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(erstellt: Juni 2021)

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Stadt

In der hebräischen Bibel sind mehrere Nomina belegt, die ein Dorf bezeichnen können: בָּנוֹת bānôt „Tochterstädte“ (wörtlich „Töchter“), חֲצֵרִים ḥǎṣerîm „Gehöfte“ („runde Anlagen“) und selten כֺּפֶר kofær bzw. כָּפָר kāfār*. Die → Septuaginta hat κώμη kōmē als spezifische Bezeichnung für „Dorf“.

Aus archäologischer Sicht handelt es sich bei Dörfern um unbefestigte Siedlungen, die vor allem in den Bergländern östlich und westlich des Jordangrabens angelegt wurden. Meist folgen diese Dörfer keinem bestimmten Aufbau, wie etwa in der Mittelbronzezeit I oder in der → Eisenzeit II. Lediglich in der → Eisenzeit I sind häufig Runddörfer anzutreffen, die aus einem Ring von Gebäuden bestehen. Charakteristisch für die Dörfer der Eisenzeit ist das Pfeilerhaus (Drei- oder Vierraumhaus; → Haus). Die Bewohner der Dörfer trieben vor allem Landwirtschaft, partizipierten jedoch teilweise auch an anderen Wirtschaftszweigen wie dem Kupferhandel in den südlichen Randzonen des Kulturlands.

1. Die Bezeichnung „Dorf“

1.1. Allgemein

Die Bezeichnung „Dorf“ ist nicht eindeutig definiert. Dies gilt für den heutigen Sprachgebrauch ebenso wie für Untersuchungen zum Alten Testament bzw. zur alttestamentlichen Zeit. Nach einer verbreiteten Vorstellung handelt es sich bei einem Dorf um eine kleine, landwirtschaftlich geprägte Ortschaft, deren Gebäude sich um einen zentralen Platz mit öffentlichen Gebäuden (Kirche, Schule, Apotheke o.ä.) gruppieren. Allerdings entspringt dieses Bild einer romantisch verklärten Vergangenheit, während man sich gegenwärtig darauf geeinigt hat, etwas neutraler von einem „Ort“ oder einer „Gemeinde“ zu reden. Im englischen Sprachgebrauch wird zwischen „city“, „town“ und „village“ unterschieden, wobei der letztgenannte Terminus am ehesten dem deutschen „Dorf“ entspricht.

1.2. Altes Testament

1.2.1. Hebräische Bibel

Eine strukturierte Ansammlung von mehreren Gebäuden an einem Ort wird fast immer mit dem Wort עִיר ‘îr bezeichnet, das Übersetzungen meist etwas unscharf als „Stadt“ wiedergeben, das aber allgemeiner einen „Ort“ meint. Demzufolge wird zwischen עָרִים בְּצֻרוֹת ‘ārîm bǝṣurôt „befestigte Orte“ und עׇרֵי הַפְּרָזִי ‘ārê happǝrāzî „unbefestigte Orte“ unterschieden (Dtn 3,5). Letztere könnten als „Dörfer“ bzw. „villages“ angesprochen werden. Eine hierarchische Abstufung wird deutlich, wenn ein Städtename mit den Ausdrücken בָּנוֹת bānôt „Tochterstädte“ (wörtlich „Töchter“) und חֲצֵרִים ḥǎṣerîm „Gehöfte“ (wörtlicher „runde Anlagen“) verbunden wird wie Ekron, Aschdod und Gaza in Jos 15,45 und Jos 15,47. Häufiger ist die Verbindung eines Städtenamens allein mit בָּנוֹת bānôt (Jos 17,11.16 u.ö.) oder mit חֲצֵרִים ḥǎṣerîm (Jos 13,23.28 u.ö.). Zunächst bezeichnen die beiden Ausdrücke lediglich das Abhängigkeitsverhältnis vom Zentralort. Über Aussehen und Größe der בָּנוֹת bānôt ist noch nichts gesagt. Dagegen könnte der Ausdruck חֲצֵרִים ḥǎṣerîm nicht nur auf „Gehöfte“, sondern auch auf kreisförmig angelegte Dörfer zutreffen (s.u. 2.3.).

Darüber hinaus werden die selten belegten Nomina כֺּפֶר kofær und כָּפָר kāfār* als Bezeichnungen für „Dorf“ verstanden. Das Wort כֺּפֶר kofær kommt nur in 1Sam 6,18 vor. Die Gegenüberstellung von עִיר מִבְצָר ‘îr mivṣār „befestigte Stadt“ und כֹּפֶר הַפְּרָזִי kopær happǝrāzî „unbefestigtes Dorf“ in diesem Vers ist eine Variante der oben erwähnten Wendung in Dtn 3,5. Insofern ist die Übersetzung von כֺּפֶר kofær mit „Dorf“ angemessen, zumal → Septuaginta hier κώμη kōmē schreibt (s.u. 1.2.2.). Sprachlich verwandt mit כֺּפֶר kofær ist der zwei Mal in späten alttestamentlichen Texten belegte Plural כְּפָרִים kǝfārîm (Hhld 7,12; 1Chr 27,25), der auf כָּפָר kāfār* zurückgeführt und ebenfalls mit „Dörfer“ wiedergegeben wird. Die Wurzel kpr ist noch in alttestamentlicher Zeit in die Bildung zusammengesetzter Ortsnamen eingegangen, vgl. Kefar-Ammoni (Jos 18,24).

