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1792-1750 v. Chr.

(erstellt: Dezember 2016)

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Hammurabi (Charpin 2003a u. 2012a; Van De Mieroop 2005) ist der fünfte Vertreter der altbabylonischen, ursprünglich amurritischen Dynastie (Charpin u.a. 2004), die von Sumu-la-El (1880-1845 v. Chr.; nicht wie gemeinhin angenommen Sumu-abum, s. Charpin 2004, 80-86.) gegründet wurde. Seine Regierungszeit dauerte gemäß der mittleren Chronologie von 1792-1750 v. Chr. Hammurabi gelang es, ganz Mesopotamien unter seiner Herrschaft zu vereinigen (→ Babylonien).

1. Die Quellen

Die Regierungszeit Hammurabis dokumentieren ausschließlich Quellen, die nicht aus der Hauptstadt seines Reiches, Babylon, stammen, da die altbabylonischen Schichten der Residenz unterhalb des Grundwasserspiegels des → Euphrats liegen (eine Ausnahme bildet das Stadtviertel Merkes, das von 1907-1912 unter deutscher Leitung ausgegraben wurde und in die Zeit der Nachfolger Hammurabis datiert).

Eine wichtige historische Quelle sind die sog. „Jahresnamen“, die in Babylonien zur Datierung nach einem besonderen Ereignis verwendet wurden. Aus der Regierungszeit Hammurabis werden vor allem militärische Unternehmungen, kultische Handlungen sowie Bauaktivitäten an Tempeln und Kanälen festgehalten (Horsnell 1999). Allerdings ist es unmöglich, allein anhand solcher Namen die politische Geschichte einer 43-jährigen Herrschaft zu schreiben.

Bis heute sind rund 20 Königsinschriften von Hammurabi bekannt, bei denen es sich mehrheitlich um Texte auf Ziegeln, Tonkegeln, Stein- oder Tontafeln handelt (Frayne 1990, 332-371) und in denen die Bau- und Renovierungstätigkeit des Herrschers gepriesen wird (s.a. zu späteren Kopien Charpin 2006, bes. 153f.). Die berühmteste Inschrift stellt der „Codex Hammurabi“ dar, eine 2,25m hohe Basaltstele, die sich heute im Louvre befindet. Der Prolog der Inschrift beschreibt den politischen Aufstieg Hammurabis und nennt die wichtigsten Städte des unter seiner Herrschaft beträchtlich erweiterten Reiches.

Die Korrespondenz hoher babylonischer Würdenträger wie auch die Berichte von Gesandten über die Aktivitäten des babylonischen Herrschers aus den Archiven von Mari (s. Charpin / Ziegler 2003) dokumentieren detailliert die diplomatischen und militärischen Aktivitäten Hammurabis. Darüber hinaus bezeugen Briefe aus Larsa wirtschaftliche, administrative und juristische Tätigkeiten.

2. Babylonien und seine Nachbarn

2.1. Die Ausgangslage für Hammurabi

Hammurabi 1
Hammurabi folgte seinem Vater Sin-muballit auf den Thron. Bei seinem Regierungsantritt 1792 v. Chr. war → Babylonien noch weit davon entfernt, ein Weltreich darzustellen. Es umfasste in etwa das Territorium des heutigen Zentraliraks und war auf einem Teil des alten Reichs von Akkade (→ Sumer) errichtet. Neben der Hauptstadt Babylon waren nennenswerte Zentren die Zwillingsstadt Sippar-Amnanum und Sippar-Yahrurum im Norden, Kisch und Kutha im Osten, Borsippa und Dilbat im Südwesten sowie Marad im Süden.

Im Westen des Reiches erstreckte sich die von Nomadenstämmen durchzogene Wüste. Im Süden lag das Königreich Larsa, das von Rim-Sin beherrscht wurde. Im Osten befanden sich zwei weniger gut bekannte Reiche: das Reich von Malgium am Tigris und jenes von Der im Randgebiet des Zagrosgebirges. Im Nordosten, im Dijala-Gebiet, lag das Reich von Eschnunna, dessen Territorium ebenfalls ursprünglich zu Akkade gehört hatte. Beim Regierungsantritt Hammurabis wurde Eschnunna von Daduscha regiert. Im nördlichen Obermesopotamien gelang es Schamschi-Adad von seiner Hauptstadt Ekallatum aus ein gewaltiges Reich zu errichten und 1792 v. Chr. → Mari am mittleren Euphrat zu erobern. Im ferneren Westen teilten sich Aleppo und Qatna das levantinische Syrien. Schließlich ist als östlicher Nachbar das mächtige Reich von Elam auf der iranischen Hochebene mit seinen politischen Zentren Susa und Anschan zu benennen. Der „Sukkal“ von Elam wurde von den amurritischen Königen als Oberherr anerkannt (Durand 2009; Charpin 2009).

