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Homosexualität (AT)

(erstellt: Oktober 2021)

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1. Einleitung

Der Begriff „Homosexualität“ wurde 1869 durch Karl Maria Kertbeny (vor 1847: Karl Maria Benkert) geprägt. Für diesen Begriff – ebenso wie für „Sexualität“, „sexuelle Orientierung“, „sexuelle Identität“ oder andere Termini aus diesem Wortfeld – gab es davor in keiner Sprache Äquivalente. Eine direkte Anwendung des Begriffs Homosexualität auf Texte der Bibel ist insofern ein Anachronismus. Eine weitere Schwierigkeit ergibt sich dadurch, dass das humanwissenschaftliche Wissen über dieses Thema (bzw. die Frage der sexuellen Orientierung des Menschen) in den letzten Jahrzehnten (Ende 20. Jh., Anfang 21. Jh.) erhebliche Veränderungen erfahren hat. Nach heutigem Stand ist Homosexualität eine Normvariante menschlichen Verhaltens im sexuellen wie im partnerschaftlichen Bereich. Die gleichgeschlechtliche sexuelle Ausrichtung wird im Laufe der Persönlichkeitsentwicklung vom Individuum entdeckt und bedarf wie jede andere sexuelle Ausrichtung auch der Integration in ein stimmiges Lebenskonzept. Zur Homosexualität im heutigen Verständnis gehören somit – wie bei Heterosexualität auch – Fragen der Partnerschaft, der Verantwortung für die/den Andere/n und für die Gemeinschaft (Familie, Gruppe, Gesellschaft), der Verlässlichkeit, der Emotionalität, der Rücksichtnahme und vieles mehr. Wird dagegen der Begriff „Homosexualität“ auf den bloßen gleichgeschlechtlichen Akt unter Männern reduziert, wird das Wort bewusst in Anführungszeichen gesetzt und sollte eigentlich nicht verwendet werden, vielmehr sollte man von genitalem Analverkehr unter Männern sprechen. Für diesen bzw. für dessen Verbot kann es viele Gründe geben (vgl. Nissinen 1998, 1-17; zu den humanwissenschaftlichen Erkenntnissen vgl. Bosinski in Goertz 2015, 91-130; zu Hermeneutik und Hintergrund vgl. auch Leuenberger, 206-208).

2. Das Umfeld Israels

Die gesamte Antike kannte weder dem Begriff noch der Sache nach Homosexualität als ein Sexualität und Identität integrierendes Persönlichkeitskonzept für gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe. Sexuelle Akte wurden nach ihrer sozialen Dimension, nicht nach der Handlung an sich beurteilt. Die Penetration als gleichgeschlechtlicher genitaler Analverkehr zwischen Männern wurde insofern nicht als Ausdruck einer Liebesbeziehung angesehen, sondern als eine bisweilen mit Gewalt verbundene Machtdemonstration des „überlegenen“ penetrierenden Mannes gegenüber dem „unterlegenen“, die geschlechterstereotype Rolle der Frau einnehmenden penetrierten Mannes. Die festen Rollenerwartungen bezüglich der „sozialen“ Geschlechter, was also die „natürliche Rolle“ des Mannes bzw. der Frau sei, bestimmen die Sichtweise der Antike auf das Phänomen → Sexualität.

2.1. Griechenland

Das antike Griechenland kannte eine besondere Form gleichgeschlechtlicher Liebe unter Männern, die gesellschaftlich anerkannt war: die umfassende freundschaftliche, erotische und sexuelle Handlungen einschließende Liebe zwischen einem erwachsenen „Liebhaber“ (erastēs) und einem heranwachsenden „Geliebten“ in der Pubertät (erōmenos). Diese vor allem in Athen und Sparta, aber auch auf Kreta auftretende „Knabenliebe“ (paiderastia) entsprach ähnlichen Beziehungen in der griechischen Götterwelt (Mythologie: Zeus und Ganymed, Herakles und Iolaos) und diente der Initiation in die Männerwelt des Krieges und der Politik. Der ältere Part galt als Vorbild und Lehrer, der jüngere bedankte sich in Form von Zuneigung und (auch sexueller) Dienstbereitschaft. Bei Platon wird diese Form der Liebe spiritualisiert und zum Idealfall menschlicher Beziehungen stilisiert, wobei dann die konkreten sexuellen Handlungen wegfielen (sublimiert wurden). Es konnte sich aus solchen Beziehungen eine lebenslange Männerfreundschaft entwickeln. In der Regel heirateten die heranwachsenden Männer standesgemäße Frauen, um Nachkommenschaft zu zeugen. Insofern geht es hier nicht um Homosexualität im heute verstandenen Sinne als Lebenskonzept, sondern um ein institutionalisiertes bisexuelles Verhalten mit sozialer, pädagogischer und ethischer Zielsetzung. Dies ist vor dem Hintergrund zu verstehen, dass im antiken Griechenland die Welt der Männer und der Frauen strikt geschieden war; Beziehungen zu Frauen dienten zur Fortführung der Familie oder zum Ausleben heterosexueller Lust (reiche Männer konnten Hetären und Konkubinen finanzieren). Echte spirituelle freundschaftliche Liebe, so nahm man an, könne es nur zwischen Gleichgestellten, also freien Männern geben. Die paiderastia war keine Beziehung zwischen gleichberechtigten Partnern zur gegenseitigen Befriedigung: Sexuelle Freude war dem aktiven Teil, dem älteren erastēs, vorbehalten, der jüngere Teil sollte lernen, sich zurückzuhalten und dienstbar zu sein, einen Gefallen zu tun – er sollte nicht die Rolle einer „Frau“ übernehmen. Daher wurde Analverkehr vermieden und stattdessen der „Schenkelverkehr“ praktiziert; das eigentliche Ideal war aber die Enthaltsamkeit. Man sprach auch nicht über die sexuelle Komponente. Keinesfalls durfte eine finanzielle Belohnung erfolgen; vielmehr bestand der Anteil des Jüngeren darin, sozial abgesichert zu sein und das vom Erwachsenen erwartete Verhalten u.a.m. zu lernen. Es ist festzuhalten, dass paiderastia keineswegs überall akzeptiert und praktiziert wurde, auch dürften Ideal (in den schriftlichen und bildlichen Quellen bezeugt) und Wirklichkeit sich nicht immer gedeckt haben (s. dazu Nissinen 1998, 57-69 mit Belegen).

Homoerotische Beziehungen unter Frauen hat es sicher gegeben, doch sind sie in den (allermeist von Männern geschriebenen) Quellen nicht thematisiert. Nur in den Gedichten der Poetin Sappho (7./6. Jh. v. Chr., Lesbos) sind Spuren homoerotischer Liebe zwischen Frauen zu finden. Da das Thema mit einem gesellschaftlichen Tabu belegt war, ist die Quellenlage sehr dürftig und eine adäquate Rekonstruktion der Verhältnisse, Auffassungen und Praktiken nicht möglich. In späterer römischer Literatur wird lesbische Liebe verurteilt oder verspottet, da sie (v.a. von Männern) als unheimlich oder unnormal angesehen wurde (Belege bei Nissinen 1998, 74-79).

Ein Beispiel ist Martials Epigramm 7,67 (Text gr. und lat. Autoren), in dem er Philaenis als „Tribade“ (ein abwertender Begriff für weibliche homoerotische Praktiken) porträtiert: „Knaben schändet Philänis, die Tribade, / Und von wilderer Lust entflammt, als Männer, / Schlingt elf Mädchen sie auf an einem Tage.“ Philaenis betreibt u.a. den Männersport des Ringens und des unmäßigen Weintrinkens. Das Epigramm endet mit der Beschreibung der sexuellen Praxis, dass sie „verschlinget der Mädchen Mitte völlig“. Was damit gemeint ist, zeigt die letzte Zeile explizit über Philaenis: „Der als männlich es gilt, die Scham zu lecken“ (Übersetzung: Berg 1865, 255-256). Martial durchkreuzt hier pornographisch-voyeuristisch die konventionellen Erwartungshaltungen zu „männlich“ und „weiblich“ seines (männlichen?) Publikums, um Aufmerksamkeit und mehr zu wecken. Bei Martial wie bei aller von Männern dazu geschriebener Literatur gilt weibliche Homoerotik, bei der mindestens ein Part den aktiven, also „männlichen“ Teil übernimmt, als „grave transgression of established gender role boundaries“ (Nissinen 1998, 79).