1.2.2. Septuaginta (LXX)

Etwas klarer ist der griechische Sprachgebrauch, der neben dem Ausdruck πόλις polis für „Stadt“ das Wort κώμη kōmē kennt, das in etwa unserem „Dorf“ bzw. „village“ entspricht. Die → Septuaginta verwendet κώμη kōmē häufig für חֲצֵרִים ḥǎṣerîm in Jos 15-19, stellenweise aber auch für בָּנוֹת bānôt (Jos 17,11.16; vgl. 1Chr 5,16; 1Chr 7,28-29). Ähnlich wie im Hebräischen scheint dabei die Vorstellung einer hierarchischen Organisation leitend zu sein. Entsprechend den Vorstellungen der hellenistischen Kultur steht πόλις polis meist für eine politisch weitgehend selbstständige Stadt, während die κώμαι kōmai davon abhängige Orte bezeichnen (andeutungsweise auch Josephus, Bellum Judaicum 3,43; Text gr. und lat. Autoren). Punktuell hat LXX jedoch κώμη kōmē auch für hebräisch עִיר ‘îr, so in 1Chr 27,25, während der in diesem Vers für „Dörfer“ stehende Ausdruck כְּפָרִים kǝfārîm (s.o. 1.2.1.) mit ἐποικίαι epoikiai „Ansiedlungen / Kolonien“ übersetzt wird.

1.2.3. Ergebnis

Zusammenfassend ist festzustellen, dass die hebräischen Ausdrücke בָּנוֹת bānôt und חֲצֵרִים ḥǎṣerîm sowie כֺּפֶר kofær bzw. כָּפָר kāfār* und das griechische Nomen κώμη kōmē am ehesten unserem Verständnis von „Dorf“ bzw. „village“ entsprechen. Die alttestamentlichen Texte scheinen jedoch weniger am Aussehen der Orte als an deren Status innerhalb eines Siedlungsgefüges interessiert zu sein.

2. Archäologie

2.1. Allgemein

In der archäologischen Forschung zur südlichen Levante ist die Vorstellung davon, was unter „Dorf“ bzw. „village“ zu verstehen ist, vergleichsweise unpräzis. Mitunter wird nahezu jede antike Siedlung aus vorhellenistischer Zeit, die nicht mit einer Stadtmauer umgeben war, als „Dorf“ bzw. „village“ angesprochen. Mehrfach ist in Bezug auf die Eisenzeit I von einer „Dorfkultur“ die Rede (Weippert, 393-410; Zwingenberger; → Eisenzeit I, 4.2.). Wenn früheisenzeitliche Dörfer die Größe befestigter Städte erreichen wie etwa Chirbet Sēlūn / → Silo oder Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś (s.u. 2.3.2.), bezeichnet man sie mitunter als „Großdorf“ (→ Silo [Ort], 4.2.; Weippert, 404).

Erst in jüngerer Zeit werden ansatzweise soziologische Kriterien bei der archäologischen Definition eines Dorfs herangezogen. Allerdings beziehen sich die Aussagen lediglich auf Befunde der Eisenzeit II (Faust 2012a) bzw. der Eisenzeit I (Ilan). Faust lehnt sich an das oben (1.1.) beschriebene Verständnis einer in sich geschlossenen, weitgehend egalitär organisierten und landwirtschaftlich geprägten Ansiedlung an (Faust 2012a, 128f.170-177). Daneben erkennt er „large villages or townships“ (Faust 2012a, 145-148), in denen viele Gebäude über eine große Fläche verteilt sind und die stellenweise Verteidigungsanlagen aufweisen. Ilan dagegen orientiert sich stärker am Aspekt der bebauten Fläche, wie er neueren soziologischen Definitionen zugrunde liegt, und versteht unter „village“ eine Siedlung, die aus mehreren aneinander gebauten Häusern besteht (Ilan, 293f). Größere Dörfer wie Ai / et-Tell oder Silo bezeichnet er als „control centers“ (Ilan, 296f). Die einfachen „villages“ sollen von einer Sippe oder Großfamilie bewohnt gewesen sein („beth av“ [Ilan, 296] in Anlehnung an die alttestamentliche Wendung בֵּית אָב bêt āv „Vaterhaus“; vgl. Gadot 2011, 178 zu ‘Izbet Ṣarṭa Stratum II [11./10. Jh. v. Chr.]). Als Beispiel dient der Heimatort des Richters → Gideon, der nach der auch inschriftlich bezeugten Sippe Abiëser (HAE, 86f.93.97) „Ofra der Abiësriter“ heißt (Ri 6,24; Ri 8,32; Faust 2012a, 172-175). In den „large villages“ bzw. in den „control centers“ hingegen werden mehrere Großfamilien vermutet.

Im Blick auf den Befund insbesondere zur alttestamentlichen Zeit (s.u. 2.3. bis 2.5.) kann, mit aller Zurückhaltung, aus archäologischer Sicht als „Dorf“ bzw. „village“ eine kleine Siedlung angesprochen werden, die etwa 0,5 bis 1 ha, maximal jedoch 3-4 ha groß war, die unbefestigt war, in der vor allem Wohngebäude standen und deren Bewohner in der Hauptsache Landwirtschaft betrieben, wobei die Teilhabe an anderen Wirtschaftszweigen wie dem Handel oder der handwerklichen Produktion nicht auszuschließen ist. Im Unterschied zu einer Stadt sind bei einem Dorf keine bzw. nur äußerst wenig Anzeichen von Arbeitsteilung oder innerörtlicher Hierarchiebildung im archäologischen Befund zu erkennen.

