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(erstellt: April 2013)

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1. Bedeutung

Hebräisch עֶלְיוֹן ‘æljôn (samaritanisch: illijjon, Sekunda [zweite Spalte der Hexapla des → Origenes] zu Ps 46,5 und Ps 89,28: ελιων) ist von der allgemein-semitischen Wurzel ‘LW „hoch sein“ abgeleitet und bezeichnet „das, was oben ist“. Daneben wird das Wort auch als eine Gottesbezeichnung im Sinne von „der Höchste“ gebraucht, die grundsätzlich nicht mit Artikel versehen wird (Ausnahme: 11Q5 27,11) und sich so in diesem Kontext als feststehende Bezeichnung bzw. Titel und nicht als einfaches Nomen erweist.

2. Umwelt des Alten Testaments

In der Umwelt des Alten Testaments findet sich mit ‘lj eine weitere Ableitung der Wurzel ‘LW als Bezeichnung unterschiedlicher Gottheiten wie z.B. ugaritisch ‘lj für → Baal (z.B. KTU 1.16 III 8 [TUAT III/6, 1246]), die möglicherweise auch in Hos 11,7 in einer haplographisch verkürzten Form vorliegt (עַל יִקְרָאֻהוּ aus עלי יקרא הו; vgl. auch Schmidt 1999, 15; der Verweis auf qatabanisch t‘lj dort ist aber zu streichen). Die griechische Bezeichnung ὕψιστος hypsistos „Höchster“ / ὕψιστης hypsistēs „Höchste“, die ebenfalls unterschiedlichen Gottheiten zukommen kann, entspricht in ihrer Bedeutung und ihrem Gebrauch sowohl ‘lj als auch ‘ljn.

Eine eigenständige Gottheit namens Eljon / Eljan kann jedoch nicht nachgewiesen werden.

Dies gilt auch für das Wort ‘ljn, das neben El in KAI 222 A 11 in einer Liste der Vertragsgötter des Sfire-Vertrages angeführt wird (→ Sfire), in der die Gottheiten weitgehend in Paaren angeordnet sind. „El und ‘ljn“ eröffnen dort den Schlussteil der Liste, in der der Vertragsschluss als vor dem gesamten Kosmos geschlossen präsentiert wird, wobei die einzelnen Bereiche (Raum, Wasserwelt, Zeit) in ihrer Gesamtheit durch die Stilfigur des Merismus angesprochen werden: „Himmel und Erde“, „Meeresgrund und Quellen“ sowie „Tag und Nacht“. „El und ‘ljn“ repräsentieren somit die gesamte Götterwelt, wobei El als höchste göttliche Autorität sachgerecht vorangestellt wird (→ El). Von hierher ist es weder wahrscheinlich, dass ‘ljn eine eigenständige Gottheit war, für die sich in den übrigen Texten aus der Umwelt des Alten Testaments kein weiterer Hinweis finden lässt, noch dass hier eine Art Hypostase Els vorliegt. Die einfachste Deutung ist, ‘ljn als Plural zu ‘lj „die Höchsten“ zu lesen, womit der gesamte Pantheon bezeichnet wird, dem El vorsteht.

Auch die Erwähnung des Elioun / Hypsistos bei → Philo von Byblos als Großvater des El / Kronos (→ Eusebius, Praeparatio evangelica I 10.15f; Text Kirchenväter 3) kann nicht die Beweislast für die Existenz einer selbstständigen Gottheit tragen. Hier dürfte es sich um eine späte hellenistisch geprägte Interpretation handeln, die aus den unterschiedlichsten umlaufenden Namen und Traditionen einen Mythos großer Männer der Vorzeit konstruierte, der zugleich die Etymologie für Götternamen liefert. Dabei besaß Philo oder die von ihm aufgenommene Tradition offenkundig nicht mehr als diese Gottesbezeichnung, die dann auf Grund ihrer Bedeutung an die Spitze der beschriebenen Generationen gestellt wurde.

