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(erstellt: März 2010)

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1. Bezeichnungen

Der Hund heißt hebräisch כֶּלֶב kælæv und griechisch κύων kyōn. כֶּלֶב kælæv ist ein lautmalerisches Wort, das auf das „Kläffen“ der Tiere anspielt. Das hebräische אִי ’î (Luther: „wilder Hund“) in Jer 50,39; Jes 13,22; Jes 34,14 bezieht sich dagegen auf den → Schakal.

2. Verwendung und Wertung

Hunde gehören zu den ältesten Haustieren. Wahrscheinlich wurden sie seit dem 8. Jt. v. Chr. in Palästina domestiziert. Schon früh unterschied man verschiedene Rassen. Beliebt waren in Ägypten schlanke Jagdhunde (Salukis).

Das Bild des Hundes, das die biblischen Schriften entwerfen, ist ambivalent. Einerseits gab es – wie in Mesopotamien – Wach- (Jes 56,10) und Schäferhunde (Hi 30,1). Und in Tob 6,1; Tob 11,9 [Lutherbibel] wird ein Hund als Reisebegleiter erwähnt. Jagdhunde sind in den biblischen Schriften dagegen nicht erwähnt (vgl. aber Sinuhe, 90f), anders als in Assyrien, wo speziell abgerichtete Jagdhunde vorkamen, die die bereits vom Jäger getroffenen Tiere stellen und niederreißen sollten.

Hund 2

Andererseits werden v.a. die halbwilden Pariahunde, deren abendliches Heulen Furcht erregte (vgl. Ps 59,7.15), als äußerst verachtenswert angesehen. Unbelästigt von ihnen eine Stadt oder ein Gebiet zu passieren, war kaum möglich (Ex 11,17; Jdt 11,19 [Lutherbibel: Jdt 11,13]). Da sie schlecht gefüttert wurden, stürzten sie sich gierig (Jes 56,11) auf alles Essbare, ja sie kehrten sogar zu dem von ihnen Ausgespieenen zurück, um daran zu riechen oder davon zu essen (Spr 26,11; vgl. 2Petr 2,22). Sie leckten das Blut von Verwundeten oder Erschlagenen auf (1Kön 21,19; 1Kön 22,38; Ps 68,24), scheuten vor Leichen (1Kön 21,23f; 2Kön 9,36) und Aas (2Sam 22,30) nicht zurück und galten daher als unrein. Man mied diese häufig in Rudeln lebenden Tiere, die sich zum Teil mit → Hyänen und Wildhunden um die Beute stritten (Sir 13,18 [= Lutherbibel: Sir 13,22]), und hielt sie sich durch das Werfen von Erdbrocken oder mithilfe eines Stockes (vgl. 1Sam 17,43) vom Leibe. Andererseits hatte das Verhalten der Hunde auch eine positive Seite, da sie für die Reinhaltung der Siedlungen unentbehrlich waren.

Schlimmer noch als die Bestrafung mit dem Tod war es, wenn einem Menschen in einem Drohwort angekündigt wird, seine Leiche werde von Hunden fortgeschleift und geschändet (1Kön 14,11; 1Kön 16,4; 1Kön 21,23f; 2Kön 9,10.35f); denn in solchen Fällen war eine Bestattung nicht mehr möglich.

Hundeopfer sind in verschiedenen Kulten belegt, nicht aber in Israel. Wenn Jes 66,3 das Opfern von Schafen damit gleichsetzt, dass man einem Hund das Genick bricht, so zeigt sich hierin eine grundsätzliche Kritik an Opfern aller Art. Als „Hundegeld“ (Dtn 23,19) wird der Lohn für männliche Prostituierte (anders Schäfer-Lichtenberger) bezeichnet, die man vermutlich „Hunde“ nannte (vgl. Apk 22,15).