Derartige Siedlungen gab es in der südlichen Levante zu fast allen archäologisch erforschten Epochen. Aussagekräftige Untersuchungen liegen insbesondere für die Zeitspannen vor, in denen die großen Städte in den Bergländern östlich und westlich des Jordangrabens im Niedergang begriffen oder gänzlich unbedeutend waren. Einmal ist dies die Übergangsphase zwischen der Frühbronzezeit II-III und der Mittelbronzezeit II, die alternativ als Frühbronzezeit IV, als „Intermediate Period“ oder als Mittelbronzezeit I (so im Folgenden) bezeichnet wird (Weippert, 182-200; Mazar, 151-173; → Chronologie, archäologische, 2.1.2.; Vieweger, Bd. 1, 152-160). Zum anderen handelt es sich um die Eisenzeit I (Weippert, 393-417; Finkelstein 1988a; Mazar, 295-367; Zwingenberger; → Eisenzeit I; Vieweger, Bd. 2, 11-51), die zwischen dem Niedergang der spätbronzezeitlichen Stadtkultur und dem erneuten Aufblühen urbaner Zentren in der Eisenzeit II lag.

2.2. Mittelbronzezeit I (ca. 2200-2000 v. Chr.)

Viele der kleinen, offenen Siedlungen dieser Zeit wurden in Randgebieten des Kulturlands entdeckt, etwa am Ostrand des ostjordanischen Plateaus, im Negev (Cohen / Dever 1978-1981; Cohen 1993; vgl. Keel / Küchler, 311, Abb. 228; Mazar, 153, Abb. 5.1) und am Ostabfall des westjordanischen Berglands (Finkelstein 1991). In neuerer Zeit wurden vergleichbare Anlagen auch aus dem Kulturland selbst, etwa aus der Jesreelebene dokumentiert (Covello-Paran 2015; 2017; Covello-Paran / Matskevich 2016).

Auskunft über das mögliche Aussehen ganzer Dörfer geben Fundplätze im Negev wie Har Yǝrūḥām (Koordinaten: 1380.0422; N 30° 58' 13'', E 34° 52' 30'') oder ēr Rǝsīsīm (Koordinaten: 1090.0206; N 30° 46' 28'', E 34° 34' 22''). Sie liegen jeweils langgestreckt auf einem Bergsporn und sind ca. 100 x 50 m (Har Yǝrūḥām; Kochavi / Cohen, 1506f) bzw. ca. 300 x 50 m (ēr Rǝsīsīm; Dever, 159) groß. Charakteristisch für den Aufbau sind durch Freiflächen voneinander getrennte Gebäudekomplexe, die aus mehreren Räumen bestehen, die aneinandergebaut bzw. um einen zentralen Hof gruppiert sind. Die meisten Räume sind rund oder abgerundet (Cohen 1993, 1125 [Luftbild des „Naḥal Nessana site“]; Mazar, 155, Abb. 5.2 [Plan ēr Rǝsīsīm]; Dever, 160). Entsprechend der Möglichkeiten im ariden, steinigen Zentralnegev sind die Gebäude bzw. die einzelnen Räume aus unbehauenen Steinen gebaut. Steinpfeiler erlaubten eine partielle Überdachung (Kochavi / Cohen, 1508f; Mazar, 156f, Abb. 5.3 und 5.4; Dever, 160; Cohen 1993, 1125).

Bei der Interpretation der Siedlungen wird kontrovers diskutiert, ob sie dauerhaft bewohnt waren oder nur saisonal genutzt wurden (Cohen 1992; Finkelstein 2001, 87-102). Die Annahme einer ständigen Anwesenheit der Siedler ist schwierig, da in der Umgebung der Siedlungen der Anbau landwirtschaftlicher Produkte zur Selbstversorgung aufgrund des trockenen Klimas und der nicht ergiebigen Böden praktisch ausgeschlossen war. Neuere naturwissenschaftlich gestützte Untersuchungen deuten darauf hin, dass neben der Kleinviehhaltung auch der aus der Arava durch den Negev in das Kulturland führende Kupfertransport ein Wirtschaftsfaktor war (Dunseth u.a.; Finkelstein u.a. 2018).

2.3. Eisenzeit I (12. bis 10. Jh. v. Chr.)

2.3.1. Die Dörfer

Durch Oberflächenuntersuchungen ist bekannt, dass in den Bergländern östlich und westlich des Jordangrabens im Lauf der Eisenzeit I viele neue kleine offene Siedlungen entstanden (Finkelstein 1988a; Finkelstein / Na’aman; Groß; Ilan), während die noch in der Spätbronzezeit dominierenden Städte weitgehend verschwunden waren. Der Befund wurde und wird als früheisenzeitliche „Dorfkultur“ interpretiert (s.o. 2.1.). Ähnlich wie im Fall der Mittelbronzezeit I wird neuerdings jedoch darauf hingewiesen, dass diese „Dorfkultur“ stellenweise auch in Teilen der südlevantinischen Küstenebene festzumachen ist (Gadot 2011).

