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(erstellt: Februar 2012)

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1. Der Begriff „Insel“

Der deutsche Begriff „Insel“ entspricht weitgehend dem hebräischen אִי ’ij. Es handelt sich um ein von Wasser umschlossenes Land (vgl. Jes 42,15). Vermutlich umfasst der Begriff sowohl die Insel als auch die Halbinsel. Viele Ausleger nehmen sogar an, dass das Wort auch die Küste bezeichnet (z.B. Jes 20,6; Ps 97,1).

Die „Inseln“ (Plural) stehen in poetischen Texten für weit entfernte, unzugängliche Gegenden, vor allem im Mittelmeerraum (anders vielleicht Est 10,1). Sie markieren als Orte, an denen sich das Festland in das Meer hinein verliert, das Ende des menschlichen Lebensraumes. Das wird unterstrichen durch die Kombination mit dem im fernen Westen gelegenen → Tarsis (Ps 72,10; Jes 60,9; Jes 66,19), durch den Parallelismus zu „Enden der Erde“ (Jes 41,5; Jes 42,10) oder einfach durch die Bezeichnung als „ferne Inseln“ (Jer 31,10).

Konkret genannt werden im Alten Testament die „Insel Kaftor“, die am ehesten → Kreta bezeichnen dürfte (Jer 47,4), die „Inseln der → Kittäer“, die wohl im Einflussbereich → Zyperns sind (Jer 2,10; Ez 27,6), die „Inseln Elischas“, die vermutlich ebenfalls im Gebiet Zyperns liegen (Ez 27,7), die „Inseln der Nationen“, die alle Inseln im griechischen Mittelmeerraum umfassen dürften (Gen 10,5, außerdem Zef 2,11), das Küstengebiet von → Asdod (Jes 20,6) und die phönizische Küste mit → Sidon und → Tyrus (Jes 23,2.6).

2. Metonymischer Gebrauch

In Jes 41,1 werden die „Inseln“ vom Propheten direkt angeredet, in Parallele stehen dabei die „Völker“. In Ps 97,1 werden die Inseln vom Psalmisten aufgefordert, sich zu freuen, wobei im vorhergehenden Kolon „die Erde“ als synonymer Begriff gebraucht wird. An solchen Stellen liegt metonymische Redeweise vor, insofern eigentlich an die Bewohner der Inseln gedacht sein dürfte. Ob der Plural „Inseln“ metonymisch sogar für den ganzen vom Wasser umgebenen Erdkreis, einschließlich der darauf lebenden Menschen, stehen kann, wie es Ruprecht (1998, 608) vertritt, erscheint dagegen eher fraglich.

3. Distribution des Begriffs

Auffällig ist, dass sich die Erwähnungen der Inseln im Alten Testament auf wenige, und zwar vorwiegend poetische Textbereiche konzentrieren: 30 der 36 Belege stehen bei Jesaja (vor allem Kapitel 40-42; → Deuterojesaja), → Jeremia und → Ezechiel (fast nur Kapitel 26-27), dazu kommen Gen 10,5; Est 10,1; Ps 72,10; Ps 97,1; Dan 11,18 und Zef 2,11. Das zeigt, dass die Inseln für die alten Israeliten weit jenseits der normalen Lebenswelt lagen. Wo sie im Rahmen der Rede über Gott genannt werden, soll der Eindruck erzeugt werden, dass Gottes Präsenz und Macht sich auch auf die fernsten Gebiete des menschlichen Lebensraumes erstreckt. Solche Aussagen erfolgten anscheinend nur in ganz spezifischen Zusammenhängen und in eher späten Texten.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Ruprecht, E., 1998, Wer sind die „Könige der Inseln“? Zur Semantik von אי, ZAW 110, 607-609

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