gerecht, Gerechter

(Gerechtigkeit) Als »gerecht« wird im Deutschen ein Mensch bezeichnet, der sich so verhält, wie es dem allgemeinen Rechtsempfinden entspricht. »Gerecht« im Sinne des Alten Testaments ist der Mensch, der sich nach dem Gesetz richtet, in dem Gott dem Volk seinen Willen kundgetan hat (Ps 1; 37). Es ist der Mensch, der nach Gott fragt und ihm gehorcht. Verschiedentlich meldet sich jedoch schon im Alten Testament das Bewusstsein, dass letztlich kein Mensch vor Gott als »gerecht« bestehen kann (z.B. Hiob 4,17; 15,14; Ps 143,2). Im Frühjudentum wird der »gerechte« Mensch zum Gegenstand endzeitlicher Hoffnung; der Messias (Christus) wird als der »Gerechte« erwartet und ersehnt. Vom Erscheinen dieses Gerechten hängt die Rettung Israels ab (Jes 53,11).

Diese Schriftstellen und Traditionen stehen im Hintergrund, wenn Jesus im Neuen Testament als »gerecht« (so wörtlich in Lk 23,47; 1Joh 2,29; 3,7) oder als »der Gerechte« bezeichnet wird (Apg 3,14; 7,52; 22,14; 1Petr 3,18; 1Joh 2,1). Durch sein Sterben und Auferstehen hat Gott den Menschen einen Weg eröffnet, auf dem auch sie vor ihm »als gerecht bestehen« können: den Weg des vertrauenden Glaubens (siehe dazu sowie zum besonders profilierten Verständnis von Gerechtigkeit bei Paulus v.a. Gerechtigkeit).

In der altisraelitischen Weisheitsliteratur (Weisheit) findet sich ein Verständnis von »gerecht sein«, das dem nahe kommt, was wir heute »Solidarität« nennen: ein Verhalten auf Gegenseitigkeit, das sich an lebensdienlichen Ordnungen orientiert (siehe die ausführliche Anmerkung zu Spr 1,1).