2.2. Die ersten Regierungsjahre Hammurabis (1792-1765 v. Chr.)

Lediglich einige Jahresnamen geben Auskunft über Ereignisse der ersten Regierungsjahre Hammurabis: Die Städte Uruk und Isin konnten im Jahre 1787 erobert werden; das Land Malgium wurde im Jahre 1784 v. Chr. verwüstet; die Stadt Rapiqum am Euphrat wurde 1783 v. Chr. eingenommen. Doch diese Siege waren offensichtlich kurzfristig: Uruk und Isin blieben dem Reich von Larsa zugehörig, Malgium gewann rasch seine Unabhängigkeit zurück und König Daduscha von Eschnunna brachte Rapiqum sofort wieder unter seine Hoheit. Mit Daduschas Tod im Jahre 1779 v. Chr. enden die kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen Schamschi-Adad und Hammurabi. Gemeinsam bildeten sie eine Koalition mit dem neuen König von Eschnunna, Ibal-pi-El II. Das Bündnis zog gegen das Land Malgium, dessen Provinzstädte zerstört wurden. Die Hauptstadt belagerte man so lange, bis der König von Malgium ein Lösegeld zahlte.

Der Tod Schamschi-Adads im Jahre 1775 v. Chr. stellte einen historischen Wendepunkt dar. Während sein Sohn die Nachfolge in Ekallatum antrat, befand sich Obermesopotamien bereits im Aufruhr. Die von Schamschi-Adad annektierten Länder revoltierten und suchten ihre Unabhängigkeit wieder zu erlangen. Am mittleren Euphrat gelang es Zimri-Lim das Reich von Mari wieder aufzubauen. Die Archive der königlichen Kanzlei bilden nun eine reiche Informationsquelle für das politische Leben der amurritischen Königreiche, einschließlich Babyloniens.

Die folgenden zehn Jahre (1775-1765 v. Chr.) waren eine Phase der Stabilität für Babylonien. Dennoch kam es zu Rivalitäten zwischen Hammurabi, Zimri-Lim und Ibal-pi-El II. um den Besitz von Suhum, einem Gebiet, das sich am Euphrat von Rapiqum flussaufwärts bis Hanat erstreckte und in dem die Stadt Hit lag, die wegen ihrer Bitumenquellen begehrt war. Bis 1765 führten mehrere aufeinanderfolgende Konflikte jedoch nicht zu einer Veränderung des status quo.

2.3. Der politische Aufstieg Hammurabis und die Vereinigung Mesopotamiens (1765-1750 v. Chr. )

Aus bislang unbekannten Gründen griff der Herrscher von Elam, Siwe-palar-huhpak, ca. im Jahre 1765 v. Chr. (eventuell auch 1767 oder 1766, s. Charpin / Ziegler 2003, 213) Eschnunna an. Dieses Ereignis war ein weiterer historischer Wendepunkt. Der Sukkal von Elam berief seine mesopotamischen Verbündeten ein, sich ihm anzuschließen. Hammurabi und Zimri-Lim folgten. Nach der Eroberung von Eschnunna nahm Hammurabi die am Tigris gelegenen Städte Mankisum und Upi für sich in Anspruch, Elam setzte unterdessen seine Offensive in Mesopotamien fort, drang in Babylonien ein und griff Obermesopotamien an, wobei Mankisum und Upi wieder unter den Einfluss Siwe-palar-huhpaks gerieten. Elam entfachte nebenbei auch eine Revolte in der südbabylonischen Stadt Kazallu, die allerdings von Hammurabi niedergeschmettert werden konnte.

Insgesamt wurde die Bedrohung stärker. Elamische Truppen attackierten nun auch Obermesopotamien und konnten in Ekallatum, Schubat-Enlil sowie in das Chabur-Dreieck eindringen. Babylonien selbst wurde durch eine weitere Armee mit 40000 Mann bei der Stadt Hiritum am Tigris bedroht. Daraufhin kam es im Herbst 1765 v. Chr. zum Schulterschluss zwischen Zimri-Lim und Hammurabi. Diese anti-elamische Koalition zeitigte Erfolg: 1764 v. Chr. gelang es mit Hilfe mariotischer Truppen in Obermesopotamien und Babylonien die elamischen Eindringlinge zu vertreiben. Diese verwüsteten bei ihrer Rückkehr nach Susa das Dijala-Gebiet. Hammurabi beanspruchte den Thron von Eschnunna, musste sich aber der Wahl von Silli-Sin zum König fügen.

