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Ewigkeit (AT)

(erstellt: Februar 2014)

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1. Vorverständnis

Die gängige Verwendung des Begriffes Ewigkeit ist von Aristoteles geprägt. Er sieht Ewigkeit als das Ziel der Zeit an; sie umschließt den zeitlichen Ablauf und ist zugleich in ihr präsent (Echternach 1972, 838). Aristoteles greift dabei auf Platon zurück, der mit αἰών aiōn die zeitlose Ewigkeit, mit χρόνος chronos dagegen die Welt- oder Lebenszeit meint (Guhrt / Kraus 1997, 1994) und beide einander gegenüberstellt (Holtz, 1980, 106).

αἰών aiōn kann auch die Abfolge mehrerer Zeitalter / Äonen meinen. Dabei handelt es sich im Alten Testament um eine späte Vorstellung, die sich im Plural עֹלָמִים ‘ôlāmîm (Pred 1,10) niedergeschlagen hat und sich in Sir 39,20 (Lutherbibel: Sir 39,25) „von Äon zu Äon“ (ἀπὸ τοῦ αἰῶνος εἰς τὸν αἰῶνα apo tou aiōnos eis ton aiōna) findet. Sie begegnet im Neuen Testament dort, wo Weltzeit als Aufeinanderfolge von Zeitaltern erfasst wird (1Kor 2,7) und die Gemeinde Christi sich im Zenit der Zeiten sah, da mit dem Kommen Christi die Enden / Ziele der Zeitalter (1Kor 10,11) aufeinandertrafen. Die Vorstellung findet sich bereits da, wo die Idee eines Weltzeitalters aufscheint (Bachmann 2009, 163-164) und eine frühjüdisch-apokalyptische Zwei-Äonen-Lehre anklingt (4Esr 7,75), so dass die Vorläufigkeit des bisherigen Äons durch den neuen und dauerhaften des angebrochenen Reiches Gottes abgelöst wird. Ewigkeit erhält hier nicht nur eine zeitliche, sondern auch eine räumliche Bedeutung, denn dieser Äon eröffnet einen neuen Kosmos.

In der Theologie weckt „Ewigkeit“ Assoziationen im Blick auf jenseitige Weiterexistenz, ewiges Leben und damit verbunden → Auferstehung oder Unsterblichkeit der Seele. Durch die häufige Verwendung von „ewig“ und „Ewigkeit“, insbesondere in der Lutherübersetzung, muss damit gerechnet werden, dass es zu einer Uminterpretation der hebräischen Texte kommt, indem ein Jenseits- und Auferstehungsgedanke eingetragen wird, so insbesondere bei Aussagen über die Ewigkeit der auf Gott Hoffenden (Ps 125,1) oder des Sterbenden, der dahin fährt, „wo er ewig bleibt“ (Pred 12,5).

Im Alten Testament drückt „Ewigkeit“ dagegen die fernste Zeit aus. Der Begriff kann sich auf die Zukunft oder die Vergangenheit beziehen, aber auch beide umfassen. Ewig ist demnach nie zeitlos gedacht, sondern meint die gesamte Zeitdauer; etwas währt so lange wie möglich. So ist mit „Ewigkeit“ die Ur- bzw. Vorzeit oder die fernste Zukunft gemeint, wobei es meistens nicht um einen Anfangs- oder Endpunkt der Zeit bzw. eine Epoche am Anfang oder Ende geht, sondern um eine qualitative Aussage über Kontinuität, Dauerhaftigkeit und Beständigkeit. Insofern mag von einer unendlichen Zeit gesprochen werden, deren Grenzen dem Menschen verborgen sind (Orelli 1871, 70).

