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(erstellt: Januar 2017)

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1. Name und Abgrenzung

Als „Deuterojesaja“ („Zweiter Jesaja“; abgekürzt: Dtjes; für „deuterojesajanisch“: dtjes) bezeichnet man die Kapitel 40-55 des → Jesajabuchs im Unterschied zu Jes 1-39 (→ Protojesaja) und Jes 56-66 (→ Tritojesaja). Die Abgrenzung beruht auf der heute fast allgemeinen Einsicht, dass die Texte von Jes 40 an durchweg nicht mehr vom Propheten Jesaja im 8. Jh. v. Chr. hergeleitet werden können, sondern seit der Mitte des 6. Jh.s entstanden sind. Die ältesten Texte Dtjes’s gehören also in die Zeit des babylonischen → Exils, genauer in das Jahrzehnt zwischen 550 und 540 v. Chr. mit dem Auftreten des Perserkönigs → Kyros, der 539 v. Chr. Babylon erobert und die Herrschaft auch über das babylonische Großreich angetreten hat. Kyros wird im Deuterojesajabuch an zwei Stellen namentlich genannt (Jes 44,28; Jes 45,1), in anderen Texten deutlich vorausgesetzt, und zwar nicht als zukünftige, sondern als gegenwärtige Gestalt. In diesen Texten werden ihm z.T. bevorstehende Eroberungen zugesagt, z.T. aber ist auch von seinem vergangenen oder noch andauernden Siegeszug die Rede, zu dem Jahwe, der Gott Israels, ihn berufen und ermächtigt hat. Da das als ein Beweis für Jahwe als den einzigen Gott angeführt wird, macht es keinen Sinn, die Texte als Voraussage Jesajas im 8. Jh. auszugeben (wie das gelegentlich noch heute verteidigt wird). Dazu kommt, dass nicht mehr Israeliten des 8. Jh.s angesprochen werden, sondern Israel im Exil, und dass Stil und Inhalt der dtjes Texte sich erheblich von der ursprünglichen jesajanischen Verkündigung unterscheiden.

Dass der zweite Teil des Jesajabuchs nicht von Jesaja, sondern aus der Exilszeit stammt, hat nach unserer Kenntnis als erster der mittelalterliche jüdische Kommentator → Ibn Esra (ca. 1093-1168 / 1089-1164) erkannt und an verschiedenen Stellen seines Kommentars angedeutet. Danach wird diese These von → J.G. Eichhorn (Einleitung in das Alte Testament, 1783) und → J.C. Döderlein (Esaias, 3. Aufl. 1789) geltend gemacht.

Zur Geschichte der Jesajakritik vgl. die ausführliche Darstellung von Chr. Moser. Wer nach Ibn Esra die Priorität für die (Wieder-)Entdeckung der unterschiedlichen Verfasserschaft von Jes 1-39* und Jes 40-66* beanspruchen kann, hängt davon ab, was man sucht. In den beiden ersten Auflagen des Esaias-Kommentars von J.C. Döderlein (1. Aufl. 1775; 2. Aufl. 1780) findet sich die Unterscheidung noch nicht. In einer Rezension des von J.B. Koppe 1780 in deutscher Sprache herausgegebenen und mit Anmerkungen versehenen Jesaja-Kommentars von → R. Lowth bemerkt Döderlein jedoch einmal nebenher: „Noch ließe sich fragen: ob es nicht sehr glaublich sey, daß dieser ganze Abschnitt erst während des Babylonischen Exils sey niedergeschrieben worden? Wir wundern, daß Herr Koppe, dessen Scharfsinn mehrere solche Probleme entdeckt und entwickelt hat, bey diesem Abschnitt über die Zeit seiner Abfassung und über seinen Innhalt schweiget.“ (AuThB I, Teil 11, 1781, 832). Nun hat Koppe sich in der Tat nicht grundsätzlich über die Abfassung des ganzen Abschnitts Jes 40-66 geäußert, weil er die Kapitel verschiedenen Autoren zuwies; er hat jedoch an mehreren Stellen die exilische Entstehung vorausgesetzt. Döderlein geht mit seiner Bemerkung von 1781 insofern darüber hinaus, als er den ganzen Abschnitt Jes 40-66 dem unbekannten exilischen Autor zuschreiben möchte und die These erstmals deutlich ausgesprochen hat. In späteren Arbeiten, so schon in der Besprechung des Jesaja-Kommentars von Chr.G. Hensler (AuThB Bd. IV, 8 [1788]) und dann in der dritten Auflage seines Kommentars, hat er eine nähere Begründung für die exilische Datierung dieser Kapitel gegeben. Ein Hauptargument für diese Sicht, nämlich dass der Prophet hier überall wie zu Zeitgenossen spräche, findet sich aber schon in den beiden ersten Auflagen seines Kommentars, also 1775 und 1780, nur dass er dort keine Konsequenzen daraus gezogen hat.

Oft zitiert wird eine Passage aus J.G. Eichhorns Einleitung (Bd. III, 1783): „Ferner, ie öfter ich die Orakel vom 40sten bis 52sten Kapitel Jesaias lese, desto weniger will es mir einleuchten, daß sie vor dem babylonischen Exil abgefaßt seyn sollen.“ (84). „In der genannten Reihe von Orakeln (Jes XL-LII) ist überall das babylonische Exilium die Scene; der Dichter spricht, als lebte er im Exil, als spräche er zu Exulanten, welche bei der Zögerung ihrer Wiederkehr ins Vaterland schon verzweifeln, ob auch die Verheißungen ihrer alten Propheten in Erfüllung gehen würden. Sollte nicht der Verfasser der darinn enthaltenen tröstlichen Verheißungen im Exil selbst gelebt haben?“ (85f.). Die prinzipiell mögliche Annahme, dass „Jesaias sich blos nach seiner Phantasie ins babylonische Exilium versetze und nach dieser selbst gewählten Lage als Exulant zu Exulanten spreche“, scheitere an der detaillierten Kenntnis des Exils (86). Er belegt diese Detailkenntnis freilich nicht an dtjes Texten, sondern an Jes 21,1-10 (87ff.), die Differenzen der Sprache mit Jes 23 (95fff.), und er beweist damit allgemein, „daß in unsrem Jesaias Stüke von allerlei Propheten, aus den verschiedensten Zeiten aufgenommen worden“ (96). Im Blick auf die Erzählungen von Jes 36-39 kommt er zu dem Schluss, „daß unser Jesaias eine nach dem babylonischen Exil gesammelte Anthologie von Orakeln“ mit einer „Sammlung Jesaianischer Weissagungen“ als erster Grundlage sei (102). Auf die dtjes Partien bzw. auf Jes 40-52 kommt er nicht mehr zurück, außer dass er auch darin manches dichterisch schöne Stück entdeckt (128f.); das erklärt sich für ihn mit der „Lage ihrer Urheber“: „Sie hatten sich durch ein fleißiges Studium die Sprache der alten Propheten ganz zu eigen gemacht“ (129). Das klingt eher nach modernen Theorien für die Entstehung von Jes 40-66 als nach der danach lange vorherrschenden Annahme des Buches eines exilischen Propheten. – Die Abtrennung von Jes 40-66 wird dann von L.K. Justi (seit 1795) eingehend begründet (s. Chr. Moser 31-39).

Wer den Namen „Deuterojesaja“ für das zweite Jesajabuch erstmals verwendet hat, ist nicht eindeutig festzustellen. C.L. Hendewerk schreibt 1838 in der Einleitung zum ersten Band seines Jesaja-Kommentars, die Weissagungen Jesajas zerfielen „in zwei Hälften, in solche, welche ächt und zugleich authentisch sind, und in solche, welche ächt aber nicht authentisch sind. Die ersteren möge man die protojesajanischen und die andern die deuterojesajanischen Weissagungen nennen, analog jener Eintheilung der kanonischen Schriften in protokanonische und deuterokanonische“ (CXIX). Das könnte eine erste Definition sein, wenn Hendewerk nicht schon vorher im Abschnitt „Geschichte des hebräischen Prophetismus“ den „Deutero-Jesaja“ ohne Namenserklärung als Propheten aus dem babylonischen Exil aufgeführt hätte (CV), als sei dieser Name schon bekannt. Jedoch scheint W. Gesenius (1821 im Kommentar) diesen Namen noch nicht zu kennen. Später wird er häufiger gebraucht, seit B. Duhm hat er sich allgemein durchgesetzt (vgl. Chr. Moser 92f.).

Erst → B. Duhm (Das Buch Jesaia, 1. Aufl. 1892) hat die Kapitel Jes 56-66 als → Tritojesaja (abgekürzt: Tritojes, tritojes) noch einmal von Dtjes unterschieden. Auch diese Hypothese wird in der wissenschaftlichen Exegese ganz überwiegend akzeptiert, obwohl es noch immer einzelne Stimmen gibt, die im dritten Teil des Buches dtjes Texte finden wollen oder die Grenze zwischen Jes 55 und Jes 56 bestreiten (z.B. P. Höffken nach S. Paganini). Das beruht auf der Ähnlichkeit bestimmter Passagen, besonders Jes 60-62, in denen Dtjes öfter zitiert wird, oder auf der Anlehnung an dtjes Formulierungen, z.B. schon in Jes 56,1-8. Doch handelt es sich dabei um „Fortschreibungen“ (oder „Fortdichtungen“) dtjes Texte, mit denen spätere Autoren (oder ein späterer Autor) die Botschaft des Vorgängers für eine spätere Zeit geltend machen, manchmal auch nur um stilistische Anleihen bei dem bereits vorliegenden Buch. Duhm ging davon aus, dass ein einzelner Autor Tritojesaja verfasst habe, und zwar im Zeitalter Esras und Nehemias (aber vor deren Reformen), also um die Mitte des 5. Jh.s v. Chr. Die Einheit des Tritojes wird noch von K. Elliger (1928) und im Kommentar von J.L. Koole (1995) vertreten, während man heute in der Regel verschiedene Autoren an dieser Schrift beteiligt sieht. Schichtenmodelle für Tritojes sind hier nicht zu erörtern; die Frage spielt für Dtjes nur insofern eine Rolle, als Elliger (1933) in Tritojes auch den Redaktor und Ergänzer des Deuterojesajabuchs sah (s.u.). Der Abschluss des Deuterojesajabuches ist aber durch Inklusionen zwischen dem Eingang („Prolog“ Jes 40,1ff.) und dem Schluss („Epilog“ Jes 55,8-13) deutlich markiert.