Das letzte Drittel seiner Herrschaft konnte Hammurabi erfolgreich zur Expansion des babylonischen Reiches nutzen, hatte ihn doch der Sieg über Elam in den Rang eines mächtigen, von Mari unterstützten Königs versetzt. Zugleich war Eschnunna geschwächt und der Norden Mesopotamiens in Kleinstaaterei verfallen.

Im Jahre 1763 v. Chr. setzte Hammurabi sich zunächst das Ziel, Larsa zu erobern. Die Motive dafür liegen auf der Hand: Nicht nur hatte Rim-Sin es verabsäumt, die anti-elamische Koalition zu unterstützen (vielleicht, weil er selbst elamitische Wurzeln hatte und daher eine ambivalente Position im Konflikt einnahm), er veranlasste auch wiederholt Razzien gegen babylonische Gebiete. Daraufhin griff die babylonische Armee den Süden an, nahm zuerst Maschkan-schapir und nach sechsmonatiger Belagerung Larsa ein. Nach diesem Sieg war das Gleichgewicht der Kräfte in Mesopotamien gestört. Hammurabi nannte sich nun „König von Sumer und Akkad“ oder „König, der vier Weltgegenden“. Diese prestigeträchtigen Titel waren einst von den Herrschern Akkades und Urs im 3. Jt. v. Chr. getragen worden. Die Eroberung von Rim-Sins Palast und seiner königlichen Anwesen brachte zudem große finanzielle Gewinne, die durch die Kontrolle über landwirtschaftliche Flächen und deren Zubehör (Fiette 2011) entstand (siehe unten).

Das nächste Ziel der Expansionspolitik Hammurabis war das Reich Eschnunna. Schon kurz nach dem Friedensschluss mit Silli-Sin im Jahre 1762 v. Chr. muss es zu kriegerischen Auseinandersetzungen gekommen sein, über die allerdings nicht viel bekannt ist. An ihrem Ende stand der Sieg Hammurabis über Silli-Sin in Mankisum. Damit war es Hammurabi gelungen, das ehemalige Reich von Akkade wieder zu vereinen.

Als drittes Ziel hatte Hammurabi die Beseitigung seines ehemaligen Verbündeten, → Mari, vor Augen, den letzten Rivalen von Babylonien. Mari wurde im Jahre 1761 v. Chr. erobert; die königlichen Archive dieser Stadt enthalten keine Hinweise auf die Gründe und Einzelheiten der militärischen Kampagne. Im selben Jahr wurde auch Malgium eingenommen. Das Ende von Mari bleibt rätselhaft: Weder ist bekannt, was die Babylonier im Jahre 1760 v. Chr. taten, noch warum der Palast im Jahre 1759 v. Chr. durch einen Brand zerstört wurde, nachdem die Eroberer ihn teilweise entleert hatten.

Für die Jahre nach der Zerstörung Maris sind die Quellen spärlich. Die, Regierung Hammurabis scheint ruhiger verlaufen zu sein. Scharmützel fanden im Norden und am Fuße des Zagros im Nordosten statt. Im Jahre 1757 v. Chr. errangen die Babylonier einen Sieg über die Gutäer und Turukkäer, 1755 v. Chr. wurden Feinde aus Schubartum massakriert. Eine große Gefahr für das Reich von Babylon stellten jedoch Überschwemmungen dar. Im Jahre 1756 v. Chr. wurde Eschnunna durch eine Überflutung zerstört. 1752 v. Chr. errichtete Hammurabi zwei Mauern an Euphrat und Tigris, wohl um weiteren Überschwemmungen vorzubeugen.

Der Tod Hammurabis ist durch mehrere Quellen gut bezeugt. Aus einem Brief von Hammurabis Sohn und Nachfolger Samsu-iluna geht hervor, dass Hammurabi einer Krankheit erlag. Der genauere Zeitpunkt kann dank einer Tafel ermittelt werden, in der als Jahresformel der Name des 43. Regierungsjahres Hammurabis mit dem Beginn der Regierung Samsu-ilunas kombiniert wurde. Der Tod Hammurabis war vor dem zehnten Tag des fünften Monats eingetreten, d.h. vor oder während des Sommers 1750.