3. Eljon im Alten Testament

Dass auch den Autoren des Alten Testaments für das als Gottesbezeichnung gebrauchte Eljon dessen allgemeine Grundbedeutung „das was oben ist“ bewusst war, wird durch seinen prädikativen Gebrauch in Ps 83,19 und Ps 97,9 deutlich, wo Jahwe als „Höchster über die ganze Erde“ (עֶלְיוֹן עַל־כָּל־הָאָרֶץ) bezeichnet wird. Entsprechend begegnet Eljon auch als Apposition zu Gottesnamen oder anderen Bezeichnungen Gottes, um diesen als „Höchsten“ zu apostrophieren (El Eljon: Gen 14,18-20.22; Ps 78,35; Jahwe Eljon: Ps 7,18; Ps 47,3; Ps 97,9; Elohim Eljon im sog. elohistischen → Psalter Ps 57,3; Ps 78,56).

Die Bezeichnung eines Gottes als „Höchster“ hat insbesondere im Kontext des hymnischen Gotteslobes ihren Platz, und so ist es nicht weiter verwunderlich, dass die Masse der Belege für Eljon sich in den Psalmen und in Klgl 3 findet.

Bedeutsamer ist, dass Eljon außerhalb der → Psalmen durchweg im Kontext der nachexilischen Rezeption der El-Tradition im Alten Testament belegt ist (Dtn 32,8; Jes 14,14; Gen 14; Num 22-24; Dan 7; vgl. → El).

Zur Aufnahme von El-Traditionen in den Psalmen, die die Prädikation Els als Eljon aufweisen, vgl. insbesondere Ps 82, wo die versammelten Götter als „Versammlung Els“ und „Söhne Eljons“ erscheinen; vgl. auch Ps 73,11; Ps 77,11.

Dies lässt erkennen, dass im nachexilischen Palästina Eljon noch als eine insbesondere, wenn auch nicht ausschließlich mit El verbundene Gottesbezeichnung verstanden wurde, so dass z.B. die Nennung Els als Eljon in Gen 14,18-20.22 und Num 24,16 im Munde nicht israelitischer Priester oder Seher als besonders angebracht erschien.

Dass mit der endgültigen Identifizierung Jahwes mit El im Rahmen des nachexilischen → Monotheismus nicht nur der Gottesname El, sondern auch die Bezeichnung Els als Eljon eine große Beliebtheit als Bezeichnung Jahwes erfuhr, zeigt sich darin, dass Eljon sowohl in der Phrase El Eljon als auch alleinstehend in den Texten aus → Qumran und bei → Jesus Sirach häufig begegnet. Darüber hinaus findet sich ὕψιστος hypsistos „Höchster“ mehrfach im Neuen Testament und dort insbesondere im lukianischen Werk als Bezeichnung Gottes (Mk 5,7; Lk 1,32.35.76; Lk 6,35; Lk 8,28; Apg 7,48; Apg 16,17).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Theologisches Wörterbuch zum Alten Testament, Stuttgart u.a. 1973ff
  • Neues Bibel-Lexikon, Zürich u.a. 1991-2001
  • The Anchor Bible Dictionary, New York u.a. 1992
  • Dictionary of Deities and Demons in the Bible, 2. Aufl., Leiden u.a. 1999
  • The New Interpreter’s Dictionary of the Bible, Nashville 2006-2009

2. Weitere Literatur

  • Baumgarten, A.I., The Phoenician History of Philo of Byblos (EPROER 89), Leiden 1981
  • Gese, H., Die Religionen Altsyriens, in: ders. / M. Höfner / K. Rudolph, Die Religionen Altsyriens, Altarabiens und der Mandäer (RdM 10,2), Stuttgart 1970
  • Haussig, H.W., Wörterbuch der Mythologie. Abt. 1. Die alten Kulturvölker. Bd. 1. Götter und Mythen im Vorderen Orient, Stuttgart 1965, 283f
  • Schmidt, B., Art. Al, in: Dictionary of Deities and Demons in the Bible, Leiden / Boston / Köln, 2. Aufl. 1999, 14-17

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