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(erstellt: März 2011)

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1. Terminologie

Für Gras finden sich im Hebräischen die Begriffe עֶשֶׂב ‘eśæv (33-mal), חָצִיר chāṣîr (18-mal), יֶרֶק jæræq (8-mal) und דֶּשֶׁא dæšæ’ (14-mal). Während עֶשֶׂב ‘eśæv als Sammelbegriff für Gräser und Kräuter dient und sowohl wild wachsende wie auch Nutzpflanzen meint, bezeichnet חָצִיר chāṣîr das Gras im eigentlichen Sinn. Mit dem Begriff יֶרֶק jæræq wird das leuchtende Grün des Grases hervorgehoben und mit דֶּשֶׁא dæšæ’ dessen üppige Frische.

Im Griechischen der → Septuaginta und im Neuen Testament (15-mal) steht für „Gras“ häufig der Begriff χόρτoϛ, der ein weites Bedeutungsspektrum umfasst. Er kann als Allgemeinbegriff für Gras und grünes Gewächs verwendet werden (Mk 6,39), aber auch für die aufkeimende Getreidesaat oder für blühende Wildpflanzen auf dem Feld stehen (Mt 13,26; Mt 6,30).

2. Gras in der natürlichen Umwelt und als Nahrungsquelle

Verschiedene Arten von Gräsern finden sich sowohl auf den sandigen Böden der Küstenebene, in der Steppe, aber auch in den tropischen Gebieten des Araba- und Jordantales (vgl. Zohary 1986, 28ff; → Araba).

Das Wachstum von Gras ist in Palästina abhängig vom winterlichen Regen. Wo dieser die Erde benetzt, sprosst das Gras binnen weniger Tage auf (Dtn 32,2; 2Sam 23,4, Hi 38,25-27). In der sommerlichen Trockenheit und Hitze und unter dem Einfluss des heißen Ostwindes dagegen verdorrt es schnell (Jes 40,7; Ps 103,15f) und findet sich dann nur noch in der Nähe von Quellen und Wasserläufen. Das Vorhandensein von Gras ist somit gänzlich von den Niederschlägen abhängig (vgl. bereits Gen 2,5; Hi 38,26f).

Das Gras ist Nahrung für wilde und domestizierte Tiere (Gen 41,2; Ps 104,14; Ps 147,8f; Hi 40,15), wie z.B. den Wildesel und das Rind (Hi 6,5) und dient ebenso dem tüchtigen Schafzüchter als Nahrungsgrundlage für seine Tiere (Spr 27,25). Der Terminus „Gras“ kann sich auch auf Nutzpflanzen des Menschen, wie z.B. Getreide, und damit auf dessen Lebensgrundlage beziehen (Ps 104,14). Die Güte Gottes gegenüber allen Geschöpfen zeigt sich darin, dass er Gras sprossen lässt (Ps 104,14; vgl. Ps 65,11-13). Die Vernichtung oder das Ausbleiben des Graswuchses dagegen ist im Alten Orient und im Alten Testament Zeichen von → Fluch und Gericht (vgl. Dtn 28,69ff; Dtn 29,22; Jes 15,6; Jes 42,15; Sfire-Stele: KAI 222A, 28; → Inschriften von Sfire; → Unheil / Unheilsschilderungen). Vor allem Heuschreckeneinfälle (→ Heuschrecke) konnten alles Grün des Feldes binnen weniger Stunden vernichten (Ex 9,22; Am 7,2) und so Mensch und Tier die Lebensgrundlage nehmen. Das Gras auf den Erd- und Lehmdächern der Häuser (Ps 129,6; 2Kön 19,26 // Jes 37,27), das in der Regenzeit durchaus emporsprossen konnte, galt als Unkraut, das ausgerissen werden musste, damit diese dadurch nicht in Mitleidenschaft gezogen wurden.

3. Bildsprache

Auf Gras wird vor allem in Vergänglichkeitsaussagen Bezug genommen. So wie das Gras im Sommer schnell verdorrt, so ist es mit dem Leben des Menschen: Es verwelkt (Jes 40,7f), vertrocknet (Ps 90,5f.12) oder geht zugrunde (Ps 103,15f). In weisheitlichen Zusammenhängen wird betont, dass insbesondere dem Feind oder Frevler keine Beständigkeit eignet, so dass er vergeht wie Gras (Jes 51,12; Ps 37,2; Ps 92,8; Hi 8,11-13 u.ö.). Das Aufblühen von Menschen wird dagegen mit dem schnellen Wachstum und Aufsprießen des Grases verglichen (Jes 44,4; Ps 72,16; Ps 90,5f; Ps 92,8), das dann als Symbol von Frische und Regeneration genannt wird (Jes 66,14). Und das „Weiden auf grünen Auen“ (Ps 23,2) wird im Rahmen der bildlichen Rede von Gott als einem Hirten zum Inbegriff von geglücktem Leben.

Das Neue Testament spricht vom Gras in ähnlichen metaphorischen Zusammenhängen wie das Alte Testament. Jak 1,10f und 1Petr 1,24 stellt unter Anspielung auf Jes 40,6-8 die Vergänglichkeit des Menschen heraus. 1Kor 3,12 spricht vom Gras als wenig brauchbarem Baumaterial.

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Lexikon der Ägyptologie, Wiesbaden 1975-1992
  • Biblisches Reallexikon, 2. Aufl., Tübingen 1977
  • Theologisches Handwörterbuch zum Alten Testament, München / Zürich 1978-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Exegetisches Wörterbuch zum Neuen Testament, 2. Aufl., Stuttgart u.a. 1992
  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003

2. Weitere Literatur

  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina I, Gütersloh 1928, 323-334f
  • Dalman, G., Arbeit und Sitte in Palästina VII, Gütersloh 1942, 49f
  • Moldenke, H.N. und A.L., Plants of the Bible, New York 1952, 28f
  • Neumann-Gorsolke, U. / Riede, P. (Hg.), Das Kleid der Erde. Pflanzen in der Lebenswelt des alten Israel, Neukirchen-Vluyn 2002, s.v. Gras
  • Nigel Hepper, F., Pflanzenwelt der Bibel. Eine illustrierte Enzyklopädie, Stuttgart 1992
  • Riede, P., „Der Gerechte wird wachsen wie eine Zeder auf dem Libanon“ (Psalm 92,13). Pflanzenmetaphorik in den Psalmen, in: ders., Schöpfung und Lebenswelt. Studien zur Theologie und Anthropologie des Alten Testaments (MThSt 106), Leipzig 2009, 19-41
  • Rüthy, A.E., Die Pflanze und ihre Teile im biblisch-hebräischen Sprachgebrauch, Bern 1942, 28-37
  • Wächter, L., Der Tod im Alten Testament (AzTh II/8), Berlin 1967, 97-106
  • Walker, W., All the plants of the Bible, London 3. Aufl. 1959
  • Zohary, M., Pflanzen der Bibel. Vollständiges Handbuch, Stuttgart 2. Aufl. 1986, 94f

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