2. Begriffe und semantische Felder

Das Wortfeld von Ewigkeit umfasst folgende Begriffe:

2.1. „Fernste Zeit“ (עוֹלָם)

עוֹלָם ‘ôlām ist im Alten Testament über vierhundert Mal belegt, fast immer als nomen rectum in einer constructus-Verbindung (Jenni 1953, 50). Der Begriff hat die Grundbedeutung „fernste Zeit“. Diese kann in der Vergangenheit liegen, so dass man metaphernhaft davon sprechen kann, dass es unter den ewigen Armen des Gottes der Urzeit (אֱלֹהֵי קֶדֶם ’älohê qædæm) Zuflucht gibt (Dtn 33,27). Von einer fernen Vergangenheit ist auch die Rede, wo auf die Schöpfung Bezug genommen wird (Hab 3,6) oder von der → personifizierten Weisheit gesagt wird, sie sei am Anfang der Schöpfung präsent gewesen (Spr 8,22). Bei dem zukünftigen, messianischen Herrscher gibt die Vorstellung von seiner Vorzeitigkeit seiner Hoheit Ausdruck (Mi 5,1; vgl. Spr 8,23). Bei → Ezechiel werden die Toten als eigenes Volk gesehen, das dauerhaft und von Anfang an besteht. Beides könnte in der Bezeichnung als Volk der Ewigkeit (עוֹלָם ‘ôlām) ausgedrückt sein. Sein Aufenthaltsort ist eine ewige Einöde, eine dauerhaft zerstörte Welt (Ez 26,20), aus der es kein Entrinnen gibt.

Auch dort, wo in der Geschichte etwas Neues einsetzt, kann עוֹלָם ‘ôlām etwas in der Vorzeit Liegendes bezeichnen, nämlich die Anfänge der Geschichte Gottes mit seinem Volk (Dtn 32,7; Jes 63,9.11), die Rechtsbestimmungen (Ps 119,52), die Besiedlungsgeschichte (Mi 7,14), den davidischen Tempel (Am 9,11) und Opferkult (Mal 3,4) sowie die berühmten Vorfahren (אבות עולם ’ǎvôt ‘ôlām; Sir 44,1). Mehrfach wird dazu die Metapher des Weges verwendet, bei der sich „ewig“ auf die Vergangenheit (Hi 22,15; Jer 6,16; Jer 18,15) oder Zukunft (Ps 139,24) bezieht.

Hi 22,15 liegt möglicherweise eine andere Wurzel, nämlich עולם ‘ôlām III zugrunde, um so den Lebensweg → Hiobs wie den der Frevler als dunkel bzw. ignorant zu kennzeichnen (vgl. DCH, Bd. VI, 306: „darkness, ignorance“ Hi 22,15).

Für die frühere Zeit wird mehrfach auch קֶדֶם qædæm „Urzeit“ verwendet, insbesondere bei Schöpfungsbezügen (Ps 54,20; Ps 68,34; Jes 51,9), aber auch bei den Geboten Gottes (Ps 119,152) und dem Handeln Gottes in der Geschichte Israels (Ps 44,2; Mi 7,20). Der Ausdruck „ewige Tore“ (Ps 24,7; Ps 24,9) verweist dagegen nicht auf die Urzeit, sondern auf einen uralten Kultort und meint die Tempeltore (Kraus 1979, 92). Die ewigen Grenzen (Spr 22,8) sind von den Vorfahren gesetzt worden und sollen entsprechend bestehen bleiben.

Der → Bund, den Gott schließt, hat Bestand (Ps 111,9). Dies gilt für den noachitischen Bund (Gen 9,16), den Sabbat-Bund (Ex 31,16; Lev 24,8) und den Davidsbund (2Sam 23,5). Sie sind ewig, weil sie mit den Anfängen der jeweiligen Geschichte über die Gegenwart mit der Zukunft verbunden sind.

Die „fernste Zeit“ kann auch in der Zukunft liegen, und zwar sowohl als ein ausstehendes zukünftiges Ereignis als auch als ein in der Gegenwart ansetzendes kontinuierliches Geschehen. Letzteres ist bei einem dauerhaften Recht (Lev 25,32.34) oder der Vernichtung einer Stadt, die nie wieder aufgebaut werden soll (Dtn 13,17), ebenso der Fall wie bei der lebenslänglichen Leibeigenschaft eines → Sklaven (Ex 21,6; Dtn 15,17), der aaronitischen Priesterordnung (Ex 29,9) oder der Weihe → Samuels für den Tempeldienst (1Sam 1,22.28).