2. Ursprung der Texte: Grundlegende Theorien

2.1. Die herkömmliche Herleitung von einem exilischen Propheten

Dass auch in Jes 40-66 eine prophetische Stimme spricht, war durch die Abtrennung vom ersten Teil des Jesajabuchs nicht in Frage gestellt und lange Zeit selbstverständlich; man sprach dann von einem anonymen Propheten der Exilszeit bzw. später von „Deuterojesaja“. Wohl waren wie in allen Prophetenbüchern dem Propheten einzelne Texte als spätere Ergänzungen abzusprechen; der Hauptbestand der Texte Dtjes’s war davon nicht berührt.

Stärker griff B. Duhm in den Textbestand ein: Neben der klaren Trennung zwischen Dtjes und Tritojes schied er auch in Jes 40-55 eine Reihe sekundärer Texte aus und führte vor allem die Gottesknechtslieder auf einen nachexilischen jüdischen Autor zurück. Der Rahmen Deuterojesajas, Jes 40-55, blieb dabei bestehen.

2.2. Die Einschränkung auf Jes 40,1-52,12

Das änderte sich mit der Arbeit K. Elligers (1933), der Stil und Sprachgebrauch aller Texte mit Tritojes verglich. Nach Elliger hat Dtjes’s Schüler Tritojes das Buch herausgeben und neben vielen Ergänzungen in Jes 40,1-52,12 den Schluss in Jes 54f. sowie das vierte Gottesknechtslied selbst verfasst. Der Grundbestand des Buchs und die drei ersten Gottesknechtslieder stammen jedoch von Dtjes.

Die These hat sich in dieser Form nicht durchgesetzt. Der stilistische Vergleich setzte die Einheit Tritojes’s voraus, die heute zu Recht bestritten wird, und die sekundären Texte sind schwerlich auf tritojes Autoren zurückzuführen. Jedoch hat die Abtrennung der beiden Schlusskapitel und des vierten Gottesknechtsliedes gute Gründe für sich, u.a. deshalb, weil mit Jes 52,12 ein Schluss erreicht ist, der ebenfalls mit dem Anfang korrespondiert: Dem Aufruf „Tröstet mein Volk …, redet Jerusalem zu Herzen …“ (40,1f.) zu Beginn entspricht die hymnische Aussage in 52,9b: „Jahwe hat sein Volk getröstet, Jerusalem erlöst“, und die Ansage der Heimkehr Jahwes mit seinem Volk in Jes 40,3-11 kehrt in Jes 52,7-12 wieder. Jes 55,8-13 ist der Schluss einer erweiterten Neuausgabe des Buches (s.u.).

2.3. Literarkritische Schichtenmodelle seit ca. 1970

Trotz Elligers wichtiger Arbeit galt Jes 40-55 weiter als der Textblock, in dem Dtjes’s Verkündigung überliefert war, obwohl einzelne Texte ausgeschlossen wurden (z.B. C. Westermann 1966). H.Chr. Schmitt (1979) hat Elligers Ansatz ohne die tritojes Hypothese mit der Unterscheidung eines dtjes Grundbestands und einer „schultheologischen“ Erweiterung und Überarbeitung aufgenommen und am Beispiel Jes 48,1-11 durchgeführt. Er findet dieselbe Sekundärschicht in den Rahmenstücken von Jes 55 sowie als Entsprechung zu Jes 55,8-11 in Jes 40,6-8 und führt damit auch die Redaktion des Deuterojesajabuchs auf die „Schultheologen“ zurück.

Im gleichen Jahr erschien die Arbeit von K. Kiesow, wonach ursprüngliche Texte des Propheten nur in Jes 40-48 zu finden sind. Die Verkündigung des Propheten sei auf die Ankündigung der Befreiung und des Auszugs aus Babylon in die Wüste zu beschränken, die Verheißung der Heimkehr zum Zion ab Jes 49,14 sei erst später hinzugefügt.

Kern seiner redaktionsgeschichtlichen Hypothese ist eine Zerlegung des Eingangstextes Jes 40,1-11: Als ursprünglich gilt nur 40,3-5* (30f.), eine erste Erweiterung seien die Verse 1f. und 9f., eine zweite Jes 40,6-8*. Die alte Beobachtung, dass an verschiedenen Stellen des Deuterojesajabuchs auf den Prolog verwiesen wird, erweitert er damit zu dem redaktionsgeschichtlichen Modell eines konzentrisch gewachsenen Buchs (165): Jes 40,3-5* hat seine abschließende Entsprechung in Jes 48,20, zur Grundschicht gehört deshalb nach Jes 40,3-5* nur Jes 40,13-48,20*; eine erste Erweiterungsschicht umfasst Jes 40,1f.9f. und (mit der Entsprechung in Jes 52,9f.) Jes 49,1-52,10*; die zweite Erweiterungsschicht besteht aus Jes 40,6-8* und Jes 52,13-55,13*.

Fraglich ist einmal die Zerstückelung des Prologs. Wenn durch die Wiederaufnahme von Motiven des Eingangstexts jeweils ein Einschnitt oder Schluss markiert wird, muss ja nicht auch der Anfang fragmentiert und verschiedenen Autoren zugewiesen werden; der für die Grundschicht verbleibende Rest Jes 40,3-5* ist als Eingangstext wenig überzeugend. Zum andern sind nicht alle „Klammertexte“ gleichwertig. So ist zwar der Rückbezug von Jes 55,10f. auf Jes 40,8 mit der Thematik des sich durchsetzenden Jahweworts deutlich, noch klarer ist in 52,8ff. mit Jahwes Rückkehr zum Zion und seiner aller Welt sichtbaren Rettungstat ein Abschluss erreicht. Jedoch ist der Aufruf zum Auszug aus Babel in Jes 48,20 zwar die Konsequenz des göttlichen Befehls in Jes 40,3-5, eine Straße für Jahwe durch die Wüste zu bauen, aber als literarische Klammer kaum geeignet und nicht ausreichend: Die gesamte Völkerwelt soll nach 48,20 Israels Hymnengesang hören, nach Jes 40,5 / Jes 52,10 soll sie aber auch sehen, wie Jahwes kāvôd, seine → Herrlichkeit, sich in der Rettungstat an seinem Volk vor aller Welt zeigt. Es spricht also einiges dafür, dass zur „Grundschicht“ zumindest noch Jes 52,7-10 gehört, damit aber wie in Jes 40,9-11 auch sein Einzug (mit seinem Volk) in Jerusalem.

Die Zweiteilung des Deuterojesajabuchs ist in einem Wechsel der Thematik begründet: Von Jes 49,14 an ist „Zion“ das Hauptthema, zuvor Jakob / Israel, d.h. der Erzvater als Repräsentant des Gottesvolks Israel. Nur im ersten Teil ist von Kyros die Rede und nur hier finden sich die „Gerichtsreden gegen die fremden Völker und ihre Götter“ mit dem „Weissagungsbeweis“ (s.u.). Das gilt seit Kiesow häufig als Hinweis darauf, dass nur der erste Teil ursprüngliche Texte hat und der zweite dem Propheten ganz abzusprechen ist. Der Wechsel ist aber kein literarkritisches Indiz, sondern beruht auf einer bewussten Anordnung der Texte: Die Rolle des Kyros ist mit dem ersten Teil abgeschlossen, und da sein Siegeszug ein wesentliches Element des Weissagungsbeweises ist, finden sich auch die Gerichtsreden nur dort. Während der erste Teil das wandernde Gottesvolk darstellt, zeigt der zweite Teil die „Ankunftsperspektive“, Zion in Erwartung ihrer Kinder aus dem Exil bzw. Zion als Repräsentantin des Gottesvolkes. Auch stilistische Elemente hängen mit der je spezifischen Thematik zusammen.

Überdies beruht die herkömmliche Trennung in Jes 40-48 und Jes 49-55 auf der anerkannt späten Zufügung Jes 48,22, die in Jes 57,21 eine fast wörtliche Entsprechung hat und so die zweite Hälfte des Jesajabuchs in drei Abschnitte zu teilen scheint. Der Zionteil des Deuterojesajabuchs beginnt aber erst in Jes 49,14. (Zur Einfügung des zweiten Gottesknechtslieds Jes 49,1-6 mit dem Anhang Jes 49,7-13 s.u. 2.6)

Inhaltlich kann man ausschließen, dass ein Prophet im babylonischen Exil den Exulanten nur Befreiung und Wüstenwanderung angekündigt hätte. Die Wanderung hat ein Ziel, von dem ausdrücklich in den Texten des zweiten Teils die Rede ist.

