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Biblische Erzählfiguren (NT)

(erstellt: Januar 2021)

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1. Vorbemerkungen

Das NT enthält mit den vier Evangelien und der Apostelgeschichte narrative Texte. Als deren HandlungsträgerInnen treten Erzählfiguren in Erscheinung, die eine Vielzahl von Themen und Diskursen repräsentieren. In besonderer Weise betrifft das die Figur Jesu von Nazaret, die im Zusammenhang einer „Jesus-Christus-Geschichte“ das theologische Gravitationszentrum des NT darstellt.

Im Bereich der Briefliteratur spielen kommunikative Netzwerke eine wichtige Rolle. Zwischen Autor und AdressatInnen besteht in den meisten Fällen eine persönliche Beziehung. Das gilt bedingt auch für die briefliche Rahmung der Offenbarung des Johannes. Vor allem in den abschließenden Grußlisten der Briefe gewinnt das Set an Figuren seine größte Dichte.

Durchgängig changieren die Erzählfiguren und die kommunikativen Netzwerke in den Texten zwischen historischer Erinnerung und literarischer Gestaltung. Die frühchristl. „Prominenz“ steht während des 1. Jh.s noch lebendig vor Augen, wird jedoch zunehmend stilisiert und typisiert. Den letzten Schritt in dieser Entwicklung stellt der Übergang zur Hagiographie dar, mit dem aus erinnerten Zeitgenossen Jesu und der apostolischen Generation Heilige werden.

2. Quellen und Schnittbereiche

Der bedeutendste Fundus, aus dem sich die Texte des NT speisen, ist das AT. Seine Figuren, in grauer Vorzeit beheimatet, dienen Evangelisten und Briefschreibern als Modellbilder. Die Mehrzahl der Erzählfiguren ist jedoch ausschließlich im NT belegt. Historisch gesehen liegt das an dem marginalen Charakter der erzählten Geschichte. Was im abgelegenen Galiläa beginnt, tritt erst mit dem Prozess Jesu in Jerusalem und dem Aufbruch der ersten Generation in das Imperium Romanum hinein vor eine größere, auch anderweitig beschriebene Kulisse.

Einige wenige Figuren begegnen auch in außerbibl. Quellen. Gut dokumentiert sind die Funktionsträger der röm. Politik. Die Figur des Täufers Johannes findet eine unabhängige Darstellung bei Josephus (Ant XVIII 116-119). Berenike, eine der schillerndsten Frauenfiguren der jüd. Elite, wird im NT nur mit drei Sätzen bedacht, in der röm. Geschichtsschreibung indessen vielfach behandelt. Zum Herrenbruder Jakobus liegen Informationen bei Josephus und den frühen Kirchenvätern vor. Auch Jesus von Nazaret findet ein sporadisches Echo (Sueton, Vita Claudii 25; Tacitus, Annalen 15,44; Josephus Ant XX 9,1; XVIII 3,3).

Viele ntl. Erzählfiguren beginnen vom 2. Jh. an noch einmal eine neue Karriere in der nun entstehenden christl. Literatur. Dabei wird jedoch nur ausgeschrieben, was man im NT schon vorfindet; Quellenwert haben diese apokryphen und legendarischen Texte vor allem für Dogmatik und Frömmigkeitsgeschichte.

3. Statistische Beobachtungen

Grundsätzlich ist zwischen namentlich genannten und anonymen sowie realen und mythologischen Figuren zu unterscheiden. Neben Figuren der Vergangenheit stehen solche der unmittelbaren Gegenwart. Einige Namen sind mehrfach für unterschiedliche Figuren vergeben. Männer und Frauen spielen eigenständige Rollen. Manche Figuren sind miteinander verbunden, während andere nur vereinzelt in Erscheinung treten.

3.1. Befund

Insgesamt gibt es im NT 304 verschiedene Namen: 265 von Männern, 39 von Frauen. Sie gehören zu 363 namentlich genannten Figuren (weil einige Namen mehrfach vergeben sind): das betrifft 318 Männer und 45 Frauen. Zieht man die 145 Namen aus beiden Genealogien ab, bleiben 170 Männer übrig; zieht man zudem noch die 12 Stämme aus Apk 7 ab, bleiben 158 Männer übrig.

Mehrfach genannte Namen sind die folgenden: Alexander (4x), Alphäus (2x); Demetrios (2x); Gajus (3x), Hananias (3x), Herodes (4x), Hermes (2x), Jakob (2x), Jakobus (4x), Jason (2x), Johannes (5x), Josef (7x), Juda (3x) Judas (6x), Klaudius (2x), Lazarus (2x), Levi (5x), Manasse (2x), Maria (7x), Philippus (2x), Rufus (2x), Simeon (2x), Simon (6x). In der Genealogie bei Lk tauchen jeweils doppelt auf: Josef (3,23.30); Juda (3,30.33); Kainam (3,36.37); Levi (3,24.29); Mattat (3,24.29); Mattathias (3,25.26); Melchi (3,24.28); Sala (3,32.35).

Von den Figuren auf der Erzählebene sind noch einmal die Figuren in den Gleichnissen Jesu zu unterscheiden, die in der Regel namenlos bleiben. Die Volksmenge und verschiedene Personengruppen (s. unten 3.6) bilden eigene Kategorien.

3.2. Frauen und Männer

Männer befinden sich im NT in der Überzahl, was im Kontext einer patriarchalen Gesellschaft nicht verwundert. Dennoch wird auch die Lebenswirklichkeit von Frauen in bemerkenswert aufmerksamer Weise thematisiert – mittels markanter Figuren, überraschender Episoden und ungewöhnlicher Konstellationen.

Statistisch gesehen beträgt das Verhältnis etwa 1:7, unter Abzug der Genealogien zwischen 1:3 und 1:4. Nimmt man die anonymen Figuren hinzu, verschieben sich die Proportionen noch einmal; auch Männer bleiben namenlos oder sind nur Statisten. Die Wahrnehmung von Frauen in den ntl. Texten unterliegt natürlich auch den Bedingungen ihrer Rezeption. Erst seit der feministischen Exegese in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s werden Frauen wieder entdeckt und sichtbar gemacht.

Ein markantes Beispiel bietet die Figur der Junia aus Röm 16,7. Lange Zeit wurde ihr Name (dank der Akk.-Endung) als Junias und damit als Männername gelesen. Inzwischen weiß man: Der Name bezeichnet eine Frau; Andronikos und Junia sind offensichtlich ein Paar, so wie Aquila und Priska auch. Zudem erscheint Junia als eine Frau, die „herausragend ist unter den Aposteln“ und die man wohl selbst als eine „Apostelin“ zu betrachten hat.

Neben Junia steht Maria Magdalena im Zentrum des Interesses, die nach Lk 8,1-3 gemeinsam mit weiteren Frauen den Wanderradikalismus Jesu teilt und die in Joh 20,11-18 der Protophanie des Auferstandenen gewürdigt wird. Wenn es Kennzeichen apostolischer Legitimation ist, den auferstandenen Kyrios gesehen zu haben (1Kor 9,1; ebenso Apg 1,22), dann kann auch Maria Magdalena aufgrund ihres Bekenntnisses „Ich habe den Herrn gesehen!“ (Joh 20,18) als Apostelin gelten.

Eine Reihe von „Frauentexten“ weist in der Briefliteratur auf die Präsenz und Aktivität von Frauen in der Frühzeit hin: Gal 3,26-28; 1Kor 11,2-16; 1Kor 14,33b-36; 1Tim 2,11-15; 1Petr 3,1-7; die Institution des Viduats (1Tim 5,3-16) sowie die Rolle von Witwen im Allgemeinen kommen hinzu.

In den Evangelien beginnt die Rolle von Frauen bei den Müttern der Geburtsgeschichten (Mt 1-2 / Lk 1-2). Diskutiert wird die Frage, ob Jesus auch Nachfolgerinnen und damit Schülerinnen hatte (Lk 8,1-3; Lk 10,38-42; Lk 24,1-12). Lukas konstruiert „geschlechtersymmetrische Paarbildungen“, indem er analoge Figuren und analoge Episoden parallelisiert. Frauen der Oberschicht scheinen in seiner Gemeindewirklichkeit besonders präsent gewesen zu sein.

3.3. Rollenverteilung

Die Rollenverteilung weist unterschiedliche Gewichtungen auf. Neben der „Prominenz“ (Metzner 2008) stehen weniger Bedeutende sowie Unbekannte und Namenlose. Man kann das gesamte Figuren-Set etwas freihändig in Hauptrollen, Charakterrollen, Nebenrollen und Statisten einteilen – ungeachtet der Frage, welcher sozialen Schicht die Figur angehört.

Hauptrollen: Die zentrale Rolle ist mit Jesus von Nazaret, dem Christus und Sohn Gottes, besetzt. Von ihm erzählen die Evangelien; auf ihn bezieht sich die Briefliteratur; sein Evangelium wird in der Apostelgeschichte „bis an die Enden der Erde“ (Apg 1,8) getragen und in der Offenbarung gegen die Bedrohung durch den röm. Staat bewährt. Eng mit Jesus verbunden ist die Figur Gottes, die eine aktive Rolle spielt: Gott spricht (direkt oder mittelbar), sendet Boten oder seinen Geist; im Auftreten Jesu „besucht er sein Volk“ (Lk 7,16); ihn selbst kann niemand sehen, aber der Mensch gewordene Logos „hat ihn uns ausgelegt“ (Joh 1,18). Petrus und Paulus sind die maßgeblichen Protagonisten der Apostelgeschichte, die sich in einen Petrus- und Paulusteil gliedert (Apg 1-12/1Apg3-28): beide vollbringen Heilungen, Exorzismen und Totenauferweckungen, werden auf wundersame Weise aus der Haft befreit und tragen Konflikte mit Magiern aus; Petrus hält acht, Paulus sieben Reden. Auch die Briefliteratur wird von ihnen dominiert: Paulus erscheint als exemplarischer Verkündiger des Evangeliums, Petrus als exemplarischer Mann der Einheit. Unter den Frauenfiguren spielt Maria, die Mutter Jesu, eine Hauptrolle; sie ist in den vier Evangelien und in Apg präsent.

Charakterrollen: Der Täufer Johannes, der am Anfang der Jesus-Christus-Geschichte steht, fungiert als Bindeglied zwischen der Hoffnungsgeschichte Israels und der Verkündigung des Evangeliums; er kommt als Lehrer Jesu in den Blick und tritt als Gerichts- und Umkehrprediger auf. Die Schüler Jesu, die von Anfang an „Augenzeugen und Diener des Wortes“ (Lk 1,2) sind, stellen eine Art ständiger Entourage Jesu dar, in der sie unterschiedliche Typen repräsentieren. Das missionarische Profil der frühen Christenheit wird neben Paulus an Figuren wie Stephanus, Philippus, Barnabas, Aquila und Priska, Apollos oder Timotheus entfaltet. Protagonisten einzelner markanter Episoden sind Figuren wie etwa Herodes der Große, Zacharias, Simeon und Hanna, Maria Magdalena, Nikodemus, Herodes Antipas, Zachäus, Judas Iskarioth, Pilatus, der äthiopische Beamte, Tabita, Kornelius, der Herrenbruder Jakobus, Lydia und andere.

Nebenrollen: Viele Figuren tauchen nur in einem Satz oder in einer besonderen Szene auf – wie etwa Johanna, die Frau des Chuza, Berenike, Gamaliel, Simon Magus, Agabus und andere mehr. Das gilt auch von denen, die in der Briefliteratur (namentlich in den Grußlisten) genannt werden und hinter denen gelegentlich eine Geschichte aufblitzt wie etwa bei Chloe, Euodia und Syntyche, Phöbe, Erastos, Andronikos und Junia, Eunike und anderen.

Statisten: Die Mehrzahl der Figuren übernimmt die Rolle von Statisten und Komparsen. Abgesehen von den Figuren aus Israels ferner oder naher Vergangenheit sind das vor allem politische Funktionsträger. Hierher gehören auch viele der anonymen Figuren sowie die ständig präsente Volksmenge oder die Bürger in den hellen. Städten.

3.4. Klassifizierungen

Weitere Figuren lassen sich in Gruppen und Netzwerken (s. unten 7.) zusammenfassen. Das betrifft z.B. Herrscher und politische Funktionsträger wie Augustus, Tiberius, Quirinius, Pilatus, Festus, Felix, Klaudius Lysias, Drusilla, Berenike; alle Herodianer; Kaiphas, Hannas, das Synedrion mit einigen namentlich benannten Mitgliedern; Figuren wie die Kandake, den äthiopischen Beamten, die Königin des Südens oder den Hauptmann Naeman.

Eine eigene Kategorie bilden die Anhänger und Anhängerinnen Jesu und Mitglieder der christusgläubigen Gemeinde wie z.B. die Schülerkreise der Männer und der Frauen, der Zwölf und der Siebzig, die Gemeinden in Jerusalem, Damaskus, Antiochia, im pln. Gemeindekreis oder in den sieben Sendschreiben der Offenbarung.

3.5. Mythologische Figuren

Immer wieder tauchen im Gang der Erzählung mythologische Figuren auf. Das sind in alphabetischer Reihenfolge: Abaddon / Apollyon (Engel) Apk 9,11; Artemis (Gottheit) Apg 19,24.27.28.34.35; Baal (Gottheit) Röm 11,4; Beelzebul (Herr der Dämonen) Mk 3,22 u.ö.; Beliar (Gegenspieler Christi) 2Kor 6,15; Dike (Rachegöttin) Apg 28,4; die Dioskuren (Heroen) Apg 28,11; Gabriel (Engel) Lk 1,19.26; Hermes (Gottheit) Apg 14,12; Legion (Dämon) Mk 5,9 / Lk 8,30; Michael (Engel) Jud 9; Apk 12,7; Moloch (Gottheit) Apg 7,34; Romfa / Raifan (Gottheit) Apg 7,43; Satanas (Gegenspieler Gottes) Mk 1,13 u.ö.; Zeus (Gottheit) Apg 14,12.13. Ihnen gesellt sich die Schar anonymer Dämonen und „unreiner Geister“ hinzu, denen der Geist Gottes bzw. der heilige Geist gegenüber steht.