Für solche durch die Lebenszeit begrenzte Zeit sowie gelegentlich auch für dauerhafte Ordnungen (Ex 29,9) verwendet die → Septuaginta αἰών aion Äon.

Der Wunsch, dass der → König ewig lebe (Ps 21,5), ist eine höfische Formel, die überwiegend nach dem Exil auftritt (Neh 2,3; Dan 2,4; Dan 3,9; Dan 5,10; Dan 6,7.22), und übertreibend Langlebigkeit meint.

Bei der Wirkung des → Baumes des Lebens ist dauerhaftes Leben gemeint (Gen 3,22). Der sterblich geschaffene Mensch bleibt am Leben, solange er zum Baum des Lebens Zugang hat. Sobald ihm dieser Baum, nachdem er vom Baum der Erkenntnis des Guten und Bösen gegessen hat, jedoch versperrt wird, ist diese Dauerhaftigkeit nicht mehr gegeben und der Tod tritt in die Welt.

Der Baum des Lebens bewirkt also kein ewiges Leben, sondern hat regenerierende Funktion. Dies wird auch im → Gilgamesch-Epos deutlich (TUAT III/4, 671ff, Z. 266-283), in dem Gilgamesch ein Stechdorn ähnliches Kraut erhält. Dieses hat eine verjüngende Funktion und zwar sowohl für die Menschen, die so ihre Jugend zurückerlangen als auch für die Tiere, wie an der Schlange ersichtlich ist, da sie sich, nachdem sie das Kraut gefressen hat, durch Häutung stets verjüngt. Hierzu fügt sich, dass die Erwartung einer endzeitlichen Friedenszeit mit Langlebigkeit verbunden ist (Jes 65,20-25).

עוֹלָם ‘ôlām wird fast ausschließlich im Singular verwendet. Der Plural עוֹלָמִים ‘ôlāmîm hat als Intensivplural eine steigernde Funktion (Ps 61,5; Ps 77,6.8; Pred 1,10; Jes 26,4; Jes 45,17; Jes 51,19).

Die präpositionale Wendung עַד־עוֹלָם ‘ad ‘ôlām „bis in Ewigkeit“ drückt eher das „sukzessive zeitliche Fortschreiten in die Zukunft“ aus, während לְעֹלָם lə‘ôlām „für immer“ mehr eine statische Bedeutung hat (Jenni 1979, 233).

Nirgends bezeichnet עוֹלָם ‘ôlām eine in der Zukunft liegende Zeitperiode, geschweige denn eine jenseitige Ewigkeit. Dies ist besonders für → Kohelet zu bedenken. Dessen Aussage, dass Gott alles zu seiner Zeit schön gemacht und auch dem Menschen הָעֹלָם hā‘ôlām in sein Herz gelegt hat (Pred 3,11), meint keine Ewigkeit, sondern עוֹלָם ‘ôlām wird auch hier als Zeitbegriff verwendet, und zwar für die Dauerhaftigkeit oder die ferne Zeit, „welche die Lebensdauer des einzelnen Menschen in Richtung Vergangenheit und / oder Zukunft weit überschreitet“ (Krüger 2000, 174). Im Anschluss an das Gedicht über die Zeit (Pred 3,1-8) meint עוֹלָם ‘ôlām das Vorhaben des Menschen, welches Teil der göttlichen Vorhersehung ist (vgl. Sir 42,18.19).

Die Wendung „Haus der Ewigkeit“ בֵֵּית עוֹלָם bêt ‘ôlām (Pred 12,5) entspricht ägyptischem pr (n) ḏ.t und ist ein Euphemismus für das Grab, wo der Tote fortan bleiben wird. Sie findet sich leicht abgewandelt als εἰς τὸν αἰώνιον τόπον eis ton aiōnon topon „zum ewigen Ort“ auch in Tob 3,6 (Fischer 1999, 98 Anm. 544).