Aussagekräftig für die Beschreibung der „Dorfkultur“ sind Siedlungsplätze, die aus mehreren Gebäuden bestanden und die teilweise oder vollständig ergraben wurden (Zwingenberger; → Eisenzeit I, 4.1. und 4.2.). Dies gilt für Orte im westjordanischen Bergland wie etwa et-TellAi (Koordinaten: 1748.1471; N 31° 55' 00'', E 35° 15' 40''), Chirbet Raddana (→ Chirbet Raddana; Koordinaten: 1693.1466; N 31° 54' 45'', E 35° 12' 12'') oder Chirbet ed-Dawwāra (→ Chirbet ed-Dawwāra; Koordinaten: 17775.14150; N 31° 51' 56'', E 35° 17' 30''), im Einzelfall auch für solche am Westrand des Berglands wie → ‘Izbet Ṣarṭa (Koordinaten: 1467.1679; N 32° 06' 16'', E 34° 57' 52''; Finkelstein 1986; 1993; → Eben-Eser, 3.; Gadot 2011). Darüber hinaus wurden im nördlichen Negev früheisenzeitliche Dörfer dokumentiert, etwa Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś (Koordinaten: 1467.0691; N 31° 12' 47'', E 34° 58' 00''; Jericke, 187-212) oder Tell Isdār (Koordinaten: 1475.0645; N 31° 10' 18'', E 34° 58' 27''; Jericke 1997, 212-217). Etwas kleinere Siedlungsplätze im nordwestlichen Negev werden als „Ḥaṣerim“ beschrieben und damit in Zusammenhang mit einem alttestamentlichen Begriff gebracht, der für „Dorf“ stehen könnte (s.o. 1.2.) (Jericke 1997, 247-253; Levin 2010). Ähnliche Anlagen finden sich auch im zentralen und im südlichen Negev. Sie stammen zumeist aus der Spätphase der Eisenzeit I (11./10. Jh. v. Chr.; Cohen 1993; Jericke 1997, 68-163). Aus der Arava ist mit ‘Ēn Ġaḏyān / Yoṭvātā (Koordinaten: 1552.9224; N 29° 53' 44'', E 35° 03' 36'') eine vergleichbare Siedlung bekannt, die vielleicht bereits im 12. Jh. v. Chr. angelegt wurde (Keel / Küchler, 276-279; Meshel; Singer-Avitz). Ob man die „Streusiedlung“ von Chirbet en-Naḥās (Koordinaten: 1915.0103; N 30° 40' 58'', E 35° 26' 04'') am Ostrand der Arava, die mit der dortigen Kupferverhüttung in Zusammenhang steht, unter die früheisenzeitlichen Dörfer rechnen kann, ist fraglich, zumal auch die Datierung unsicher ist (11. Jh. v. Chr.?; vgl. zuletzt Tebes).

Dorf 01
Zu den früheisenzeitlichen Dörfern sind vermutlich auch die entsprechenden Siedlungsschichten an Orten zu zählen, die über eine längere Zeit besiedelt und in der Bronzezeit und / oder in der Eisenzeit II städtischen Charakter hatten. Dazu zählen etwa Tell es-Seba‘ / → Beerscheba Straten IX-VI (Koordinaten: 1343.0726; N 31° 14' 42'', E 34° 50' 26'') im nördlichen Negev, Ǧebel er-Rumēde / → Hebron (Koordinaten: 1597.1036; N 31° 31' 28'', E 35° 06' 08'') im judäischen Bergland und einige Plätze im zentralpalästinischen Bergland wie Tell en-Naṣbe / → Mizpa (Koordinaten: 1706.1436; N 31° 53' 02'', E 35° 13' 00''), Bētīn / → Bethel (Koordinaten: 172.148; N 31° 55' 32'', E 35° 14' 20''), el-Ǧīb / → Gibeon (Koordinaten: 1676.1396; N 31° 50' 52'', E 35° 11' 10") oder Chirbet Sēlūn / → Silo (Koordinaten: 1776.1626; N 32° 03' 22'', E 35° 17' 23''). Allerdings erlauben die archäologischen Befunde meist keine genaueren Aussagen über Größe und Aussehen dieser früheisenzeitlichen Siedlungen.

2.3.2. Größe

Die Größe der Dörfer variiert. Manche erreichen nicht oder kaum 0,5 ha wie die Anlagen im zentralen und südlichen Negev (Jericke 1997, 82f.96f.103f.123), ‘Ēn Ġaḏyān / Yoṭvātā in der Arava, ‘Izbet Ṣarṭa oder Chirbet ed-Dawwāra. Andere liegen bei etwa 1 ha wie Tell Isdār, Ai / et-Tell oder Chirbet Raddana. Siedlungen, die mehr als 1 ha messen wie etwa Chirbet Sēlūn / Silo (ca. 1,2 ha; → Silo [Ort], 4.2.) oder Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś (ca. 3-4 ha) werden bereits als „Großdorf“ o.ä. bezeichnet (s.o. 2.1.).