In der Antike war „Männlichkeit“ (einschließlich der Selbstkontrolle und des adäquaten Gebrauchs des Genusses) ein hohes moralisches Gut, das nicht durch Geburt, sondern durch Lernen und entsprechendes Verhalten erworben wurde und auch wieder verloren gehen konnte. Homoerotische Beziehungen waren daher eine heikle Sache, wurden nicht einfach toleriert, sondern waren einem strengen Moral- und Ehren-Kodex unterworfen, wurden auch kritisiert (z.B. schon von Aristoteles) und aufgrund missbräuchlicher Praktiken (Prostitution, Gewalt) schließlich verpönt. Insgesamt tendiert die Quellenlage dazu, dass in der griechisch-römischen Welt um die Zeitenwende sexuelle Akte unter Männern negativ konnotiert waren; das moralische Problem bestand vor allem darin, dass der passive Partner als „verweiblicht“ angesehen wurde und seine „Männlichkeit“ verkauft habe (Details bei Nissinen 1998, 79-88). Diese Form der Ablehnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen unter Männern beruht letztlich auf einem negativen Frauenbild, das Frauen nur als Objekte sexueller Lust oder Mittel zur Fortpflanzung sah, nicht aber als gleichberechtigte Partner auf Augenhöhe.

2.2. Alter Orient

2.2.1. Kleinasien

Aus dem hethitischen Kulturkreis (2. Jt. v. Chr.) könnten zwei Belege in Betracht gezogen werden.

(1) Anniwiyani ist Autorin zweier Ritualtexte auf einer Tafel (Catalog der Texte der Hethiter [CTH] 393) und beschreibt ein Ritual für den Fall, dass ein Mann den passiven Part in einer homoerotischen sexuellen Begegnung „erlitten“ hatte. Damit sollte die „Männlichkeit“ des penetrierten Mannes wiederhergestellt und die Fruchtbarkeit (insbesondere das Zeugen von männlichem Nachwuchs) sichergestellt werden. Wenn die Interpretation des Ritus so richtig ist, dann ist männlicher Analverkehr kein homosexueller Akt im heutigen Verständnis, sondern ein Vorgang mit dem Ziel, den penetrierten Mann als „unterlegen“ zu demütigen. Wenn seine Gemeinschaft davon erfährt, ist eine Satisfaktionsleistung mittels des genannten Rituals nötig, um den ursprünglichen sozialen Status des Mannes wiederherzustellen und die Gemeinschaft von diesem „Angriff“ zu reinigen. Die Hethiterinnen und Hethiter äußern sich zu gleichgeschlechtlichem Verkehr nicht in Rechtstexten und sehen nur die Notwendigkeit, für ein solches „unnormales Verhalten“ einen Reinigungsritus (für den penetrierten Mann) zu etablieren (Peled, 76-77). Die Passivität des penetrierten Mannes läuft seiner sozialen Rolle als aktiver Krieger zuwider: Er handelt wie eine Frau, die im Krieg zu Hause bleibt, während der aktiv penetrierende Mann das tut, was man von einem Krieger erwartet. Es geht somit zuerst um einen sozialen Rollenkonflikt.

(2) Das Ritual der Paskuwatti (Catalog der Texte der Hethiter [CTH] 406) zielt auf eine Art „Heilung“ der passiven Neigung des „Patienten“, gleichgeschlechtliche sexuelle Akte an sich zuzulassen. Der Vorgang, durch männliche Penetration in die Rolle der „Frau“ getreten zu sein, müsse rückgängig gemacht werden, damit der Betroffene wieder als aktiv-aggressiver, dominanter Mann gelten könne. Neben der „gestörten“ sozialen Rollenverteilung liegt ein weiterer Hauptgrund dafür, warum gleichgeschlechtliches Sexualverhalten tabuisiert wird und „geheilt“ werden muss, darin, dass es keine Nachkommenschaft hervorbringt (Miller, 85-87). Diese Deutung des Ritualtextes ist nur ein Vorschlag; eine größere Gewissheit über die gesellschaftlichen Hintergründe kann nicht erreicht werden.

2.2.2. Mesopotamien

In der mesopotamischen Literatur diskutiert die Forschung die Beziehung zwischen → Gilgamesch und Enkidu: Ist es eine „homosexuelle“ Beziehung oder das Idealbild einer intensiven „Männerfreundschaft“ (Cooper, 73-85; Nissinen 1998, 20-24)? Insgesamt scheint gleichgeschlechtlicher Sexualverkehr kein wirkliches Thema oder Problem in Mesopotamien gewesen zu sein. Unter den mesopotamischen Omen-Texten aus dem 1. Jt. v. Chr., šumma ālu genannt, finden sich auf den Tafeln 103 und 104 Omina, die sich mit menschlicher Sexualität befassen (→ Divination [Alter Orient]). Im Vordersatz (Protasis) beschreiben sie jeweils ein bestimmtes Verhalten, im Nachsatz (Apodosis) ein folgendes Ergehen. Dabei geht es um eine „Naturbeobachtung“, aus der man Hinweise auf die Zukunft erhoffte. Ein Omen lautet: „Wenn ein Mann analen Geschlechtsverkehr mit einem ihm Gleichgestellten hat – dieser Mann wird zum Vornehmsten unter seinen Brüdern und Gefährten“ (Guinan, 189). Die Paradoxität ist typisch: Der, der den Gleichgestellten von hinten penetriert, wird in der sozialen Ordnung nach vorne gestellt. Gleichgeschlechtlicher Verkehr unter Männern auf der gleichen sozialen Ebene wird als Zeichen besonderer Durchsetzungskraft gesehen (Cooper, 82).

In den Mittelassyrischen Gesetzen gibt es zwei Vorschriften (MAL A 19 und MAL A 20), die sich mit gleichgeschlechtlichem Verkehr unter (sozial gleichgestellten!) Männern befassen, jedoch geht es in 19 um eine falsche Anschuldigung (ein Partner wird fälschlich als „Prostituierter“ beschimpft), in 20 um Vergewaltigung. Das Problem besteht hier ebenso wie im griechischen Denken dieser Zeit darin, dass nur eine bestimmte Art des gleichgeschlechtlichen Verkehrs unter Männern inkriminiert wird: Während aktiver „homosexueller“ Analverkehr mit männlichen Prostituierten oder Sklaven kein Problem darstellte, ächtete die Gesellschaft den Fall, wenn ein Mann einen ihm gleichgestellten Bürger gegen dessen Einverständnis (!) aktiv anal penetrierte und damit bewusst einen Akt der Demütigung setzte (Nissinen 1998, 25-27). Damit wird das komplexe soziale Gefüge der Gesellschaft in ihren wechselseitigen Beziehungen gefährdet. Wer diesen Akt wiederum passiv ohne Widerstand an sich geschehen ließ, gab damit seine Bürgerrechte auf (Cooper, 84; Nissinen 1998, 57-69; → Homosexualität [NT], 3.2.).

Mit Homosexualität im heutigen Sinne hat das alles nichts zu tun. Als wichtigstes Ergebnis seiner Studien hält M. Nissinen fest, dass es keinen Sinn mache, angebliche Spuren von Homosexualität in der antiken Literatur herauszupressen, um herauszufinden, wie das moderne Konzept der Homosexualität in Texten funktioniert, deren Autoren das ganze Konzept unbekannt war (Nissinen 2010, 76; zu einem ikonographischen Beleg aus Mesopotamien vgl. Leuenberger, 209-212).