Teils stammen diese mythologischen Figuren aus der Geschichte Israels und seiner Nachbarn, teils aus der Religiosität des röm. Imperiums. Sie repräsentieren eine Sicht auf die Welt, in der die Sphären des Menschlichen und des Göttlichen einander durchdringen oder zumindest berühren.

3.6. Anonyme Figuren

Viele Erzählfiguren bleiben anonym, selbst in markanten Episoden. Das betrifft Frauen wie Männer gleichermaßen. In Wundererzählungen haben allein der blinde Bartimäus (Mk 10,46) und der verstorbene Lazarus (Joh 11) einen Namen; von der Tochter des Jairus kennt man immerhin den Vater (Mk 5,22; Lk 8,41). Konsequent wird Anonymität in den Gleichnissen durchgehalten; die einzige Ausnahme stellt der arme Lazarus dar (Lk 16,20.23.24.25).

Die mit Abstand prominenteste anonyme Figur ist im NT jener geheimnisvolle „Schüler, den Jesus liebte“ bei Joh. Seine Anonymität hat programmatischen Charakter und stellt (jenseits aller historischen Erinnerungen) vor allem ein Identifikationsangebot dar.

Im „Volk / laos“ klingt das Gottesvolk in seiner Gesamtheit an; ihm stehen die „Völker / ethnoi“ gegenüber. Der ochlos bzw. die ochloi bezeichnen den zufällig zusammengewürfelten Haufen. Aus der unbestimmten Menge treten Gruppen wie Zollpächter oder Soldaten hervor (Lk 3,12.14). Wundererzählungen setzen voraus, dass Zeugen anwesend sind, die zwar keinen Namen, wohl aber eine Stimme haben. Pharisäer und Schriftgelehrte werden (sowohl in der Gruppe als auch einzeln) mit ihrer Funktion benannt; Ausnahmen sind der Pharisäer Simon (Lk 7,39), Gamaliel (Apg 5,34; Apg 22,3) und natürlich Paulus als der wohl prominenteste Pharisäer (Phil 3,5; Apg 22,3; Apg 23,6-8; Apg 26,5).

4. Methodische Zugänge

Exegese, Literaturwissenschaft und Historiographie gehen bei der Analyse der ntl. Erzählfiguren Hand in Hand. In methodischer Hinsicht bedienen sie sich derselben Instrumentarien.

4.1. Narratologie

Das Interesse narratologischer Analyse gilt im Besonderen der Konstellation von Figuren als HandlungsträgerInnen. Mit dem Begriff „Figur“ bezeichnet sie jede „Gegebenheit, die zu einem Zeitpunkt t zumindest die Merkmale ‚lebendig‘ und ‚bewußtseinsfähig‘ aufweist, in der Regel aber auch ‚kommunikationsfähig‘, ‚aktionsfähig‘ und ‚anthropomorph‘ ist“ (Hühn 2020, 4).

Ein „Figuren-Schema“ beschreibt Eigenschaften und konstruiert bestimmte Typen von Figuren. Das geschieht vorzugsweise intratextuell durch den Bezug auf weitere Indizien oder Informationen. Im Fall des Nikodemus etwa stünde dafür eine Linie von drei Episoden zur Verfügung, die das Evangelium durchzieht: Joh 3,1-12 (Nachtgespräch mit Jesus); Joh 7,50-52 (Verteidigung Jesu); Joh 19,39-42 (Bestattung Jesu). Doch auch der intertextuelle Rekurs trägt zur Konstruktion des aktuellen Figuren-Schemas bei. Mose und Elia etwa werden in der Verklärungsszene (Mk 9,2-13 / Mt 17,1-13 / Lk 9,28-36) als diejenigen eingespielt, die sie nach Ex-Dtn sowie 1/2Kön sind (noch deutlicher in Apk 11,3-13). Extratextuell kann eine solche Konstruktion durch einen Rekurs auf das allgemeine Handlungs- und Weltwissen erfolgen. In Apg 5,36-37 etwa wird vorausgesetzt, dass die Ereignisse um Theudas und Judas den Galiläer bekannt sind.

Ein wichtiges Element narratologischer Analyse ist die Untersuchung der Figurenrede. Welchen Anteil hat eine Figur an direkter Rede, und welches Wissen wird ihr dabei in den Mund gelegt? Simeon und Hanna stehen in Lk 2 in bester Geschlechtersymmetrie nebeneinander, aber nur Simeon spricht gewichtige Worte. Maria rezitiert mit dem Magnifikat (Lk 1,46-55) einen Text, der weit über ihre persönliche Lebenssituation auf der Erzählebene hinausgeht. Die salbende Frau in Lk 7,36-50 wiederum spricht kein einziges Wort. Figurenrede gestaltet zudem die kommunikative Beziehung. Dialoge tragen zur Dynamisierung bei und sind häufig in Wundererzählungen, Gleichnissen oder Streitgesprächen zu finden. Der „Diatribe-Stil“ der pln. Briefe entwirft fingierte Dialoge. Bei Joh gehen Dialoge gern in Monologe über (z.B. Joh 3,1-12.13-21), die ihre Wirkung nun in der Perspektive ad spectatores entfalten. Innere Monologe etablieren eine weitere Ebene – wie etwa in Lk 7,39 (Pharisäer Simon), Lk 16,3-4 (ungerechter Verwalter) oder Lk 18,4-5 (ungerechter Richter). Hier setzt auch ein Spezifikum der Figurenzeichnung Jesu an: Jesus „durchschaut“ die Gedanken seiner Opponenten. Durch den Wortlaut ihrer Gebete charakterisieren sich Pharisäer und Zollpächter im Tempel selbst (Lk 18,9-14). Die Reden in Apg sind so stilisiert, dass sie den persönlichen Zügen der jeweiligen Protagonisten entsprechen.

Figuren werden auch durch den Erzähler selbst charakterisiert. Das Erscheinungsbild des Täufers wird als das eines „wilden Mannes“ beschrieben (Mk 1,6 / Mt 3,4). Der Verweis auf Herkunft (Davidide), Beruf (Zimmermann) oder Funktion (Statthalter), verwandtschaftliche Beziehungen (Maria und Elisabet) oder durch Namen, Beinamen und Epitheta liefert wichtige Informationen. Paulus zeigt selbst seine Visitenkarte vor (z.B. Phil 3,5-8) und zitiert die Kritik seiner Gegner (2Kor 10,10).

Immer wieder werden entscheidende Wissensbestände durch den Mund von Erzählfiguren ausgesprochen. Petrus formuliert bei Cäsarea Philippi sein Christusbekenntnis, das in Mt 16,17 als Offenbarungswissen gekennzeichnet ist. Vor allem hat in den Evangelien die Figur Jesu einen uneinholbaren Wissenvorsprung, hinter den auch der Erzähler zurücktritt. Allein in der Getsemaniszene (Mk 14,32-42 / Mt 26,36-46 / Lk 22,39-46) bricht dieses Wissen und hält den Ausgang des weiteren Weges Jesu noch einmal für einen kurzen Moment offen. Immerhin bringt Mk schon gleich zu Beginn seiner Erzählung die Gottessohnschaft Jesu (Mk 1,1) zur Sprache; Mt führt Jesus Christus als Davids- und Abrahamssohn ein (Mt 1,1); Lk beruft sich auf seine akribische Recherche (Lk 1,3); Joh entwirft in seinem Prolog, was letztlich nur der göttliche Logs selbst „auszulegen“ (Joh 1,18) vermag.

4.2. Namenforschung

Das weitläufige Feld der Namenforschung, Onomastik, Onomatologie oder Anthroponomastik ist dort von Belang, wo Erzählfiguren einen Namen haben. Namen sind nicht nur „Schall und Rauch“. Sie tragen zur Charakterisierung von Figuren bei – gewollt oder beiläufig.

Auf diesem Gebiet spielt für die Antike neben literarischen Zeugnissen vor allem die Epigraphik eine wichtige Rolle. Die Bestände von Namen und Namensformen sowie ihre Wanderung und Herleitung sind heute gut erforscht. Zwei Instrumente spielen dabei eine wichtige Rolle: die Statistik ermittelt Dichte und Streuung von Namen in bestimmten Zeiträumen und Regionen; die Etymologie fragt nach Bedeutungen und Konnotationen, die einem Namen eignen und die er transportiert.

Grundsätzlich werden Namen kultur- und religionsspezifisch verwendet. In einer offenen Gesellschaft wie der hellen. lösen sich solche Bindungen jedoch auf, so dass nicht mehr zwingend von einem Namen auf Herkunft, ethnische Zugehörigkeit oder Religion geschlossen werden kann. Juden in der Diaspora tragen auch pagane Namen; christusgläubige Gemeindeglieder führen auch jüd. Namen.

4.3. Historiographie

Die Schriften des NT bewahren eine Fülle historisch zuverlässiger Erinnerungen auf. Deshalb werden sie von der Geschichtswissenschaft gerne als Quelle genutzt und mit anderen Quellen abgeglichen.

Viele Erzählfiguren bleiben auf das NT als einzige Quelle beschränkt. Hier gibt es mit Blick auf ihre historische Relevanz nur ein Abwägen von Wahrscheinlichkeiten. Bei anderen Figuren, für die auch außerbiblische Quellen zur Verfügung stehen (Täufer Johannes, Herrenbruder Jakobus, die Herodianer, Pilatus u.a.m.), lassen sich weitere Kontexte erschließen, so dass die ntl. Figurenzeichnung in Beziehung gesetzt und überprüft werden kann. Für eine Figur wie Judas den Galiläer (Apg 5,37) ist z.B. der gesamte Quellenbestand über die Zeloten von Belang; den anonymen „Ägypter“ (Apg 21,38) kennt auch Josephus (Ant XX 169; Bell II 261-263). Frühchristliche Quellen der ersten Generation wie z.B. die Schriften eines Hegesipp oder Papias sind nur noch fragmentarisch erhalten (etwa bei Euseb). Spätere Quellen wie Apokryphen und Legenden liefern in aller Regel nur Informationen zur Rezeptionsgeschichte.

Wichtige Aufschlüsse vermag auch hier die Epigraphik zu bieten. Für eine Figur der röm. Politik wie Augustus (Lk 2,1) gibt es eine Überfülle an Belegen; Pilatus (Mk 15,1 u.ö.) ist im geographischen Setting des NT durch eine Inschrift aus Cäsarea dokumentiert. Zum Fixpunkt der pln. Chronologie wird die Gallio-Inschrift in Delphi (vgl. Gallio in Apg 18,12-17). Erastos (Röm 16,23, evtl. auch Apg 19,22; 2Tim 4,20) ist möglicherweise durch eine Inschrift in Korinth belegt.

Die archäologische Evidenz wird besonders wichtig im Blick auf eine Figur wie Herodes den Großen. Seine Bauten und namentlich seine Festungen sind inzwischen umfangreich erforscht. Höhepunkt war die Entdeckung der lange gesuchten Grabanlage bei der Festung Herodion durch Ehud Netzer 2007, die insgesamt zu einer Neubewertung des Herodes in Israel geführt hat.

4.4. Prosopographie

Der Begriff „Prosopographie“ wird für jede Form personenorientierter Geschichtsforschung verwendet. Dabei stellt sich die Frage, in welchem Maß Geschichte überhaupt von Personen bestimmt wird oder wie hoch man den Einfluss von Persönlichkeiten auf die Entwicklung überindividueller Strukturen veranschlagen darf. Nach einer zwischenzeitlich diagnostizierten „Krise der Biographie“ erfreuen sich prosopographische Studien in der Geschichtswissenschaft wieder zunehmender Beliebtheit. Sie gewinnen dabei die Dimension sozialgeschichtlicher Forschung hinzu und beziehen die Frage nach kollektiven Strukturen ein. Obwohl die Prosopographie primär eine Methode der Geschichtswissenschaft ist, lässt sie sich auch auf die Untersuchung literarischer Biographien und Netzwerke anwenden.

Die systematische Beschreibung eines bestimmten Personenkreises, wie sie in der Netzwerkforschung bereits vielfach erprobt ist, findet im NT vor allem die Jesusbewegung und die frühe Christenheit als Untersuchungsgegenstand vor, die sich wiederum aus verschiedenen Kollektiven zusammensetzen. Gerade die Anfangszeit erscheint in dieser Hinsicht als ausgesprochen disparat. Zudem gibt es vielfältige Überschneidungen mit bestehenden Netzwerken (biologische Familie und „familia dei“; die Teilnahme am „Tisch des Herrn“ und am „Tisch der Dämonen“ 1Kor 10,21).

Kollektive, aus denen sich ein Gesamtbild zusammensetzt, lassen sich nur in Umrissen erkennen. Der prosopographische Zugang zu den großen theologischen Themen vermag jedoch deutlich zu machen, inwiefern Theologie und Biographie miteinander verflochten sind. Wo die Taufe als biographisches Grunddatum das neue Selbstverständnis der Gemeinde bestimmt, kommt auch der jeweiligen Lebensgeschichte elementare Bedeutung zu.

Für eine große Zahl biblischer Figuren liegen schon detaillierte Einzelstudien vor. Ansätze zu Netzwerkstudien wie etwa zum Zwölferkreis oder zu Paulus und seinen Mitarbeitern kommen hinzu. Sie sind als Bausteine für eine (noch zu schreibende) ntl. Prosopographie zu verstehen.

5. Intertextuelle Bezüge

Der dominierende Prätext für die ntl. Erzählfiguren ist das AT. Das betrifft sowohl die Aufnahme und Modifikation bereits bekannter Figuren als auch den Rückgriff auf atl. Erzählsituationen. Prätexte aus dem Bereich des antiken Judentums und der hellen.-röm. Welt spielen demgegenüber eine nachgeordnete Rolle.