Die ca. 1 ha große Anlage von „Gilo“ (Koordinaten: 1678.1265; N 31° 43' 52'', E 35° 11' 12'') unmittelbar südlich der Kernstadt von Jerusalem, die aus einem von kleinen Mauern umfassten offenen Bereich und vermutlich drei Gebäuden bestand (Mazar, 339), wird vom Ausgräber als militärische Einrichtung interpretiert, mitunter jedoch im Rahmen der früheisenzeitlichen Dorfkultur besprochen (Zwingenberger, 138-141 und passim), wobei eine Interpretation als landwirtschaftliche Anlage naheliegt (Zwingenberger, 301f).

Dagegen können Siedlungen wie Chirbet en-Naḥās (ca. 10 ha) oder Sāḥāb (Koordinaten: 2469.1412; N 31° 51' 39'', E 36° 01' 22'') südlich von Amman mit ca. 25 ha (Weippert, 402; Ibrahim) nicht mehr als Dörfer angesehen werden. Auch die gut 1,5 ha große früheisenzeitliche Anlage auf dem Tell Qasīle (heute im Stadtgebiet von Tel Aviv; Koordinaten: 1307.1676; N 32° 06' 05'', E 34° 47' 37'') wird als „town“ verstanden, da hier neben Wohngebäuden auch öffentliche Gebäude standen und eine landwirtschaftliche Prägung nicht erkennbar ist (Gadot 2011, 178).

Belastbare Aussagen darüber, wie viele Menschen in den Dörfern lebten, sind kaum möglich, zumal umstritten ist, ob in den einzelnen Häusern (s.u. 2.3.5.) lediglich Kernfamilien oder eher Großfamilien wohnten.

2.3.3. Aufbau

Dorf 02
Viele der 2.3.1. genannten Siedlungen bestanden aus einem Ring von Gebäuden oder einzelnen Räumen um einen Innenhof, der meist unbebaut blieb (Finkelstein 1988, 238-250). Vergleichsweise gut lässt sich dies bei Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś Stratum IIIA und Stratum II (11. Jh. v. Chr.) beobachten (Mazar, 341-343; → Chirbet el Mšāš, 3.3.2. mit Abb. 3), aber auch bei den kleineren Anlagen im zentralen und südlichen Negev (Finkelstein 1988a, 241 Abb. 78; Jericke 1997, 118-133).

Dorf 03
Nach dem genannten Aufbauschema werden weitere früheisenzeitliche Siedlungen rekonstruiert, obgleich in vielen Fällen lediglich wenige Mauerzüge ergraben wurden. Dies gilt u.a. für ‘Izbet Ṣarṭa Stratum III (Finkelstein 1988a, 239, Abb. 76; Finkelstein 1993, 652; Gadot 2011, 165, Figure 4 [dort fälschlich als Stratum II bezeichnet]), Tell Isdār (Jericke 1997, 213, Fig. 31), Tell es-Seba‘ Stratum VII (→ Beerscheba, 4.2. mit Abb. 2) oder Ǧebel er-Rumēde (→ Hebron, 4.2. mit Abb. 10).

Dorf 04
Den solchermaßen als Runddörfer zu erkennenden Siedlungen geht an manchen Plätzen eine Nutzungsphase voraus, die auf lediglich zeitweilige Anwesenheit von Menschen schließen lässt. So wurden auf Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś in Stratum IIIB (12. Jh. v. Chr.) für die Zeit vor der Errichtung der ersten Gebäude (Stratum IIIA) lediglich „Begehungsflächen“ und Gruben dokumentiert (Jericke 1997, 190), und die Gruben von Stratum IX auf Tell es-Seba‘ / Beerscheba (11. Jh. v. Chr.) werden als provisorische „Wohngruben“ interpretiert (Jericke 1997, 172f).

Dagegen ist zum Ende der Eisenzeit I (11./10. Jh. v. Chr.) festzustellen, dass auch die vorher noch freigelassenen Hofbereiche mit teilweise größeren mehrräumigen Häusern bebaut wurden wie ansatzweise bereits im Fall von Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś Stratum II (Jericke 1997, 195-201; → Chirbet el Mšāš, 3.3.2.) und auf ‘Izbet Ṣarṭa Stratum II (Finkelstein 1988a, 78, Abb. 21; Finkelstein 1993, 653; Gadot 2011, 166, Figure 5 [dort fälschlich als Reste von Tel Gerisa gekennzeichnet]). In dieser Phase ist auch die Tendenz festzustellen, die Häuser so anzulegen, dass ihre Rückseiten eine geschlossene Linie bildeten (→ Eisenzeit I, 4.2.). Im 10. Jh. v. Chr. sind erste Anzeichen von Befestigungsanlagen zu beobachten, etwa auf Chirbet ed-Dawwāra (→ Chirbet ed-Dawwāra, 3. mit Abb. 4; Ilan, 291-294) oder auf Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś Stratum I (Jericke 1997, 201-203; → Chirbet el Mšāš, 3.3.3.).

Dorf 05
Insgesamt lässt sich demnach über die Eisenzeit I hin eine Entwicklung feststellen. Zunächst scheinen einige Orte lediglich vorübergehend bzw. saisonal als Lager- oder Vorratsplätze angelegt worden zu sein. Im Lauf des 12. und vor allem des 11. Jh.s v. Chr. entstanden dann vielerorts Runddörfer unterschiedlicher Größe. Dabei fehlen Hinweise auf substanzielle Arbeitsteilung oder eine durchgreifende dörfliche Hierarchie. Daher ist von vergleichsweise „egalitär“ organisierten Dorfgemeinschaften auszugehen. Erst am Übergang zur Eisenzeit II sind mit der Anlage größerer Funktionsbauten oder wehrhafter Einrichtungen Anzeichen von Arbeitsteilung bzw. innerörtlicher Hierarchiebildung zu erkennen, und damit der Übergang zur Stadt.