Das aramäische Wort עָלְמָא ‘āləmā’ „Ewigkeit“ weist gegenüber seinem hebräischen Pendant keinen Bedeutungsunterschied auf. Die liturgische Formel „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (מִן־עָלְמָא וְעַד־עָלְמָא min-‘āləmā’ wə‘ad-‘āləmā’) dient dem Lobpreis der Beständigkeit und Zuverlässigkeit Gottes (Dan 2,20) bzw. des göttlichen Königreiches (Dan 7,18).

2.2. „Von Generation zu Generation“ (דּוֹר וָדוֹר)

Durch das Kommen und Gehen der Generationen (Pred 1,4) wird mit der Wendung דּוֹר וָדוֹר dôr wādôr „von Generation zu Generation“ eine unbegrenzte Kontinuität der Zeit ausgedrückt, die jedoch stets in der Schöpfung und der Zeit verhaftet bleibt, so dass sie nicht als „Trans-Temporalität, verstanden als Unwandelbarkeit und Unvergänglichkeit“ (Knauf / Zangenberg 2006, 173) aufgefasst werden sollte. In ihr finden die zeitlichen Ereignisse statt (Pred 3,1-9). Das wiederholte דּוֹר dôr bringt ein repetitives Element in den Blick, welches für ungebrochene Kontinuität im Blick auf die Vergangenheit oder Zukunft steht (Est 9,28; Ps 89,5; Ps 145,13; Jes 13,20; Jes 34,17; Jes 58,12; Jes 60,15; Jes 61,4; Jer 50,39).

עוֹלָם ‘ôlām und דּוֹר dôr können kombiniert werden, um Dauerhaftigkeit mit Nachdruck auszusagen, so im Blick auf das aaronitische Priestertum (Ex 40,15), den Thron Gottes (Klgl 5,19), Juda und Jerusalem (Jo 4,20) oder das Unheil Edoms (Jes 34,10). Mose ruft das Volk Israel auf, seine Geschichte zu erinnern (Dtn 32,7), und → Joel sieht ein großes und feindliches Volk heraufziehen, „welches es noch nie (מִן־הָעוֹלָם min-hā’ôlām) gegeben hat und auch in Zukunft nicht geben wird (עַד־שְׁנֵי דּוֹר וָדוֹר ‘ad šenej dôr wādôr).“ (Jo 2,2).

2.3. „Stetigkeit“ (עַד)

Kontinuität und Bestand wird auch durch das Nomen עַד ‘ad ausgedrückt. In der präpositionalen Verbindung לָעַד lā‘ad „für immer“ kann es sich auf Verwerfung (1Chr 28,9), Zorn (Am 1,11) und Erinnerung (Hi 19,24; Ps 9,19; Jes 64,8) beziehen. In den → Psalmen ist es stets positiv konnotiert und bezieht sich auf Gottesfurcht (Ps 19,10), Segnungen (Ps 21,7), lebendige Herzen (Ps 22,27), Landbesitz (Ps 37,29), das Besingen des Namens Gottes (Ps 61,9), königliche Nachkommen (Ps 89,30), Jahwes Gerechtigkeit (Ps 111,3), Taten (Ps 111,8), Ruhm (Ps 111,10), Schöpfungsordnungen (Ps 148,6) und menschliche Gerechtigkeit (Ps 112,3; Ps 112,9). Verstärkt wird es durch das Partizip עֹמֶדֶת ‘omædæt „bestehend“ (Ps 111,10; Ps 112,3.9; Ps 113,3; Ps 148,6). Ferner kennen die → Proverbien diesen dauerhaften Bestand bei aufrichtigem Reden (Spr 12,19) und Richten (Spr 29,14).