5.1. Altes Testament

Die Jesus-Christus-Geschichte der Evangelien ist das Herzstück für den intertextuellen Zusammenhalt beider Testamente. Das machen die Genealogien (Mt 1,2-16 / Lk 3,23-38) auf ebenso programmatische Weise sichtbar wie der Verweis auf „die Schriften“ (1Kor 15,3.44; Lk 24,27), die Platzierung von „Erfüllungszitaten“ (Mt), Rekurse auf prophetische Verheißungen oder Geschichtsrückblicke (Apg). Die frühe Christenheit aus Juden und Nichtjuden betrachtet die Großen der Geschichte Israels als „ihre“ Väter (1Kor 10,1) und sich selbst als deren Nachfahren und Erben. Die wichtigste Vermittlerrolle kommt dabei Abraham zu, durch den die Völker gesegnet werden sollen. Mose und Elia treten auch im NT innerhalb der Erzählzeit auf; die Mehrzahl der atl. Figuren wird vor allem als Beispiel oder Vorbild erinnert.

Beliebt sind atl. Figuren in argumentativen Zusammenhängen. Paulus entwirft die menschheitliche Dimension des Christusereignisses in Gestalt einer „Adam-Christus-Typologie“ (1Kor 15,21-22.45-47; Röm 5,12-19). Abraham, Kronzeuge des Glaubens (Gal 3,6-9.15-18; Röm 4,1-25) und Vermittler des Segens für die Völker (Gen 12,3 u.ö.; Apg 3,25; Gal 3,8), dient dazu, das Stichwort „Gotteskindschaft“ neu zu interpretieren (Mt 3,9 / Lk 3,8). Zugleich erscheint er als Symposiarch in der kommenden Welt Gottes (Lk 16,19-31; Mt 8,11 / Lk 13,28-29). David wird als Verheißungsträger und Platzhalter messianischer Hoffnungen eingespielt: die Geburtsgeschichte Jesu in Lk 2 (Bethlehem) erinnert ihn ebenso wie der christologische Titel „Sohn Davids“ (Röm 1,3; Mk 10,46-52 u.ö.); die Episode vom Ährenraufen am Sabbat setzt auch die kleinteilige Kenntnis seiner Geschichte voraus (Mk 2,23-28). Die Erzählkränze um die Propheten Elia und Elischa aus 1/2Kön stellen eine Art Substruktur der „Prophetenchristologie“ bei Lk dar und sind durch zahlreiche, teils wörtliche Anspielungen präsent; der typologische Bezug zwischen Elia und dem Täufer prägt den Anfang der synopt. Evangelien.

Neben einzelnen Figuren greift das NT auch auf Figurengruppen des AT zurück. Zum Allgemeinwissen gehört die Familiengeschichte der Erzeltern (Abraham, Isaak, Jakob, Esau, Josef; Sara, Hagar, Rebekka, Rahel). Aus der Richterzeit klingen Mose und Josua an; die priesterliche Tradition kommt mit Melchisedek, Levi oder Aaron in den Blick; die ersten drei Könige Saul, David und Salomo sind fester Bestandteil des erinnerten Bildungsgutes.

In den Bereich der Vorbildethik führt die Paradigmenreihen in Hebr 11 (eine „Wolke von Zeugen“), die das Thema „Glaube“ personalisiert: sie nennt Figuren der Urzeit (4-7) / der Abrahamszeit (8-22) / der Mosezeit (23-31) / der Folgezeit (32-38: Sieger 33-34, Märtyrer 35-38), und endet bei den Glaubenden der unmittelbaren Gegenwart. Die christusgläubige Gemeinde steht demnach in einer Traditionslinie mit den Frommen Israels, die darüber hinaus bis zum Beginn der Menschheitsgeschichte zurückreicht. Unter dem Motiv der „ärgerlichen Vorbilder“ werden bekannte Figuren aus dem AT aufgeführt – wie z.B. der syr. Hauptmann Naeman und die Witwe von Sarepta (Lk 4,25-27), die Sodomer (Lk 10,12), die Königin vom Süden und die Männer von Ninive (Lk 11,29-32); „warnende Vorbilder“ sind die Propheten und Könige (Lk 10,23-24) sowie die Generation Noahs und Lots (Lk 17,27-28).

Breiten Raum nehmen atl. Figuren in jenen Referaten der Geschichte Israels ein, die sich in den Reden der Apg finden (Jeska 2001). Das ist auch der Fall bei den Typologien in 1Kor 10 (die Väter in der Wüste), Gal 4 (Hagar und Sara), Joh 3,14 (Mose und die Schlange) oder Joh 6 (Mannawunder).

Ein diffiziles Spiel intertextueller Bezüge entfaltet sich da, wo ntl. Figuren als Träger wohl bekannter atl. Namen in Erscheinung treten. Wie viel klingt etwa in Jesus / Jeschua (bewusst oder unbewusst) von dem Vorbild eines Josua, des Nachfolgers Moses, an? Josef, der Mann der Maria, erinnert unwillkürlich an den Jakobssohn, was besonders für die Flucht nach Ägypten (Mt 2) sowie für seine Träume von Belang ist. Elisabet, Frau des Zacharias, und Elisabet, Frau des Aaron (Lk 1,5 / Ex 6,23) stammen beide aus priesterlichem Milieu. Der Benjaminiter Saulus / Paulus trägt den Namen des ersten Königs in Israel (Phil 3,5), was den Gedanken der Erwählung assoziiert. Der Herrenbruder Jakobus wird für die Jerusalemer Gemeinde zu einer Art Patriarch, bei dem man auch an den Erzvater Jakob denkt. Im Fall des Herrenbruders Judas (als Autor eines Briefes in Anspruch genommen) klingen der Jakobssohn Juda und der makkabäische Freiheitskämpfer an. Dem Judas Iskarioth hingegen hilft diese achtbare Tradition nichts; mit ihm beginnt sich das Image des Namens Juda / Judas nachhaltig zu verschlechtern. Bei dem judenchristl. geprägten Matthäus liegt eine Erinnerung an Mattathias, den Vater der makkabäischen Kämpfer für die „väterlichen Überlieferungen“, nahe. Ob Susanna (Lk 3,8) und ihre bedrängte Namensvetterin aus den Zusätzen zu Daniel etwas miteinander zu tun haben, kann man immerhin überlegen.

5.2. Antikes Judentum

Im antiken Judentum sind die Grenzen zwischen kanonisch und außerkanonisch noch offen, so dass sich das Spektrum intertextueller Bezüge noch einmal erweitert.

Die Bedrohung und Bewahrung des Kindes Jesus in Mt 2 spielt die Mosehaggada ein. Hinter der Figur des Henoch in Jud 14-15 steht (ausweislich des Zitates aus 1Hen 1,9) die gesamte frühjüd. Henochliteratur, die den „Siebenten nach Adam“ zu ihrem Heros macht. Sie fungiert auch als Bezugsgröße für das Geschick der gefallenen Engel in Jud 6 / 2Petr 2,4. Wenn der Erzengel Michael mit dem Teufel um den Leichnam des Mose streitet (Jud 9; Nachklang in 2Petr 2,11), steht vermutlich die jüd. Moseliteratur Pate. Die Zauberer Jannes und Jambres in 2Tim 3,8 verweisen über Ex 7,11 hinaus mit ihren Namen vor allem auf Qumran (CD 3,17-19) sowie auf röm., christl. und rabbin. Quellen. Bei jenen Glaubenszeugen, die nach Hebr 11,37 „gesteinigt und zersägt“ worden sind, kommt das Martyrium des Jesaja (MartJes 5,1-14; VitProph 1,1) in den Blick. Die vier prophetischen Töchter des Philippus (Apg 21,9) erinnern an die drei geistbegabten Töchter Hiobs (TestHi 46-51). Die Figur des Melchisedek, die im Hebr eine dominante Rolle spielt, lässt sich mit Hilfe ihrer spärlichen atl. Erwähnungen (Gen 14,18-20; Ps 110,4) allein noch nicht ausreichend erklären; dafür bedarf es ihrer breiten frühjüd. Rezeptionsgeschichte (z.B. 11QMelch; 2Hen 71-72).

5.3. Hellen.-röm. Welt

Anspielungen auf literar. Figuren der hellen.-röm. Welt sind nur sporadisch zu finden. In Apg 17,28 findet sich ein Zitat des Aratos („Wir sind ja seines / Gottes Geschlechts!)“ unter dem unbestimmten Label „einige Dichter“. Ein von Thukydides (II 97,4) stammender Gedanke („Geben ist seliger als Nehmen“) wird in Apg 20,35 als Jesuswort eingeführt. Das Euripideszitat („Es ist schwer für dich, gegen den Stachel auszuschlagen.“) in Apg 26,14 zielt auf das Drama „Die Bakchen“ und das dortige Wort des Dionysos an die Adresse des Königs Pentheus. Dass die Kreter immer Lügner seien, schreibt Tit 1,12 einem „ihrer eigenen Propheten“ zu, was vielleicht Epimenides meint.

Ein entsprechendes enzyklopädisches Wissen der Leserinnen und Leser ist wohl auch dort vorauszusetzen, wo mythologische Figuren wie Sokrates, der Kyniker Diogenes von Sinope oder Herakles zwar nicht genannt, aber doch irgendwie assoziiert werden. Hinter Apk 12,18 wird der Nero redivivus sichtbar. Liefert die Offb vielleicht sogar (in chiffrierter Form) Andeutungen auf konkrete Figuren des röm. Machtapparates?

6. Onomastik und Namenforschung

In dem Figurenarsenal des NT kommt jenen Figuren, die Namen tragen, besondere Bedeutung zu. Gegenüber anonymen Erzählfiguren sind sie leichter zu identifizieren und weisen ein klareres Profil auf.

6.1. Namensvarianten

Ein Problem stellt die vielfach variierende Schreibweise von Namen dar. Abgesehen von individuellen Formen (und Verschreibungen) in der hsl. Überlieferung resultiert diese Vielfalt aus der Morphologie des Hebräischen, Griechischen und Lateinischen. In den späteren volkssprachlichen Übersetzungen nimmt diese Variantenfülle noch einmal zu. Seit der Reformationszeit wird die Schreibweise von Namen dann aufgrund der jeweiligen Quelle (Ursprachen oder Vulgata) geradezu ein konfessionelles Erkennungszeichen. Dem versucht eine Vereinheitlichung der Schreibweisen abzuhelfen: Ökumenisches Verzeichnis der biblischen Eigennamen nach den Loccumer Richtlinien, Stuttgart 1971, 21981.

Manche Figuren werden bereits im NT auf verschiedene Weise geschrieben, je nach sprachlichem Kontext. Das betrifft z.B. Simon / Simeon; Kefa / Kephas; Jona / Johannes; Saul / Saulus; Priska / Priscilla; Kleopas / Klopas, Silas / Silvanus und andere mehr.

Hierher gehört auch das Phänomen von Parallel- oder Nebennamen wie im Fall des Saulus / Paulus: Die Behauptung, er habe sich „vom Saulus zum Paulus“ gewandelt, ist nichts anderes als (wenngleich weit verbreiteter) Unsinn. Saul / Saulus ist der hebr. Name eines Kindes frommer Eltern aus dem Stamm Benjamin (Phil 3,5; Röm 11,1), der an den großen König erinnert; Paulus hingegen ist ein ähnlich klingender lat. Name (der „Kleine“). Bis Apg 13 gebraucht Lk den Namen Saulus; ab Apg 13 spricht er von Paulus. Der Wechsel erfolgt, als Paulus auf Zypern bei dem röm. Statthalter Sergius Paulus ist: „Saulus aber, der auch Paulus heißt ...“ (Apg 13,9). Die Wahl der Namensform hängt vom jeweiligen Kontext ab; mit der in Apg 9 erzählten Lebenswende hat sie nichts zu tun.

Eine Reihe von Namen wird im NT übersetzt, was auf ein verändertes Sprachmilieu der Adressaten hindeutet. Das sind z.B. Barnabas / Sohn des Trostes; Bar Jesus / Elymas; Tabita / Dorkas; Abbadon / Apollyon. Mitunter geht die Übersetzung aber auch in die Irre: Der Name Barnabas lässt sich definitiv nicht mit „Sohn des Trostes“ (wie Apg 4,36 angibt) übersetzen.

6.2. Sprachspektrum

Unter den Namensformen der ntl. Erzählfiguren lassen sich verschiedene sprachliche Herkünfte und Einflüsse ausmachen. Im Folgenden können nur einige Beispiele genannt werden.

Eine große Zahl von Personennamen ist hebr. Ursprungs. Sie sind „eine beständige Erinnerung an das hebräische Altertum“ (Dalman 1929, 25), denn erst zur Zeit Jesu wird es üblich, bei der Namensgebung auf die Frommen der Vergangenheit zurückzugreifen. Spitzenreiter sind Namen wie Jakob, Simon, Johannes, Juda, Josef, Jose, Maria, Elisabet; später dann auch Abraham, Isaak, Mose oder Elia.

Aram. Enflüsse machen sich vor allem in Beinamen bemerkbar, wie: Kephas – kefa / Stein (Joh 1,42); Boanerges – bene regesch / Söhne des Tobens (Mk 3,17); Thomas – toma / Zwilling (Mk 3,18); Kananaios – kannaja / Eiferer (Mk 3,19). Mit bar / Sohn zusammengesetzt sind Bartholomaios (Mk 3,18), Barjona (Mt 16,17), Barsabbas (Apg 1,23), Barabbas (Mk 15,7), Barjesus (Apg 13,6), Barnabas (Apg 4,36), Bartimaios (Mk 10,46). Die aram. Endung -aj setzen voraus: Alphaios / Chaphaj (Mk 2,14); Zebedaios / Zabdaj (Mt 10,2); Matthaios / Mattaj (Mt 9,9); Thaddaios / Thaddaj (Mt 10,3); Tholomaios / Tholmaj (Mt 10,3).