2.3.4. Nutzung

Die oben beschriebenen Runddörfer dürften weitgehend für eine landwirtschaftliche Nutzung konzipiert gewesen sein (Ilan, 292.298f). Darauf weisen etwa die vielen Silos von ‘Izbet Ṣarṭa Stratum III (Finkelstein 1993, 653) oder die Beobachtung, dass auf Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś Stratum II die Hauseingänge einen direkten Zugang zu den das Dorf umgebenden Freiflächen ermöglichten.

Dorf 06
Allerdings werden die Runddörfer in der Fachliteratur je nach Größe und Lage unterschiedlich bezeichnet und interpretiert. Die Bezeichnung „Ḥaṣerim“ in Anlehnung an das alttestamentliche חֲצֵרִים ḥǎṣerîm für die kleinen Anlagen im nordwestlichen Negev hält die Interpretation im Sinn einer landwirtschaftlichen Nutzung offen. Die als Runddörfer strukturierten Orte im zentralen und südlichen Negev wurden zunächst als „Festungen“ („Fortresses“) angesprochen (Cohen 1979; modifiziert Faust 2006). Neutraler erscheint die Bezeichnung „enclosed settlements“ (Herzog; Jericke 1997, 118-133), die einen Spielraum für Interpretationsmöglichkeiten hinsichtlich der Nutzung offenhält. Dazu gehört die Annahme, es handle sich um Siedlungen, die von sesshaft gewordenen Nomaden bewohnt wurden, die Landwirtschaft für den eigenen Bedarf trieben (sog. Subsistenzwirtschaft; vgl. Rosen), gleichzeitig aber auch am Kupferhandel von der Arava in das Kulturland, ähnlich wie in der Mittelbronzezeit I, beteiligt waren (Finkelstein 1984; 1988b). Der zuletzt genannte Aspekt wird in jüngerer Zeit noch stärker hervorgehoben, insbesondere für den nördlichen Negev (Finkelstein 2001, 103-126) und die Arava (Ben-Yosef 2019; Singer-Avitz 2021). Die These kann sich u.a. auf Gebäude im Innenbereich von Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś Stratum II berufen, in denen Einrichtungen zur Kupferverarbeitung entdeckt wurden (Jericke 1997, 196-201).

2.3.5. Architektur

Unabhängig von der Größe und dem Aussehen der Dörfer ist ein charakteristisches architektonisches Merkmal das „Pfeilerhaus“ bzw. „Dorfhaus“, das auch als „Dreiraumhaus“ bzw. „Vierraumhaus“ bezeichnet wird (Weippert, 393; Jericke 1997, passim; Zwingenberger, 205-267; → Eisenzeit I, 4.3. mit Abb. 2; vgl. → Eisenzeit II, 6., Ilan, 292; → Haus). Charakteristisch ist dabei ein Querraum, vor dem zwei oder drei Räume in Längsrichtung liegen, die oft durch Steinpfeiler voneinander abgetrennt waren (s. Abb. in 2.3.3. und 2.3.4.). Die Gebäude werden gern als „Bauernhäuser“ interpretiert (Weippert, 393; Jericke 1997, 195f), die den Bedürfnissen einer auf Landwirtschaft basierenden Lebens- und Wirtschaftsweise gerecht wurden (→ Eisenzeit I, 4.3.). Ihre Größe variiert zwischen mindestens 30 m2 und maximal 120 m2, wobei in den meisten Fällen eine Grundfläche von 50 m2 bis 100 m2 zu verzeichnen ist. Vermutlich wurde in den Gebäuden zeitweise auch das zur Hausgemeinschaft gehörende Kleinvieh gehalten (Singer-Avitz 2011).

Eine ethnische Interpretation der Gebäudeform als typisch „israelitisches“ Haus, wie sie mitunter zu finden ist, verbietet sich aufgrund der weiten Streuung der Drei- und Vierraumhäuser in der südlichen Levante (→ Eisenzeit I, 4.3.; → Haus).

2.3.6. „Dorfkultur“ der Eisenzeit I

Die „Dorfkultur“ der Eisenzeit I war insgesamt dadurch gekennzeichnet, dass im Lauf des 12. und 11. Jh.s v. Chr. in den Bergländern Palästinas und in den Randzonen des palästinischen Kulturlands viele unbefestigte Siedlungen unterschiedlicher Größe für Dorfgemeinschaften gegründet wurden, die in dieser Zeit noch weitgehend homogen vorzustellen sind. Ihre hauptsächliche Lebensgrundlage war die Landwirtschaft (Getreideanbau, Klein- und teilweise Großviehhaltung; Ilan, 298f), die im Wesentlichen der Selbstversorgung diente (sog. Subsistenzwirtschaft; → Wirtschaft). Vor allem für die südlichen Randzonen des Kulturlands ist darüber hinaus die Partizipation am Kupferhandel als weiterer Wirtschaftszweig festzumachen. Die Befunde aus dem Ende der Eisenzeit I weisen auf einsetzende Arbeitsteilung, zunehmende soziale Hierarchisierung und partielle Aktivitäten zur wehrhaften Verteidigung in den Dörfern hin. Diese stehen damit am Übergang zu der stärker sozial gegliederten und urban geprägten Gesellschaft der Eisenzeit II, in der allerdings viele der früheisenzeitlichen dörflichen Siedlungen zunächst aufgegeben wurden, sowohl im Bergland (u.a. Ai / et-Tell, Chirbet Raddana, Chirbet ed-Dawwāra) als auch in den Randzonen (Tell Isdār, Chirbet el-Mšāš / Tel Māśoś, die Anlagen im zentralen und südlichen Negev, ‘Ēn Ġaḏyān / Yoṭvātā).