2.3. Ägypten

Nur wenige textliche Quellen aus dem pharaonischen Ägypten bezeugen gleichgeschlechtliche sexuelle Handlungen von Männern (zum Folgenden s. v.a. Klug in Hieke 2015, 28-34). Eine einschlägige Episode aus dem Machtkampf der Götter → Horus und → Seth um die Thronnachfolge des → Osiris erzählt, wie Seth den jungen Horus penetriert und dieser wiederum mit Hilfe der Magie seiner Mutter → Isis seinen Samen in Seth platziert (s. Papyrus Chester Beatty I, ca. 1140 v. Chr., Junge 1995, 930-950). Eine ältere Variante dazu findet sich im Papyrus Kahun VI, ca. 1800 v. Chr. (Röpke, 239-290; Parkinson, 70-71). Im frühesten Beleg aus den → Pyramidentexten, PT 1036, ca. 2300 v. Chr., ist von einer wechselseitigen Penetration, die jeweils Abscheu erregt, die Rede (Röpke, 262-264; Parkinson, 65). In diesem Mythos geht es somit stets um Macht und Männlichkeit, nicht um gleichgeschlechtliche Liebe.

Sehr fragmentarisch erhalten ist die literarische Darstellung der Liebesaffäre zwischen dem König Neferkare und seinem General Sasenet (Papyrus Chassinat I, um 700 v. Chr.; Kammerzell, 965-969), die sich beide heimlich des Nachts treffen. Textlich nicht überliefert sind Hintergründe und Bewertung des Geschehens. Die Heimlichkeiten könnten darauf abzielen, den König zu diskreditieren (Parkinson, 72-73); auch könnte der Text eine Parodie auf die nächtliche Vereinigung des Sonnengottes Re (König) mit dem Totengott Osiris (General) in der Unterwelt sein (van Dijk, 387-393).

Im negativen Sündenbekenntnis des ägyptischen → Totenbuchs (um 1500 v. Chr.) betont der Verstorbene vor dem Totengericht, was er alles an schlechten Taten nicht begangen habe. Ein Satz bezieht sich auf die Penetration von „Buhlknaben“ (?) (Tb 125b), ein Verhalten, das somit nicht dem Ideal des Lebens nach der Weltordnung (→ Maat) entspricht (Parkinson, 61-62). Eine nicht leicht einzuordnende Wendung in den älteren → Sargtexten lautet: „Atem has no power over N. / N. nks his backside (‘rt)“ (Spruch 635; CT VI, 258f-g; um 2000 v. Chr.; Parkinson, 64). Vielleicht geht es hier um eine anale Penetration als Machtdemonstration, jedenfalls nicht um gleichgeschlechtliche Liebe.

Eine Wendung in der 32. Maxime der Lehre des Ptahhotep (um 2000 v. Chr.) wird bisweilen als grundsätzliche Ablehnung einer homosexuellen Beziehung gedeutet (Parkinson, 68). Nach neuerer Sicht könnte die Maxime aber darauf zielen, in jedweder sexuellen Beziehung Empathie walten zu lassen und es zu respektieren bzw. sich zurückzunehmen, wenn das Gegenüber nonverbal signalisiert, dass es mit dem Geschlechtsverkehr emotional nicht einverstanden ist (Junge 2003, 62).

Aus den Rechtstexten ist eine Klage gegen einen Mann belegt, der einen anderen Mann „geschändet“ habe (Papyrus Turin 1887, ca. 1140 v. Chr., Parkinson, 66). Weitere Rechtstexte, die man dem Thema „Homosexualität“ zurechnen könnte, sind nicht überliefert. Auch fehlen Quellen zur weiblichen „Homosexualität“. Ein ikonographischer Beleg einer engen Männerbeziehung ist die intime Umarmung von Nianchchnum und Chnumhotep (ca. 2400 v. Chr.; vgl. Abb. 1). Da jedoch ihre Ehefrauen bezeugt sind, deutet die Körperhaltung der Männer vielleicht an, dass sie Zwillinge waren (Parkinson, 62; Büma / Fitzenreiter, 19-42). Zur Diskussion weiterer Quellen und Belege sei auf die Literatur verwiesen (Parkinson; Amenta, 7-21; Schukraft, 297-331).

Angesichts der Fülle von Bildern und Texten aus dem alten Ägypten befassen sich auffällig wenige Quellen mit dem Thema „Homosexualität“, und sie meinen damit auch nicht das heutige Phänomen. Vielmehr geht es um gleichgeschlechtlichen Genitalverkehr unter männlich konnotierten Wesen (Götter wie Menschen), allermeist zur Unterdrückung der unterlegenen Figur. Eine allgemeine Bewertung gleichgeschlechtlicher Beziehungen ergibt sich daraus nicht.

3. Die Verbote in Lev 18,22 und 20,13

3.1. Hinführung: keine Sexualmoral

Homosexualität im heutigen Verständnis ist in der Hebräischen Bibel als Dokument aus der Antike kein explizites Konzept. Die biblische und außerbiblische Quellenlage erlaubt kaum Rückschlüsse auf das Phänomen gleichgeschlechtlichen Sexualverhaltens im alten Israel (Nissinen 1998, 37; Himbaza / Schenker / Edart, 5). Gleichgeschlechtlicher Analverkehr unter Männern wird nur an zwei Stellen im gleichen Kontext des Buches Levitikus, näherhin des → Heiligkeitsgesetzes, angesprochen (Leuenberger, 223-224). Die Vorschriften in Levitikus 18 und Levitikus 20 behandeln kein umfassendes Konzept der sexuellen Orientierung von Menschen und reflektieren keine Sexualmoral. Vielmehr ächten sie unter bestimmten geschichtlichen, sozialen und kulturellen Verhältnissen einzelne Akte. Teilweise werden sie mit Sanktionen versehen, deren Durchführbarkeit möglicherweise bewusst im Dunkeln bleibt. Nähere Begründungen werden nicht explizit gegeben, sind aber aus der Anordnung der Bestimmungen und damit aus dem Kontext zu erschließen (Hieke 2014, 645-697, 770-813; Römer, 214-218).

3.2. Grundsatzbestimmung: Lev 18,22

Lev 18,22 lautet: „Und bei einem Mann sollst du nicht liegen, wie man bei einer Frau liegt. Es wäre ein Gräuel“ (zur Kommentierung s. Hieke 2014, 688-690). Zur Interpretation der Formulierung von Lev 18,22 gibt es eine breite Diskussion (s. Leuenberger, 227, mit weiteren Hinweisen).

Diskutiert wird vor allem die Wendung מׅשְׁכְּבֵי אׅשָּׁה miškəvê ’iššāh, die oben mit „wie man bei einer Frau liegt“ übersetzt ist. So meinen einige, das Verbot sei nur auf den „empfangenden“ Teilnehmer und nicht auf den penetrierenden Part bezogen (Walsh, 201-209; Hollenback, 529-537). – Andere nehmen an, das Verbot beziehe sich nur auf gleichgeschlechtliche Sexualakte unter blutsverwandten Männern (Milgrom, 1569; vgl. auch Dershowitz, 510-520, der ein generelles Verbot gleichgeschlechtlicher Akte unter Männern erst einer späteren Redaktionsschicht zuweist). – Nach einem weiteren Vorschlag sei die Wendung miškəvê ’iššāh in Lev 18,22 als der „sexuelle Zuständigkeitsbereich einer Frau“ zu verstehen, so dass daraus zu schließen sei, dass sich das Verbot auf Männer beziehe, die zum Zuständigkeitsbereich einer Frau gehören (also v.a. verheiratete Männer): „Sex with married men, therefore, would be forbidden as well as sex with any males who are under the guardianship of a woman within the community“ (Wells, 158). Auch nach dieser Interpretation hat Lev 18,22 nichts mit dem heutigen Konzept von Homosexualität zu tun. – Töyräänvuori, 236-267, macht den Vorschlag, dass sich das Verbot und die Wendung miškəvê ’iššāh darauf beziehen, dass zwei Männer gleichzeitig das Lager einer Frau aufsuchen (also eine ménage à trois). Da in diesem Fall nicht sicher gesagt werden könne, wer der Vater des eventuellen Kindes sei, sei diese Form einer „Dreierbeziehung“ verboten, da sie erbrechtliche Konflikte hervorrufe (→ Erbe / Erbrecht). Auch wenn diese Argumentation schlüssig und plausibel ist, so besteht doch das Problem, dass „Dreierbeziehungen“ ohnehin schon durch das Verbot, mit der Frau seines Mitbürgers Geschlechtsverkehr zu haben (Lev 18,20), ausgeschlossen sind. Selbst wenn alle drei (zwei Männer und eine Frau) unverheiratet wären, wären doch die Frau und derjenige Mann, mit dem sie zuerst vaginal verkehrt hat, in diesem Moment „verheiratet“ und der folgende Akt mit dem anderen Mann verboten. – Die Versuche, Lev 18,22 anders denn als Verbot eines gleichgeschlechtlichen Aktes unter Männern zu verstehen, sind wichtig, um alle möglichen Bedeutungen auszuloten; das Problem daran ist nur, dass sie häufig sehr komplexe Argumentationen und Annahmen benötigen.