Die griech. Sprachwelt kommt zum Zuge in Namen wie z.B. Alexander, Andreas, Andronikos, Äneas, Berenike, Demetrios, Dionysios, Epainetos, Eubulos, Eunike, Euodia, Hermas, Hermogenes, Nikanor, Nikolaos, Nikodemos, Olympas, Onesiphoros, Patrobas, Philetos, Philologos, Stephanos, Syntyche, Trophimos, Tychikos und anderen mehr.

Dem latein. Bereich gehören Namen an wie z.B. Ampliatus, Claudia, Clemens, Crescens, Fortunatus, Julia, Linus, Publius, Quartus, Rufus, Tertius, Tertullus, Urbanus und andere mehr, die im Maskulinum jedoch meist mit der griech. Endung -os versehen sind.

6.3. Redende Namen

In narratologischer Hinsicht sind besonders die „redenden“ Namen von Interesse. Das Phänomen als solches ist schon in atl.-jüd. Literatur verbreitet. Auch im NT lassen sich markante Beispiele entdecken.

Prominent ist der Name Jesus / hebr. Jeschua = „JHWH ist Rettung“ (Mt 1,21.25; Lk 1,31/ Lk 2,21). Er wird dem Kind auf göttliche Anordnung hin verliehen, „denn er wird retten sein Volk von ihren Sünden“ (Mt 1,21). Zweifellos sind Erinnerungen an Josua gewollt; im frühen Judentum weicht dessen kriegerisches Profil bereits zunehmend prophetischen Zügen (Avemarie 2007). Ähnlich verhält es sich mit hebr. Immanuel = „mit uns ist Gott“ (Mt 1,23); dem Namen, in einer Traumvision angeordnet, wird die Übersetzung im intertextuellen Link (Jes 7,14; Jes 8,8.10) schon mitgegeben; daran knüpft auch Mt 28,20 noch einmal programmatisch an.

In auffälliger Dichte finden sich redende Namen im Vorwort und im Eingangsteil bei Lk. Theophilos = „Gottesfreund“ (Lk 1,3 / Apg 1,1) ist Repräsentant all jener, die (als Katechumenen) auf der Suche nach Gott sind. Mit Zacharias / hebr. Sacharja = „JHWH hat gedacht“, Elisabet = „mein Gott ist Fülle“, Johannes / hebr. Jochanan = „JHWH hat sich erbarmt“, Josef = „JHWH möge hinzufügen“, Simeon / hebr. Schimon = „Gott hat erhört“ oder Hanna = „Gott hat sich erbarmt“ treten fromme Israeliten auf, die ihren Charakter schon im Namen tragen.

Anders sieht es bei den Grußlisten der Briefe (s. unten 7.5) aus, wo sich in der Regel ein zufälliges, bunt zusammengewürfeltes Nebeneinander von Namen findet. Epigraphische Befunde können helfen, die Zusammensetzung einer Bevölkerungsgruppe genauer zu bestimmen: Wie viele Namen lassen z.B. in der Stadt Philippi während des 1. Jh.s röm., griech., jüd. oder indigene Herkunft vermuten?

Gelegentlich geben Namen auch weitere Informationen über die Identität ihrer Träger preis. Theophore Namen deuten eine religiöse Orientierung an: hebr. werden sie mit -el und -jah zahlreich gebildet; im paganen Bereich findet man etwa Apelles, Apollos, Dionysios, Diotrephes, Epaphroditus, Eutychus, Fortunatus, Hermas, Hermes, Hermogenes, Nympha, Olympas, Syntyche, Timotheos, Tychikos. Sklavennamen bezeichnen den (aktuellen oder früheren) sozialen Status – wie z.B. bei Lydia (Lydierin), Persis (Perserin), Ampliatus, Urbanus, Stachys oder Onesimus.

Beliebt sind Wortspiele mit Namens- oder Beinamensformen. Petros und Petra funktioniert nur auf Griech. (das Aram. kennt lediglich kefa): Petros meint den Stein als einzelnes Stück, Petra den gewachsenen Fels. U. Luz fängt dieses Wortspiel aus Mt 16,18 ein mit „Stein / Gestein“ (EKK I/2, 452). Eutychus = „der Glückspilz“ lässt sich in Apg 20,9-10 als ironische Anspielung auf seinen glücklich überlebten Fenstersturz lesen. Onesimus = „der Nützliche“ löst in Phlm 11 das folgende Wortspiel aus: „der dir früher unnütz war, jetzt aber dir und mir sehr nützlich ist“ (ἄχρηστον-εὔχρηστον / achrēston-euchrēston).

6.4. Beinamen

Beinamen bringen ein besonderes Charakteristikum der jeweiligen Figur zum Ausdruck. Häufig dienen sie nur der Unterscheidung mehrerer TrägerInnen desselben Namens. Simon Petrus wird mit seinem Beinamen von Simon Kananäus / Zelotes (Mk 3,18 / Mt 10,4 / Lk 6,15) im Zwölferkreis unterschieden, Judas Iskarioth von einem zweiten Judas (Lk 6,16; Apg 1,13), Maria Magdalena (Lk 8,1) von anderen Marien. Jener Josef, der für die Nachwahl zum Zwölferkreis kandidiert, trägt gleich den doppelten Beinamen Barsabbas und Justus (Apg 1,23); vielleicht ist Justus = „der Gerechte“ ja auch der Beiname des Titius (Apg 18,7)? Ein weiterer Josef wird als Barnabas unterschieden (Apg 4,36); ein weiterer Simeon trägt den Beinamen Niger (Apg 13,1).

In jedem Falle sind Beinamen Teil einer Geschichte. Dass Jesus Nazoräer heißt, hängt mit seiner Herkunft zusammen und soll vielleicht auch schon eine besondere Gottesbeziehung (Nasiräer?) signalisieren (Mt 2,23). Kephas / Petrus ist sicher anerkennend gemeint im Sinne von Festigkeit und Verlässlichkeit. Die Boanerges = „Donnersöhne“ (Mk 3,17) zeichnen sich offenbar durch ihr Temperament aus (vgl. Lk 9,54). Thomas Didymus = Zwilling (Joh 11,16) steht in einer besonderen Geschwisterbeziehung. Ob Simon der Aussätzige (Mk 14,3 / Mt 26,1; anders Lk 7,39) wirklich aussätzig ist oder war, mag dahingestellt bleiben; über Defizite oder Gebrechen werden achtbare Persönlichkeiten ansonsten nicht definiert.

Mitunter tritt der Beiname im Lauf der Zeit an die Stelle des ursprünglichen Namens, den er verdrängt. Petrus wird zum beliebtesten Männernamen der christl. Welt; Barnabas lebt vor allem in seinem Beinamen fort; Magdalena (die aus dem Ort Magdala) etabliert sich als eigenständiger Frauenname.

Die Praxis der Beinamengebung berührt sich eng mit der Verleihung von Hoheitstiteln, Prädikationen, Epitheta oder Würdenamen. Hier öffnet sich vor allem in der Christologie ein weites Feld. Christus = Messias / Gesalbter verschmilzt mit dem an sich schon bedeutungsvollen Jesus-Namen zu einer Bekenntnisaussage; Immanuel (Mt 1,23 / Jes 7,14) tritt als Verheißungsname hinzu. Alle weiteren Würdenamen sind dann jedoch weniger Bei-Name als Programmskizze: Retter, Kyrios, Hoherpriester, Menschensohn und vieles mehr.

6.5. Namenswechsel

Ein Namenswechsel, der einen Identitätswechsel anzeigt, kommt erst in späterer Zeit im Kontext der Taufe auf. Dem NT ist das Phänomen von Taufnamen noch völlig fremd. In der frühen Christenheit tragen die Christusgläubigen auch weiterhin ganz selbstverständlich pagane Namen, selbst wenn in ihnen das Pantheon der hellen. Welt anklingt. Erst vom 4. Jh. an bildet sich ein Arsenal „christlicher“ Namen aus, von dem die alten „heidnischen“ Namen allmählich verdrängt werden. Doch selbst im Zuge der Missionsgeschichte braucht es noch lange Zeit, bis sich die neue Praxis durchsetzt (vgl. Blanke 1962; Solin 2013).

7. Figurengruppen und Netzwerke

Das NT kennt ein Reihe von Figurengruppen, die durch bestimmte Merkmale miteinander verbunden sind. Solche Gruppen überlagern sich vielfach; einzelne Figuren können verschiedenen Netzwerken angehören.

7.1. Genealogien / Stammesverbände / politische Strukturen

Genealogische Auflistungen gehören im NT zum Erbe der atl.-jüd. Literatur. Der „Stammbaum Jesu“ in Mt 1,2-16 enthält 45 Namen, sein Pendant in Lk 3,23-38 hat 76 Glieder (ohne Gott). Ihre Funktion besteht darin, die Geschichte Jesu Christi in die Geschichte Israels und die der ganzen Menschheit einzuordnen. Mt markiert zu Beginn mit David die Israelperspektive und mit Abraham die Völkerperspektive; Lk führt die Linie über Adam zurück bis zu Gott. Nur wenige Figuren treten daraus mit besonderer Bedeutung hervor – wie z.B. die vier Frauen bei Mt (Tamar, Rahab, Ruth, die des Uria = Batseba).

Eine wichtige Rolle spielen die Patriarchen und ihre Familie. Die Formel vom „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“ beschreibt das Motiv der Erwählung; im Kontext der Sadduzäerfrage fungiert sie als Argument für ein Leben nach dem Tod (Mk 12,26-27 / Mt 22,31-32 / Lk 20,37-38). Sara wird in 1Petr 3,5-6 für ein spezifisches Frauenbild in Anspruch genommen. Abraham gilt als Ahnherr Israels und Platzhalter für die Völkerwelt, vor allem aber als Vorbild im Glauben. Paulus macht sich dabei an Gen 15 (Glaube gegen den Augenschein) fest und nicht wie die jüd. Rezeption an Gen 22 (Bewährung in der Prüfung); vgl. indessen den Bezug auf Gen 22 in Jak 2,21-23; Hebr 11,8-12.17-19; 1Klem 10,1-7. Argumentative Funktion gewinnen auch die Allegorie zu Hagar und Sara (Gal 4,21-31) und der Konflikt zwischen Isaak und Ismael (Gal 4,29-30).

Prägend bleibt das Bild von Israel als einem „Zwölfstämmevolk“ (Apg 26,7), obwohl die historische Realität im 1. Jh. längst schon eine andere ist. Das Ideal bleibt bestehen. Bei Hanna wird ausdrücklich erwähnt, dass sie eine Tochter Phanuels „aus dem Stamm Asser“ sei (Lk 2,36). Wenn Jesus mit der Absicht auftritt, die Sammlung Israels zu betreiben, dann bringt er das zeichenhaft durch die Berufung des Zwölferkreises zum Ausdruck. Die Rede vom „Haus Israel / Haus Jakob“ wird in Lk / Apg gern gepflegt. In den 144.000 der Heilszeit (Apk 7,4; Apk 14,1.3) spiegeln sich erneut die 12 Stämme Israels wider; in Apk 7,4-8 werden diese Stämme in Gruppen zu je 12.000 namentlich aufgezählt. Die Gottesstadt in Apk 21-22 basiert auf der Grundzahl Zwölf. Jak 1,1 ist noch immer (wenngleich für einen christl. Adressatenkreis) an die „zwölf Stämme in der Diaspora“ gerichtet.

Politische Netzwerke werden in den Synchronismen bei Lk sichtbar (Lk 1,5; Lk 2,1-2; Lk 3,1-2); in der Apg kommen die Herodianer hinzu.

7.2. Paradigmenreihen

In der „Wolke von Zeugen“, die Hebr 11 zusammmenstellt, wird ein idealtypisches Netzwerk exemplarischer Figuren aufgeführt. Es umfasst den Zeitraum der gesamten bisherigen Menschheitsgeschichte, aus der es die Vorbilder „im Glauben“ herauslöst. Weitere Belege solcher Paradigmenreihen finden sich in Sir 44-50 (Große der Vergangenheit); SapSal 10 (durch Weisheit Gerettete); 1Makk 2,51-61 (Eiferer für das Gesetz); 4Makk 16,16-23 (große Dulder); 4Makk 18,11-18 (leidende Gerechte und Bekenner); 4Esr 7,106-110 (Beispiele der Fürbitte); 1Klem 4-6 (Opfer der Eifersucht); 1Klem 7 (große Büßer); 1Klem 9,2-12,8 (vollkommene Diener Gottes); 1Klem 17,1-19,1 (Beispiele für Demut und Bescheidenheit); 1Klem 45 (leidende Gerechte).

Nicht in der formalen Geschlossenheit einer Reihe, jedoch als Set von Erzählfiguren werden bei Lk in exemplarischer Weise „gerechte“ Israeliten vorgestellt. Sie stehen für ein Milieu, in dem die Jesus-Christus-Geschichte beginnt und schließlich ihr vorläufiges Ende findet. Zu diesen Figuren gehören im Besonderen Elisabet und Zacharias (Lk 1,5-5), Maria und Josef, Simeon (Lk 2,25-35), Hanna (Lk 2,36-38) und Josef von Arimatäa (Lk 23,51). Auch die „Gerechten, die der Umkehr nicht bedürfen“ (Lk 15,7) oder der ältere Sohn im Gleichnis (Lk 15,31) wären hier hinzuzurechnen.

