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Jegar-Sahaduta

Andere Schreibweise: Jegarsahadutha oder Jegar-sahadutha (engl.)

(erstellt: März 2015)

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Gen 31,46f erzählt, wie → Jakob und → Laban bei einem Bundesschluss zur Beilegung ihres Konflikts einen Steinhaufen aufschütten und benennen. Der Aramäer Laban gibt dem vermutlich runden Steinhaufen den aramäischen Namen Jegar-Sahaduta (יְגַר שָׂהֲדוּתָא jəgar śāhǎdûtā’) „Steinhaufen des Zeugnisses“, der Hebräer → Jakob dagegen den hebräischen, syntaktisch leicht variierten Namen Gal-Ed (גַּלְעֵד gal‘ed) „ein Steinhaufen ist Zeuge“. Der Bund zwischen beiden ist nach dem nicht aufgedeckten Diebstahl der Terafim (→ Hausgott) durch → Rahel vor allem eine Art Nichtangriffspakt. Dabei ist der Steinhaufen als Bundeszeichen („Zeugnis“) zu verstehen: Auf ihm wird der Bund geschlossen sowie durch ein Bundesmahl bekräftigt. Allerdings überlagern sich im Text weitere Motive mit dem Thema Steinhaufen / Bundesmahl: Zusätzlich wird neben dem Steinhaufen nämlich noch ein Steinmal, eine → Mazzebe, als zweites Bundeszeichen postiert (Gen 31,45.51.52), was dem Text zusammen mit dem Schlachtopfer in Gen 31,54 eine kultische Note gibt. Im Text liegt außerdem noch eine zweite Ebene vor, die den Steinhaufen und die Mazzebe explizit als Grenzmarkierungen versteht (Gen 31,52). Darüber hinaus werden Familienangelegenheiten geregelt, nämlich die Behandlung der Töchter Labans durch Jakob (Gen 31,43.50). Schließlich wird in Gen 31,48-49 der Steinhaufen von Laban (!) neben Gal-Ed auch noch als „der Spähturm / Beobachtungsposten“ (הַמִּצְפָּה hammiṣpāh) bezeichnet; dabei wird offenkundig auf das erhöhte Niveau des Steinhaufens rekurriert.

Der Text von Gen 31,43ff weicht in der → Septuaginta stark ab, vor allem in der Reihenfolge, wobei die Abfolge der Septuaginta plausibler erscheint (Seebass 1986). Im Masoretischen Text stört Gen 31,47 eigentlich vor Gen 31,48 und ist deshalb oft als Glosse in einem älteren Kontext beurteilt worden; Jakob bekommt damit das Privileg der Benennung des Landes (Blum 133). Die aramäischen Wortbestandteile יְגַר jəgar „Steinhaufen“ und שָׂהֲדוּ śāhǎdû „Zeugnis“ tauchen tatsächlich im Kontext nicht mehr auf. Der hebräische Kontext arbeitet logischerweise nur mit den hebräischen Wörtern גַּל gal „Steinhaufen“ (6-mal) und עֵד ‘ed „Zeuge / Zeugin“ (4-mal). In Gal-Ed klingt volksetymologisch die ostjordanische Landschaft גִּלְעָד gil‘ādGilead“ an, die sich südlich und nördlich des → Jabbok vom → Arnon bis zum → Jarmuk erstreckt. Neben der Landschaft bzw. dem Gebirge Gilead tragen verschiedene Städte der Region Namen, die meist Komposita mit der Ergänzung „Gilead“ darstellen (→ Ramot-Gilead, → Jabesch-Gilead u.a.). In Gen 31,47 könnte deshalb auch an eine Ortschaft Gilead oder auch Mizpe-Gilead (Gen 31,49, vgl. auch Groß 580) gedacht sein, vielleicht Chirbet er-Rašuni (Koordinaten: 2220.1710; N 32° 07' 52'', E 35° 45' 43''), aber Sicherheit ist darüber nicht zu erlangen. Ein Ort Jegar-Sahaduta hingegen wird ansonsten nirgendwo innerhalb oder außerhalb der Bibel erwähnt. Der aramäische Name ist wohl für den Kontext erfunden worden, um der Erzählung eine gewisse, sprachliche Authentizität zu verleihen. Von der Exegese wird der Name gerne als „gelehrte Glosse“ gedeutet (Westermann 608).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
  • Herders Neues Bibellexikon, Freiburg 2008

2. Weitere Literatur

  • Blum, E., Die Komposition der Vätergeschichte (WMANT 157), Neukirchen-Vluyn 1984
  • Gaß, E., Die Ortsnamen des Richterbuches in historischer und redaktioneller Perspektive (ADPV 35), Wiesbaden 2005
  • Groß, W., Richter (HThK.AT), Freiburg 2009
  • Jericke, D., Die Ortsangaben im Buch Genesis. Ein historisch-topographischer und literarisch-topographischer Kommentar (FRLANT 248), Göttingen 2013
  • Na’aman, N., Rezin of Damascus and the Land of Gilead, ZDPV 111 (1995), 105-117
  • Seebass, H., LXX und MT in Gen 31,44-53, BN 34 (1986), 30-38
  • Seebass, H., Genesis II. Vätergeschichte II (23,1-36,43), Neukirchen-Vluyn 1999
  • Westermann, C., Genesis. 2. Teilband. Genesis 12-36 (BK.AT I 2), Neukirchen-Vluyn 1981
  • Worschech, U., Jegar-Sahaduta, Gal-Ed und eine „massebah“. Eine archäologische Notiz zu Genesis 31, Spes Christiana 9/10 (1998/1999), 47-54

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