Nach Abwägen vieler Möglichkeiten erscheint die Annahme am plausibelsten, dass hier gleichgeschlechtlicher Analverkehr unter Männern mit Samenerguss des penetrierenden Mannes umschrieben wird (so auch Leuenberger, 227), wobei einer der Partner die (im doppelten Wortsinne!) „unterlegene“ Rolle der Frau einnimmt, das heißt, auch diese Ausdrucksweise folgt den „klassischen“ Gender-Rollenstereotypen, bei denen die männliche Rolle als aktiv, die weibliche als passiv gilt. Im Grunde wurde der Akt verurteilt, nicht das gleichgeschlechtliche Begehren, dessen Existenz nicht reflektiert wurde (vgl. Nissinen 1998, 44). Eine kategorische Ablehnung gleichgeschlechtlicher männlicher Geschlechtsakte ist vor dem skizzierten altorientalischen Hintergrund außergewöhnlich und neu (Milgrom, 1566). Möglicherweise geht sie auf persischen Einfluss (Avesta) zurück (Dershowitz, 523-525; Römer, 217). Allerdings wirkt die Ablehnung nur dann „kategorisch“, wenn der Satz Lev 18,22 aus seinem Kontext gelöst wird. Eine Vernachlässigung des literarischen Zusammenhangs ist aber aus allgemeinen bibelhermeneutischen Grundsätzen heraus nicht möglich und für das angemessene literarische Verstehen des Textes abträglich. Der Kontext liefert den Schlüssel für das Verstehen und damit die Geltungsbreite des Verbots von Lev 18,22.

Im Vers davor (Lev 18,21) geht es um das Verbot, einen von den eigenen Nachkommen „für den Molech hinübergehen zu lassen“. Die rätselhafte Wendung wird meist als Verbot kultischer Kinderopfer (→ Menschenopfer) gelesen. Dem Kontext und der sozialgeschichtlichen Situation der Nachexilszeit (Perserherrschaft in Juda / Jerusalem) als Entstehungshorizont des Textes angemessener erscheint eine Alternative: Das „Molech“-Verbot ist eine Chiffre für das Verbot, eigene Kinder für die fremde Besatzungsmacht (den persischen König, hebr. melekh) zur Verfügung zu stellen. Damit wird von den priesterlichen Verfassern des Levitikus-Textes eine Form der lukrativen Kollaboration mit den Besatzern verboten, die aus Sicht der Autoren den Verlust eines jungen Mitglieds der eigenen Religionsgemeinschaft zur Folge hatte: Wer sein Kind „für den Moloch hinübergehen ließ“, also den persischen Beamten zur Verfügung stellte, gab es preis, so dass es die fremde Religion lernte und annahm und damit für die eigene Gruppe verloren war (Hieke 2014, 679-688; Hieke 2011, 147-167). Im folgenden Vers (Lev 18,23) wird Geschlechtsverkehr mit Tieren verboten (Männern und Frauen).

Der gemeinsame Nenner der drei Verse Lev 18,21-23 besteht darin, den Verlust von Nachkommenschaft für die eigene Religionsgemeinschaft zu verhindern, sei es durch Kinderopfer (weniger wahrscheinlich) oder durch Übergabe von Kindern an die fremde Besatzungsmacht (wahrscheinlicher), sei es durch (ausschließlich) gleichgeschlechtlichen Analverkehr unter Männern, sei es durch (ausschließlichen) Geschlechtsverkehr mit Tieren. Hinzu kommt noch im gleichen Sinne das Verbot, mit einer menstruierenden Frau Geschlechtsverkehr zu haben (Lev 18,19); auch hier kommt es nicht zur Fortpflanzung. Ziel der Verbote ist eine Stärkung der eigenen Gemeinschaft durch möglichst große Nachkommenschaft (→ Nachkommen). Für die sehr kleine Gemeinschaft der JHWH-Gläubigen in Jerusalem und der persischen Provinz Jehud war dies in der geschichtlichen Epoche, in der diese Texte entstanden sind, eine Überlebensfrage. Für jemanden, der sich der Reproduktion entzog und keine Nachkommen zeugte und großzog, war da kein Platz. Im Gesamtkontext des Kapitels sowie in der speziellen sozialgeschichtlichen Situation zur Entstehungszeit ergaben diese Verse einen plausiblen Sinn. Zur Steigerung der Stabilität des Gemeinwesens spricht die Bibel in einer als komplex erfahrenen Welt klare Verbote aus (Himbaza / Schenker / Edart, 134-135). Weder sollen durch eine ungeordnete sexuelle Betätigung zwischen Männern Spannungen aufkommen (Caron, 34), noch soll die männliche Sexualität unfruchtbar sein (Himbaza / Schenker / Edart, 69-71). Eine unmittelbare Übertragung in heutige Lebensverhältnisse im wörtlichen Sinne ist nicht möglich (Sklar). Damit ist auch eine kategorische Ächtung homosexueller Praktiken oder gar Neigungen mit diesem Bibelvers (und seinem Pendant in Lev 20,13, s.u.) nicht möglich (Hieke 2014, 690).

In Lev 18,22 wird der gleichgeschlechtliche Analverkehr als „Gräuel“ bezeichnet. Damit werden innerbiblisch (→ Deuteronomium, → Buch der Sprichwörter) die Verehrung fremder Götter, → Magie, der Gebrauch falscher → Gewichte und ähnliche soziale und kultische Vergehen verurteilt (vgl. Dtn 7,25-26; Dtn 12,31; Dtn 14,3; Dtn 17,1.4; Dtn 18,9; Dtn 20,18; Dtn 22,5; Dtn 25,13-16; Dtn 27,15; Dtn 32,16). Dieses Verhalten löst Gottes Zorn aus und ist deshalb zu unterlassen. Damit ist keine menschliche Gerichtsinstanz im Blick, denn es bleibt Gott überlassen, wie er seinen Zorn umsetzt (Caron, 36). Allein diese Nuance des Textes macht deutlich, dass man mit der Bibel keinesfalls eine strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen rechtfertigen kann.