3. Die Verwaltung des Königreichs und die Ausübung der Macht

Das politische Zentrum des Königreichs Hammurabis war der Palast von Babylon. Ungeachtet dessen wurde das Land gelegentlich von Sippar, oder – während eines Feldzugs – von einem Militärlager aus regiert. Den Hofstaat bildeten Würdenträger, welche „große Diener“ genannt wurden (Charpin 2004, 258-263; Charpin 2003a, 139-143). Zwei šukkallum („Minister / Wesire“), deren Funktion nur ungenügend geklärt ist, standen dem König zur Seite. Namentlich bekannt sind Erra-nada und Sin-bel-aplim, der die Bezeichnung šukkal ubari, „Außenminister“ führte. Ein dritter Mann, Lu-Ninurta (s. Dianhua 1996), war mutmaßlich der šandabakkum („Finanzminister“). Hammurabis „Sekretär“ (ṭupšar sakkakkim „Schreiber der Geheimhaltung“) las und schrieb die Korrespondenz des Königs. Zwei aufeinander folgende Sekretäre sind namentlich bekannt: Sin-iddinam und Marduk-nasir. Neben weiteren Mitgliedern im königlichen Gefolge, die durch ihren Titel oder durch ihre Tätigkeit bekannt sind, verfügte der König über einen Rat, an dem hohe babylonische Würdenträger teilnehmen konnten, sowie ausländische Botschafter, die seine Verbündeten repräsentierten.

Außerhalb des Palastes wird die Regierungstätigkeit Hammurabis durch die Archive zweier hochrangiger Männer dokumentiert, die in Larsa Verwaltungsämter innehielten. Sin-iddinam (Stol 2011), der ehemalige Sekretär (Charpin 2003a) und dann Generalgouverneur des Königs, sowie Schamasch-hazir (Dawu 1987, 47-84; Stol 2008; Fiette 2017), der Verwalter der königlichen Domänen. Ihre Tätigkeiten in der Provinz Larsa sind sehr gut durch die Korrespondenz dokumentiert.

Sin-iddinam war der Vorsteher der lokalen Gouverneure (šāpirum). Diese wurden als šāpir mātim („Weisungsbefugter des Landes“) oder šāpir nārim („Weisungsbefugter des Flusses / Kanals“) bezeichnet. Ihnen oblag es, Ordnung zu halten, Gerechtigkeit walten zu lassen, die Palastbediensteten zu beaufsichtigen und für Babylon Vermögen in Form von Getreide, Vieh und Geld einzutreiben (Fiette 2017).

Mit der Eroberung Larsas stand Hammurabi auch das ehemalige königliche Anwesen von Rim-Sin zu. Seine Verwaltung übernahm Schamasch-hazir, der die Funktion eines šassukkum („Leiter der ländlichen Kataster“) ausübte. Die Ländereien der königlichen Domäne waren in zwei Kategorien unterteilt. Einerseits vergütete man die Diener des Königs (Militärs, Handwerker, Bauern, Facharbeiter usw.) mit Feldern, wodurch sie selbst für ihren Unterhalt sorgen konnten. Andererseits erfolgte die Vergabe von „Feldern des Palastes“ gegen Dienstleistungen an Intendanten (iššakkum), die den Gouverneuren untergeordnet waren.

4. Hammurabi – Richter und Gesetzgeber

Die Quellen aus Larsa geben auch hinsichtlich der Rechtsprechung Hammurabis wertvolle Informationen (Leemans 1968). Der König nahm höchstpersönlich mündlich oder schriftlich vorgebrachte Beschwerden entgegen. Er übte die Gerichtsbarkeit selbst aus oder übertrug die Untersuchung eines Falles an Würdenträger, die Beweise suchen, Zeugen anhören und Verhaftungen vornehmen mussten. In minder schweren Fällen konnten seine Beamten selbständig tätig werden.

Hammurabi 2
Auf die gesetzgebende Rolle Hammurabis verweisen auch „königliche Verordnungen“ (ṣimdat šarrim), die in Briefen und juristischen Dokumenten ihren Widerhall finden (Veenhof 1997-2000). Bei seiner Thronbesteigung sowie nach der Eroberung von Larsa verkündete Hammurabi Gnadenerlasse (mīšarum, Kraus 1984; Charpin 1987). Es handelte sich dabei um Schuldenerlasse vor allem für Bauern, deren Zahlungen säumig waren, aber auch um eine Entlastung der privaten Schuldner, inklusive der Annullierung jener Schulden, die zur Versklavung des Schuldners durch seinen Gläubiger geführt hatten (Charpin 1998). Die mīšarum-Edikte ermöglichten eine Rückkehr der Untertanen des Königs in ihren ursprünglichen Zivilstand (akkadisch andurārum, sumerisch AMA.AR.GI, s. Charpin 1987; Fiette 2013).