Die kritische Analyse des Deuterojesajabuchs ist in den folgenden Jahrzehnten weitergeführt worden, in einzelnen Aufsätzen, z.B. von J. Vermeylen und O.H. Steck, und in umfangreichen Monographien (R.P. Merendino [1981] zu Jes 40-48; R.G. Kratz [1991]; J. van Oorschot [1993]). Dabei wird das Deuterojesajabuch auf immer mehr Schichten verteilt – bei R.G. Kratz sind es, von Einzelzusätzen abgesehen, fünf Schichten zwischen 539 und der Mitte des 5. Jh.s (Kyros 216f.), bei J. van Oorschot im wesentlichen sieben, O.H. Steck findet allein in Jes 47-55 neun verschiedene Strata. Die immer diffizilere Sonderung der Schichten kann sich auf eine präzisere Beobachtung von Differenzen in den Texten berufen, die der Auslegung zugute kommt. Es ist jedoch die Frage, wieweit die Unterschiede für die Verteilung auf verschiedene Autoren geltend gemacht werden können. Dass über einige Grundzüge hinaus kaum übereinstimmende Ergebnisse zu erwarten sind, ist noch kein Gegenargument, aber wieweit man mit der Feinanalyse wirklich Schichten mit unterschiedlichen theologischen Konturen und verschiedenen geschichtlichen Standorten konstruieren kann, bleibt vielfach zweifelhaft. Man muss die Gegenprobe machen, wieweit differente Aussagen miteinander kompatibel sind und in der Gedankenwelt eines Autors Raum haben. Ein einfaches Beispiel ist der Wechsel des handelnden Subjekts: Kyros oder Jahwe oder der Gottesknecht? Es ist evident, dass in den großen Umwälzungen der erlebten und erwarteten Geschichte für den Propheten immer Jahwe am Werk ist, der sich selbstverständlich seiner irdischen Werkzeuge bedient, wie man das im kleinen Maßstab von jedem König sagen kann. Auch der oft betonte Wechsel der Anrede von Jakob / Israel zu Zion / (Jerusalem) ist nicht literarkritisch auszuwerten.

Allerdings ist ein historisches und theologisches Verständnis des Deuterojesajabuchs ohne Unterscheidung von „Schichten“ nicht möglich. Man kann sich jedoch beschränken und muss das angesichts unseres historischen Abstands und der Mehrdeutigkeit vieler Argumente auch. Deshalb schlägt H.-J. Hermisson (2017) in Aufnahme der vorangehenden literarkritischen Arbeit wie in Abgrenzung dazu ein Dreischichtenmodell vor, mit dem der Hauptbestand der Texte erfasst werden kann (s. 2.6 und 4).

Bei allen Differenzen ist diesen kritischen Unternehmungen eins gemeinsam: Sie gehen davon aus, dass am Anfang der Überlieferung ein (anonymer) Prophet steht, ein „Charismatiker“, und dass man demzufolge nach einem Grundbestand suchen muss. Das gilt nicht nur für die Inhalte, die prophetische Gedankenwelt, sondern auch für ihre Ausprägung in Texten, weil prophetische Botschaften allgemein fest geprägt und eindrücklich formuliert sind.

2.4. Gruppentheorien

Die Herkunft des Grundbestands von einem Propheten wird erst in neuerer Zeit grundsätzlich in Frage gestellt. Es geht einmal um die Zahl der Autoren: Ist da mit einer prophetischen Stimme zu rechnen, oder handelt es sich vielmehr um eine Prophetengruppe (D. Michel)? Die Annahme stützt sich auf den pluralischen Auftrag am Anfang des Buches „Tröstet, tröstet mein Volk!“ und darüber hinaus auf Unterschiede der einzelnen Texte. Beides lässt sich jedoch anders deuten: Der Plural erklärt sich im Rahmen einer himmlischen Szene, die bei der Beauftragung eines Propheten auch sonst belegt ist.

Vgl. → Micha ben Jimla in 1Kön 22,19-22 und Jesaja in Jes 6 – jeweils mit Besonderheiten. Auch in 1Kön 22,19f. und in Jes 6,5 wird wie in Jes 40,1 zunächst eine Mehrzahl angesprochen. In Jes 40 wird der (Trost-)Auftrag jedoch verteilt: Die Wüstenstraße sollen himmlische Wesen bauen (V. 1), der Verkündigungsauftrag ergeht an den einzelnen (V. 6).

Die Differenzen lassen sich besser durch literarische Bearbeitung und Ergänzung einer Grundschrift als durch verschiedene Stimmen innerhalb einer Gruppe erklären. Die These einer Mehrzahl von Verfassern hat schon W. Caspari vorgetragen, der das Deuterojesajabuch unter dem Titel „Lieder und Gottessprüche der Rückwanderer“ auslegte. An dem prophetischen Charakter wenigstens eines Teils der Texte hat er jedoch festgehalten.

Die grundsätzliche Einstimmigkeit der nachjesajanischen Botschaft – allerdings vor B. Duhm meist auf Jes 40-66 bezogen – wird schon in der älteren Exegese zuweilen bezweifelt (auch abgesehen von einzelnen sekundären Texten). So hatte bereits J.G. Eichhorn mit Berufung auf die Sammeltätigkeit nachexilischer Herausgeber des Jesajabuchs Texte verschiedener Herkunft angenommen und nur für Jes 40-52 exilische Herkunft beansprucht. Der gelehrte Rabbiner A. Geiger bemerkt 1868 zum „jüngeren Jesaias“, er sehe ihn „nicht als eine Einzelpersönlichkeit, sondern als eine Collectivperson, als eine Reihe begeisterter Seher von dem Aufrufe des Cyrus an bis zur griechischen Periode hin“ (90).

Gegen prophetische Herkunft wird neuerdings die Hypothese vertreten, die Urheber des Deuterojesajabuchs seien eine Gruppe von levitischen Tempelsängern, die zunächst im Exil und später in Jerusalem gewirkt habe (z.B. U. Berges, J. Werlitz). Die Annahme kann sich auf die Eigenart der Texte berufen: Sie sind weithin in der Sprache der Psalmen formuliert oder lehnen sich daran an, so dass man ihren Verfasser in der Tat in diesen Kreisen suchen kann. Der Hinweis auf Sprache und Formen reicht jedoch für die Bestimmung des Autors nicht aus. Die dtjes Texte überliefern grundlegend die Botschaft Jahwes, und deren Ausrichtung an das exilische Israel ist die Aufgabe von Propheten. Das wird u.a. durch die Botenformel „so spricht Jahwe“ oder durch die Rede Jahwes in erster Person deutlich gemacht. Das „Prophetische“ gehört also zu den wesentlichen Merkmalen des Textbestands, und das gilt dann auch für die Passagen, die nicht unmittelbar Weitergabe eines göttlichen Orakels sind.

Wohl können auch Sekundärtexte einen prophetischen Anspruch geltend machen, sie tun das jedoch in der Regel als Auslegung und Weiterführung der ursprünglichen Botschaft. Im „Dreischichtenmodell“ bei Hermisson gilt das für die Redaktion der „Naherwartungsschicht“, an der verschiedene Autoren der Dtjes-Schule beteiligt gewesen sein können. Das ist zu unterscheiden von der Annahme, bereits der Grundbestand sei nur eine Weiterführung (U. Berges) oder gar eine „Fortschreibung“ der Botschaft Jesajas. Wie alle Propheten partizipiert Dtjes an der Tradition der Vorgänger, vor allem der großen Propheten Jesaja und Jeremia, aber seine Texte sind eigenständig und nicht in der „Schule“ Jesajas formuliert.

2.5. Deuterojesaja als Drama

Eine andere Richtung moderner Dtjes-Auslegung versteht Jes 40-55 als → Drama. Die Einheit des Textblocks wird festgehalten und auf literarkritische Differenzierung im wesentlichen verzichtet. Die bedeutendsten Untersuchungen dieser Richtung stammen von W.A.M. Beuken und für Jes 40-48 von H. Leene. Die Datierung der dramatischen Einheit ist freilich bei beiden verschieden: Während W.A.M. Beuken noch von einem dem Propheten nahestehenden Textblock ausgeht, setzt H. Leene die Einheit des Dramas erst in nachexilischer Zeit an, was Literarkritik für die Vorgeschichte nicht prinzipiell ausschließt. Andere wie K. Baltzer verstehen das ganze Deuterojesajabuch als dramatisches Theaterstück, in der Zeit Nehemias für die Jerusalemer Aufführung verfasst.

Die dramatische Deutung legt in jedem Fall den Endtext aus. Es lässt sich allerdings zeigen, dass schon die Texte der Grundschrift in eine sachliche Ordnung gebracht sind, die von den folgenden Redaktionen beibehalten und erweitert wurde: Befreiung aus Babylon, Aufbruch und Zug durch die Wüste gehen dem Einzug in Jerusalem voran. Das gilt für Jes 40,1-52,12* in großen Zügen, auch noch nach der Einarbeitung der Gottesknechtslieder. Fraglich ist aber, wieweit sich das dramatische Konzept im Detail durchführen lässt, und in jedem Fall bleiben die redaktionsgeschichtlichen Differenzierungen und damit die je eigenen Konturen der Schichten außer Betracht. Die späteren Bearbeitungen haben jedoch einen eigenen Beitrag zur dtjes Botschaft, mit dem der ursprüngliche Sinn variiert wird: Deutlich wird das bei der Deutung der Gottesknechtslieder, aber z.B. auch in der Auseinandersetzung mit den Fremdgöttern durch die Bilderschicht. Spätere Ergänzungen sind meist an passender Stelle eingesetzt, fügen sich aber nicht in ein durchgehendes dramatisches Konzept. Die Beschränkung auf den Endtext hat (im Unterschied zu literarkritischen Versuchen) einen scheinbar eindeutigen Gegenstand, führt aber zum Verlust der geschichtlichen Tiefendimension der Textfolge.

