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Gideon / Jerubbaal

(erstellt: Mai 2007)

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1. Namen und Namensträger

Der Name Gideon (גִּדְעוֹן) ist von der Wurzel גדע gd‘ „(etwas) abhauen“ mit dem Suffix ‑ōn gebildet und bedeutet „der (etwas) Abhauende“, „der Haudegen“ (?). Jerubbaal (יְרֻבַּעַל) verbindet das Verb rbb „zahlreich sein“ (Präfixkonjugation, Qal, semantisch beeinflusst von rbj) mit dem Gottesnamen Baal und bedeutet „Baal ist groß“. Die Namen bezeichnen zunächst zwei unterschiedliche Personen, die in der Überlieferung jedoch miteinander identifiziert wurden.

2. Gideon in Ri 6-8

Gideon aus → Ofra, Sohn des Joasch, aus der Sippe der Abiesriter und dem Stamm Manasse, ist einer der sog. „Großen Richter“ Israels (Ri 6-8; → Richterbuch). Er rettet Israel aus der Hand der → Midianiter.

Der kleine, literarisch nicht einheitliche Erzählzyklus setzt nach dem deuteronomistischen Rahmen in Ri 6,1-10 mit Ri 6,11-24 ein: Gideon hat eine Begegnung mit einem Boten Gottes und baut daraufhin einen Altar in Ofra (eine → Ätiologie). Die → Berufung Gideons (Ri 6,[11*.]12-17) wurde erst später hinzugefügt. Auf Grund der Zerstörung des väterlichen Baalsaltars erwirbt Gideon die Ehrenbezeichnung Jerubbaal (Ri 6,25-32). Über diesen Namen ist Ri 6-8 sekundär mit der Abimelechüberlieferung in Ri 9 verknüpft (s. 3.).

Die erste Midianiterschlacht findet in der Ebene → Jesreel statt (Ri 6,33-8,3). Zweimal erbittet Gideon ein Zeichen Gottes, das ihm gewährt wird (Ri 6,33-40). Vor dem Kampf beschränkt Jahwe die Anzahl der israelitischen Krieger auf 300 (Ri 7,1-8). Nachdem Gideon das gegnerische Lager ausgespäht hat (Ri 7,9-14), greift er an und erringt den Sieg. Die midianitischen Fürsten → Oreb („Rabe“) und Seeb („Wolf“) kommen auf der Flucht ums Leben (Ri 7,15-8,3). Im Ostjordanland schlägt Gideon die Midianiter ein zweites Mal, tötet ihre Könige → Sebach und Zalmunna im Zweikampf und nimmt so Rache für die (zuvor nicht erwähnte) Ermordung seiner Brüder (Ri 8,4-21).

Mit der Abwehr der Midianiter in Ri 7-8* ist die älteste Tradition vom „Retter“ Gideon gegeben. Die folgenden Abschnitte verweisen bereits auf Ri 9 (s. 3.): Ein Angebot zur Herrschaft über Israel lehnt Gideon, der als Kontrastfigur zu Abimelech gezeichnet wird, ab (Ri 8,22f.). Der Untergang des Hauses Gideon, von dem erst Ri 9 berichtet, wird auf die Anfertigung eines Efods (→ Kultgeräte) zurückgeführt (Ri 8,24-27). Die 70 Söhne Gideons und Abimelech werden in Ri 8,30-31 eingeführt.

3. Jerubbaal in Ri 9

Jerubbaal ist der Vater von → Abimelech und dessen 70 Brüdern, die um die Herrschaft in → Sichem streiten (Ri 9,1ff.; vgl. 2Sam 11,21: abwertend Jerubboschet: „Groß ist die Schande“). Der Name Jerubbaal wird an mehreren Stellen auf Gideon übertragen: Ri 7,1; Ri 8,29; Ri 8,35 und besonders Ri 6,32, wo er ihn für sein Eintreten gegen Baal als Ehrennamen mit der Bedeutung „Baal möge gegen ihn streiten“ erhält. Diese Stellen setzen die sekundäre Verbindung von Ri 6-8 und Ri 9 voraus (vgl. auch Ri 8,30-31: Ri 9,16-19; und 1Sam 12,11).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • Lexikon für Theologie und Kirche, 3. Aufl., Freiburg i.Br. 1993-2001
  • Religion in Geschichte und Gegenwart, 4. Aufl., Tübingen 1998-2007

2. Weitere Literatur

  • Bartelmus, R., 1991, Forschung am Richterbuch seit Martin Noth, ThRu 56, 221-259, 243f
  • Becker, U., 1990, Richterzeit und Königtum. Redaktionsgeschichtliche Studien zum Richterbuch (BZAW 192), Berlin / New York, 140-208
  • Gaß, E., 2005, Die Ortsnamen des Richterbuches in historischer und redaktioneller Perspektive (ADPV 35), Wiesbaden
  • Gesenius, W., Hebräisches und aramäisches Handwörterbuch über das Alte Testament, bearbeitet und herausgegeben von H. Donner, Berlin u.a. 18. Aufl., 1. Lieferung 1987, 203; 2. Lieferung 1995, 492
  • Görg, M., 1993, Richter (NEB), Würzburg
  • Jans, E., 2001, Abimelech und sein Königtum. Diachrone und synchrone Untersuchungen zu Ri 9 (ATSAT 66), St. Ottilien, 119-122.343-355
  • Knauf, E.A., 1988, Midian. Untersuchungen zur Geschichte Palästinas und Nordarabiens am Ende des 2. Jahrtausends v. Chr. (ADPV 10), Wiesbaden, 34-41
  • Köhler, L. / Baumgartner, W., Hebräisches und aramäisches Lexikon zum Alten Testament, Leiden 3. Aufl. 1967-1990, 414.1096
  • Noth, M., 1928, Die israelitischen Personennamen im Rahmen der gemeinsemitischen Namengebung, Stuttgart (Nachdruck: Hildesheim / New York 1980), bes. 206f.227f
  • Rechenmacher, H., 1997, Personennamen als theologische Aussagen (ATSAT 50), St. Ottilien, 62.64f
  • Scherer, A., 2005, Überlieferungen von Religion und Krieg. Exegetische und religionsgeschichtliche Untersuchungen zu Richter 3-8 und verwandten Texten (WMANT 105), Neukirchen-Vluyn
  • Scherer, A., 2005, Gideon – ein Anti-Held? Ein Beitrag zur Auseinandersetzung mit dem sog. 'Flawed-Hero Approach' am Beispiel von Jdc. vi 36-40, VT 55, 269-273

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