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(erstellt: April 2008)

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1. Zoologisches

Bei Hyänen werden zwei Familien mit mehreren Arten unterschieden: Zu den Hyaeninae gehören die Streifenhyäne (Hyaena hyaena; verbreitet in der Nordhälfte Afrikas; Westasien; Anatolien; Arabische Halbinsel; Indien), die Schabrackenhyäne (Hyaena brunnea; verbreitet im südlichen Afrika) und die Tüpfelhyäne (Crocuta crocuta; vorwiegend verbreitet in Ost- und Südafrika). Zur Familie der Protelinae gehört der Erdwolf (Proteles cristatus). Alle Hyänenarten sind vorwiegend nachtaktiv und leben in offenen Landschaften (Grasland, Busch, lichte Wälder) und bewohnen verlassene Bauten anderer Tiere, Höhlen oder Gebüsche. Sowohl die Schabracken- als auch die Streifenhyäne sind vorwiegend Aasfresserinnen. Die Tüpfelhyäne, die aufgrund der von ihr ausgestoßenen keckernden Laute auch als „lachende Hyäne“ gilt, betätigt sich auch als Jägerin, der Erdwolf wiederum ist ein Termitenfresser.

2. Das Image

Im alten Ägypten wurden Streifenhyänen auf zahlreichen Reliefs und Fresken abgebildet. Sie wurden wohl auch als Haustiere gehalten, ob sie als Jagdhunde dienten oder als Fleischlieferanten lässt sich allerdings nicht sagen.

In den meisten Kulturen sind die Hyänen negativ konnotiert. So auch in Europa: In Brehms Thierleben von 1876 wird die „Tüpfelhiäne“ als dumm, böswillig, feige, widerspenstig und wollüstig beschrieben. Sie klaut der Sage nach sogar kleine Kinder: „Ich habe die Tüpfelhiäne in den von mir durchreisten Gegenden überall nur als feiges Thier kennen gelernt, welches dem Menschen scheu aus dem Wege geht. Den Kopf trägt sie niedrig mit gebogenem Nacken; der Blick ist boshaft und scheu. … Unter sämmtlichen Raubthieren ist sie unzweifelhaft die mißgestaltetste, garstigste Erscheinung; zu dieser aber kommen nun noch die geistigen Eigenschaften, um das Thier verhaßt zu machen. Sie ist dümmer, böswilliger und roher als ihre gestreifte Verwandte, obwohl sie sich vermittels der Peitsche bald bis zu einem gewissen Grade zähmen lässt.“ (Internetausgabe).

3. Altes Testament

3.1. Begriffe

Ob der in seiner Bedeutung umstrittene Begriff צָבוּעַ ṣāvûa‘, wörtl. „der Farbige / Gefleckte“ (von צבע I „färben“) mit „Hyäne“ übersetzt werden muss, ist umstritten. Wenn die Hyäne gemeint ist, würde sich der Name auf die Zeichnung der Tiere beziehen, meint dann also am ehesten die Streifen- oder Tüpfelhyäne. Zwei Ortsnamen sind mit diesem Begriff gebildet: das Hyänental in 1Sam 13,18 (gê haṣṣəbo‘im) und Zeboim ṣəbo‘im in Neh 11,34 (vgl. Dtn 29,22).

Daneben werden hinter den Bezeichnungen איים ’ijjîm („Heuler“; Jes 13,22; Jes 34,14; Jer 50,39) und אחים ’ochîm (Jes 13,21) Hyänen vermutet.

Im griechischen Text Sir 13,18 (Lutherbibel: Sir 13,22) findet sich das griechische Wort für Hyäne hyaina, das wörtlich „Sau“ bedeutet (gebildet aus hys „Schwein“ und der Femininkennzeichnung -aina). Vielleicht spielt der Name auf eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Wildschwein an.

3.2. Verwendung

Auch im Alten Testament hat die Hyäne ein negatives Image – wenn sie an den in Frage kommenden Stellen tatsächlich gemeint ist.