Die Wendung לְעֹלָם וָעַד lə‘olām wā‘ad „für immer und ewig“ erfasst verschiedene Lebensbereiche, so den Lobpreis des Königtum Jahwes (Ex 15,18; Ps 10,16; Ps 45,7.18; Ps 48,15; Ps 145,1.21) oder Davids (Ps 21,5), das Vertrauen auf Gottes Gnade (Ps 52,10), die materielle Schöpfung (Ps 104,5; Ps 148,6), die Vorschriften und Weisungen Gottes (Ps 111,8; Ps 119,44) sowie die dauerhafte Verbindung zwischen Israel und Jahwe (Mi 4,5). Im Gerichtskontext bezieht sie sich auf die Vernichtung der Gottlosen durch Auslöschung ihrer Namen (Ps 9,6) und Selbstüberschätzung Babels (Jes 47,7).

Eine eschatologische Komponente erhält die Wendung bei → Daniel in der Verheißung, dass die Verständigen wie die Sterne für immer und ewig leuchten werden (Dan 12,3). Singulär ist die Bezeichnung des erwarteten Friedefürsten als אֲבִיעַד ’ǎvî‘ad „Vater der Ewigkeit / Beständigkeit“ (Jes 9,5).

2.4. „Vollständigkeit“ (נֵצַח)

נֵצַח nezaḥ kann Vollständigkeit ausdrücken, etwa beim Dreschen von Getreide (Jes 28,28). In temporaler Verwendung bezeichnet der Begriff etwas, das unaufhörlich andauert, so etwa chronische Krankheit (Jer 15,18), das Zugrundegehen von Menschen (Hi 4,20), den dauerhaften Zorn Jahwes (Jes 57,16; Jer 3,5) sowie die Hoffnung auf ein zukünftiges, dauerhaftes, sicheres Jerusalem (Jes 33,20) und das Gericht über ein unbewohntes Babel (Jer 50,39). נֵצַח nezaḥ fügt sich zum Begriff der Ewigkeit: Wo es keine Auferstehungshoffnung gibt, da stirbt der Mensch für immer (Hi 14,20; Ps 49,20). Hingegen wird in der sog. → Jesaja-Apokalypse der Tod für immer verschlungen (Jes 25,8).

2.5. „Tag für Tag“ (יוֹם יוֹם)

Die Wiederholung in יוֹם יוֹם jôm jôm „Tag für Tag“ drückt ebenfalls Dauerhaftigkeit aus, so beim Einhalten von Gelübden (Ps 61,9).

3. Ewigkeit Gottes

Gott ist seinem Wesen nach ewig (Gen 21,33; Jes 40,28). Vor und nach ihm ist niemand. Von daher kann ein exklusiver Anspruch abgeleitet werden (Jes 44,6).

Seine Ewigkeit gilt in Relation zur irdischen Herrschaft, denn Jahwe ist dauerhaft König (Ps 29,10; Jer 10,10). „Alt an Tagen“ (Dan 7,9.13) zu sein, ist eine Charakterisierung Gottes, die seine Vorzeitigkeit und Beständigkeit im Kontrast zu wechselnden Weltreichen ausdrückt. Sie ist als Beiname Gottes auch aus → Ugarit bekannt. Gott schwört bei seiner Ewigkeit (Dtn 32,40) und seine Ewigkeit wird im Gotteslob gepriesen. Dieses geschieht häufig durch die Ewigkeitsformel „von Ewigkeit zu Ewigkeit“ (מִן־הָעוֹלָם עַד־הָעוֹלָם min-hā‘ôlām ad-hā’ôlām; 1Chr 16,36; Neh 9,5; vgl. 1Chr 29,10; Ps 41,14; Ps 106,48; Dan 2,20). Sie dient der Intensivierung und drückt stetiges und dauerhaftes Lob des Gottes aus, der mächtiger als alles Irdische ist.