Hammurabi 3
Die Rechtstätigkeit Hammurabis ist aber vor allem durch seine „Codex“ genannte Gesetzessammlung erkennbar. Genau genommen handelt es sich um eine Sammlung von Urteilen, die Hammurabi während seiner Regierung fällte. Die Paragraphen sind kasuistisch formuliert (→ Recht), nach dem Schema: auf solchen Fall folgt solche Strafe. Manche Rechtsprüche enthalten Variablen, so bezieht Hammurabi in mehreren Fällen den sozialen Status von Opfer oder Täter in seine Rechtsprechung ein und sieht eine unterschiedliche Strafzumessung vor. Der Gesetzestext ist weit davon entfernt, Vollständigkeit zu erlangen und einen „Codex“ im modernen Sinne des Wortes darzustellen. Vielmehr sollte in jeder größeren Stadt Babyloniens ein Denkmal in der Art der im Louvre aufbewahrten Stele aufgestellt werden. Der Text entwickelte sich zu einem „Klassiker“ der Schreiberausbildung, der über Jahrhunderte immer wieder von Schülern kopiert werden sollte.

5. Bilanz und Nachleben

Hammurabi war der einzige König der amurritischen Ära, dem es gelungen ist, Mesopotamien in einem Reich zu vereinen. Am Ende seiner Herrschaft hatte er ein Imperium mit einer umfangreichen und ethno-linguistisch vielfältigen Bevölkerung errichtet. Unter Hammurabi gelangte darüber hinaus der ursprünglich agrarische Lokalgott von Babylon, Marduk, neben den höchsten Göttern Anu und Enlil an die Spitze des Pantheons (Sommerfeld 1981 und 1982; Barberon 2012).

Der Erfolg währte indes nicht lange. Bereits kurz nach dem Tod seines Vaters verlor Hammurabis Sohn Samsu-iluna (1749-1712 v. Chr.) den Süden des Reiches; in der Folge schrumpfte Babylonien kontinuierlich, bis es um 1595 v. Chr. vollständig verschwand.

Hammurabi von Babylon, kluger Diplomat, ausgezeichneter Stratege und effizienter Verwalter, blieb emblematisch als König der Gerechtigkeit im kulturellen Gedächtnis erhalten. Der Ruhm seines Gesetzestextes wie auch zahlreiche juridische Dokumente bezeugen sein Streben, ein gerechter Herrscher zu sein (zur Ausübung des Rechtes als Teil der königlichen Ideologie s. Charpin 1996 und 2012a).

Letztlich gelang es Hammurabi, Babylon, das bis zu seinem Regierungsantritt eine allenfalls durchschnittliche Bedeutung hatte und noch im 3. Jt. v. Chr. eine Kleinstadt war, zu weltpolitischer Größe aufsteigen zu lassen. Babylon sollte in den folgenden Jahrhunderten ein religiöses und kulturelles Zentrum von vorrangiger Bedeutung werden. Zahlreichen Wechselfällen der Geschichte zum Trotz blieb Babylon die Hauptstadt aller nachfolgenden Dynastien, darunter auch des Weltreiches unter → Nebukadnezar II. (605-562 v. Chr.). Hammurabi begründete das Prestige einer der ruhmreichsten Städte des Alten Orients.

Zur Diskussion, ob im Alten Testament mit Amrafel in Gen 14,1 Hammurabi gemeint ist, s. → Amrafel.

Literaturverzeichnis

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Abbildungsverzeichnis

  • Babylonien zur Zeit Hammurabis. Aus: Wikimedia Commons; © Crates, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-4.0 international; Zugriff 18.11.2016
  • Stele mit dem altbabylonischen Text des Codex Hammurabi (in mittelbablonischer Zeit nach Susa verschleppt). Aus: Wikimedia Commons; © Sailko, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-3.0 unported; Zugriff 18.11.2016
  • König Hammurabi erhält von dem thronenden Gott Schamasch die Herrschaftsinsignien (Flachrelief am oberen Ende der Gesetzesstele des Codex Hammurabi; Babylonien; 18. Jh.). Aus: Wikimedia Commons; © Sailko, Wikimedia Commons, lizenziert unter CreativeCommons-Lizenz cc-by-3.0 unported; Zugriff 18.11.2016

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