Bedeutung und wird abgelöst durch eine intensivierte Ausrichtung auf die osirianische Heilserwartung.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Reallexikon der ägyptischen Religionsgeschichte (RÄRG), Berlin 1952
  • Wörterbuch der ägyptischen Sprache (WÄS), 2. Aufl. Berlin / Leipzig 1971
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • The Oxford Encyclopedia of Ancient Egypt, Oxford 2001
  • Lexikon der ägyptischen Götter und Götterbezeichnungen (LÄGG), Leuven u.a. 2002
  • Großes Handwörterbuch Ägyptisch-Deutsch (von Rainer Hannig), Mainz 2006

2. Weitere Literatur

  • Assmann, J., 2001, Tod und Jenseits im Alten Ägypten, München, 131-139
  • Bell, L., 1985, Luxor Temple and the Cult of the Royal Ka, Journal of Near Eastern Studies 44, 251-294
  • Bolshakov, A.O., 1997, Man and his Double in Egyptian Ideology of the Old Kingdom (Ägypten und Altes Testament, 37), Wiesbaden
  • Greven, L., 1954, Der Ka in Theologie und Königskult der Ägypter des Alten Reichs (Ägyptologische Forschungen 17), Glückstadt
  • Kees, H., Der Götterglaube im Alten Ägypten. 3. Aufl., Berlin 1977
  • Koch, K., 1984, Erwägungen zu den Vorstellungen über Seelen und Geister in den Pyramidentexten, SAK 11 (1984) 425-454 (s. bes. 436-441) = Studien zur alttestamentlichen und altorientalischen Religionsgeschichte (Nr. 16), 215-241, mit Nachtrag S. 242
  • Lanzone, R.V., 1882-1885, Dizionario di mitologia egizia, 4 vols., Turin
  • Ockinga, B., 1995, Hatshepsuts Election to Kingship: The Ba and Ka in Egyptian Royal Ideology, Bulletin of the Australian Centre for Egyptology 6, 89-102
  • Schweitzer, U., 1956, Das Wesen des Ka im Diesseits und Jenseits der alten Ägypter (Ägyptologische Forschungen 19), Glückstadt

Abbildungsverzeichnis

  • Anthropomorpher Königs-Ka hinter König Thutmosis III. und Amun. Aus: Lanzone, 1882-1885 T. 389
  • Emblem des Königs-Ka. Aus: Lanzone, 1882, Bd. I, Text S. 1202
  • Ka mit dem jungen König Amenophis III. und Königs-Ka auf den Armen, dahinter Nilgott. Aus: Lanzone, 1882-1885 T. 388
  • Geburtsgöttinnen mit König Amenophis III. und Königs-Ka. Aus: Lanzone, 1882-1885 T. 387

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