2.6. Fazit

Literarkritik ist zum historischen Verständnis des Deuterojesajabuchs notwendig, es gibt auch hinreichende Indizien für die Unterscheidung der Texte. Angesichts der Unwägbarkeiten im einzelnen empfiehlt sich aber ein vereinfachtes Schichtenmodell. Mit den meisten literarkritischen Untersuchungen kann man von einem (mehr oder weniger umfangreichen) Grundbestand ausgehen, der die Verkündigung eines anonymen Propheten im Exil zwischen 550 und 540 v. Chr. umfasst. So versucht Hermisson im Kommentar, den Textbestand im wesentlichen drei Schichten zuzuweisen (vgl. die Tabelle BK XI/3, 738f.).

Danach wäre der Grundbestand der prophetischen Verkündigung in einer Grundschrift (mit dem Grundbestand von Jes 40,1-52,12*) niedergelegt, an der der Prophet selbst noch mitgewirkt haben kann. Als gleichursprünglich zählen die gesondert überlieferten drei ersten Gottesknechtslieder (Jes 42,1-4; Jes 49,1-6; Jes 50,4-9) zur selben Schicht; das vierte Gottesknechtslied, Jes 52,13-53,12, ist jedoch nach dem Tod des Propheten zugefügt. Es gibt danach eine große Redaktion, in der die Sonderüberlieferung der vier Gottesknechtslieder in die Grundschrift eingearbeitet und neu gedeutet wird; nach einer charakteristischen Eigenart dieser Bearbeitung wird sie als Naherwartungsschicht bezeichnet. Als dritte Textgruppe mit gemeinsamen Konturen kommt die Bilderschicht (Götzenbilderschicht) hinzu, in der die für Dtjes grundlegende Auseinandersetzung mit den fremden Göttern weitergeführt wird. – Daneben gibt es eine begrenzte Anzahl von Texten, die sich keiner der genannten Schichten zuweisen lassen und die auch untereinander verschieden sind.

Im einzelnen gehören nach dieser Analyse

1. zur Grundschrift: Jes 40,1-11* (ohne 7b); 40,12-17* (ohne 16); 40,18a.21-26; 40,27-31; 41,1-4; 41,8-13; (41,14-16?); 41,17-20; 41,21-29* (ohne 24b.29b); 42,5-8* (ohne 8bβ); 42,10-13; 42,14-16; 43,1*-7; 43,8-13; 43,14-15 (14 fragmentarisch); 43,16-21; 43,22-24.25*.26-27.28b; 44,2-4; 44,21-22; 44,23; 44,24-25.26abαγ.27-28a; 45,1-7(*?); 45,8; 45,11a.12.13abα; 45,14*.15; 45,18-19.20a.21-23; 46,1-2*; 46,9-11; 47,1-2.5.8-9abα.10aβb.11; 48,20-21; 49,14-21; 49,22-23?; 51,9-10.17-23 und 52,1-2.7-10.11-12 (Angaben mit Abgrenzung der kleinen Einheiten);

2. zur dtjes Sonderüberlieferung: Die urspr. Gottesknechtslieder 42,1-4; 49,1-6; 50,4-9; ergänzt durch 52,13-53,12;

3. zur Redaktionsschicht (Naherwartungsschicht), in der die Gottesknechtslieder integriert, neu gedeutet und ergänzt werden: 42,9?; 42,18.19a.20.22-23?; 44,1; 44,6-8; 46,3-4 (mit Ergänzungen in 46,1f.); 46,8.12-13; 47,3b-4.6-7; 48,1-4.5a.6.7a.8-11; 48,12-15; 49,8-12; 49,13; 50,1-3; 51,1-8; 51,12-15; 54,1-10; 55,1-5; 55,8-13;

4. zur Bilderschicht: 40,18b.19-20; 41,5-7; 41,24b.29b; 42,17?; 44,9-20 (mit Ergänzungen); 45,16f.; 45,20b.24f.; 46,5-7; 48,5b.7b.

5. Weitere Texte: Neben Einzelergänzungen und Glossen bleiben als Texte, die keiner zusammenhängenden Schicht zugehören, u.a.: 42,19b.21.24f.; 45,9f.11b.13bβγ; sukzessive Ergänzungen in 47,3a.9-15*; 48,16; 48,17-19; 48,22; 49,7; 49,24-26; 50,10; 50,11; 52,3-6; 54,11-17; 55,6f.

Das ist, wie gesagt, ein Versuch, der im einzelnen korrigierbar bleiben muss. Jedoch scheint mehr als solche gröbere Einteilung nicht erreichbar und nicht nötig, um die Botschaft des Buches angemessen zu erfassen. Die Darstellung wird sich daran orientieren (s.u. 4.).

3. Der Prophet

„Deuterojesaja“ ist ein Kunstname, der Name des exilischen Propheten ist unbekannt. Biographische Daten kann man nur im Rückschluss aus seiner Botschaft gewinnen. Die Zeit seines Auftretens gehört in das letzte Jahrzehnt des neubabylonischen Reichs (→ Babylonien) und fällt mit dem Siegeszug des Perserkönigs (→ Persien) → Kyros II. zusammen: Kyros wird bei Dtjes zweimal namentlich erwähnt (Jes 44,28; Jes 45,1) und spielt darüber hinaus in der Botschaft des Propheten eine gewichtige Rolle. Die Einnahme Babylons durch Kyros (539 v. Chr.) und Befreiung und Heimkehr des exilierten Israel hat er vorhergesagt, aber nicht mehr erlebt. Seine Wirksamkeit wird daher allgemein zwischen 550 und 540 v. Chr. angesetzt. Als Ort seiner Verkündigung gilt gewöhnlich Babylonien, und dafür spricht, dass er sich mit fast allen seinen Texten an die Verbannten wendet, auch da, wo nicht Jakob / Israel, sondern (im zweiten Teil des Buches) Zion / Jerusalem die unmittelbare Adresse ist. Weil er → Zion auch aus der Ferne ansprechen kann, ist eine Versetzung nach Jerusalem unbegründet, vollends sind andere Ortsbestimmungen (Libanon: B. Duhm; Ägypten: K. Marti; Feldlager des Kyros: M. Haller) abwegig.

Ob der Prophet seine Botschaft mündlich vorgetragen oder schriftlich verbreitet hat, ist nicht eindeutig zu entscheiden, wahrscheinlich ist mit beidem nebeneinander zu rechnen. Die lebendige Anrede schließt die Schriftform nicht aus, und die Verkündigung ist an den verschiedenen Exilsorten möglicherweise auch schriftlich verbreitet worden. Z.B. rechnen B. Duhm (HK III,1, 4. Aufl. 1922, 14.18); J. Begrich (Studien 97); O. Eißfeldt (Einleitung, 3. Aufl. 1964, 457) von vornherein mit schriftlicher Abfassung der Texte. Der prophetische Vorgänger im Exil, → Ezechiel, ist jedoch in mündlicher Rede aufgetreten oder hat sich von den Verbannten oder ihren Vertretern befragen lassen, und auch bei den anderen Schriftpropheten, eindeutig bei Jesaja oder Jeremia, geht die mündliche Verkündigung der Schriftgestalt voraus. Der Raum, den die argumentierende Rede bei Dtjes einnimmt, spricht eher für eine direkte Konfrontation mit den Hörern, und man hat angenommen, dass die Heilsorakel des Propheten ihren Sitz im Leben in exilischen Klagegottesdiensten hatten (H.E. von Waldow). Dagegen dürften die → Gottesknechtslieder zunächst nicht in öffentlicher Rede, sondern schriftlich formuliert worden sein. Das Verhältnis von Vortrag und Schriftgestalt ist letzten Endes nur für die Frage der Überlieferung bedeutsam; es liegt nicht nahe, zwischen beidem einen größeren Unterschied anzunehmen, weil auch die mündliche prophetische Rede eine einprägsame Form sucht.

Sprache und Formen der dtjes Texte stammen weithin aus der Welt der → Psalmen (s.o. 2.4), darin unterscheidet sich Dtjes von der priesterlich geprägten Rede Ezechiels. Die Annahme liegt daher nahe, dass Dtjes aus Kreisen der Tempelsängerschaft stammt; möglicherweise ist das ein Grund für die anonyme Überlieferung seiner Texte.

Wer die Gottesknechtslieder auf den Propheten deutet, findet auch darin biographische Hinweise. So erscheint das „Ich“ des Propheten im zweiten und dritten Gottesknechtslied (Jes 49,1-6; Jes 50,4-9), und beide Texte wie vollends das vierte Lied bezeugen den Widerstand der Hörer gegen die prophetische Botschaft. Die geprägte, partiell verhüllende Formensprache des letzten Textes führt zu einer großen Diversität der Deutungen, doch spricht der Text sicher vom Tod des Gottesknechts und speziell wohl von seiner Verhaftung und Hinrichtung und seinem Begräbnis bei Verbrechern: Auf den exilischen Propheten bezogen heißt das, dass er von den Babyloniern gefangen gesetzt, verurteilt und hingerichtet wurde, möglicherweise von den eigenen Volksgenossen ausgeliefert. – Es ist aber daran zu erinnern, dass schon die Deutung der Texte auf den Propheten strittig ist (→ Gottesknecht) und die Meinungen zumal über den letzten Gottesknechtstext weit auseinandergehen.