7.3. Schülerkreise Jesu

Ein zentrales Netzwerk wird durch den Kreis der SchülerInnen Jesu gebildet. Die größte Bedeutung hat dabei der Zwölferkreis, wie er in den entsprechenden Listen (Mk 3,16-19 / Mt 10,2-4 / Lk 6,14-16 / Apg 1,13 // Joh 1,35-51) namentlich aufgeführt wird. Diese Zwölf sind ein symbolisch aufgeladener Kreis, der seine Etablierung einer prophetischen Zeichenhandlung verdankt. Jesus wählt sie aus, um durch ihre Zwölfzahl seinen Anspruch auf die Sammlung Israels darzustellen, für die sie als Multiplikatoren fungieren.

Lk sieht ausschließlich diese Zwölf als „Apostel“ an (Lk 6,13). Paulus hingegen vertritt einen weiten und offenen Apostelbegriff, der auch seine eigene Person oder Mitarbeiter aus seinem Gemeindekreis und Frauen wie Junia (Röm 16,7) einschließt.

Aus den Zwölf tritt mit Petrus und den beiden Zebedäussöhnen eine Dreiergruppe hervor: Sie sind Zeugen bei der Auferweckung der Jairustochter (Mk 5,37 / Lk 8,51), bei der Verklärung (Mk 9,2-10 / Mt 17,1-9 / Lk 9,28-36) und bei dem Gebetskampf in Getsemani (Mk 14,32-42 / Mt 26,36-46). Eine Zweierspitze der Jerusalemer Gemeinde aus Petrus und Johannes wird in Apg vorgestellt (Apg 3,1 u.ö.). Paulus kennt nach Gal 2,9 in Jerusalem ein Dreiergremium derjenigen, die „als Säulen gelten“: Jakobus, Kephas und Johannes. Das alles sind Anzeichen dafür, dass sich der Zwölferkreis nach Ostern relativ schnell aufzulösen beginnt. Zunächst wird er durch die Nachwahl eines Ersatzmannes für Judas noch einmal komplettiert (Apg 1,15-26) und mit Matthias ergänzt, um das Ziel der Sammlung Israels aufrecht zu erhalten. Andere Leitungsformen wie etwa das Presbyterium bieten jedoch eine zukunftsfähigere Struktur.

Eine besondere Rolle spielt der geheimnisvollen „Schüler, den Jesus liebte“ bei Joh. Er wird vor allem mit Petrus abgeglichen, dem er als Traditionsträger zur Seite tritt. Judas wiederum fungiert als Gegentypos zu Petrus: Beide scheitern in den Turbulenzen der Passionsereignisse, doch der eine kehrt um, während der andere seinem Leben ein Ende setzt.

In Lk 8,1-3 findet sich eine Liste von Anhängerinnen Jesu, die mit ihm durch Galiläa ziehen; ihnen entsprechen die Listen von Frauen in der Passions- und Ostergeschichte (Mk 1,47 / Mt 27,61 / Lk 23,55; Mk 16,1 / Mt 28,1 / Lk 24,10 / Joh 20,1). Maria Magdalena steht voran, gefolgt von Johanna, der Frau des Chuza, Susanna und „vielen anderen“. Sie werden den Zwölf parallel zugeordnet – d.h., sie sind in genau derselben Weise mit Jesus unterwegs wie die Zwölf und müssen deshalb als Nachfolgerinnen bzw. Schülerinnen angesehen werden. Dass sie Jesus mit ihrer Habe unterstützen, ist kein Alleinstellungsmerkmal; das tun Männer wie Petrus und andere auch. Gerade Lk stellt Frauen immer wieder in der Rolle von Schülerinnen vor, nur die klare Bezeichnung als solche will er ihnen nicht zugestehen; allein Tabita nennt er in Apg 9,36 eine „μαθήτρια / mathētria“, aber da hat sich der Begriff längst schon von der spezifischen Lehrer-Schülerinnen-Beziehung gelöst.

Die „große Schar seiner Schüler“ (Lk 6,17), aus der Jesus die Zwölf auswählt, kommt noch einmal mit den 70 / 72 (Lk 10,1.17) in den Blick. Auch hier ist die Zahl symbolisch gemeint und steht vermutlich für die Völkerwelt. Nach Joh 9,28 unterstellen die Kontrahenten dem geheilten Blindgeborenen, ein „Schüler“ Jesu zu sein. In Joh 19,38 wird Josef von Arimatäa vom Erzähler als „Schüler“ Jesu bezeichnet (wenngleich als ein heimlicher). Später ordnet man dann zahlreiche Heilige der Frühzeit diesem weiteren Schülerkreis zu; namentlich die 70 / 72 werden zu einem großen Container für alle unbekannten „Missionare“.

7.4. Gremien und Funktionsträger

Feste Figurengruppen, die durch eine gemeinsame Funktion miteinander verbunden sind, bilden sich auch in Leitungsgremien ab.

Das höchste Gremium der jüd. Selbstverwaltung in Jerusalem ist das Synedrion, mit seinen 70 Mitgliedern orientiert an den 70 Ältesten aus der Zeit Moses (Num 11). Unter der Leitung des Hohenpriesters gehören seine Mitglieder den Religionsparteien der Pharisäer und Sadduzäer an. Im Prozess Jesu formuliert das Synedrion die Anklage. Nach Ostern lädt es Petrus und Johannes vor und versucht, die christusgläubige Gemeinde zu disziplinieren (Apg 4). Bei dem Verhör des Paulus kommt es im Synedrion zu einem Tumult über die Frage der Auferstehungshoffnung (Apg 23,6-9).

Dem Zwölferkreis, der nach Ostern schon da ist, tritt der Siebenerkreis der „Hellenisten“ zur Seite (Apg 6,5), der in die Phase einer ersten Ausdifferenzierung von Gemeindeformen und Leitungsstrukturen fällt. Auch hier werden die Namen aufgelistet. Wie die Zwölf sind auch die Sieben vor allem missionarisch tätig.

In der jüd. und hellen.-röm. Gesellschaft hat die Ältestenverfassung (Gerusia, Presbyterium, Senat) schon eine lange Tradition. Presbyter übernehmen nun auch in der christusgläubigen Gemeinde Verantwortung: von Apg 11,30 an betreten sie die Szene; 1Tim 5,17-19 und Tit 1,5-6 formulieren Anforderungskataloge; nach Apg 20,28 fungieren sie als Episkopen. Diakone erweitern das Spektrum (1Tim 3,8-10.12-13 Männer; 1Tim 3,11 Frauen); schon Phoebe ist ein „Diakonos“ der Gemeinde von Kenchreä (Röm 16,1).

Ein dynamisches Netzwerk von Funktionsträgern knüpfen Paulus und seine MitarbeiterInnen. Insgesamt lassen sich ca. 40 Personen diesem Kreis zuordnen (so Ollrog 1979). Paulus selbst beginnt als Mitarbeiter der Gemeinde in Antiochia und als Juniorpartner des Barnabas; später bindet er zahlreiche MitarbeiterInnnen projektbezogen in seine Aktivitäten ein. Reisebegleiter sind Silas oder Timotheus; Titus fungiert als Organisator der Kollektensammlung; die Gemeinden unterstützen Paulus durch „Gemeindegesandte“ (2Kor 8,23; Phil 2,25); kollegiale Beziehungen bestehen zu Apollos, Aquila und Priska oder Andronikos und Junia. Für die Überbringung der Kollekte nach Jerusalem bestimmen die pln. Gebergemeinden eine kleine, namentlich benannte Delegation (Apg 20,4).

Ein singuläres Gremium stellt die Gruppe „wirklicher Witwen“ in 1Tim 5,3-16 dar. Ihr Anspruch auf Versorgung gründet sich auf ein kontinuierliches Gebetsleben, mit dem sie zu Vorbildern späterer kommunitärer Gemeinschaften von unverheirateten Frauen werden.

Eine andere Rolle spielen die vornehmen, wohlhabenden oder „gottesfürchtigen“ Frauen bei Lk, die sich unter anderem als Unterstützerinnen engagieren: Lk 8,1-3 (Dreierliste der Nachfolgerinnen und „viele andere“), Lk 13,50 (Antiochia in Pisidien); Lk 16,13-14 (Philippi); Lk 17,4 (Thessalonich); Lk 17,12 (Beröa). Zu ihnen sind auch Tabita, die Helferin von Witwen (Apg 9,36-42), Lydia, die Hausherrin (Apg 16,14-15), oder Phöbe, die προστάτις / Patronin (Röm 16,2) zu rechnen.

7.5. Gemeindestrukturen

Die christusgläubige Gemeinde der Anfangszeit konstituiert sich „hausweise“ (Apg 2,46). Solche Hausgemeinden werden zu Keimzellen ihrer rasanten Ausbreitung in die spätantike Gesellschaft hinein. Als Leitungsfiguren von Hausgemeinden begegenen im NT z.B.: Priska und Aquila (Korinth, Ephesus, Rom – 1Kor 16,19; Röm 16,3.5); Philemon (Kolossä – Phlm 1); Stephanas (Korinth – 1Kor 16,15); Gajus (Korinth – Röm 16,23); Nympha (Laodizaea – Kol 4,15); möglicherweise auch Asynkritos (Röm 16,14), Philologos und Julia (Röm 16,15), und Chloe (1Kor 1,11). In Apg sind es Maria, die Mutter des Johannes Markus (Apg 12,12), Lydia (Apg 16,14-15), Philippus (Apg 21,8) und andere mehr. Gruppen von Christusgläubigen leben auch in nichtchristl. Hausverbänden, wie „die aus dem Haus“ des Aristobul (Röm 16,10), des Narzissos (Röm 16,11), oder des Kaisers (Phil 4,22). Häuser fungieren als Versammlungsorte (Apg 1,13-14 u.ö.) und dienen zur Herberge reisender Missionare (Apg 9,11 u.ö.).

Gemeindeverbände werden in den Grußlisten der Briefe sichtbar. Den umfangreichsten Bestand bietet mit 27 Namen Röm 16,1-16; zwischen Grüßenden und Gegrüßten knüpft sich ein Netz persönlicher Beziehungen; vgl. dazu noch die Listen in Phlm 23-24; Kol 4,7-17; 2Tim 4,21.

Netzwerke werden auch spiegelbildlich bei Gegnern sichtbar. Paulus muss sich mit jenen auseinander setzen, die „das Evangelium Christi verdrehen“ (Gal 1,7) oder seine Legitimation in Frage stellen (2Kor). Die kolossische Gemeinde sieht sich mit einer synkretistischen „Philosophie“ konfrontiert (Kol 2,6-23). In den Pastoralbriefen deutet sich eine Frühform der Gnosis an, deren Vertreter in den Häusern umhergehen und vor allem Frauen zu gewinnen suchen (2Tim 3,6-7). Dissidenten, die aus der Mitte der Gemeinde kommen, kennt Apg 20,29 („reißende Wölfe“); für die Johannesbriefe sind die Leugner der Inkarnation aus den eigenen Reihen „Antichristusse“. Unter den sieben Gemeinden der Apk gibt es dissidente Gruppen: die „Nikolaiten“ (Apk 2,6 in Ephesus / Apk 2,15 in Pergamon); die „Lehre Bileams“ (Apk 2,14 in Pergamon); die „Prophetin Isebel“ (Apk 2,20 in Thyatira).

7.6. Familienstrukturen

In der Jesusbewegung wird die biologische Familie zunächst in Frage gestellt. Dennoch bleibt ihre Struktur das grundlegende Modell zwischenmenschlicher Beziehung. Die neue „familia dei“ kann gar nicht anders, als sich genau daran zu orientieren.

Jesus von Nazaret hat nicht nur eine Genealogie, sondern auch eine Familie mit Vater, Mutter, Schwestern und Brüdern. Das gilt nicht anders für den Täufer Johannes, dessen Vater, Mutter und Verwandte vorgestellt werden (Lk 1,5-25.39-80). Von Petrus kennt man außer seinem Bruder Andreas noch Frau und Schwiegermutter (1Kor 9,5; Mk 1,30 / Mt 8,14 / Lk 4,34). Die Familie des Zebedäus besteht aus Vater, Mutter und den Söhnen Jakobus und Johannes (zur Mutter vgl. noch Mt 20,20-21; 27,56). Zu den Schwestern Marta und Maria (Lk 10,38-42) kommt in Joh 11 noch ein Bruder namens Lazarus hinzu.

Paulus hat in Jerusalem eine Schwester und einen Neffen (Apg 23,16); er selbst lebt ehelos (1Kor 7,7.8). In der Familie des Timotheus kann man schon die Abfolge dreier Generationen beobachten: Großmutter Lois – Mutter Eunike – Sohn Timotheus (2Tim 1,5); sein Vater ist nach Apg 16,1 Grieche.

Auch Familienkonflikte bleiben nicht aus. Die Familie Jesu hält den großen Sohn für „verrückt“ (Mk 3,20-21); ihr stellt Jesus provokativ seine „wahre Familie“ entgegen (Mk 3,31-35 / Mt 12,46-50 / Lk 8,19-21); in Nazaret kennt man ihn noch als den „Zimmermann / Josefs Sohn“ (Mk 6,3 / Mt 13,55-57 / Lk 4,22). Joh 7,5 weiß, dass auch „seine Brüder“ nicht an ihn glaubten. Familienkonflikte werden von den Evangelisten als Zeichen der Endzeit verstanden (vgl. Mi 7,6; Mt 10,35-36 / Lk 12,53).

Wohlbekannt ist im NT die weit verzweigte Dynastie der Herodianer. In das Blickfeld einzelner Szenen geraten Herodes der Große, Archelaos, Herodes Antipas mit seiner Frau Herodias und deren Tochter, Philippus, Agrippa I. sowie Agrippa II. und Berenike.