3.3. Strafbestimmung: Lev 20,13

In Lev 20 werden fast alle Verbote aus Lev 18 – die meisten davon betreffen inzestuöse sexuelle Verbindungen – mit Strafen verbunden. Lev 20,13 greift Lev 18,22 auf: „Und ein Mann, der bei einem Mann liegt, wie man bei einer Frau liegt – ein Gräuel haben die beiden begangen. Sie werden gewiss getötet werden. Ihr Blut ist auf ihnen.“ Dabei darf die Wendung „sie werden gewiss getötet werden“ nicht einfach mit einer „Todesstrafe“ gleichgesetzt werden (Hieke 2004, 349-374). Von der Begrifflichkeit in Lev 18,22 („Gräuel“) her ist an eine Gottesstrafe zu denken, nicht an eine menschliche Gerichtsbarkeit (Leuenberger, 226). Eine Untersuchung der hebräischen Wendung מוׄת יוּמַת môt jûmat, die mit „er wird gewiss getötet werden“ zu übersetzen ist (und auch im Plural vorkommt), hat ergeben, dass für alle Belege nie von einer Todesstrafe im heutigen Sinn ausgegangen werden kann. Liegt der Fall einer Tötung eines Menschen durch einen Menschen vor (Totschlag oder Mord), so greift das Rechtsinstitut der → Blutrache: Der nächste Verwandte des Erschlagenen oder Ermordeten muss den Totschläger oder Mörder töten. Er bleibt dann selbst straffrei, da das Blut des getöteten Täters auf diesem selbst liegt (und keine Sühne mehr erfordert), während das vergossene Blut des Opfers gesühnt ist (→ Sühne). In allen anderen Fällen drückt die Wendung keine strafrechtliche Bestimmung aus, sondern ist auf der Ebene der → Paränese, der dringenden Ermahnung, angesiedelt (s. auch Nissinen 1998, 37). Hinter dem Passiv steckt Gott selbst (passivum divinum). Im Sinne einer Gottesstrafe wird Gott selbst den oder die Täter zur Rechenschaft ziehen und für dessen oder deren Tod sorgen – wodurch auch immer (z.B. durch ausbleibende Nachkommenschaft). Auch im Fall von Lev 20,13 handelt es sich um eine dringende Mahnung, nicht um eine Strafrechtsbestimmung (Himbaza / Schenker / Edart, 63; Leuenberger, 226).

3.4. Hermeneutische Überlegungen zu Lev 18,22 und Lev 20,13

Das in Lev 18,22 als „Gräuel“ (Missfallen Gottes) geächtete Verhalten wird in Lev 20,13 unter die Gottesstrafe gestellt und so mit der größtmöglichen Dringlichkeit (wie übrigens viele andere Tatbestände auch) als absolut zu vermeiden präsentiert. Allerdings heißt der Umstand, dass wir (bis) heute viele Inzest-Bestimmungen aus Lev 18 und Lev 20 teilen und in unserer Kultur ähnlich sehen, nicht, dass man die Verse ohne jede hermeneutische Vermittlung „wörtlich“ nehmen könnte (→ Bibelauslegung). Vielmehr ist an die Lebensumstände zur Entstehungszeit der Texte zu denken: Eine kleine, unter Fremdherrschaft stehende und in ihrer Identität gefährdete religiöse Gemeinschaft, die dringend auf Nachkommen angewiesen war, ringt unter der Anleitung ihrer Priestertheologen um die rechte Lebensweise, um Stabilität und Ordnung. Die Lebensumstände heute sind dagegen völlig andere. In Lev 18,22 und Lev 20,13 ist nicht von Homosexualität im heutigen Verständnis die Rede, sondern nur von gleichgeschlechtlichem Analverkehr mit Samenerguss, und das in einem Kontext, der vom Grundsatz beherrscht ist, dass die Gemeinschaft Nachkommen braucht (Leuenberger, 228). Die Hebräische Bibel kennt, wie die gesamte Antike, nicht das heutige Konzept von Homosexualität und behandelt nicht die Frage sexueller Identität oder Orientierung. Damit verurteilt das Alte Testament auch nicht Homosexualität. Was verurteilt wird, sind Formen sexuellen Verhaltens, die die eigene Lustbefriedigung über das Wohl der Gemeinschaft stellen bzw. die soziale Dimension der menschlichen Sexualität geringschätzen (Pola, 218-230; Caron, 37-39; Dufault-Hunter, 726-727; Mathias, 17-40) und dazu führen könnten, dass die gesellschaftlich definierten Männerrollen durchbrochen, aufgegeben bzw. mit Frauenrollen vertauscht werden (Leuenberger, 228-229).

4. Gewalt und Schande: Sodom (Gen 19) und Gibea (Ri 19); Ham und Noah (Gen 9)

Drei erzählende Passagen in der Hebräischen Bibel werden in der Auslegungsgeschichte oftmals mit gleichgeschlechtlicher Sexualität unter Männern in Verbindung gebracht. Mit Homosexualität im heutigen Sinne haben sie nichts zu tun: Die Geschichten in Gen 19 und Ri 19 prangern die gewalttätigen Absichten der Bewohner von → Sodom und → Gibea an, während Homosexualität in der heutigen Welt im Kontext des gegenseitigen Einverständnisses gesehen wird. Genau zu diesem Punkt haben die Geschichten nichts zu sagen (vgl. Himbaza / Schenker / Edart, 42). In Gen 9 geht es um den Respekt vor dem Älteren, nicht um Sexualität.

4.1. Genesis 19: Die Männer von Sodom

Lange Zeit wurde der Analverkehr unter Männern mit dem Begriff „Sodomie“ (→ Sodom und Gomorra) belegt. Heute steht der Begriff umgangssprachlich nur noch für sexuelle Handlungen mit Tieren (Zoophilie). Die Verbindung von „homosexuellen“ Handlungen mit der „Sünde von Sodom“ hat keinen Anhaltspunkt im Bibeltext, hat aber dennoch dazu geführt, dass über viele Jahrhunderte die Sündhaftigkeit der Homosexualität behauptet wurde und Homosexuelle entsprechend verfolgt wurden (Nissinen 1998, 45-46; Römer, 218). Dies geschah in willkürlicher und oberflächlicher Anlehnung an die in Gen 19 erzählte Geschichte: Der in der Stadt Sodom als → Fremder lebende → Lot hat die zwei Boten (→ Engel), die von Gott geschickt wurden, um ihn vor der Vernichtung der Stadt zu warnen, in sein Haus aufgenommen. Am Abend fordern alle Männer von Sodom Lot auf: „Bring sie [Lots Gäste] heraus, wir wollen sie erkennen“ (Gen 19,5). Das hebräische Verb ידע jd‘, „erkennen“, kann auch Geschlechtsverkehr bedeuten (die Ausdrucksweise im griechischen Text der → Septuaginta ist analog). Es geht jedoch den Männern von Sodom nicht in erster Linie um sexuelle Befriedigung, denn als Lot anstelle der Gäste seine noch jungfräulichen Töchter als Sexualobjekte anbietet, macht das die Meute noch aggressiver: Die Männer wollen sich nun gewaltsam Zugang zu den Gästen Lots verschaffen, die Töchter interessieren sie nicht. Da nicht anzunehmen ist, dass alle Männer Sodoms homosexuell gewesen seien, ist das eigentliche Ziel nicht gleichgeschlechtlicher Sexualverkehr, sondern die gewaltsame Demütigung des Fremden Lot und seiner Gäste. Der komplementäre Text Ri 19 unterstreicht dies, da dort die Nebenfrau (→ Ehe) des Gastes vergewaltigt wird (s.u.) – es geht also um den Bezug des Sexualobjekts zum Gast, der gedemütigt werden soll. Daher ist es sinnlos, dass Lot seine Töchter anbietet, die gerade diesen Bezug zur zu demütigenden Person nicht haben. Mit ihnen würden die Männer von Sodom ihr Ziel der Demütigung der Fremden nicht erreichen; anders dagegen die Männer von Gibea, die mit der Nebenfrau den Gast selbst angreifen können. Im Sinne der oben skizzierten altorientalischen Parallelen dient in Gen 19 die anale Penetration zur Erniedrigung; das Thema ist nicht Lustgewinn und Befriedigung des Sexualtriebs, sondern gewaltsame Unterdrückung von Fremden. Die Sünde der Männer von Sodom ist nicht ihre vermeintliche Homosexualität, sondern der versuchte, gewaltsame Bruch des Gastrechts (→ Gast / Gastfreundschaft). Die übernatürlichen Kräfte der Engel verhindern das Schlimmste.