4. Die Botschaft

Vgl. dazu H.-J. Hermisson, BK XI/3, 740-760. Zum Textbestand der verschiedenen Schichten vgl. ebd. 738f. und oben 2.6.

4.1. Die ursprüngliche Botschaft Deuterojesajas (Jes 40,1-52,12*)

Der grundlegende Inhalt der dtjes Verkündigung an Israel ist die Botschaft von Vergebung der Schuld nach dem Gericht, von Befreiung aus dem Exil und Heimkehr Israels. Das kommt eindrücklich im sog. Prolog des Buches, Jes 40,1-11, zur Sprache und wird danach in vielen weiteren Texten entfaltet.

4.1.1. Der Prolog

Der Prolog (dessen Einheit umstritten, aber festzuhalten ist) umfasst das Berufungserlebnis des Propheten mit den Grundzügen der auszurichtenden Botschaft (→ Berufung). Er schildert in Anlehnung an die Formen prophetischer Sendung oder Berufung zuerst eine himmlische Szene mit dem göttlichen Auftrag an himmlische Wesen, Jahwes Volk / Jerusalem zu „trösten“ und ihm die Vergebung zuzusprechen (Jes 40,1-2). „Trost“ ist aber hier kein rein verbaler Akt, sondern muss sich in einer weltverändernden Tat realisieren (→ Trost), von der die folgenden Verse sprechen: Eine ebene Straße durch die Wüste ist zu bauen, auf der Jahwe selbst seine → Herrlichkeit vor „allem Fleisch“ offenbaren will (Jes 40,3-5). Was das mit Israels Tröstung zu tun hat, zeigt sich in der vierten Szene dieses Textes (Jes 40,9-11): Auf dieser Straße kehrt Jahwe selbst heim nach Jerusalem, als Sieger, der sein befreites Volk mitbringt, und an den Wundern dieser Heimkehr erweist sich seine Herrlichkeit vor aller Welt. Eine retardierende dritte Szene ist in Jes 40,6-8 eingeschoben, wieder in Anlehnung an die Berufungsgattung: Sie enthält den Verkündigungsauftrag an den Propheten und seinen Widerspruch im Blick auf die Vergänglichkeit der Welt. Der Widerspruch wird zurückgewiesen mit dem Satz von der zwingenden Macht des göttlichen Worts: „Das Wort unseres Gottes steht auf, setzt sich durch für immer!“ (Jes 40,8). Auch damit ist ein Thema angesprochen, das in folgenden Texten auszuarbeiten ist: die unaufhaltbare Wirksamkeit des Schöpferwortes. Darin nämlich erweist sich die Einzigkeit Jahwes als des Schöpfergottes.

Dem „Prolog“ in Jes 40,1-11 entspricht ein „Epilog“ in Jes 52,7-10.(11-12) (jetzt Teil einer größeren Einheit): In prachtvollen Bildern schildert der Text die Ankunft Jahwes in Jerusalem und den Antritt seiner Königsherrschaft in seiner Stadt, und Jerusalems Trümmer werden zum jubelnden Hymnus aufgerufen: „Getröstet hat Jahwe sein Volk, Jerusalem erlöst. Entblößt hat Jahwe seinen heiligen Arm vor den Augen aller Völker, und alle Enden der Erde sehen die Rettungstat unseres Gottes“ (Jes 52,9-10).

Damit schließt sich der Kreis, und in der Summe wird deutlich, dass es nicht allein um Israels Befreiung aus dem Exil geht, sondern um diese Befreiung als ein weltweites Wunder, das alle Welt sehen und Jahwe dadurch als den einzigen Gott erkennen und anerkennen kann.

Was der „Prolog“ ankündet, wird in den folgenden Texten Dtjes’s ausgeführt und z.T. erst damit voll verständlich. Mit seiner Botschaft nimmt der Prophet den Verkündigungsauftrag wahr, der ihm in der dritten Szene erteilt wird (Jes 40,6). Seine zweifelnde Frage „Was soll ich verkündigen?“ wird inhaltlich nicht mit dem Grundsatz vom beständigen Wort Jahwes im Unterschied zur Vergänglichkeit der Welt beantwortet, sondern mit allem, was der Prophet über seine Berufungserfahrung berichtet.

4.1.2. Vergebene Schuld

Ist der Trostauftrag zuerst mit der tröstenden Tat auszuführen, so muss der Trost Jahwes Volk auch verkündigt werden. Die Strafe des Exils ist beendet, denn die Schuld ist vergeben. Was am Anfang ein für allemal zugesagt ist, wird in zwei Texten präzisiert: In einem Mahnwort, das Israel an seine Rolle als Gottesknecht erinnert, sagt Jahwe: „Ich habe deine Frevel weggewischt wie eine Wolke …“ (Jes 44,21), und in einer Gerichtsrede weist er rückblickend Israels Berufung auf seine Opfergaben zurück: „Ich, ich wische weg deine Frevel …, und deiner Sünden gedenke ich nicht“ (Jes 43,25) – Sündenvergebung ist nicht Folge der abgeschlossenen Strafzeit, sondern Voraussetzung für deren Ende; die Initiative muss von Jahwe ausgehen.

4.1.3. Die Offenbarung der Herrlichkeit Jahwes und Israels Anteil

Dass Jahwes Herrlichkeit auf der geebneten Straße durch die Wüste vor aller Welt sichtbar werden soll, wird in Texten ausgeführt, die die wunderbare Bewässerung der Wüste und ihre Bepflanzung mit schattenspendenden Bäumen vorstellen. Man betont oft, dass von Israel in der zweiten Szene des Prologs keine Rede sei, und diese Konzentration der Aussage auf Jahwes Erscheinung vor „allem Fleisch“ hat einen Grund: Sie ist das Ziel des Geschehens, schließt jedoch das Jahwevolk ein. Schon mit Wasser und Bäumen ist der Blick auf das wüstenwandernde Volk gerichtet (Jes 41,17-20; Jes 43,16-21). Jahwes Herrlichkeitsoffenbarung vor der Welt braucht sein Volk, denn daran, dass die Wunder dem Jahwevolk geschehen, kann die Welt den Gott Israels als ihren Urheber erkennen und ihn als den rettenden Gott kennenlernen: Er schafft Wasser in der Wüste, „um mein erwähltes Volk zu tränken, das Volk, das ich mir erschaffen habe, dass sie mein Lob erzählen“ (Jes 43,20f.).

4.1.4. Erwählung und Heilsorakel

Erwählung und Erschaffung Israels durch Jahwe ist Voraussetzung der Offenbarung seiner Herrlichkeit vor der Welt. „Erwählung“ ist ein Grundthema der dtjes Botschaft. Sie ist durch Israels Sünde nicht aufgehoben, wie der Prophet unterstreicht: „Ich habe dich erwählt und nicht verworfen!“ sagt Jahwe im ersten Heilsorakel (Jes 41,8-13; V. 9). Die Gattung des Heilsorakels an einen einzelnen (Jes 41,8-13; Jes 43,1-7; Jes 44,2-4; [Jes 41,14-16 vielleicht erst sekundär]) verwendet der Prophet bewusst, obwohl er das Volk anspricht: Israel wird repräsentiert durch seinen Ahnherrn Jakob, der auch Israel heißt, ist in ihm „erschaffen“ – daher die stereotyp gebrauchte parallele Anrede „Jakob / Israel“. In diesem Ahnherrn ist Israel erwählt, und Erwählung ist damit für Dtjes ein character indelebilis, Israels kreatürliche Realität, die nicht verloren gehen kann, anders als die „geschichtliche“ Erwählung in Ägypten oder in der Wüste (vgl. → Hosea, → Ezechiel).

Das Grundmuster der Gattung „Heilsorakel“ (→ Prophetische Redeformen) hat mehrere Aufbauelemente, die nicht immer alle ausgeführt werden. Die Orakeleinleitung umfasst die erwähnte Anrede (Jakob / Israel), erweitert mit Erwählungsaussagen (Berufung, Erschaffung im Mutterleib zum Knecht Jahwes), auch verbunden mit der Botenformel „so spricht Jahwe“ (Erwählung wird dann in Jahweprädikaten formuliert, z.B. „der dich bildet von Mutterleib“ Jes 44,2), und sie läuft hinaus auf die typische AufforderungFürchte dich nicht!“. Das ist ursprünglich ein Element der Offenbarungsrede, das dem natürlichen Schrecken vor der Erscheinung der Gottheit begegnet, zugleich aber – worauf es hier ankommt – Einleitung der Hilfs- und Beistandszusage, die die Furcht des Beters in seiner Not beenden soll. Die Aufforderung zur Furchtlosigkeit wird in Nominalsätzen begründet. Es folgt das Orakelkorpus mit der Grundzusage im Perfekt und einer Entfaltung in imperfektischen Sätzen; am Ende steht eine Zielaussage. Dieses Gattungsmuster nutzt der Prophet, um Israel zu trösten, d.h. ihm das Ende seiner Exilsbedrängnis anzusagen und es zugleich seiner fortbestehenden Erwählung zu versichern.