Ein virulentes Thema ist im NT die Ehe. Es schlägt sich nieder in Reflexionen zu Ehescheidung und Leviratsehe, in den Nachfolgeworten vom Verlassen der Ehefrau, in Rollendiskursen, in der Haustafelparänese oder in dem Modell der Einzigehe bei Mt und in den Past. Das Thema spiegelt sich aber auch im Bild prominenter Ehepaare wider. Erwähnt werden: Abraham und Sara (1Petr 3,5-6); Lot und Frau (Lk 17,32); Uria und Frau (Mt 1,16); Zacharias und Elisabet (Lk 1,5.13.18.24); Josef und Maria (Mt 1,20.24 u.ö); Chuza und Johanna (Lk 8,3); Herodes Antipas und Herodias (Mk 6,17.18 / Mt 14,3; Lk 3,19); Pilatus und Frau (Mt 27,19); Klopas und Maria (Joh 19,25); Aquila und Priska (Apg 18,2-3; Röm 16,3-4); Andronikos und Junia (Röm 16,7); Philologos und Julia (Röm 16,15); Hananias und Saphira (Apg 5,1); Mutter und Vater des Timotheus (Apg 16,1); Felix und Drusilla (Apg 24,24).

Beliebt ist die Definition von Erzählfiguren über verwandtschaftliche Beziehung. Hier kommt das ganze Spektrum vor: die Tochter über den Vater (Lk 1,5 u.ö.); die Frau über den Ehemann (Mt 1,6 / 2Sam 11,3 u.ö.); die Mutter über das Kind (Lk 8,51 u.ö.); die Mutter über den Schwiegersohn (Mk 1,30 u.ö.); der Sohn über den Vater (Mk 10,46 u.ö.); der Sohn über die Mutter (Mk 6,3 u.ö.); der Sohn über die Eltern (Mt 13,55 u.ö.); der Sohn über die Geschwister (Mk 1,3 u.ö.); der Vater über den Sohn (Apg 28,8).

7.7. Anonyme Gruppen

Anonyme Gruppen (s. oben 3.6) begegnen vorzugsweise in Gestalt von Religionsparteien wie der Sadduzäer, Pharisäer und Zeloten, der Schriftgelehrten, Gesetzeslehrer oder „Herodianer“ (vgl. zu letzteren Mk 3,6; Mk 12,13-17 / Mt 22,15-22).

Die Völkerwelt (vgl. oben 5.3) ist in den gesellschaftlichen Rahmenbedingungen der Jesusbewegung wie der frühen Christenheit präsent. Perspektivisch wird sie, ausgehend von der Abrahamsverheißung (s. oben 5.1), im Zuge der beginnenden Missionsgeschichte in den Blick genommen – bis hin zu dem Bild des eschatologischen Völkermahles (Mt 8,11 / Lk 13,28-29). Konkretionen erfolgen in jener Liste, die im Rahmen der Pfingsterzählung die Regionen der jüd. Diaspora aufzählt (Apg 2,9-11; vgl. auch 1Petr 1,1). Kol 3,11 nennt Barbar und Skythe als Repräsentanten ferner Völker außerhalb des hellen. Kulturkreises (vgl. noch Röm 1,14); dazu gehört auch der Äthiopier in Apg 8.

Die Gemeinden in Häusern und Städten bleiben eine unbestimmte Größe, sind aber nie abstrakt, sondern stets als konkrete Versammlung von Menschen vorgestellt.

8. Fakt und Fiktion

Die Erzählungen des NT sind in narratologischer Hinsicht fiktionale Texte. Daran haben auch ihre Figuren teil. Dennoch sind sie in der Regel konkreten historischen Situationen zugeordnet. Beide Ebenen überlagern einander und erschließen sich wechselseitig.

8.1. Erinnerung und Gestaltung

Die Jesus-Christus-Geschichte der Evangelien will von Ereignissen berichten, „die unter uns geschehen sind“ (Lk 1,1). Sie bedient sich dabei der hellen.-röm. Welt im 1. Jh. als einer Bühne, auf der sie diese Ereignisse platziert. Lk betont, dafür akribisch bei denen recherchiert zu haben, „die von Anfang an Augenzeugen und Diener des Wortes gewesen sind“ (Lk 1,2). Auch Paulus fügt jener alten Formel, in der Tod und Auferstehung Jesu als Kern des Bekenntnisses fixiert sind (1Kor 15,3-5), noch eine Liste von Osterzeugen an, „von denen die meisten bis jetzt noch leben“ (1Kor 15,5-8) – zu seiner Zeit also auch noch befragt werden können. Was erzählt wird, verdankt sich nicht der freien Kreativität von Autoren, die am Schreibtisch Geschichten erdenken, sondern geht zurück auf Erinnerungen, die überliefert, gesammelt, geprüft, gestaltet und schließlich aufgeschrieben werden.

Die historischen Konturen der ntl. Erzählfiguren sind stärker ausgeprägt als bei denen des AT, was vor allem an der deutlich geringeren Zeitspanne zwischen Ereignis und Niederschrift liegt. Selbst die Existenz der christologisch so massiv überformten Figur Jesu von Nazaret ist durch die historische Rückfrage seit der Aufklärungszeit zweifelsfrei bestätigt worden. Davon bleibt jedoch die Einsicht unberührt, dass gerade die Figur Jesu Christi ein „Personengeheimnis“ bewahrt, dem sich auch die historische Rückfrage nur annähern kann.

Bei aller Verlässlichkeit einzelner Indizien bleiben die Erzählfiguren des NT primär literarische Figuren. Für diese Situation bietet der lkn. „Theophilos“ (Lk 1,3 / Apg 1,1) ein repräsentatives Beispiel: Dass er als Mäzen für die Verbreitung des lkn. Doppelwerkes fungiert, ist aufgrund zahlreicher Parallelen sehr wahrscheinlich, belässt ihm aber dennoch seine Funktion als Identifikationsfigur für das anvisierte Lesepublikum von „Gottesfreunden“, die alle auf der Suche nach dem tragfähigen Grund ihres Glaubens sind.

8.2. Literarische Biographie

Von den Männern und Frauen um Jesus sowie den Mitgliedern der frühen christusgläubigen Gemeinde wird nicht etwa deshalb erzählt, um festzuhalten, „wie es wirklich war“ – sondern um Beispiele vorzustellen, wie der Glaube an Jesus Christus in konkreten Lebensvollzügen Gestalt gewinnt. Die prosopographischen Skizzen oder Notizen, die in den Texten zu finden sind, erweisen sich als Fragmente literarischer Biographien. Ihre Figuren treten vor allem als TrägerInnen oder RepräsentantInnen theologischer Themen in Erscheinung und gewinnen auf diese Weise einen weitreichenden Einfluss auf ihr Lesepublikum.

Diese Funktion lässt sich an wenigen Beispielen verdeutlichen. Maria wird in den Evangelien als weibliche Identifikationsfigur vor allem in ihrer Mutterrolle aufgebaut und fungiert zugleich als Schirmherrin für die wahre Menschlichkeit Jesu. Petrus ist der maßgebliche Traditionsträger, Mann der ersten Stunde, Garant der Überlieferung, exemplarischer Nachfolger und Anwalt für die Einheit der „Kirche“ wie des Gottesvolkes. Herodes der Große repräsentiert mit seiner Dynastie den machtpolitischen Kontext des Lebens Jesu und der frühen Gemeinde. Der Täufer Johannes fungiert als Bindeglied zwischen Gottesvolk und Jesusbewegung; seine Rolle changiert zwischen der eines Vorläufers und der eines vorauseilenden Nachfolgers (Lk 3,18). An der Figur des Judas kommt die Paradoxie des göttlichen Handelns zur Anschauung. Paulus erscheint als Reformer und Vordenker auf dem Weg des Evangeliums zu den Völkern. Barnabas steht für die Themen von Organisation und struktureller Entwicklung. Nikodemus erscheint als ein Anwalt der Suchenden und Vorsichtigen. Timotheus und Titus werden zu Exponenten von Leitungsverantwortung und Traditionssicherung. Lydia und Berenike werfen Schlaglichter auf ein neues Verständnis von Frauen in Gemeinde und Gesellschaft. Maria Magdalena hält die Erinnerung an die exponierte Rolle der Schülerinnen Jesu am Ostermorgen wach. Stephanus wird zum Vorbild der Märtyrer in den beginnenden Verfolgungen. Der Herrenbruder Jakobus ist der Platzhalter der Familie Jesu und vermittelt zwischen Bewahrung und Veränderung. Apollos lässt für einen kurzen Moment die jüd.-hellen. Bildungselite innerhalb der frühen Christenheit aufleuchten.

Diese Reihe ließe sich fortsetzen. Letztlich kann man das gesamte Tableau theologischer Themen und Schlüsselbegriffe anhand von Erzählfiguren auf narrative Weise entfaltet sehen. Die Fragmente literarischer Biographien im NT verankern frühchristliche Theologie in Zeit und Raum und vermitteln sie zugleich an die Leserschaft späterer Generationen.

8.3. Geschichtsdeutung

Mit Hilfe seiner Erzählfiguren wird im NT Geschichte in Form von Geschichten lebendig. Sie wird dabei gedeutet und in einen großen Zusammenhang gestellt.

Bereits in den Genealogien lässt sich eine Form theologischer Geschichtsbetrachtung erkennen. Die Geschichte Jesu Christi, wie sie von den Evangelisten entworfen wird, steht in einer klaren Bedeutungsperspektive: Was als Provinzepisode beginnt, entwickelt sich zu einem Geschehen von welthistorischem Rang. Die Vielfalt zeitgleicher Aufbrüche, Theologien und ihrer Protagonisten nach Ostern reduziert Lukas wieder und konzentriert sie auf die eine dominierende Linie der pln. Mission. Dieses Verfahren spiegelt sich dann auch in der Dominanz des Korpus Paulinum sowie in den Schriften der Paulus-Tradition im ntl. Kanon wider.

Einige Beispiele machen die Deutung von Geschichte besonders anschaulich. Die Rolle des „Lieblingsschülers“ bei Joh besteht vermutlich darin, in der Figurenkonstellation zu Petrus die Beziehung zwischen der eigenständigen joh. Tradition und der Gesamtkirche zu definieren. An der Figur des Judas bearbeitet die frühe Christenheit das Versagen der Anhänger Jesu während der Passionsereignisse und ringt mit dem Problem der Apostasie; dass sie dabei Judas zunehmend zum Feindbild stilisiert, erklärt sich wiederum aus den geschichtlichen Entwicklungen und Irrwegen der folgenden Jahrhunderte.

In der langen Zeit der Auslegung und Rezeption biblischer Texte findet sich die Christenheit immer wieder neu in den Erzählfiguren des NT wieder. Sie bindet sich damit zurück an die Schrift und adaptiert sie zugleich für veränderte Fragestellungen. Gerade die Erzählfiguren erweisen sich auf diese Weise als Garanten für Kontinuität und Fortschreibung einer Geschichte, die im Gottesvolk Israel wurzelt und mit Jesus Christus in die Völkerwelt vordringt.

8.4. Figurenzeichnung

Die Zeichnung der ntl. Erzählfiguren stellt sich als ambivalent dar. Bezugspunkt ist in der Regel die Haltung gegenüber Jesus Christus, die von dem greisen Simeon in der Spannung von „Fall und Aufstehen“ (Lk 2,34 / Jes 8,14) bzw. Ablehnung und Zustimmung beschrieben wird. Auf der Seite der Zustimmung stehen SchülerInnen, AnhängInnen, SympathisantInnen, Geheilte, die „familia dei“ und später auch wieder die biologischen Familien. Die Seite der Ablehnung besetzen die politischen Funktionsträger, die Opponenten der Streitgespräche, Teile des Synedrions und die Hohenpriester. Indifferent erscheint die Volksmenge.

Doch auch die Figurenzeichnung der AnhängerInnen bleibt von Ambivalenzen nicht verschont. Fehlbarkeit, Scheitern und Umkehr werden als Mittel narrativer Paränese funktionalisiert. Selbst die Familie Jesu muss aus anfänglicher Distanz erst zur „familia dei“ finden. An dem Schülerversagen wird nichts beschönigt; Judas wechselt die Seiten; Petrus leugnet; alle fliehen, und einer rettet sogar sein buchstäblich nacktes Leben (Mk 14,51-52); auch die Emmausjünger kehren schon wieder nach Hause zurück (Lk 24,13). Unter dem Kreuz stehen allein Maria und der Lieblingsschüler sowie Maria, die Frau des Klopas und Maria Magdalena (Joh 19,25); die nachfolgenden Frauen stehen immerhin von ferne (Mk 15,40-41 / Mt 27,55-56 / Lk 23,49).

Breiten Raum nimmt das Motiv des Schülerunverständnisses ein. Bei Lk hat es ein Vorspiel im Unverständnis der Eltern gegenüber dem Zwölfjährigen (Lk 2,50) und setzt sich über weitere Irritationen im Schülerkreis fort (Mk 4,10.13 u.ö.). Bei Joh ist das Schülerunverständnis Ausdruck eines legitimen Lernprozesses (Joh 4,27 u.ö.). Das Missverständnis als literarisches Stilmittel findet sich hingegen vorzugsweise im Munde von Vertretern des „Unglaubens“ (Joh 2,19-20 u.ö.). Auch der Zweifel hat seinen festen Ort: z.B. bei dem frommen Zacharias (Lk 1,18-20) oder dem sinkenden Petrus (Mt 14,31); selbst angesichts des Missionsauftrages durch den Auferstandenen zweifeln „Einige“ (Mt 28,17). Thomas bedarf zur Überwindung seines Zweifels der besonderen Hilfestellung (Joh 20,19-29). „Kleingläubige“ werden die Schüler vor allem bei Mt genannt (Mt 6,30 u.ö.).

Für die Fehlbarkeit einzelner Figuren gibt es weitere Beispiele. Nikodemus zaudert trotz seiner offenkundigen Affinität gegenüber Jesus (Joh 3,1-12; Joh 7,50-52; Joh 19,38-42). Hananias und Saphira lügen und werden dafür exemplarisch bestraft (Apg 5,1-11). Petrus, Barnabas und die Judenchristen in Antiochia müssen sich von Paulus „Heuchelei“ vorhalten lassen (Gal 2,13). Zudem sind die AnhängerInnen Jesu in der Regel Menschen mit Vergangenheit: Maria Magdalena wird von einer spektakulären „Besessenheit“ befreit (Lk 8,2); Zachäus wird vom korrupten Beamten zum Wohltäter (Lk 19,1-10); Paulus wird vom Verfolger zum Verkündiger (Gal 1,23 u.ö.).