Auch in der frühen Rezeption der Geschichte geht es nicht um Homosexualität. „Sodom“ steht für ein sündiges Verhalten im Allgemeinen (z.B. Ausnutzung der Armen, Gewalt, etc., z.B. Ez 16,49; Nissinen 1998, 46-47). Flavius Josephus dagegen bringt vor seinem hellenistischen Hintergrund das Begehren der Männer von Sodom in die Nähe von Päderastie: „Als nun die Sodomiter sahen, dass so schöne Jünglinge bei Lot einkehrten, wollten sie ihnen sogleich Schande und Gewalt antun“ (Antiquitates 1,200; Text gr. und lat. Autoren [Übersetzung: H. Clementz]; Nissinen 1998, 93: Josephus übergeht bei der Nacherzählung der Parallelgeschichte in Ri 19 den „homosexuellen“ Angriff der Benjaminiten). In Contra Apionem 2,199 (Text gr. und lat. Autoren) sieht Josephus den gleichgeschlechtlichen Sexualverkehr unter Männern als ein Laster der anderen Völker an, mit dem das jüdische Volk nichts zu tun habe, vielmehr stehe darauf die Todessanktion. Den gleichgeschlechtlichen Analverkehr unter Männern sieht Josephus als para physin („gegen die Natur“) an (Contra Apionem 2,273; Text gr. und lat. Autoren). Auch → Philo von Alexandrien (Nissinen 1998, 94-95; Loader, 134) zählt zu den Lastern der Sodomiter den gleichgeschlechtlichen Verkehr unter Männern, die Verweiblichung und den Verfall an das Schwelgen im Luxus. Damit stellen sich Josephus und Philo insbesondere gegen die in ihrer hellenistischen und römischen Umwelt akzeptierte Päderastie (s.o., 2.1. Griechenland; Loader, 132-140). Vor allem bei Philo geht es aber nicht um die vernünftige Wahrnehmung ihrer sexuellen Orientierung durch Erwachsene, sondern stets um die (meist auch durch alkoholische Getränke wie den Wein beim Symposium geförderte) zügellose Sucht der Leidenschaft nach sexueller Befriedigung, also um den völligen Kontrollverlust. Philo zeigt keinerlei Anzeichen dafür, dass er darüber nachdenkt, dass Menschen in nüchternem Realitätssinn eine gleichgeschlechtliche sexuelle Orientierung aufweisen. Er geht wie alle jüdischen Autoren seiner Zeit davon aus, dass es zwei Geschlechter gebe (Gen 1,27) und jede Abweichung von heterosexuellen Praktiken eine bewusste Verleugnung und Pervertierung dieser „Realität“ sei.

4.2. Richter 19: Die Männer von Gibea

In der gleichen Weise wie die Sodomiter verfahren „nichtsnutzige Männer“ (Zürcher Bibel), „übles Gesindel“ (Einheitsübersetzung) in der benjaminitischen Stadt → Gibea (Ri 19,22): Sie fordern, dass ein Gast zu ihnen herausgebracht wird, damit sie ihn „erkennen“ können. Auch hier ist die sexuelle Komponente gemeint, aber es geht nicht um Homosexualität: Die Männer wollen den Gast (und damit auch seinen Gastgeber) durch Analpenetration erniedrigen (Himbaza / Schenker / Edart, 18). Diesmal gibt der Gast seine Nebenfrau heraus und die Meute ist damit zufrieden, sie die ganze Nacht zu vergewaltigen. Das überlebt die Frau nicht. Der Erzähltext verurteilt diese grauenvolle Schandtat der Benjaminiten aufs Äußerste (Ri 19,30). In ihrer Folge kommt es zu einem blutigen Bürgerkrieg (Ri 20-21). Die Erzählkonstellation ist etwas anders als in Gen 19, aber für das Thema Homosexualität ist aus beiden Narrativen nichts zu erheben, was über die schon skizzierte altorientalisch-antike Sichtweise hinausgeht (Nissinen 1998, 49-52; Siker, 371; Römer, 218-221). Gerade eine komplementäre Lektüre von Ri 19 und Gen 19 zeigt, dass es jeweils um einen Angriff auf den schutzlosen Gast geht und somit Sexualität als Machtmittel eingesetzt und missbraucht wird. Dieser Aspekt wird von beiden Geschichten abgelehnt, und hier ist eine hermeneutische Brücke in heutige Diskurse um Sexualität und Macht zu gewinnen, das heißt, auch heute ist willkürliche Machtausübung in Form sexueller Übergriffe zu verurteilen. Umgekehrt wird aber auch deutlich: Man darf in diese Geschichten nicht das Konzept von Homosexualität hineinlesen, wie es heute verstanden wird. Dies wäre eine menschenverachtende Kriminalisierung von gleichberechtigten Partnern, die sich liebevoll auf Augenhöhe begegnen und Verantwortung füreinander übernehmen. In den biblischen Texten geht es nicht um Personen, deren sexuelle Orientierung auf Angehörige des gleichen Geschlechts gerichtet ist. Wie schon betont wurde, können nicht alle Bewohner von Sodom als Homosexuelle bezeichnet werden. Auch die „nichtsnutzigen Männer“ von Gibea kann man nicht als Homosexuelle bezeichnen, da sie eine Frau vergewaltigt haben. In diesen Texten sind geschlechtliche bzw. gleichgeschlechtliche Handlungen auf eine einmalige Episode beschränkt. Sie werden nicht als ein Verlangen oder als ein konstitutives Merkmal der Psyche verstanden (vgl. Himbaza / Schenker / Edart, 22).

4.3. Genesis 9: Keine Sexualität

In der Begebenheit zwischen → Ham und seinem Vater → Noah (Gen 9,20-27) wird Nacktheit, aber nicht Sexualität thematisiert: Ham sieht, wie sein Vater Noah nach dem Genuss des ersten Weines betrunken und nackt vor seinem Zelt liegt. Statt ihn zu bedecken, erzählt Ham die Sache seinen Brüdern, die ihn dann mit abgewandtem Gesicht verhüllen. Der „Frevel Hams“ besteht nicht in sexuellen Handlungen Hams, sondern darin, dass „Ham den für den Zusammenhalt der Gesellschaft notwendigen Respekt des Jüngeren gegenüber dem Älteren nicht erbracht hat“ (Hieke 2003, 95). Es geht dabei auch und vor allem um „Ehre und Schande“ (honor and shame), also um den leiblichen Status Noahs: Durch seine Trunkenheit und Selbstentblößung ist Noahs Ehre und sein sozialer Status gefährdet (→ Scham / Schande). Aufgabe der Söhne wäre es, diese Ehre wiederherzustellen. Ham verweigert diesen Respekt, die anderen beiden Söhne handeln dagegen richtig (Bauks, 385).

Dagegen nimmt Nissinen 1998, 52-53, an, Ham habe durch einen gleichgeschlechtlichen Akt seinen Vater erniedrigen wollen (in Analogie zum altägyptischen Mythos von Horus und Seth). Bergsma / Hahn, 39-40, vermuten einen heterosexuellen Inzest zwischen Ham und seiner Mutter (also Noahs Frau). Aus dieser Verbindung geht als Sohn Kanaan hervor, der schließlich auch von Noah verflucht wird. In keinem Fall ist hier eine homosexuelle Neigung Hams in den Text zu lesen.