4.1.5. Erlösung

Zu den Elementen der Hilfszusage gehört die Rede von der Erlösung Israels. Der Begriff stammt aus dem Familienrecht und bezeichnet den Loskauf von Sippenangehörigen aus der Schuldsklaverei (→ Löser / Loskauf); bei Dtjes wird er ausschließlich als Jahweprädikat gebraucht: Jahwe ist Israels „Erlöser“, nun also aus dem babylonischen Exil. Die Vorstellung ist jedoch bezeichnend abgewandelt: Israels „Loskauf“ besagt ja nicht, dass Jahwe dem bisherigen Oberherrn Babylon ein Lösegeld zahlt. Am nächsten kommt Jes 43,3 der herkömmlichen Vorstellung: Jahwe zahlt „Ägypten, Kusch und Seba“ als Lösegeld für Israel, aber nicht an den bisherigen, sondern an den künftigen Besitzer, an Kyros, den Eroberer Babylons. Anders in Jes 44,22, wo das Wort von Israels „Erlösung“ auf die Aussage der Tilgung seiner Sünde und Schuld folgt: Wohl heißt „erlösen“ auch dort konkret aus der babylonischen Gefangenschaft befreien, aber diese ist Konsequenz der Schuld Israels gegenüber seinem Gott. Die Zahlung von Lösegeld an Kyros oder Babylon wird von späteren Autoren bestritten (Jes 45,13bβ; Jes 52,3), aber das ist nicht Dtjes’s Problem: Bei ihm geht es um die Analogie der familiären Beziehung und der daraus folgenden Pflicht zur Befreiung: Ein solches Verhältnis zu seinem Volk hat Jahwe mit dem Wort von der Erlösung deklariert.

4.1.6. „Diskussionsworte“

Großen Raum nimmt bei Dtjes die argumentierende Rede ein. Sie findet sich speziell in zwei Formen, einmal in den sogenannten Diskussions- oder Disputationsworten (→ Disputationswort), zum andern in den Gerichtsreden (s.u. 4.1.8). In den Diskussionsworten bestreitet der Prophet den Zweifel seiner Hörer, der zu Beginn zitiert wird oder aus dem Zusammenhang zu erschließen ist. Pauschal geht es um Jahwes Heilsmacht und um seinen Heilswillen, die für Israel im Exil fragwürdig geworden sind. Von Jahwes universaler Wirksamkeit als Weltschöpfer kommt die Argumentation auf das Besondere, sein gegenwärtiges Wirken zugunsten Israels: Auch Jahwes Heilstaten sind Werke des Schöpfers. Das erste Diskussionswort (Jes 40,12-17*) setzt mit der Erschaffung von Himmel und Erde, Wasser und Bergen ein und widerlegt die Furcht vor der Macht der Völker: Sie sind vor Jahwes Schöpfermacht „wie ein Tropfen am Eimer und wie ein Staub auf der Waagschale“ (Jes 40,15). Das zweite Diskussionswort (Jes 40,18.21-26*) zeigt die Überlegenheit des Schöpfers über die Herrscher der Welt und zugleich über die Gestirne, die nach babylonischem Glauben die Götter und ihre Entscheidungen über die Weltgeschicke repräsentieren: Jahwe hat die Gestirne geschaffen und gebietet über sie wie ein Heerführer (Jes 40,26). Im dritten (Jes 40,27-31) formuliert der Prophet den Zweifel der Hörer mit einem Zitat „Warum sagst du, Jakob, und sprichst du, Israel: Verborgen ist mein Weg vor Jahwe und mein Recht geht an meinem Gott vorüber!?“, und er widerlegt die Hörermeinung, indem er ihnen das unermüdliche und bis in jede Gegenwart reichende Schöpferwalten Jahwes vor Augen stellt.

4.1.7. Das „Frühere“ und das „Neue“. Alter und neuer Exodus

Diese Konzentration auf Jahwe als den Schöpfer hat einen Grund. Der „Heilsglaube“ mit der Berufung auf Jahwes große Taten beim Exodus und bei der Gabe des Verheißungslandes scheint durch den Verlust des Landes und das Exil obsolet, nicht mehr als Basis für Israels Glauben geeignet. Das kommt auch in einem Heilswort des Propheten zur Sprache, in dem zuerst Jahwes Heilstat am Schilfmeer (→ Meerwundererzählung) eindrücklich vor Augen gestellt wird, obwohl es gleich darauf heißt: „Gedenket nicht des Früheren …! Siehe, ich schaffe Neues, jetzt sprosst es, merkt ihr es nicht? Ich gebe einen Weg in der Wüste …“ – dann wird das schon erwähnte Wasserwunder von „Strömen in der Wüste“ zugunsten des wandernden Gottesvolkes beschrieben (Jes 43,16-21; spez. v19-20). Das Wunder am Schilfmeer beschreibt zwar weiterhin Jahwes Macht, aber Israels Heilsgrund wird der neue Exodus sein, den Jahwe jetzt erschafft und der den alten Exodus übertrifft. Die Typologie von altem und neuem Exodus dient auch sonst gelegentlich zur Veranschaulichung des neu beginnenden Heils, z.B. in dem zweiten Text von der Bewässerung und Bepflanzung der Wüste (Jes 41,17-20), wiewohl nicht immer mit der Steigerung vom Alten zum Neuen (z.B. Jes 48,21). Wesentlich ist, dass das Neue zu den Schöpfungswerken Jahwes gehört (vgl. noch Jes 41,20). Wohl kann der Prophet mit der Evozierung des Schöpfungsglaubens an Israels Tradition, besonders in den Psalmen, anknüpfen, aber man kann nicht sagen, dass der Schöpfungsglaube im Unterschied zum Heilsglauben lebendig geblieben sei – angesichts der eindrucksvoll zelebrierten Schöpfungsmythen Babyloniens ist das zumindest ein Streitfeld. Israels Glaube an den Welt- und Menschenschöpfer Jahwe muss er erst wieder aufwecken, aber er beschränkt sich dabei nicht auf Aussagen über den Anfang der Welt, die prima creatio, sondern spricht von der creatio continua als dem beständigen Wirken Jahwes bis in jede Gegenwart. So ist der Heilsglaube in den Schöpfungsglauben einbezogen.

4.1.8. Gerichtsreden (Prozessreden) gegen die Götter der fremden Völker, „Weissagungsbeweis“ und Schöpferwort

Die andere Gestalt argumentierender Rede findet man in den „Gerichtsworten gegen die Götter der fremden Völker“. Darin wird die Szene eines Prozesses (→ Gerichtsszene) gezeichnet, in dem Jahwe seine Einzigkeit vor der Welt erweist. Die Völker sollen als Zeugen ihrer Götter Beweise vorlegen, Israel wird als Zeuge Jahwes aufgerufen. Im Gerichtsverfahren ist der sogenannte „Weissagungsbeweis“ vorzulegen, d.h. ein schöpfungsmächtiges Wort, das zuvor verkündet wurde und sich realisiert hat. Während die Völker schweigen, verweist Jahwe aktuell auf die Erweckung des Kyros und seinen Siegeszug, eine Ereignisfolge, die er zuvor durch seinen Propheten kundgegeben hat (Jes 41,21-29; vgl. Jes 41,1-4). Dieses „Zuvor“ ist die sichtbare Seite des Beweises, er geht aber nicht darin auf, dass Jahwe oder sein Prophet der bessere Wahrsager wäre. Vielmehr geht es um das Schöpferwort, das Jahwe durch den Propheten laut werden lässt und das so die Geschichte wirksam gestaltet. Davon sprechen auch die Jahweprädikate in einer Proklamation Jahwes in Jes 44,24ff.: „So spricht Jahwe, dein Erlöser und dein Bildner von Mutterleib: Ich bin Jahwe, der alles schafft, der den Himmel ausspannt, ich allein, der die Erde ausbreitet – wer war mit mir?, der die Zeichen der Orakelpriester zerbricht und die Wahrsager zu Toren macht …, der das Wort seines Knechtes aufrichtet …“. Das ist das Wort, mit dem Jahwe seinen Propheten beauftragt hat, und es ist inhaltlich das Heilswort für Israel und in diesem Zusammenhang die Beauftragung des Kyros.

4.1.9. Jahwes Beauftragte

Hier muss von den irdischen Agenten Jahwes bei Dtjes die Rede sein. Da ist einmal Kyros, angesprochen in zwei Berufungsorakeln: In Jes 45,1-7 soll er als Jahwes „Gesalbter“ Babylon erobern, in Jes 42,5-8* die Gefangenen freilassen. Das ist die irdisch-konkrete Gestalt des göttlichen Siegs über Babylon und der Heimführung der „Beute“ nach dem Schlussteil des Prologs: Kyros ist von Jahwe dazu beauftragt und ermächtigt.