3. Metaphorik

Mehrfach werden Hunde in Bildworten genannt. So werden die Feinde des Beters mit Hunden verglichen, die diesen umringen (Ps 22,17.21; Ps 59,7.15f, vgl. dazu Riede 2009), ein Bild, das die unheimliche, aggressive, chaotische Mächtigkeit der Feinde aufzeigt, der der Beter hilflos ausgeliefert ist und angesichts derer er nur noch zu Gott um Hilfe flehen kann. Und wenn Hunde die Wunden des kranken Lazarus lecken (Lk 16,21), ohne dass er sich ihrer erwehren könnte, dann unterstreicht das seinen abstoßenden und elenden Zustand. Stummen, zugleich aber gierigen, nimmersatten Wachhunden gleicht andererseits die Führerschaft des Volkes in nachexilischer Zeit, die sich zwar um den Zustand des Volkes sorgen sollte, letztlich aber nur am eigenen Wohl interessiert ist (Jes 56,10f).

Auch Sprichworte gehen aus vom beobachtbaren Verhalten oder der üblichen negativen Wertung der Hunde: Wer sich in einen fremden Streit einmischt, gleicht einem Menschen, der einen fremden oder wilden Hund an den Ohren packt: Er läuft Gefahr, gebissen zu werden (Spr 26,17). Und der Tor, der seine dumme Rede wiederholt, gleicht dem Hund, der sein Erbrochenes wieder frißt (Spr 26,11). Das Sprichwort „ein lebender Hund ist besser als ein toter Löwe“ (Pred 9,4) setzt den verachteten Hund in Gegensatz zum Löwen, dem stolzesten Vertreter der Tierwelt, zeigt aber gleichzeitig den fragwürdigen Vorteil des Lebendigseins auf.

Das Wasserlecken wie ein Hund dagegen meint eine ungewöhnliche Art des Trinkens, die Ri 7,5 dazu dient, eine Auswahl unter den wehrfähigen Männern zu treffen. Die Reduzierung der Kämpfer auf 300 soll zeigen, dass Gott auch mit einer so kleinen Truppe das Midianiterheer schlagen kann (→ Midianiter).

4. „Hund“ als Selbst- und als Fremdbezeichnung im Hofzeremoniell

Wie in Briefen aus der Umwelt des Alten Testaments, z.B. aus der → Amarna-Korrespondenz, mehrfach belegt, konnten sich Untergebene gegenüber Höhergestellten als Hunde bezeichnen (2Kön 8,13; vgl. Riede, David und der Floh, 72ff). Diese Bezeichnung, die sich aus dem Verhalten des Tieres erklärt, das vor seinem Herrn kriecht, ging ein in die Sprache des Zeremonielles am königlichen Hofe, wo sie ebenso wie „Sklave / Knecht“ die Abhängigkeit des Untergebenen vom König und das Angewiesensein auf Gnade ausdrückte (2Sam 9,8). Eine Steigerung dieser (Selbst-)Bezeichnung stellt der Ausdruck „toter Hund“ dar (1Sam 24,15; 2Sam 16,9).

5. Neues Testament

Die Warnung Mt 7,6, das Heilige nicht den Hunden zu geben, ist in ihrem Ursprung und Sinn rätselhaft. In Mt 15,26f (vgl. Mk 7,27) bezeichnet das griechische κυνάριον kynarion den geschätzten Haushund, den man – anders als die herumstreunenden Hunde – selbstverständlich mit Tischabfällen fütterte. Das Bildwort drückt bezogen auf die Verkündigung des Evangeliums den Vorrang der Juden vor den Heiden aus. Dagegen nennt Paulus in Phil 3,2 judenchristliche Gegner der Gemeinde in Philippi abschätzig „Hunde“.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

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Abbildungsverzeichnis

  • Aufbruch zur Jagd mit Jagdhunden und Netzen (Relief; Ninive, Nord-Palast Assurbanipals, 7. Jh. v. Chr.). Mit Dank an © The Trustees of the British Museum
  • Ägyptische Jagdhunde (Grab des Rechmire in Theben-West, ca. 1450 v. Chr.). Aus: O. Keel / M. Küchler / C. Uehlinger, Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land, Bd. 1, Zürich u.a. 1984, 107 Abb. 45; © Stiftung BIBEL+ORIENT, Freiburg / Schweiz

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