5. Freundschaft und Liebe: David und Jonatan (1Sam 18–20; 2Sam 1,26), Rut und Noomi (Rut)

5.1. David und Jonatan (1Sam 18–20; 2Sam 1,26)

Auf der Suche nach positiven Äußerungen der Bibel zu homoerotischen Beziehungen verweist man auf die Freundschaft zwischen → David und → Jonatan (Harding, 51-121; Fischer, 73-76). Dabei werden auch Ähnlichkeiten zur Beziehung von → Gilgamesch und Enkidu gesehen (Römer, 221-228). Insbesondere wird der Satz in Davids Klage um → Saul und Jonatan in 2Sam 1,26 hervorgehoben: „Weh ist mir um dich, mein Bruder Jonatan. Du warst mir sehr lieb. Wunderbarer war deine Liebe für mich als die Liebe der Frauen“ (Einheitsübersetzung). In diesem Klagegedicht wird in poetischer Weise die tiefe Freundschaft zwischen David und dem Saul-Sohn Jonatan ausgedrückt (→ Freundschaft), wie sie auch schon in 1Sam 18,1-4 vorgestellt wurde. Hier werden Zeichen der Zuneigung und Freundschaft, aber auch der politischen Symbolik gesetzt. Die Wendung „Jonatan liebte David wie sein eigenes Leben“ verwirklicht sich im weiteren Erzählverlauf wörtlich: Als Jonatans Vater Saul David zu hassen und zu verfolgen beginnt, hält Jonatan unter Gefahr für sein eigenes Leben an seiner Freundschaft zu David fest, warnt ihn vor den Plänen seines Vaters und unterstützt David. Die Begriffe „Liebe“ und „Bund“ können gerade in der David-Jonatan-Geschichte und ihrem Kontext auch theologisch und politisch gemeint sein (s. u.a. Dietrich, 417-419); schließlich heißt es in 1Sam 18,16: „Ganz Israel und Juda aber liebte David.“ In einer dramatischen Abschiedsszene küssen sich David und Jonatan (1Sam 20,41), was kein zwingender Hinweis auf eine homoerotische Beziehung ist (Dietrich, 547). Vielleicht deutet die Erzählung damit in Analogie zu 1Sam 10,1 die Einsetzung des künftigen Königs an (Harding, 107). Saul selbst hat kurz zuvor seinem Sohn Jonatan vorgeworfen, „den Sohn Isais“ (David) „erwählt“ zu haben – zu seiner eigenen Schande und zur Schande des Schoßes seiner Mutter (1Sam 20,30). Die Erzählung zeigt mit dem Ausbruch Sauls, dass die innige Freundschaft zwischen David und Jonatan das für Männerfreundschaften Übliche überschritt – wie David auch in anderen Bereichen Grenzen und Konventionen überschritt und sich in vielen Dingen als außergewöhnlich hervortat. Die David-Jonatan-Erzählung will dieser Männerbeziehung ein ganz besonderes Gewicht geben und reiht sie in die vielen „ungewöhnlichen“ Dinge ein, die David getan und geleistet hat. Gerade deshalb ist es eher unwahrscheinlich, dass die Erzählung eine homosexuelle Beziehung im heutigen Sinne in den Vordergrund stellen will (Himbaza / Schenker / Edart, 41). Nach einem ausführlichen Exkurs zu den verschiedenen Positionen zu dieser Frage hält Dietrich (414-417) fest, dass sich die David-Jonatan-Geschichten weder dazu eignen, gleichgeschlechtliche Beziehungen zu verfemen, noch dazu, die Beziehung der beiden als vorbildliche homosexuelle Partnerschaft zu preisen. Bei David müsste man ohnehin von einer „Bisexualität“ im heutigen Sinne ausgehen, denn David hatte viele Frauen in seinem Leben. Die Beziehung zur Frau des Urija (→ Batseba) wird Davids Karriere entscheidend beeinträchtigen. Von Jonatan aber ist kein zu Davids Äußerung im Klagegebet (2Sam 1,16) vergleichbares Statement überliefert und es gibt vonseiten Jonatans keinen Hinweis auf eine homosexuelle Betätigung, also einen sexuellen Akt zwischen David und Jonatan (Nissinen 1998, 55; Josephus erwähnt in seiner Nacherzählung der David-Jonatan-Beziehung keine sexuelle Komponente, Antiquitates 6,206.241.275-276; 7,5.111; Text gr. und lat. Autoren; s. auch Loader, 135-136). Dass David die Liebe Jonatans lieber war als Frauenliebe, kann viele Gründe haben, kaum aber sexuelle, denn es ist nicht erkennbar, dass David mit Frauen weniger sexuelle Freude gehabt hätte. In der Erzählung kennt die Beziehung zwischen David und Jonatan auch keinen „aktiven“ und „passiven“ Part (anders als in den klassischen Gender-Stereotypen der Mann-Frau-Beziehung, wobei aber die „Unterlegenheit“ der Frau in Gen 3,16 als Strafe und Daseinsminderung, nicht aber als ursprünglicher Wille des Schöpfers gedeutet wird).

5.2. Rut und Noomi (Rut); weibliche Homosexualität

Irmtraud Fischer deutet die Beziehung zwischen → Rut und ihrer Schwiegermutter Noomi im Buch Rut als eine „erfüllte gleichgeschlechtliche Liebesbeziehung“ (Fischer, 71-73). Insbesondere die Wendung, dass Rut an Noomi „hängt“ (Rut 1,14; hebräisch ‏וְרוּת דׇּבְקָה בׇּהּ wəRût dāvqāh bāh), wird mit der gleichen Wurzel dbq ausgedrückt, mit der die Beziehung von → Mann und → Frau in Gen 2,24 beschrieben wird und mit der die Beziehung zu den Eltern gegenüber der Partnerbeziehung sekundär wird. Rut geht nicht zu ihren Eltern zurück, sondern wähle, so Fischer, Noomi als Lebenspartnerin – zu einer Beziehung, die bis zum Tode gehen soll (Rut 1,16-17: „nur der Tod wird mich von dir scheiden“). Ruts zukünftiger Ehemann Boas schätzt Ruts Beziehung zu Noomi (Rut 2,11) und bezieht Noomi in die „Lösung“ mit ein. Die Frauen → Betlehems betonen, dass Rut Noomi liebt (Rut 4,15). Freilich lässt der Text weitestgehend offen, wie weit der Grad der sexuellen Komponente bei Rut und Noomi geht.

Sieht man von Rut und Noomi (und evtl. → Judit und ihrer Dienerin, s. Fischer, 102) ab, fehlen weibliche Perspektiven auf das Thema Homosexualität im Alten Testament, ebenso weitere LGBTQIA+-Konstellationen (Leuenberger, 223). Warum dies so ist, kann aus den vorausgehenden Ausführungen zum biblischen Israel und seiner Umwelt erschlossen werden: Bei weiblicher Homosexualität geht es weder um Penetration noch um Über- bzw. Unterlegenheit, weder um „Ehre“ oder „Schande“ noch um Aktivität und kriegerische Kraft, noch um Verlust von Samen zur Zeugung von Nachkommen. Damit entfallen für Frauen die wenigen Kontexte, in denen überhaupt von gleichgeschlechtlichen Akten unter Männern gesprochen wird. Anders gesagt: Es entfällt für etwaige weibliche Homosexualität die die Gesellschaft bzw. die jeweilige Gemeinschaft gefährdende Dimension.

5.3. Hermeneutische Überlegungen

Dass eine heutige Leserschaft eine homosexuelle Beziehung zwischen David und Jonatan (und vielleicht auch zwischen Rut und Noomi bzw. Judit und ihrer Dienerin) sehen will, liegt in der Offenheit des Textes (Harding, 122-273), der die Phantasie der Rezipierenden kaum beschränkt. Die David-Jonatan-Erzählung sollte aber nicht als eine „biblische Legitimation“ von homoerotischen und homosexuellen Praktiken (und damit als eine Art Aufhebung von Lev 18,22; Lev 20,13) herangezogen werden, zumal aus erzählenden Texten nicht unmittelbar gesellschaftliche Normen abgeleitet werden können. Gleichwohl ist das Interesse mancher Auslegungen greifbar, in der erzählten Beziehung eine homosexuelle zu sehen, um dies letztlich als „biblischen Beleg“ für die Billigung homosexueller Praktiken heranzuziehen (vgl. z.B. Harding, 100, und die Zusammenfassung ebd., 403). So werden aber biblische Texte als „Beweismaterial“ für eigene Interessen missbraucht. Die gleiche Art von Missbrauch von Texten findet statt, wenn man Lev 18,22 und Lev 20,13 aus dem literarischen Kontext und der Sozialgeschichte löst und als „absolute Wahrheiten“ für eine rigide Sexualmoral auswertet. Die je unterschiedliche Interpretation der David-Jonatan-Beziehung (sowie der vermuteten Beziehungen von Frauen) ist ein Teil jenes Prozesses, in dem die moderne Konzeption von Homosexualität selbst entstand. Es ist heutzutage geradezu unmöglich, die Texte, die von der Liebe zwischen David und Jonatan (bzw. Rut und Noomi, Judit und ihrer Dienerin) sprechen, nicht auch mit einem wenigstens vagen Eindruck einer homoerotischen Beziehung zu lesen (Harding, 403-404).