3.2.1. צבוע Jer 12,9

Der Begriff צָבוּעַ ṣāvûa‘ ist lediglich in Jer 12,9 belegt. Ob es sich hier wirklich um die Hyäne handelt, wie die LXX übersetzt (vgl. Einheitsübersetzung), ist umstritten. Nach Weiser (ATD 2. Aufl. 1956, 112; vgl. Gesenius) handelt es sich um einen von Raubvögeln verfolgten kleinen bunten Vogel (ebenso Rudolph, 1968, 84; vgl. Elberfelder: „bunter Raubvogel“; Lutherbibel: „bunter Vogel“). Lamparter (1964, 130 Anm. 21) denkt an einen „fremden, bunten Vogel“, der als Beute- oder Lockvogel Raubvögel anlockt. Vielleicht ist aber eher die Streifenhyäne gemeint, die im verlassenen Bau (so LXX spēlaion) anderer Tiere wohnt (Riede, 2002, 173; Janowski, 1993, 160). Wie auch immer übersetzt wird, bleibt die drohende Aussage gleich, dass das „Erbteil“ Jahwes (Juda) sich gegen ihn gewendet hat und nun seinerseits preisgegeben werden soll.

3.2.2. איים Jes 13,22; Jes 34,14; Jer 50,39

In Jes 13,22; Jes 34,14 und Jer 50,39 findet sich der Begriff אִיּים ’ijjîm. Der onomatopoetische Charakter des Wortes könnte auf heulende Hyänen verweisen (Janowski / Neumann-Gorsolke, 1993, 281). Dass es sich um Hyänen oder → Schakale handelt, wird mit einer Ableitung des Wortes aus ägyptisch jw / jwjw gestützt (Riede, 2002, 188; Janowski, 1993, 160; HALAT 37; Janowski, 2. Aufl. 1999, 459). Gegen eine solche zoologische Einordnung spricht allerdings, dass אִיּים ’ijjîm sowohl in Jes 34,13f. als auch in Jer 50,39 parallel zu dem in seiner konkreten Bedeutung unklaren Begriff צִיִּים ṣijjîm steht, der wohl allgemein Wüstenwesen bezeichnet, aber keinen zoologisch eindeutigen Terminus darstellt ( → Dämonen). Demgegenüber parallelisiert Jes 13,21f. אִיּים ’ijjîm mit dem Wort תַּנִּים tannîm, das Schakale bezeichnet. Jedoch sollen hier die Parallelisierungen von Jes 34,13f. und Jer 50,39 bewusst aufgesprengt und neu zusammengeordnet werden, so dass die Parallelstellung mit Schakalen nicht als Hinweis auf die Bedeutung „Hyäne“ gewertet werden kann.

Sowohl Jes 34,13f. als auch Jer 50,39 parallelisieren die Begriffe אִיּים ’ijjîm und צִיִּים ṣijjîm (→ Dämonen). Jes 34,13-14 zählt als Bewohner der Trümmer Edoms neben אִיּים ’ijjîm und צִיִּים ṣijjîm folgende Wesen auf: → Schakal, → Strauß, → Bock und → Lilit. Nach Jer 50,39 lassen sich im zerstörten Babylon אִיּים ’ijjîm und צִיִּים ṣijjîm sowie → Strauße nieder. Nach Jes 13,21f. werden die Trümmer Babylons von צִיִּים ṣijjîm und אִיּים ’ijjîm sowie ’ochîm bevölkert, daneben finden sich die → Wüstentiere Schakal, Ziegenbock und Strauß. Nur in Jes 13,22 werden die אִיּים ’ijjîm mit dem Zusatz עָנָה ‘ānāh verbunden, das wohl von ענה ‘nh I „antworten“ oder IV „singen“ abzuleiten ist (Wortspiel mit Strauß בְּנוֹת יַעֲנָה bənôt ja‘ǎnāh?). Der Ausdruck korrespondiert mit Jes 34,14b, so dass in beiden Texten die unheimlichen Laute der nacheinander rufenden Wesen beschrieben werden. Es sind keine menschlichen Gesänge mehr zu hören, sondern nur noch das unheimliche Heulen und Klagen der Trümmerbewohner.