2.4. Eisenzeit II (9. bis 6. Jh. v. Chr.)

In der urban geprägten → Eisenzeit II existierten weiterhin Dörfer, d.h. unbefestigte Siedlungen, die vor allem der landwirtschaftlichen Produktion dienten. Ähnlich wie in der Eisenzeit I sind die Anlagen vermehrt in den Bergländern Palästinas und, insbesondere gegen Ende der Eisenzeit II, auch wieder in den Randzonen des Kulturlands zu finden. Ansonsten ist wenig Kontinuität zur früheisenzeitlichen „Dorfkultur“ zu erkennen (Faust 2000; 2012a, 128-177), da es sich bei den dörflichen Siedlungen vielfach um Neugründungen der Eisenzeit II handelt.

Sozialgeschichtlich ist davon auszugehen, dass die Dörfer innerhalb des Gefüges der urbanen Gesellschaft wirtschaftlich von den Städten abhängig waren. Die entsprechende alttestamentliche Begrifflichkeit zu „Stadt“ und „Dorf“ (s.o. 1.2. und 1.3.), die auf ein hierarchisches Gefälle deutet, dürfte auf Erfahrungen der Eisenzeit II gründen. Daher ist anzunehmen, dass die landwirtschaftliche Aktivität in den dörflichen Siedlungen nicht mehr in erster Linie der Selbstversorgung, sondern zunehmend der Versorgung der städtischen Bevölkerung diente (anders Faust 2012a, 117f). Man spricht dabei gern vom „rural hinterland“ der Städte (Gadot 2015).

Ein den früheisenzeitlichen Runddörfern vergleichbares Grundmuster im Aufbau der Siedlungen ist in der Eisenzeit II nicht zu erkennen. Vielmehr ist das Prinzip mit aneinander gebauten Häusern, die den äußeren Ring des Orts bilden, in die Planungen der befestigten Landstädte wie Dan / Tell el-Qāḍī (Koordinaten: 2112.2948; N 33° 14' 51'', E 35° 39' 05''), Lachisch / Tell ed-Duwēr (Koordinaten: 1357.1082; N 31° 33' 54'', E 34° 50' 59'') oder Beerscheba / Tell es-Seba‘ eingegangen (vgl. auch → Eisenzeit II, 5.1.; → Beerscheba, Abb. 3). Die dörflichen Siedlungen dagegen waren vom Aufbau weniger strukturiert (z.B. Faust 2012a, 135, Fig. 22; 147, Fig. 27), wobei allerdings nach wie vor auch Anlagen zu verzeichnen sind, die einen runden oder nahezu runden Gesamtplan zeigen, allerdings mit dichter Bebauung des Innenbereichs (Faust 2012a, 139, Fig. 24; 143, Fig. 25).

Insbesondere gegen Ende der Eisenzeit II sind neben den Dörfern vermehrt Einzelgehöfte festzustellen, die meist aus einem zentralen Gebäude bestanden, um das sich landwirtschaftliche Installationen verteilten (→ Negev, 3.7.). Solche Anlagen werden versuchsweise auch mit den alttestamentlichen חֲצֵרִים ḥǎṣerîm (s.o.) in Verbindung gebracht (Faust 2012a, 148-159), was lediglich zeigt, dass die genaue Bedeutung des alttestamentlichen Wortes ungeklärt ist.

Aus der Eisenzeit I übernommen wurde das Pfeiler- oder Drei- bzw. Vierraumhaus, das in der Eisenzeit II das Standardgebäude sowohl ländlicher Siedlungen (Faust 2012a, 213-229, → Eisenzeit II, 6.) als auch städtischer Anlagen (→ Eisenzeit II, 6.; vgl. → Beerscheba, Abb. 6) darstellte. Dabei wird kontrovers diskutiert, ob ein solches Gebäude lediglich eine Kernfamilie („nuclear family“; Faust 2000; Singer-Avitz 2011) oder eine Großfamilie („extended family“; Stager 1985; Brody 2011) beherbergte. Ebenso ergebnisoffen wird darüber spekuliert, ob die alttestamentlichen Termini מִשְׁפָּחָה mišpāḥāh „Sippe“ oder בֵּית אָב bêt āv „Großfamilie“ (wörtlich „Vaterhaus“) als Beschreibung für eine Haus- oder Dorfgemeinschaft der Eisenzeit II dienen können (Faust 2012a, 172-174).