Das Verhältnis von Gott zu Zeit und Ewigkeit kommt besonders in Ps 90 zum Ausdruck. Gott steht als außerweltliche Größe jenseits von Zeit und Raum, an die seine Schöpfung gebunden ist. Er ist ausdrücklich von der Vergänglichkeit ausgenommen und erweist sich insbesondere in Bezug auf seine Schöpfung als vorzeitig und damit ewig (Ps 90,2). Wenn tausend Jahre vor ihm wie ein Tag sind (Ps 90,4; 2Petr 3,8), so verfügt er nicht über mehr Zeit, als würde er im Prinzip die gleiche Zeiterfahrung in ganz anderen Proportionen machen (so Seybold 1997, 101), sondern steht in einem kategorial anderen Verhältnis zu ihr. „In Ps 90 steht alles beisammen: Ewigkeit und Zeit, erlebt und berechnet, göttliches Handeln für Raum und Zeit und Gottes Handeln an Menschen in Raum und Zeit.“ (Köckert 2009, 167).

Ewigkeit ist demnach die Daseinsfülle Gottes in jeglicher Hinsicht. Darauf weisen bereits die → Selbstvorstellung Gottes und sein Name → Jahwe (Ex 3,14.15).

Von der Ewigkeit Gottes her erschließen sich die Aussagen über die → personifizierte Weisheit, die vom Anfang der Schöpfung an anwesend war (Spr 8,22; Weish 6,21 [Lutherbibel: Weish 6,22f.), vom Mund Gottes ausging (Sir 24,3 [Lutherbibel: Sir 24,4-5]) und wie ein Nebel die Erde bedeckte, so dass die Weisheit mit dem Geist Gottes identifiziert werden kann (Gen 1,2; → Geist).

Im Neuen Testament hingegen wird einerseits über die Schöpfungsanfänge eine Verbindung zu Jesus als dem Logos hergestellt, welcher im Anfang war (Joh 1,1.2), und andererseits über die Sohnschaft die Ewigkeit auf ihn erstreckt (Hebr 1,8-12).

Das Gottgewirkte wird als ewig, beständig angesehen. Dies bringen insbesondere die Psalmen zum Ausdruck. Ewig währen Gottes → Gnade, Treue und Güte (Ps 25,6; Ps 103,17; Ps 117,2). Sie bestehen ebenso dauerhaft, wie Jerusalem, die Stadt Gottes, in der Gott gegenwärtig ist (Ps 48,9; → Zion). Ihren Tempel hat er wie die Erde zum dauernden Bestand erschaffen (Ps 78,69). Die Gegenwart Gottes verleiht auch den Menschen, die sich zu ihm halten, Bestand (Ps 37,28; Ps 55,23).

4. Ewigkeit, Jenseits und Eschatologie

Die Bezeichnung אֱלֹהֵי עוֹלָם elohê ‘ôlām „ewiger Gott“ (Jes 40,28) nimmt in nachexilischer Zeit auf, dass Gott als Schöpfer von Anfang an da ist und so auch in der gegenwärtigen Geschichte Israels präsent ist. Er steht „als der souveräne Herr über alle Geschichte und damit auch über alle Zeit, die er geschaffen hat“ (Jenni 1953, 69). In einem linearen → Zeitverständnis steht Jahwe am Anfang und am Ende und überschaut beides (Jes 44,6.7); so wie der Schöpfungsgedanke am Anfang der Zeit steht und die Eschatologie an deren Ende. In ihr richtet sich Gott ein ewiges Zeichen auf (Jes 55,13). Dort kommen Gottes Heil (Jes 51,6), Gerechtigkeit (Jes 51,8), Güte (Jes 54,8) und Bund (Jes 55,3) ewig zum Tragen.

Die Erweiterung der eschatologischen Vorstellung in der → Apokalyptik ist im Alten Testament eine sehr späte Randerscheinung, die erst dort möglich wurde, wo in einer linearen Zeitvorstellung eine Zeit am Ende (אַחֲרִית aḥǎrît) der Tage (Dan 10,14) erwartet wurde. Vor dieser lösen verschiedene Reiche einander ab, bis das Reich Gottes anbricht, welches ewig bleibt (Dan 2,44; Dan 7,27). Zugleich kommt ein Auferstehungsglaube auf, dass Menschen zu ewigem Leben bzw. zu ewiger Schande aufwachen werden (Dan 12,2.13).