3.2.3. אחים Jes 13,21

Der Terminus אחים ’ochîm findet sich nur in Jes 13,21. Gemeinsam mit → Schakalen, Wüstlingen und Heulern (→ Dämonen), → Böcken und → Straußen lassen sich die ’ochîm im zerstörten Babylon häuslich nieder. Die Übersetzungen variieren zwischen „Schakal“ (Watts, 1985, 194) bzw. „Hyäne“ (Driver, 1955b, 134 [Anm. 9]), „Eule“ (Riede, 2003b, 328; HALAT 29) und „Dämon“ (Görg, 1992, 16-17). Vermutlich ist der Begriff als „Schallwort“ aufzufassen, das mit der Interjektion אָח ’āch (vgl. Ez 6,11) zusammenhängt. Er bezeichnet also ein Wesen, das klagende Laute von sich gibt (Riede, 2002, 199) und könnte sich eventuell auf die Hyäne beziehen. Der vermutlich bewusst unklar gewählte Begriff will wohl das Unheimliche der Szene unterstreichen.

3.2.4. Sir 13,18

Im griechischen Text Sir 13,18 (Lutherbibel: Sir 13,22) wird ein reicher Mensch mit der negativ konnotierten Hyäne (hyaina) verglichen, der arme dagegen mit einem → Hund. So wie die Hyäne Feind des Hundes ist, ist der Reiche dem Armen gegenüber feindlich eingestellt.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden 1999
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Cansdale, George, 1970, Animals of Bible Lands, Exeter
  • Driver, Godfrey Rolles, 1955, Birds in the Old Testament I: Birds in Law / Birds in the Old Testament II: Birds in Life, PEQ 87, 5-20.129-140
  • Fischer, Georg, 2005, Jeremia 1-25 (HThKAT 24,1), Freiburg / Basel / Wien
  • Frey-Anthes, Henrike, 2007, Unheilsmächte und Schutzgenien, Antiwesen und Grenzgänger. Vorstellungen von „Dämonen“ im alten Israel (OBO 227), Göttingen / Freiburg (Schweiz)
  • Görg, Manfred, 1992, „Dämonen“ statt „Eulen“ in Jes 13,21, BN 62, 16-17
  • Janowski, Bernd, 1993, Repräsentanten der gegenmenschlichen Welt. Ein Beitrag zur biblischen Dämonologie, I. Azazel – II. Bocksgeister / Satyre – III. Schakale – IV. Wüstendämonen, in: Trobisch, David (Hg.), In dubio pro deo. Heidelberger Resonanzen auf den 50. Geburtstag von Gerd Theißen am 24. April 1993, festgehalten von David Trobisch, Heidelberg, 154-163
  • Janowski, Bernd, 2. Aufl. 1999, Art. Jackals איים, in: Dictionary of Deities and Demons in the Bible, Leiden, 459
  • Janowski, Bernd / Neumann-Gorsolke, Ute, 1993, Motive und Materialien 9: Das Tier als Exponent dämonischer Mächte, in: Janowski, Bernd / Neumann-Gorsolke, Ute / Gleßmer, Uwe (Hg.), 1993, Gefährten und Feinde des Menschen. Das Tier in der Lebenswelt des alten Israel, Neukirchen-Vluyn, 278-282
  • Lamparter, Helmut, 1964, Prophet wider Willen. Der Prophet Jeremia (Die Botschaft des Alten Testaments 20), Stuttgart
  • Müller, Hans-Peter, „Der bunte Vogel“ von Jer 12,9, ZAW 79 (1967), 225-228
  • Riede, Peter, 2000, Im Netz des Jägers. Studien zur Feindmetaphorik der Individualpsalmen (WMANT 85), Neukirchen-Vluyn
  • Riede, Peter, 2001, Art. Schakal, in: NBL 3, 460.
  • Riede, Peter, 2002, Im Spiegel der Tiere. Studien zum Verhältnis von Mensch und Tier im alten Israel (OBO 187), Freiburg (Schweiz) / Göttingen
  • Riede, Peter, 2003a, „Ich bin ein Bruder der Schakale“ (Hi 30,29). Tiere als Exponenten der gegenmenschlichen Welt in der Bildsprache der Hiobdialoge, in: Lange, Armin / Lichtenberger, Hermann / Römheld, K.F. Diethard (Hg.), Die Dämonen. Die Dämonologie der israelitisch-jüdischen und frühchristlichen Literatur im Kontext ihrer Umwelt – Demons. The demonology of Israelite-Jewish and early Christian literature in context of their environment, Tübingen, 292-306
  • Riede, Peter, 2003b, Art. Eule, CBL 1, 328f.
  • Rudolph, Wilhelm, 1968, Jeremia (HAT 1/12), 3. Aufl. Tübingen
  • Watts, John D. W., 1985, Isaiah 1-33 (WBC 24), Dallas

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