2.5. Persische und hellenistische Zeit (spätes 6. bis 1. Jh. v. Chr.)

Die materielle Kultur der Bergländer westlich und östlich des Jordangrabens in persischer und hellenistischer Zeit ist nicht so intensiv erforscht wie die Befunde zur Eisenzeit. Zudem konzentrieren sich viele Studien zur Perserzeit auf den Anteil der südlichen Levante an der zeitgenössischen Hochkultur des östlichen Mittelmeerraums, die durch küstennahe Städte und Repräsentativbauten mit entsprechender Hinterlassenschaft an Kleinfunden geprägt ist (Stern, 373-582; Lehmann; Vieweger, Bd. 3, 42-74). Daher können die persische und hellenistische Zeit hier nur umrisshaft dargestellt werden.

Während der Übergangszeit von der Eisenzeit zur persischen Zeit, d.h. während der Epoche der babylonischen Suprematie im 6. Jh. v. Chr., scheint sich die Zahl der dörflichen Siedlungen im Westjordanland zwar verringert zu haben, ihr Aussehen und ihre Ausstattung veränderten sich jedoch nicht grundlegend (Lipschits 2004; anders Faust 2012b, der von einem weitgehend zerstörten Land ausgeht). Im Gegensatz zur Eisenzeit ging jedoch der Anteil der Pfeilerhäuser (Drei- bzw. Vierraumhäuser) erheblich zurück. Für die persische Zeit ist durch Oberflächenuntersuchungen eine Konzentration dörflicher, landwirtschaftlich geprägter Siedlungen im nördlichen judäischen Bergland zwischen Hebron und Jerusalem bzw. unmittelbar nördlich von Jerusalem dokumentiert (Bremer, 219). Die Orte waren meist unstrukturiert und dem Gelände angepasst. Insofern zeigt sich auch für diese Zeit noch keine grundlegende Änderung gegenüber der Dorfkultur der Eisenzeit II (Lipschits 2015; 2019; anders wiederum Faust 2007; 2012c; zum sozialgeschichtlichen Hintergrund vgl. Bremer, 173-316). Auffällig ist die Zunahme von Einzelgehöften, welche neben den Dörfern die Versorgung der Städte mit landwirtschaftlichen Produkten übernahmen (Bremer, 219-221). Auch isoliert stehende Gebäude, die gern als kleine Festungen oder administrative Einrichtungen interpretiert werden, könnten als Landgüter („agricultural estates“) verstanden werden (Faust 2018). Vergleichbare Anlagen waren relativ weit verbreitet in der südlichen Levante. Sie wurden jedoch in hellenistischer Zeit wieder aufgegeben (Kletter / Silverman).

Substanzielle Veränderungen in der dörflichen Landschaft sind für den Übergang zur hellenistischen Zeit (4./3. Jh. v. Chr.) und für diese Periode selbst (3.-1. Jh. v. Chr.) zu verzeichnen (Shalom / Lipschits). Die unbefestigten Dörfer wurden größer angelegt und erreichten nahezu das Ausmaß kleinerer oder mittlerer Städte. So sind für Galiläa und Samaria Dörfer beschrieben, die bis zu 4 ha groß waren und neben landwirtschaftlichen Installationen auch öffentliche Gebäude, Einrichtungen zur Wasserversorgung sowie zum Teil angrenzende Friedhöfe aufwiesen und sich somit nur wenig von „towns“ unterschieden (Fiensy, 180f). Allerdings sind deutliche Unterschiede zu größeren Städten zu vermerken. Die Dörfer waren unbefestigt, hatten keinen zentralen Marktplatz und ihr Straßensystem war unregelmäßig im Gegensatz zum hippodamischen Schema der zeitgenössischen Städte. Die Wasserversorgung der Dörfer wurde durch Zisternen gewährleistet, während die Städte oft Aquädukte aufwiesen. Neben der vorwiegend landwirtschaftlichen Produktion sind für die Dörfer auch Einrichtungen zur handwerklichen Produktion (Textil, Glas, Keramik) nachgewiesen. Die durchschnittliche Bevölkerungszahl der Dörfer wird auf ca. 500 Einwohner geschätzt, allerdings sind im Einzelfall auch bis zu 2000 Bewohner anzunehmen (Fiensy).

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Abbildungsverzeichnis

  • „Ḥaṣerim“ und „enclosed settlements“ im Negev. Aus: Jericke 1997, 125 Fig. 7
  • Chirbet el-Mšāš, Gesamtplan der Anlage in der Eisenzeit I (Stratum II, 11. Jh. v. Chr.). Aus: Jericke 1997, 188 Fig. 26
  • Tell es-Seba‘ Stratum VII. Aus: Jericke 1997, 175 Fig. 21
  • Plan von Ǧebel er-Rumēde (schraffiert: Stadtanlage der Mittelbronzezeit, gestrichelte Linie: erschlossene Ausdehnung der Siedlung des 11./10. Jh.s v. Chr.). Aus: Jericke 2003, 320 Abb. 4
  • Wohnhäuser und Verteidigungsmauer in Chirbet ed-Dawwāra (Plan). Nach Finkelstein, 1990, 197; mit freundlicher Erlaubnis von © Israel Finkelstein; bearbeitet von E. Gaß
  • Chirbet el-Mšāš, Areal A, Stratum II (11. Jh. v. Chr.). Aus: Jericke 1997, 193 Fig. 28

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