Zum andern sind da die beiden Gottesknechte, Israel und der prophetische Gottesknecht. Ihr Verhältnis veranschaulicht eine „Gerichtsrede“. In Jes 43,8-13 soll das „taube und blinde Volk“ Israel zum Prozess über Jahwes Einzigkeit „herausgeführt“ werden. Die Völker sind schon versammelt und sollen ihre Zeugen stellen, Israel aber für Jahwe Zeugnis ablegen. Wie kann ein blinder und tauber Zeuge für Jahwe einstehen? Dafür genügt schon, dass Israel sich „herausführen“ und Jahwes Wunder an sich geschehen lässt, somit als „passiver Zeuge“ auftritt. Israel ist jedoch zum Auszug und zum Weg durch die Wüste noch nicht bereit. Deshalb muss ein zweiter Zeuge hinzutreten: „mein Knecht, den ich erwählt habe, damit ihr erkennt und glaubt, dass ich es bin: Vor mir wurde kein Gott gebildet, und nach mir wird keiner sein“ (Jes 43,10). Das ist die Rolle des Propheten, der Israel zum Glauben an die Heilsbotschaft bringen und es „herausführen“ soll. Danach wird Israel nicht „passiv“ bleiben, sondern seine Rolle als von Jahwe berufener Gottesknecht im hymnischen Lobpreis Jahwes vor der Welt wahrnehmen (Jes 43,7.21; Jes 48,20). Die königlichen Prädikate beider Knechte – von Jahwe erwählt, „im Mutterleib“ zum Knecht erschaffen, berufen, an der Hand genommen – belegen nicht ihre Identität, sondern eine Rollenverteilung. Die Initiative muss vom prophetischen Knecht ausgehen, ihm ist die „aktive Rolle“ zugewiesen: Jahwe hat ihn „im Mutterleib sich zum Knecht erschaffen, um Jakob zu ihm zurückzuführen, dass Israel ‚zu ihm’ gesammelt werde“ (Jes 49,5) –, damit Israel seine Knechtsrolle auch wahrnimmt. (Weiter zu den beiden Gottesknechten bei Dtjes → Gottesknecht.) Die Aufgabe beider Knechte ist es, Jahwes Einzigkeit vor der Welt zu bezeugen: der Prophet, indem er Jahwes Schöpferwort vom Siegeszug des Kyros zuvor in die Welt gibt und indem er Israel zum Glauben und auf den Weg bringt, und Israel, indem es sich auf den Weg macht, die Wunder der Rettung aus Babylon und der Verwandlung der Wüste an sich geschehen lässt und darüber den Lobpreis für den einzigen rettenden Gott anstimmt.

4.1.10. Der einzige und universale Retter, Israel und die Völker

Jahwes Einzigkeit: Der hier gern eingeführte Begriff „Monotheismus“ ist für Dtjes zu abstrakt (→ Monotheismus). Jahwe ist der einzige Gott, weil er allein seine Schöpfermacht beweist und sie jetzt zur Rettung Israels und der Welt einsetzt. Andere Götter, wie sie in den szenischen Gerichtsreden erscheinen, sind nur als menschliche Fiktionen real: Sie haben keine schöpferische Macht.

Man könnte einwenden, dass Jahwe seine Macht bei Dtjes im Siegeszug des Kyros auch kriegerisch und zerstörend einsetzt. Das ist jedoch die Kehrseite der Rettung: Um Israel zu befreien, muss Babylon besiegt werden. In einem theologischen Spitzensatz am Ende des Kyrosorakels Jes 45,1-7 sagt Jahwe, er habe Kyros berufen und ihm den Sieg verliehen „um meines Knechtes Jakob willen und Israels, meines Erwählten“ (Jes 45,4) und „damit sie erkennen vom Aufgang der Sonne und von ihrem Untergang, dass keiner ist außer mir; ich bin Jahwe und ist keiner sonst, der Licht bildet und Finsternis erschafft, der Heil macht und Unheil erschafft: Ich bin Jahwe, der alles das tut.“ Dass auch das Unheil von Jahwe kommt, ist ein Grundsatz israelitischen Glaubens (vgl. Am 3,6 und viele Klagepsalmen), und Israel hat es im Exil aktuell erfahren. Jetzt aber, in der Stunde Dtjes’s, geht es um Heil und Rettung, nicht allein für Israel. In Jes 45,18-23* ruft der einzige Gott die Völker auf: „Wendet euch zu mir und lasst euch retten, alle Enden der Erde, denn ich bin Gott und ist keiner sonst. Bei mir habe ich geschworen …: Mir wird sich beugen jedes Knie, wird schwören (d.h. sich zu mir bekennen) jede Zunge“ (Jes 45,22f.). Das ist das Ziel des ganzen Werks Jahwes, und man darf die negativen Völkeraussagen nicht dagegen ausspielen. Nur der „Frau Babylon“ wird der Untergang angesagt, sie muss „herunter vom Thron“, weil sie sich Jahwes alleinigen Anspruch angemaßt hat: „Ich und niemand sonst“ (Jes 47,8.10), aber das gehört noch einmal zur Kehrseite der Rettung Israels.

Das Ziel universaler Rettung nennt auch das zweite Gottesknechtslied (Jes 49,1-6), in dem der prophetische Gottesknecht sich mit seinem Auftrag den Völkern präsentiert. Seine erste Aufgabe, „Israel zu Jahwe zurückzuführen“ (Jes 49,5), stellt Jahwe jetzt in den größeren Horizont: „Ich mache dich zum Licht der Völker, dass meine Rettungstat reiche bis ans Ende der Erde“ (Jes 49,6). Darin kommt zur Vollendung, was im Prolog mit der Erscheinung der Herrlichkeit Jahwes vor allem Fleisch auf der geebneten Wüstenstraße angekündigt war.

4.1.11. Die Frau Zion: Mutter und Repräsentantin Israels

Vom Endpunkt des Wüstenwegs in Zion / Jerusalem ist jetzt nur noch kurz zu sprechen (→ Zion). Im wesentlichen gehen zwei Texte auf den Propheten zurück. Jes 49,14-21 ist ein Heilswort mit argumentativem Eingang, nun aber an die Frau Zion (→ Tochter Zion) gerichtet: Nicht mehr der Erzvater, sondern sie ist in den letzten Texten Repräsentantin der heimkehrenden Gemeinde. Dass Zion „kinderlos“, d.h. von ihren Kindern getrennt ist und selbst in Trümmern liegt, ist das Defizit des Exils, nun aber kommen die Söhne heim und bauen die Stadt wieder auf. Der zweite Text ist das große „Imperativgedicht“ in Jes 51,9-10.17-23; Jes 52,1-2, das mit dem Text vom jubelnd begrüßten Einzug Jahwes in seine Stadt in Jes 52,7-10 und dem abschließenden Aufruf an die Exulanten in Jes 52,11f. verbunden ist. Der klagende Aufruf an Jahwes Arm, aufzuwachen und seine Macht wie einst beim Exodus, am Schilfmeer, zugunsten Israels zu beweisen (Jes 51,9f.), wird mit dem Gegenaufruf an die Frau Jerusalem / Zion beantwortet, sich ihrerseits zu erheben (Jes 51,17), aus dem Staub aufzustehen, ihre Festkleider anzuziehen und sich auf den Thron zu setzen (Jes 52,1-2). Zion ist hier im Kontrast zur Frau Babylon gezeichnet, die ihren Thron verliert (Jes 47), aber sie ist nicht wie Babylon Jahwes Konkurrenz: Ihre königliche Rolle erhält sie als Gemahlin des Königs Jahwe (→ Königtum Gottes), der jetzt in Jerusalem einzieht und dort seine Weltherrschaft antritt: „Jahwe hat seinen heiligen Arm entblößt vor den Augen aller Völker, und alle Enden der Erde sehen die Rettungstat unseres Gottes“ (Jes 52,10).

4.1.12. Summe

Die Botschaft Dtjes’s stellt sich dar in einer Fülle von lebendigen Bildern, die man nicht alle miteinander verrechnen kann, die aber in der Sache auf dasselbe hinauslaufen. Man kann sie in wenigen Sätzen zusammenfassen. Der Prophet verkündet die Befreiung des Jahwevolks aus dem Exil und seine Heimkehr durch die Wüste in das Verheißungsland als ein Jahwewunder, in dem Jahwe seine rettende Schöpfermacht als der einzige Gott vor allen Völkern beweist. Er braucht dafür drei irdische Agenten: den erwählten, im Mutterleib erschaffenen und berufenen prophetischen Gottesknecht, der das verzagte und ungläubige Israel zum Glauben und auf den Weg bringt, als seinen „aktiven Zeugen“, den erwählten, im Mutterleib erschaffenen und berufenen Gottesknecht Jakob / Israel, der sich daraufhin auf den Weg macht und die Wunder an sich geschehen lässt, als den (zunächst) „passiven Zeugen“, und den von Jahwe berufenen und erschaffenen Kyros als seinen „Hirten“ und „Gesalbten“, den er „erweckt“ hat zur kriegerischen Eroberung des Weltreichs Babylon und so zur Befreiung des exilierten Jahwevolks. Mit den ähnlichen Prädikaten werden alle drei als königliche Gestalten gezeichnet. Der Siegeszug des Kyros dient zugleich als Exempel, an dem Jahwe seine Einzigkeit als Gott erweist, weil er ihn durch sein Schöpferwort bewirkt, das er zuvor durch seinen prophetischen Knecht in die Welt gegeben hat. Am Ende wird Jahwe von Jerusalem aus als König Israels und als König der Welt herrschen, und alle Völker werden sich zu ihm als dem allein rettenden Gott bekennen: So verkündet der Prophet in der Summe seiner Botschaft ein eschatologisches Geschehen.

Das vierte Gottesknechtslied nach dem Tod des Propheten geht darüber hinaus, indem es das ganze Geschehen durch Leiden und Tod des prophetischen Knechts und durch das Wunder Jahwes an seinem gestorbenen Knecht initiiert sieht (→ Gottesknecht).

4.2. Neubearbeitung durch die Naherwartungsschicht

Es gibt – in dem hier vertretenen Modell – nur eine durchgehende Redaktion der Grundschrift des Deuterojesajabuchs. Sie wird „Naherwartungsschicht“ genannt, weil die Betonung der Nähe des Heils ein wesentliches Merkmal dieser Schicht ist: Sie begegnet dem Zweifel angesichts der Verzögerung des Heils oder auch, weil die Realitäten sich nicht wesentlich geändert haben. Die Zeit dieser Bearbeitung wird man einige Jahre von der Grundschrift abrücken und jedenfalls nach dem Tod des Propheten und wahrscheinlich bald nach der Eroberung Babylons durch Kyros ansetzen. Es gibt keine Anzeichen für einen Ortswechsel nach Jerusalem, so dürfte die Bearbeitung noch in Babylonien abgefasst sein. Auch von der öfter vermuteten Kyros-Enttäuschung gibt es keine Spur. Angesichts leichter Differenzen in Stil und Verfahren der Bearbeitung ist es möglich, dass daran verschiedene Hände beteiligt waren; zwingend ist das auch hier nicht, und jedenfalls ist die neue Gestalt des Buches aus ein und derselben Schülergruppe erwachsen.

