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Ismael / Ismaeliter

(erstellt: Mai 2006)

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1. Name

Der Name Ismael ist ein im Westsemitischen seit der 2. Hälfte des 3. Jt.s häufig belegter Satzname mit der Bedeutung „El erhöre / erhörte“.

2. Ismael

Ismael war laut Gen 16,1ff; Gen 25,12; 1Chr 1,28 der Sohn von → Abraham und → Hagar, der Magd → Saras. Aufgrund der alttestamentlichen Erzählungen wird er als Stammvater im Judentum und Christentum (Gal 4,22ff) sowie im Islam verehrt (Sure 2, 125ff u.ö.). Seine Töchter waren nach Gen 28,9; Gen 36,3 mit → Esau verheiratet. Seine Söhne galten als Stammväter verschiedener arabischer Stämme, Ismael selbst als heros eponymos eines arabischen Stämmeverbandes, dessen Mitglieder Ismaeliter genannt wurden (Gen 25,13; vgl. auch Ps 83,7; 1Chr 2,17; 1Chr 27,30; Gen 37,25ff; Gen 39,1; Ri 8,24).

3. Geschichte der Ismaeliter

Die protobeduinische Stämmekonföderation der Ismaeliter, die in neoassyrischen Quellen als Šumu’il mehrfach belegt ist, existierte seit dem Ende des 8. Jh.s v. Chr. Herrscher und Herrscherinnen des 8. und 7. Jh. v. Chr. sind aus neoassyrischen Quellen und Reliefs zum Teil namentlich und ikonographisch bekannt. Die Stämme siedelten in den Gebieten Nordarabiens von der Nefūd-Wüste bis zu den Rändern des Fruchtbaren Halbmondes. Ihr politisches und kultisches Zentrum lag in Duma (klass.-arab. Dūmat al-Ǧandal, arab. al-Ǧōf) am Südende des Wādī s-Sirhān. Dort wurde vor allem die Götter-Trias Attaršamain, Rudā und Nuhā / Nuhay verehrt. An ihrer Spitze standen die Stämme Kedar, Nebajot, Adbeël, Massa, Mischma und Mibsam, denen sich später weitere Mitglieder anschlossen.

Im Alten Testament wurde in exilisch-nachexilischer Zeit die Anzahl der Stämme summarisch auf zwölf erweitert (Gen 17,20; Gen 25,12-18; 1Chr 1,29-31) und die Ismaeliter wurden gelegentlich mit den Midianitern verwechselt bzw. gleichgesetzt (Gen 37,28.36; Gen 39,1; Ri 8,24). Spätestens im 6. Jh. v. Chr, also nach der Zerschlagung der palästinischen Kleinstaaten durch die Neubabylonier, löste sich die Konföderation nach und nach auf. Ein Teil ihrer Mitglieder wanderte in größerer Zahl ins Ostjordanland und ins südliche Westjordanland.

4. Kedar, der wichtigste Stamm der Ismaeliter

Kedar, der größte und wichtigste ismaëlitische Stamm (altnordarabisch Qidar, keilschriftlich Qadru / Qidru), war z.B. von dem assyrischen König → Assurbanipal in der Mitte des 7. Jh.s v. Chr. und vom babylonischen König → Nebukadnezzar II. 599/598 v. Chr. ohne durchschlagenden Erfolg bekämpft worden. In der Zeit der Vorherrschaft der Perser im 6.-4. Jh. v. Chr. entwickelte er sich zum wichtigsten Machtfaktor in Süd-Palästina (vgl. Jes 21,16-17; Jes 60,7). Kedrenische Stammesführer arbeiteten mit den Achämeniden zusammen, z.B. als → Kambyses 525 v. Chr. den Nord-Sinai auf seinem Ägypten-Feldzug nur mit Hilfe der Kamele und der Ortskenntnis arabischer Schechs durchqueren konnte (Herodot 3, 4-9.88; Text gr. und lat. Geschichtsschreiber), auf deren Hilfe schon der assyrische König → Asarhaddon 671 v. Chr. angewiesen war. Obwohl de iure wahrscheinlich eine nordarabische Klientel-Dynastie unter achämenidischer Oberhoheit, beherrschte der Stamm Kedar de facto in weitgehender Autarkie (Herodot 3, 88.91.97) ein Gebiet, das in etwa dem des späteren nabatäischen Reiches entsprach. Kedrener kontrollierten in den von ihnen beherrschten Gebieten den lukrativen Weihrauch-Handel, was ihnen durch ihre fortschrittliche frühbeduinische Kamel-Zucht zusätzlich erleichtert wurde. Der Fernhandel Kedars mit Tyrus wird in Ez 27,21 und die Einheiratung von Kedar-Frauen ins minäische Handelsreich durch Inschriften aus dem südarabischen Ma‘īn dokumentiert.

Aus dem Alten Testament ist einer der Stammesführer Kedars namentlich bekannt: Geschem bzw. Gaschmu (Neh 2,19; Neh 4,1; Neh 6,1-2.6), der auch aus einer lihyānitischen Inschrift aus → Dedan (al-‘Ulā) und vor allem aus einer aramäischen Weihinschrift vom Tell el-Maschūṭa, dem antiken Sukkot bzw. Patoumos (Ex 12,37; Ex 13,20; Num 33,5-6) im östlichen Nil-Delta, bekannt ist. In dieser Weihinschrift trägt sein Nachfolger den Titel eines „Königs der Kedar“. Gaschmu war einer der politischen Gegenspieler Nehemias, die – allerdings erfolglos – versuchten, den Wiederaufbau der Stadtmauer in Jerusalem zu verhindern. Gaschmu arbeitete dabei mit Sanballat, dem von den Achämeniden eingesetzten Gouverneur von Samaria, und mit Tobija, dem Gouverneur der Sub-Provinz Ammon, sowie mit Bewohnern der Hafenstadt Aschdod zusammen (Neh 2,19; Neh 4,1; Neh 6,1-2).

Literaturverzeichnis

  • Ephcal, I., The Ancient Arabs, Jerusalem / London 1982
  • Firestone, R., Journeys in Holy Lands. The Evolution of the Abraham-Ishmael Legends in Islamic Exegesis, New York 1990
  • Hübner, U., Early Arabs in Pre-Hellenistic Palestine in the Context of the Old Testament, in: U. Hübner / E.A. Knauf / R. Wenning (Hgg.), Nach Petra und ins Königreich der Nabatäer (FS M. Lindner) (BBB 118), Bodenheim 1998, 34-48
  • Knauf, E.A., Ismael (ADPV 7), Wiesbaden 2. Aufl. 1989

Abbildungsverzeichnis

  • Karte zur Lokalisierung der Ismaeliter. © Deutsche Bibelgesellschaft, Stuttgart

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