Dem wiederholten Unverständnis der Schüler steht immerhin auch ihr klares Verständnis der Worte Jesu gegenüber. Nur die Schüler vermögen die Gleichnisse zu verstehen (Mk 4,11 / Mt 13,11 / Lk 8,10); ihre Einsicht wird explizit bestätigt (Mt 13,51; Mt 17,13).

Hinsichtlich der Gegner ist die Figurenzeichnung klar. Das gewaltsame Geschick Jesu hat eine Vorgeschichte, die bis auf das gewaltsame Geschick der Propheten in Israel, den leidenden Gerechten oder den Gottesknecht zurückblendet. Als Kontrastbild stehen einander der wahre und der vermeintliche König der Juden gegenüber (Mt 1-2). Der Satan in der Wüste (Mk 1 / Mt 4 / Lk 4) und die „Macht der Finsternis“ (Lk 22,53) greifen in das Geschehen ein; der Satan bemächtigt sich auch des Judas (Lk 22,3). Schon früh wird der Tötungsbeschluss der Pharisäer und Herodianer vermerkt (Mk 3,6); die Opponenten der Streitgesprächen versuchen, Jesus auf Glatteis zu führen; drei Leidensankündigungen, in denen die Kontrahenten benannt werden, bereiten die Passion vor. Auch die Geschichte der frühen Christenheit lässt sich als eine Geschichte fortwährender Konflikte lesen.

8.5. Legitimationsinteressen

Eine besondere Rolle spielen Erzählfiguren im Blick auf das Phänomen der Pseudepigraphie. Nach dem Ende der ersten Generation entsteht ein „Autoritätsvakuum“ – gerade in einer Umbruchssituation, die der Autoritäten bedarf. Hier treten diejenigen ein, deren Namen auch Gehör findet. Paulus bleibt für jene Schultradition, die an ihn anschließt, die maßgebliche Autorität. Ihm folgen Petrus mit zwei und die Herrbrüder Jakobus und Judas mit jeweils einem Brief. Damit bildet sich zugleich ein ganz bestimmtes Paulus-, Petrus-, Jakobus- und Judasbild heraus, das der Legitimation neuer Antworten auf neue Fragen dient. 2Tim und 2Petr sind als eine Art Vermächtnis gestaltet. An Tertius, dem Sekretär des Paulus (Röm 16,22), macht sich die Idee fest, es könne auch in anderen Briefen Sekretäre gegeben haben. Dabei denkt man gerne an Namen wie Timotheus, Silvanus, Epaphroditus, Markus oder Lukas. Muss man vielleicht auch mit Autorenkollektiven rechnen?

Die zunächst anonymen Autoren der Evangelien werden vom 2. Jh. an zum Zweck der Unterscheidung und Autorisierung namentlich benannt. Ihre Pseudonyme sind mit Bedacht gewählt, so wie im Fall der pseudepigraphen Briefe auch. Bei Markus denkt man an Johannes Markus und dessen Nähe zur frühen Missionsgeschichte (Apg 12,12.25; Apg 13,4.13; Apg 15,37.39); bei Mt steht der Zöllner (Levi) Matthäus vor Augen (Mt 9,9; Mt 10,3); einen Lukas entdeckt man in zwei Grußlisten (Kol 4,14; 2Tim 4,11) und vermutet ihn hinter dem „wir“ in der Apg; für Johannes einigt man sich schon bald auf den Zebedäussohn (Mk 1,19 u.ö.). Diesen Vierevangelienkanon begründet Irenäus schließlich im 2. Jh. mit dessen globaler Geltung für alle vier Himmelsrichtungen und sieht die vier Evangelisten durch die vier Gestalten am Thron Gottes (Ez 1,1-28; Apk 4,1-11) symbolisiert.

9. Dogmatische Verwicklungen

Dass die Erzählfiguren des NT Repräsentanten und Träger theologischer Sachanliegen sind, trifft in besonderem Maße auf die eine zentrale Figur, Jesus Christus, zu. Doch auch die übrigen Figuren ziehen in unterschiedlicher Intensität dogmatische Interessen auf sich und werden zum Gegenstand weitreichender theologischer Diskurse.

9.1. Jesus Christus

Die Frage der Schüler Jesu im Boot: „Wer ist dieser?“ (Mk 4,41), wird offenbar schon früh gestellt; nach Ostern avanciert sie zur Grundfrage der „Christologie“, die das Geheimnis der Person Jesu zu ergründen versucht. Ihre Problematik liegt in der Spannung zwischen göttlicher und menschlicher Wirklichkeit, die sich in der Figur Jesu berühren. Schon vor Ostern liegen Erwartungen in der Luft, die später aufgenommen und modifiziert werden. Eine „hohe“ Christologie drängt sich vor allem unter dem Eindruck der Ostererscheinungen auf; im 1Thess (ca. 51) ist sie bereits ausgebildet; die Evangelien haben sie sich gegen Ende des 1. Jh.s vollends zu eigen gemacht. Damit geht eine zunehmende Interessenverlagerung einher: weg vom historischen Jesus und hin zum erhöhten Kyrios (2Kor 5,16).

Ein Schlüsseldatum stellt in dieser Entwicklung das 4. Ökumenische Konzil von Chalcedon (451) mit seiner Konsensformel dar: Jesus Christus ist vollkommen Gott und vollkommen Mensch, in zwei „Naturen“ – unvermischt, unverwandelt, ungetrennt, ungesondert. Damit werden beide Perspektiven (die auf den „Schmerzensmann“ und die auf den „Pantokrator“) für die folgenden Jahrhunderte fixiert. Auch bei der Lektüre der Evangelien lassen sich beide Perspektiven nicht mehr voneinander lösen.

In der Aufklärungszeit bricht die Rückfrage nach dem historischen Jesus mit Urgewalt auf. Nun werden aus methodischen Gründen beide Perspektiven wieder unterschieden. Aber auch nach dem „Third Quest“ (der dritten Runde in dieser Rückfrage in der zweiten Hälfte des 20. Jh.s) weiß man, dass die Figur Jesu Christi nur im Zusammenspiel aus historischer Forschung und theologischer Reflexion gleichermaßen zu haben ist.

9.2. Maria, die Mutter Jesu

Von der Einzigartigkeit des Sohnes her fällt auch viel Licht auf die Mutter. Maria aus Nazaret wird durchgängig in auszeichnender Weise dargestellt, besonders bei Lukas (Ankündigung Lk 1,26-38; „Mutter meines Herrn“ Lk 1,43; Worte Simeons Lk 2,34-35; Seligpreisung Lk 11,27; und andere mehr). Daran knüpft die spätere dogmatische Rezeption an.

Die Entwicklung einer „Mariologie“ setzt schon im 2. Jh. ein. Sie gewinnt durch das apokryphe Protevangelium Jakobi sogleich breite Popularität. Dieser Text verlängert die Geburt Jesu um eine Generation zurück und setzt bei der wunderbaren Geburt des Kindes Maria ein. Alles Interesse konzentriert sich nun auf das Moment ihrer Jungfräulichkeit, die biologisch nachgewiesen wird. Im Laufe der Jahrhunderte entstehen aus diesem Ansatz heraus vier marianische Dogmen: 1. Gottesgebärerin / „Theotokos“ (431); 2. Immerwährende Jungfrau / „Aeiparthenos“ (649), 3. Unbefleckt Empfangene / „Immaculata“ (1854); 4. Leiblich in den Himmel Aufgenommene (1950). Ein fünftes Dogma, das Maria als Miterlöserin und Mittlerin aller Gnaden / „Corredemptrix“ beschreibt, wird seit dem 15. Jh. diskutiert, ohne bislang definiert worden zu sein.

Die „Gottesgebärerin / Gottesmutter“ hat noch Anhalt an den Worten der Elisabet in Lk 1,43; alle weiteren Dogmen sind ausschließlich Konstruktion. Besonders die immerwährende Jungfräulichkeit Marias gerät in Konflikt mit den Familienverhältnissen (namentlich den Geschwistern) Jesu, die deshalb auch entsprechend „bereinigt“ werden müssen (s. unten 9.3). Die unbefleckte Empfängnis ist bereits das Hauptinteresse des Protevangeliums Jakobi; die leibliche Aufnahme in den Himmel bewegt sich vollends im Bereich von Legende und liturgischer Dichtung. Das Gesamtkunstwerk „Mariologie“ geht nicht vom biblischen Text aus, sondern vom Dogma, das es auf die biblischen Schriften zurückprojiziert.

Die Maria des NT ist eine unauffällige Frau in einer außergewöhnlichen Rolle, die zur wichtigsten weiblichen Identifikationsfigur der Christenheit wird. Auch wenn ihr gelegentlich Züge eigenständiger theologischer Reflexion zugeschrieben werden (Lk 2,19), verbleibt sie doch ganz im Rahmen des Rollenbildes der „Mutter“, die sich in den Dienst ihres Sohnes stellt, womit sie das Bild von Frauen in der Kirche besonders nachhaltig geprägt hat.

9.3. Jakobus und die Geschwister Jesu

Hatte Jesus als der „Erstgeborene / prototokos“ (Lk 2,7) der Maria noch jüngere Geschwister? Ja – denn davon erzählen alle vier Evangelisten auf unbefangene Weise. Wiederholt ist von „Brüdern“ (namentlich: Jakobus, Joses / Josef, Juda / Judas, Simon; vgl. auch 1Kor 9,5) und „Schwestern“ (anonym) die Rede; bei seiner ersten Predigt in Nazaret wird Jesus über seine leibliche Familie einschließlich Brüder und Schwestern definiert (Mk 6,3 / Mt 13,55-57); auch Familien- bzw. Geschwisterkonflikte (Mk 3,31-35 / Mt 12,46-50 / Lk 8,19-21; Joh 7,3-10) werden nicht verschwiegen. Besondere Bedeutung erlangt in der Jerusalemer Gemeinde der „Herrenbruder“ (Gal 1,19) Jakobus. Allerdings kollidiert die Annahme leiblicher Geschwister mit dem späteren Dogma von der immerwährenden Jungfräulichkeit Marias vor, in und nach der Geburt Jesu.

Schon früh nötigte die dogmatische Entwicklung deshalb zu einer exegetischen Revision. Aus Brüdern und Schwestern Jesu werden mittels einer semantischen Operation Cousins und Cousinen (im Osten bei Hieronymus, im Westen bei Augustin), oder mittels einer kleinen Legende ältere Stiefgeschwister aus einer ersten Ehe des Josef (so im Protevangelium Jakobi oder bei Epiphanius). Seither beherrscht das Bild Josefs als eines alten Mannes die christliche Ikonographie.

Jakobus steigt nach Ostern zu einer der wichtigsten Leitungsfiguren in Jerusalem auf (Gal 1,19; Apg 12,17 u.ö.); nach 1Kor 15,7 gehört er auch zu den ersten Osterzeugen. Für diese Karriere ist sicher auch seine familiäre Nähe zu Jesus von Belang. Josephus zeichnet ihn als einen „Traditionalisten“, was seiner „Gesetzestreue“ in Gal 2,11-14 entsprechen könnte; das Konstrukt eines „Judenchristentums“ macht sich wesentlich an seiner Figur fest. Eusebius (HistEccl III 20,1-6) weiß ferner von zwei Enkeln des Herrenbruders Judas zu berichten, die zu Beginn des 2. Jh.s von Kaiser Domitian verhört werden. Der Jakobus- und der Judasbrief, die sich auf die Autorität zweier „Herrenbrüder“ berufen, halten die Erinnerung an die Familie Jesu weiterhin wach.

9.4. Petrus und der päpstliche Primat

Der Fischer Simon vom See Gennesaret wird im NT zum Typos des Erstapostels, Traditionsträgers und Mannes der Einheit aufgebaut. Exemplarisch ist er vor allem in seiner Bereitschaft, sich zu exponieren, in seiner Fehlbarkeit und in seinem Mut zur Umkehr. Namentlich Lukas verbindet alle Schlüsselereignisse seines Doppelwerkes mit der Figur des Petrus; Mt 16,17-19 präsentiert ihn als Symbolfigur für die Apostolizität der Kirche.

Die röm. Petrustradition hat die Bedeutung dieses Ausnahmeschülers noch einmal weit über den ntl. Befund hinaus aufgewertet. Aus einem anfänglichen „Petrusbewusstsein“ der röm. Gemeinde entwickelt sich mit der Zeit die Überzeugung, die Vorrangstellung des röm. Bischofsstuhles mit der Autorität des Petrus begründen zu können. Zwischen dem 5. und 12. Jh. bildet sich die Lehre von dem Papst als einem vicarius Christi aus. Ihre Kernelemente sind der Anspruch einer Jurisdiktionsvollmacht und einer mit Petrus beginnenden Sukzessionskette als Institutionen göttlichen Rechts; 1870 kommt unter Pius IX. noch die dogmatische Definition der „Unfehlbarkeit“ von Lehrentscheidungen ex kathedra hinzu. Gegen diese (geschichtlich bedingte) Entwicklung erheben die Reformatoren im 16. Jh. ihren Protest. Fortan wird die Rolle des Bischofs auf dem „Stuhle Petri“ (und damit das Verständnis der ntl. Petrusfigur) zu einem Reizthema konfessioneller Kontroverstheologie.