4.2.1. Einarbeitung der Gottesknechtslieder und „Rollenverteilung“

Grundsätzlich will die Redaktion die Botschaft des Propheten bewahren, sie nur weiterführen und für die veränderte Situation aktualisieren. Die wichtigste Neuerung ist die Einarbeitung der Gottesknechtslieder, die ergänzt und neu interpretiert werden. Die Rolle des prophetischen Gottesknechts ist nach dessen Tod neu zu verteilen: In Jes 51,4f. nimmt Jahwe selbst einen Teil seines Auftrags an den Knecht zurück: Der Aufruf des Knechts an die Völker in Jes 49,1 wird jetzt in nur wenig verändertem Wortlaut (ein Merkmal dieser Schicht) zu Jahwes Ruf an „mein Volk, meine Nation“, die Nähe des Heils wahrzunehmen. Der Völkerfrieden gehört dazu: Nach Jes 51,4f. wird Jahwes „Recht zum Licht der Völker“, seine „Arme werden die Völker richten“, und auf seinen richtenden „Arm werden die Völker hoffen“. Das sind Motive aus dem ersten Gottesknechtslied (Jes 42,4), aber der Völkerfriede kommt jetzt mehr als Rahmenbedingung für Israels Heil in den Blick. Es liegt überaus nahe, dass auch Israel z.T. in die Rolle des besonderen Gottesknechts eintritt. Das Wechselspiel zwischen den beiden Knechten gab es ja schon beim Propheten, der als Knecht Gottes das Vertrauen bewährte, wo Israel zweifelte (vgl. Jes 49,4b mit Jes 40,27). Wenn Israel zum Glauben kam, sollte die Sonderrolle des prophetischen Knechts beendet sein. Das gegenwärtige Israel ist noch nicht so weit, wie andere, israelkritische oder mahnende Texte dieser Schicht zeigen (bes. Jes 48,1-11; Jes 46,12f.). Israel muss erst auf Jahwes Hilfe vertrauen lernen, wie der Gottesknecht nach Jes 50,7-9 vertraute. Mit „Licht der Welt“ in Jes 49,6 wird nach dem Verständnis dieser Redaktion wie in Jes 42,6 die Aufgabe des Kyros umschrieben; der Zusatz Jes 49,7 deutet auch dieses Bild auf Israel (→ Gottesknecht 5.1.3 und 5.1.5). Die Rolle des besonderen Gottesknechts fällt Israel teilweise zu, nicht seine ganze Aufgabe. Insbesondere bleibt es bei der Rollenverteilung nach dem vierten Gottesknechtslied: Die „Abtrünnigen“, für die der leidende Gottesknecht nach Jes 53,12 eingetreten ist, sind auch in dieser Schicht die Israeliten, als Abtrünnige werden sie in Jes 46,8; Jes 48,8 angesprochen. Stellvertretendes Leiden und Tod für Israel nach Jes 53 bleiben die spezifische Rolle des prophetischen Knechts.

Auch Kyros erhält einen Teil der Aufgaben des prophetischen Gottesknechts. Das zeigt sich daran, dass das erste Gottesknechtslied Jes 42,1-4 dem Berufungstext des Kyros in Jes 42,5-8 vorangestellt wird. Kyros soll die Rechts- und Friedensordnung bei den Völkern herstellen, und wenn das in Jes 51,4f. von Jahwe selbst ausgesagt war, so ist das kein Widerspruch, denn natürlich agiert Kyros als Jahwes Beauftragter, wie bei Dtjes in seinem kriegerischen Siegeszug, so jetzt in der Befriedung und Neuordnung des Weltreichs.

Die heftige Kritik an dem noch immer ungläubigen Israel ist neu in dieser Schicht. Sie kann an eine rückblickende Kritik des Propheten anknüpfen (vgl. Jes 48,8b mit Jes 43,27), verweist aber ebenso darauf, dass Jahwe „um seines Namens willen“ Israel verschont hat und seine Sünden tilgt (vgl. Jes 48,8 mit Jes 43,25). Denn Israels Erwählung im Erzvater Jakob bleibt auch in seiner Abtrünnigkeit bestehen.

4.2.2. Abschluss des Deuterojesajabuchs in Jes 54-55; Noah- und Davidbund

Die Redaktion begegnet nicht nur in einzelnen Zusätzen und Neufassungen, sondern auch in farbenprächtigen und bilderreichen eigenen Texten, besonders im Anhang an die Grundschrift in Jes 54-55*. So wird in Jes 54,1-10 das bei Dtjes erst angedeutete Bild Zions als der Ehefrau Jahwes breit ausgeführt und am Ende mit dem ewigen, wie der Noahbund beständigen Friedensbund zwischen Jahwe und Zion / Israel beschlossen. Das Motiv wird in Jes 55,1-5 mit der Zusage des andauernden Davidbundes wieder aufgenommen: Jetzt erhält Israel die Rolle Davids als Zeuge Jahwes für die Völker. Im abschließenden (zweiten) Epilog (Jes 55,8-13) mit vielen Rückbezügen auf das ganze Buch wird Jahwes Rettungstat an Israel zum „ewigen, unaustilgbaren Zeichen“ (wieder ein Bundesmotiv) für Jahwe vor der Welt. Hier wird eine eschatologische Vollendung des göttlichen Heilswerks erwartet; das gilt aber im Blick auf die ganze Botschaft auch schon für den Propheten.

4.3. Ergänzung durch die Bilderschicht

Charakteristisch für diese Schicht sind die Texte Jes 40,19f.; Jes 41,5-7; Jes 44,9-20; Jes 45,16f.20b; Jes 46,5-7; dazu kommen Einzelergänzungen an verschiedenen Stellen. Das Anliegen dieser Passagen ist, die Nichtigkeit anderer Götter nachzuweisen. Sie schließen sich an entsprechende Texte Dtjes’s an, die Argumentation hat sich jedoch geändert: Ging es bei Dtjes um die Geschichtsmächtigkeit des Schöpferworts, die sich aktuell am Kyrosgeschehen erwiesen hatte, so wird dem jetzt der Spott über die mit den Göttern gleichgesetzten Götterbilder beigefügt: Sie sind ja mit viel Mühe von Menschen hergestellt und daher von vornherein nutzlose Gebilde, die sich nicht vom Fleck rühren und nichts bewirken können. So kann man sich beispielsweise darüber lustig machen, dass jemand von dem gleichen Holz, das er zum Backen oder Braten verbrennt, auch ein Götterbild anfertigt, um vor ihm niederzufallen (Jes 44,14-17).

Die zeitliche Entstehung dieser Schicht ist schwer zu bestimmen. Die Kenntnis einiger handwerklicher Details spricht für babylonischen Augenschein, aber der ist noch viel später möglich. Manche halten die Texte für original, wogegen schon ihre redaktionelle Einarbeitung spricht, andere für gleichursprünglich (aber jedenfalls nicht vom Propheten stammend); in der Regel werden sie später datiert und sind wahrscheinlich nach der Naherwartungs-Redaktion dem Buch zugefügt (Jes 44,9-20 setzt Jes 44,6-8 aus der Naherwartungsschicht voraus).

4.4. Restliche Texte

Dabei handelt es sich um einzelne Ergänzungen und Glossen sowie wenige mehr oder weniger eigenständige Texte, die sich meist auch an die Vorlagen anlehnen. Untereinander haben sie wenig gemein, so dass man sie keiner gemeinsamen Schicht zuweisen kann. Einige Beispiele:

Jes 48,17-19 mahnt Israels Gebotsgehorsam an: Hätte man auf Jahwes Weisungen gehört, wäre sein Heil wie ein Strom, seine Nachkommenschaft wie der Sand am Meer.

Jes 49,7 deutet den Eingang des vierten Gottesknechtslieds (Jes 52,13-15) auf Israel und verheißt den Wandel seines Geschicks vom verachteten Knecht zur hoch erhabenen Gestalt, vor der Könige und Fürsten staunend niederfallen.

Jes 52,3-6 ist eine geschichtstheologische Erörterung darüber, dass Israel von seinen Beherrschern ohne Lösegeld freigegeben werden muss.

Jes 55,6-7 will das in Jes 55,1-5 betonte „Umsonst“ der Heilsgabe dadurch ergänzen, dass zum Empfang des Heils in der Gnadenzeit die Umkehr des Sünders gehört, dem Jahwe reichlich vergeben will.

● Schließlich beschreibt Jes 54,11-17 zu Beginn Jahwes prachtvollen Bau des neuen Jerusalem aus lauter Edelsteinen – ein Bild, das in der Geschichte der Eschatologie nachhaltige Wirkungen bis ins Neue Testament und in christliche Lieder gehabt hat (v11f.). Im Folgenden geht es jedoch um Israel-Zions Sicherheit vor angreifenden Feinden und feindlichen Waffen: Der Text fällt hinter die eschatologische Gewissheit weltweiten Friedens zurück und konzentriert sich auf das Heil der „Knechte Jahwes“ in den Mauern des neuen Jerusalem.

Literaturverzeichnis

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