Ältere Zeiten kennen nur die Vorstellung, dass einzelne Personen nicht sterben. Wenn → Henoch (Gen 5,22-24; Sir 44,16; Sir 49,14 [Lutherbibel: Sir 49,16]) und → Elia von Gott hinweggenommen werden (2Kön 2,1-11), so wird hier keine Ewigkeitshoffnung entwickelt. Stattdessen wird etwas über das Verhältnis zwischen Gott und Henoch bzw. Elia ausgesagt. Dabei wird Henochs Entrückung als Zeichen des Wohlgefallen Gottes (Sir 44,16; Hebr 11,5) angesehen.

Die Hoffnung auf eine Auferstehung und damit verbunden die Vorstellung von jenseitiger Ewigkeit findet sich vermehrt in der Übersetzung und den Erweiterungen der → Septuaginta (LXX Hi 42,17b) sowie in den → Apokryphen. Drückt Ps 16,10 die Bewahrung vor dem Tod mit der Wendung aus, dass man Scheol und Grube nicht sehen werde, so erhält diese Wendung in der Septuaginta (Ps 15,10 LXX) die Konnotation der Bewahrung vor dem biologischen Verfall, also der Verwesung. Dass dies dem Menschen, der als Abbild Gottes zur Unverweslichkeit ἐπ᾽ ἀφθαρσίᾳ ep’ aphtharsia geschaffen ist (Weish 2,23), zugesagt wird, drückt die Hoffnung auf die „Unvergänglichkeit der Gesamtperson“ (Gzella 2002, 116) aus und geht damit über die hellenistische Vorstellung hinaus, dass nur das Geistige unvergänglich sei, da sie eine Hoffnung auf etwas Leibliches beinhaltet.

Mit ἐπ᾽ ἐσχάτων ep’ eschatōn (Weish 3,17; Weish 4,19) wird auf das Endgericht verwiesen, so dass δι᾽ αἰῶνος di’ aiōnos „auf ewig“ (Weish 4,19) und εἰς τοὺς αἰῶνας eis tous aiōnas „bis in Ewigkeit“ eine unbegrenzte Zeitspanne bezeichnet, welche auch das Endgericht umfasst (Blilschke 2009, 197).

In der Qumrangemeinschaft gelten → Engel, Gericht, Gebote und Satzungen, alles was zur göttlich-himmlischen Welt gehört, qualitativ als ewig. Die eschatologische Dimension hat einen hohen Stellenwert bekommen, so dass sich die Qumrangemeinschaft als eine eschatologische Größe, eine ewige Versammlung oder Pflanzung, versteht (Gemeinderegel 1QS 8,1; 11,8).

Literaturverzeichnis

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  • Calwer Bibellexikon, Stuttgart 2003
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  • Blischke, M.V., 2009, „Die Gerechten aber werden ewig leben“ (Sap 5,17). Begrenzte und entgrenzte Zeit in der Sapientia Salomonis, in: R.G. Kratz / H. Spieckermann (Hgg.), Zeit und Ewigkeit als Raum göttlichen Handelns. Religionsgeschichtliche, theologische und philosophische Perspektiven (BZAW 390), Berlin / New York, 187-212
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  • Krüger, T., 2000, Kohelet (Prediger) (BKAT 19, Sonderband), Neukirchen-Vluyn
  • Loader, J.A., 1969, Qohelet 3:2-8 – A „sonnet“ in the Old Testament", ZAW 81/2, 240-242
  • von Orelli, C.,1871, Die hebräischen Synonyma der Zeit und Ewigkeit genetisch und sprachvergleichend dargestellt, Leipzig
  • Seybold, K., 1997, Zu den Zeitvorstellungen in Psalm 90, ThZ 53,97-108

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