6. Zur Funktion von Sexualität in Gen 1 und 2

6.1. Gen 1,27-28

In der Diskussion um „Homosexualität und Altes Testament“ wird bisweilen Gen 1,27-28 mit den Worten „Als Mann und Frau erschuf er sie“ zitiert. Mit dieser Übersetzung verbindet sich das Interesse, ein binäres Geschlechterverhältnis biblisch zu begründen, Sexualität auf Vermehrung engzuführen und die Ehe auf eine Verbindung von Mann und Frau zu beschränken. Allerdings ist Gen 1,27 mit „männlich und weiblich“ wiederzugeben (Scoralick, 61-77, bes. 67). Es wird im hebräischen Text nur festgestellt, dass es beim Menschen Männliches und Weibliches (im biologisch-sexuellen Sinne) gibt (Leuenberger, 216). Wenn sie sich paaren, gibt es Nachkommen. Diese Alltagsbeobachtung wird bei Gott als Schöpfer verankert; dabei „werden alle weiteren gesellschaftlichen (Rollen-) und Genderkonstruktionen unterlaufen und als nachrangig taxiert: Die Erschaffung des Menschen als ‚Männchen‘ und ‚Weibchen‘ unterstreicht deren schöpfungstheologische Gleichrangig- und Gleichwertigkeit; sie insinuiert also gerade nicht irgendwelche ökonomischen, sozialen, ethnischen oder genderspezifischen Statusdifferenzen“ (Leuenberger, 217). In sprachlicher Hinsicht verwendet Gen 1 das Stilmittel des Merismus, das eine Gesamtheit durch ihre beiden äußeren Pole bezeichnet. Insofern umfassen „Himmel und Erde“ die ganze Welt, „Meer und Land“ auch das Watt und den Strand, „Licht und Finsternis“ bzw. „Tag und Nacht“ auch die Dämmerung und die Morgenröte. Daraus kann geschlossen werden, dass in „männlich und weiblich“ „alle Facetten des Geschlechtlichen im Schöpfungsdesign enthalten“ sind (Fischer, 47; differenziert dazu Leuenberger, 217-218). Diese Welt kennt also noch viel mehr als das, was Gen 1 im Einzelnen aufzählt – z.B. mehr Tier- und Pflanzenarten oder Menschen mit unterschiedlicher Hautfarbe. All das hat Gott gemacht, „und siehe, es war sehr gut“ (Gen 1,31) – auch das, was nicht ausdrücklich erwähnt wird, aber dennoch vorhanden ist. Wie die Hautfarben liegen auch die verschiedenen sexuellen Orientierungen nicht in der Entscheidungsfreiheit des Menschen. Sie sind nach heutiger medizinisch-psychologischer Erkenntnis auch keine zu heilenden Krankheiten. Damit aber sind sie ein Teil von Gottes guter → Schöpfung.

6.2. Gen 2,18-24

Nach Gen 2,18 dient die Differenzierung in Geschlechter nicht ausschließlich der Zeugung von Nachkommenschaft, denn das in diesem Vers festgestellte Defizit in Gottes „sehr guter“ Schöpfung (Gen 1,31) besteht darin, dass es nicht gut ist, dass der Mensch „allein“ ist. Die zunächst geschaffenen Tiere bringen keine Abhilfe. Mit dem aus dem Menschen entnommenen Baumaterial baut Gott die „entsprechende, ebenbürtige Hilfe“. Die Frau als neue Kreatur ist damit auf gleicher Ebene wie der zuerst geschaffene Mensch, der sich dann erst als „Mann“ definiert (Gen 2,23). Sexuelle Vereinigung, in der mythisch-biblischen Bildsprache als „ein Fleisch werden“ poetisch gefasst, dient damit nicht ausschließlich der Fortpflanzung, sondern vor allem der Abhilfe von Vereinzelung und Vereinsamung (Fischer, 48-53). Auch hier gilt, was oben zu Gen 1 gesagt wurde: Der Text beschreibt mit der geschlechtlichen Vereinigung von Mann und Frau Normalität, aber formuliert keine Normen, die andere Varianten sexueller Zweisamkeit kategorisch ausschließen würden. Der Kerngedanke, nämlich die Überwindung des nicht guten Zustands des Alleinseins durch eine „entsprechende bzw. ebenbürtige Hilfe“ ist „geschlechtsunabhängig konzipiert“ (Leuenberger, 221). Mit anderen Worten: Man kann aus den Genesistexten schließen, wie Gott menschliche Sexualität will: als fruchtbare Zweisamkeit von Männlichem und Weiblichem, Mann und Frau als ebenbürtige Partner. Man kann daraus nicht schließen, dass es gegen Gottes Willen sei, dass Menschen, die ihre sexuelle Orientierung als auf das gleiche Geschlecht hin ausgerichtet erfahren, in gleichgeschlechtlicher Vereinigung als ebenbürtige Partner Liebe, Verantwortung und Erfüllung erleben.

7. Zusammenfassung

Da das Alte Testament das moderne Konzept von Homosexualität nicht kennt, kann man auch nicht sagen, dass es Homosexualität verurteile. Für die gesamte Antike gilt, dass (1) das heutige differenzierte Konzept von Homosexualität als vieldimensionales Phänomen und integrierter Bestandteil einer Persönlichkeit so nicht bekannt war und (2) das Thema bei Weitem nicht den Stellenwert hatte, den es in der heutigen Kultur hat. Auch die Hebräische Bibel, in christlicher Rezeption das Alte Testament, kennt Homosexualität im heutigen Sinne nicht (Gnuse, 117-141; Himbaza / Schenker / Edart, 132; Römer, 228). Nur an wenigen Stellen finden sich Ansatzpunkte für die Debatte. Die Stellen in der Tora, Lev 18,22 und Lev 20,13, beziehen sich auf eine spezifische sozialgeschichtliche Situation und richten sich in ihrem Kontext auf die drängende Notwendigkeit der Zeugung von Nachkommenschaft. Ohne diese literarischen und sozialen Kontexte hängen die Bestimmungen in der Luft und dürfen daher aus literarischen und theologischen Gründen nicht isoliert betrachtet werden (Siker, 372). Die Erzähltexte von den Sodomitern (Gen 19) und der „Schandtat von Gibea“ (Ri 19) thematisieren nicht Homosexualität, sondern die Ausübung männlicher Gewalt gegenüber unterlegenen Fremden unter Missachtung des Gastrechts. Analpenetration als Zeichen der Demütigung findet sich auch in Belegen aus der Umwelt Israels. In der Geschichte von Noah und seinem Sohn Ham (Gen 9,20-27) geht es um den mangelnden Respekt des Jüngeren vor dem Älteren und um die Gefährdung bzw. Bewahrung der „Leibesehre“ des Nackten; die Annahme sexueller bzw. homosexueller Handlungen ist für das Verstehen des Textes nicht nötig. Die Erzählpassagen von David und Jonatan schließlich sind sehr offen gehalten und eignen sich daher (in der Rezeption) als Projektionsfläche für den Wunsch, eine homoerotische oder homosexuelle Beziehung von Männern auch in der Bibel zu finden. Der Text selbst zwingt nicht dazu, die Freundschaft im sexuellen Bereich anzusiedeln, ist jedoch offen dafür (Harding, 228; Römer, 228). Eine Ablehnung von Homosexualität im heutigen Verständnis findet im Alten Testament kein Argument (Caron, 45). Die Verurteilung homosexuell veranlagter Menschen zur Enthaltsamkeit lässt sich aus dem Alten Testament nicht ableiten. Die gesellschaftliche Diskriminierung oder gar staatlich-strafrechtliche Verfolgung solcher Menschen ist ein Verbrechen gegen die Menschenwürde.

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Abbildungsverzeichnis

  • Nianchchnum und Chnumhotep als Paar (Grab in Saqqara; 5. Dyn.; ca. 2350 v. Chr.). Aus: Wikimedia Commons; © 1999 Greg Reeder; Zugriff 28.3.2008

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