Petrus hat die Gemeinde in Rom nicht gegründet (wie Irenäus in Haeres III 3,2 fälschlich behauptet). Ebensowenig lässt sich sein Martyrium in Rom unter Nero positiv nachweisen, auch wenn es die wahrscheinlichste Annahme bleibt. Das „Grab“ auf dem Vatikan unter St. Peter markiert einen frühen Gedächtnisort, den schon der röm. Presbyter Gajus um 205 erwähnt (Euseb, HistEccles II 25-5-7); das legen auch die letzten Grabungen zwischen 1940-1949 (entgegen ihrer offiziellen Auswertung) nahe. Als Garant für den „apostolischen“ Charakter der allmählich entstehenden Kirche ist der „Felsenmann“ Petrus biblisch verankert (Eph 3,20; Apk 21,14); der Sukzessionsgedanke oder eine Jurisdiktionsgewalt lassen sich biblisch nicht belegen. Petrus tritt als „Sprecher“ des Zwölferkreises in Erscheinung, nicht aber als „Apostelfürst“; durchgängig bleibt er (in den Evangelien und Briefen) in das Kollektiv der übrigen Verantwortungsträger eingebunden.

Im ökumenischen Gespräch unserer Tage stellt der Primatsanspruch des Bischofs von Rom nach wie vor eines der größten Hindernisse dar. Dennoch zeichnet sich auch hier eine neue Situation ab: Das Dialogdokument „Communio Sanctorum“ (2000) entwickelt in Abschnitt VI.4 erstmals die Idee eines ökumenischen „Petrusdienstes“, vor allem gestützt auf eine sorgfältige Analyse der ntl. Petrusbilder.

9.5. Judas und die Paradoxie des Heilsgeschehens

Judas Iskariot ist die tragische Figur der Jesus-Christus-Geschichte. Er hat sowohl an den galiläischen Aufbrüchen als auch an den Verwirrungen der Passionsereignisse teil. Aber während die anderen fliehen und leugnen, hat Judas bereits die Seiten gewechselt und findet auch nach Ostern nicht mehr zurück. Bereits die Evangelisten schwärzen sein Bild zunehmend ein, was eine lange und verheerende Rezeptions- und Wirkungsgeschichte nach sich zieht: Judas wird über die Jahrhunderte hin und bis in den Antisemitismus des 20. Jh.s hinein zum Inbegriff dessen, was eine „christliche“ Mehrheitsgesellschaft meint, verabscheuen zu müssen.

Die älteste Überlieferung bewahrt noch eine Ahnung jener theologischen Paradoxien auf, die der Judasfigur anhaften: Die Verantwortung für seine Tat steht in Spannung zum göttlichen Heilsplan; was für Judas zum Fluch wird, erweist sich als Segen für die Menschheit. Davon spricht jenes Wehewort, das die Synoptiker Jesus während des letzten Mahles in den Mund legen (Mk 14,21 / Mt 26,24 / Lk 22,22). Judas löst aus, was längst beschlossene Sache ist. Wie kann er von dem Heil ausgeschlossen werden, das der Tod Jesu „für viele“ (Mk 14,24 / Mt 26,28) und ganz direkt „für“ seine Schüler einschließlich Judas (Lk 22,17) bedeutet?

Lange Zeit hat sich die Theologie mit dem handlichen Stereotyp des Gegenspielers begnügt. Inzwischen wächst jedoch ein neues Gespür für die Abgründigkeiten dieser Figur: Judas ist, auch und gerade in der Paradoxie des Heilsgeschehens, „einer von uns“.

10. Rezeptionswege und Hagiographie

Die Erzählfiguren des NT sind von Anfang an die Lieblingskinder der Auslegung. Sie werden weiter ausgemalt und fangen an, sich zu verselbständigen. Mit dem Beginn einer christlichen Ikonographie treten sie den Gläubigen auch an den Wänden der Kirchen anschaulich vor Augen.

10.1. Sekundäre Identifikationen

Gerne werden in der Rezeption und Auslegung von Erzähltexten anonyme Figuren mit anderen, namentlich benannten identifiziert oder auch erstmalig mit einem Namen versehen.

Solche Identifikationen lassen sich schon im NT selbst beobachten. Der Schwerthieb bei der Verhaftung Jesu wird von einem anonymen Schüler geführt (Mk 14,47 / Mt 26,51 / Lk 22,50); nach Joh 18,10 ist es Simon Petrus. Ob die Schwestern Marta und Maria in Lk 10,38-42 mit den beiden Schwestern in Joh 11 identisch sind oder ob Kleopas (Lk 24,18) derselbe ist wie Klopas (Joh 19,25), bleibt der Phantasie des Publikums überlassen.

Die namenlose „Sünderin“, die nach Lk 7,36-50 bei einem Gastmahl Jesu Füße salbt, wird in der Rezeptionsgeschichte mit der wenig später (Lk 8,2) genannten Maria Magdalena identifiziert und als Prostituierte gedeutet; dazu passt dann auch gleich noch die anonyme Ehebrecherin aus Joh 7,53-8,11; vom 5. Jh. an gesellt sich Maria von Ägypten hinzu, eine Asketin, die nur von ihrem lang wallenden Haar bedeckt wird. So ist die Heiligenfigur der Maria Magdalena entstanden, die (zur bekehrten Sünderin und reuigen Büßerin stilisiert) als Orientierungsfigur für „gefallene Frauen“ in Anspruch genommen wird.

Der reiche Prasser, der in Lk 16,19 namenlos bleibt, erhält in der hsl. Überlieferung den Namen „Neues“ oder „Finees“. Die blutflüssige Frau (Mk 5,25-34 / Mt 20-22 / Lk 8,43-48) heißt in den apokryphen ActPilat 7,1 Veronika und wird zum Ausgangspunkt einer neuen Legende. In der apokryphen Paradosis Pilati 9 tritt die Frau des Pilatus (Mt 27,19) unter dem Namen Procla / Procula auf, seit dem 17. Jh. dann auch als Claudia Procula (vermutlich angeregt durch den Namen in 2Tim 4,21). Die beiden Mitgekreuzigten tragen in der apokryphen Pilatusliteratur die Namen Dysmas und Gestas; die Kindheitsevangelien wissen auch schon von einer früheren Begegnung dieser beiden „Räuber“ mit der heiligen Familie auf deren Flucht nach Ägypten zu berichten.

Jenem namenlosen röm. Centurio, der bei der Kreuzigung Jesu den Delinquenten als „Sohn Gottes“ (Mk 15,39 / Mt 27,54) bzw. „Gerechten“ (Lk 23,47) bekennt, legt der apokryphe Brief des Pilatus an Herodes Antipas den Namen Longinus bei. Doch auch der unbekannte Soldat, der nach Joh 19,34 die Seite Jesu mit einem Lanzenstich öffnet, erhält nach EvNikod 7 den Namen Longinus. Gelegentlich werden beide deshalb über diesen Namen miteinander identifiziert; der röm. Heiligenkalender hält sie als zwei verschiedene Figuren auseinander.

10.2. Neue Figuren-Karrieren

Eine völlig neue Karriere startet der Magier Simon, der nach Apg 8,9-13 von Philippus in Samarien getauft wird und nach Apg 8,18-24 mit Petrus in einen Konflikt gerät. Im NT bleibt er Episode. Von den „antignostischen“ Vätern (2.-5. Jh.) wird er jedoch zum Erzketzer und Ahnherrn aller Häresiarchen erklärt, dessen Bedeutung weit über die kurze Erwähnung in der Apostelgeschichte hinausreicht. Die apokryphe Petrusliteratur, namentlich aber der frühchristl. Klemensroman, baut ihn zu dem großen Gegenspieler des Petrus auf, mit dem er sich in Rom einen spektakulären Zweikampf liefert.

Der Zwölferkreis, dessen Spuren sich schon in der Apg früh zu verlieren beginnen, zieht nun hinaus in alle Welt: Thomas nach Indien, Jakobus (der Zebedäussohn) nach Spanien, Andreas gar bis zum Ort des späteren Kiew; die Zielorte variieren, die Legendenbildung wächst. Alle Völker, die vom 4. Jh. an missioniert werden, versuchen, den Ursprung ihrer Kirche auf einen Apostel zurückzuführen. Die Zwölf werden zu Garanten der Lehre oder Kirchenordnung (Didache), der Verkündigung des Evangeliums an alle vier Himmelsrichtungen (Epistula Apostolorum) oder des gemeinsamen Bekenntnisses (Rufinus, Comm. in symb. apost. 2).

In der Legenda aurea des Jacobus de Voragine (13. Jh.) findet sich eine Erzählung über Judas Iskariot, die seine Figur noch einmal völlig neu erfindet. Sie greift das Ödipus-Motiv auf und unterwirft Judas einem rätselhaften Schicksal, an dem er schließlich zugrunde geht.

10.3. Umkehrungen bekannter Figuren

Manche Figuren erleben in ihrer Rezeptionsgeschichte überraschende Wendungen. Judas Iskariot etwa, der in der kirchlichen Tradition zur Verkörperung des Bösen wird, feiert in dissidenten Kreisen ein überraschendes Comeback. Irenäus berichtet von Gnostikern, die Judas allein die wahre Erkenntnis zuschreiben. Ihr Judas-Evangelium, das lange als verschollen galt, tauchte 2006 wieder auf und belegt seither diesen Bericht. In den jüd. Toldot Jeschu, einer Gegengeschichte zu den Evangelien aus dem hohen Mittelalter, fungiert Judas als der einzig Gerechte im Schülerkreis Jesu, der letztlich dessen Betrug zu entlarven vermag.

Genau andersherum verläuft die Wendung bei Pontius Pilatus. Josephus wie auch die röm. Historiker zeichnen das nüchterne Bild eines skrupellosen Gewalttäters. Schon die Evangelisten mildern diese Sicht jedoch ab und versuchen, Pilatus zu entlasten. Dazu trägt ganz maßgeblich die Warnung seiner Frau nach Mt 27,19 bei. Mit der Aufnahme des Pilatus in den zweiten Artikel des Apostolischen Glaubensbekenntnisses beginnt eine schrittweise, unaufhaltsame Rehabilitierung des Pilatus, in deren Ergebnis schließlich aus dem Despoten ein Heiliger wird. Der Prozess Jesu habe ihm die Augen geöffnet und zu seiner Bekehrung geführt. Ihm und seiner Frau unterstellt die Legende nun ein vorbildliches christliches Leben.

10.4. Erfindung neuer Figuren

Mit der Produktion apokrypher Schriften vom 2. Jh. an wird die biblische Geschichte auch mit völlig neuen Figuren ausgeschmückt. Sie treten in Lücken der Erzählung ein oder stellen eine Verbindung zwischen bislang getrennten Überlieferungen her.

Im Protevangelium Jakobi 19-20 macht sich Josef vor der Niederkunft Marias auf die Suche nach einer Hebamme. Salome, die seiner Aufforderung nachkommt, findet das Kind bereits entbunden vor. Ihre gynäkologische Untersuchung der Mutter widerlegt daraufhin alle Zweifel, die sie zunächst geäußert hatte und signalisiert für das Publikum: Die immerwährende Jungfräulichkeit Marias ist gleichsam von fachkundiger Seite bestätigt worden.

Eine neue Figur ist auch Veronika, obwohl sie bei der namenlosen blutflüssigen Frau (Mk 5,25-34 / Mt 20-22 / Lk 8,43-48) anknüpft. In ActPilat 7,1 heißt sie zunächst Berenike, woraus dann in der latein. Übersetzung Veronika wird – ein Name, der sich volksetymologisch als „vera ikon = wahres Abbild“ deuten lässt und damit der Legende dienstbar wird. Auf dem Kreuzweg soll Jesus sein Antlitz in das Schweißtuch der Veronika gedrückt haben; so seien der Nachwelt seine Gesichtszüge aufbewahrt worden. Diese Geschichte liegt in der Legende Cura sanitatis Tiberii (6. Jh.) voll ausgebildet vor. Das vermeintliche Tuch wiederum hat (in mindestens duplizierter Gestalt) als Reliquie ein bewegtes Nachleben erfahren.

Die dramatische Geschichte von der Hadesfahrt Christi, wie sie in EvNikod 17-27 erzählt wird, setzt mit zwei bislang unbekannten Söhnen des greisen Simeon aus Lk 2,25-35 ein, die Karinus und Leucius heißen. Sie gehören zu jenen, deren Gräber sich zur Todesstunde Jesu (nach Mt 27,52) öffnen und die nun wieder ins Leben zurückkehren. Deshalb vermögen sie auch einen Augenzeugenbericht davon zu liefern, wie der König der Könige die Tore des Hades gewaltsam aufsprengte, die Ureltern befreite und die Macht Satans brach.

10.5. Übergänge zur Hagiographie

Die Übergänge von den literarischen Biographien ntl. Erzählfiguren hin zur Hagiographie der patristischen Literatur sind fließend. Ein neuer Rahmen wird seit der Zeit der Verfolgungen durch den beginnenden Märtyrerkult gesetzt. Heilige haben einen Ort, an dem man sie verehren, und ein Datum, an dem man ihrer gedenken kann. Lokale und überregionale Heiligenkalender schaffen neue Netzwerke, die liturgisch wirksam werden. Individuelle Züge einzelner Figuren treten zurück zugunsten einer zunehmend schematisierten Topik.

Ein Brückenbauer ist in dieser Hinsicht Stephanus (Apg 7-8): Er nimmt sowohl das vorbildliche Leiden und Sterben Jesu aus Lk 22-23 als auch das Beispiel der makkabäischen Bekenner (2Makk 7) auf. In der Zeit der Christenverfolgungen (2.-4. Jh.) wird er zum „Erzmärtyrer“ und zur Vorbildfigur. Das neue literarische Genre der Martyriumsberichte bezieht sich in vielfacher Weise auf sein Modellbild.

Auch von Petrus und Paulus gibt es ein Martyrium zu berichten – nicht im NT, wohl aber vom 2. Jh. an in der Legende. Beide werden nun zu „Apostelfürsten“ und Gründerfiguren der Gemeinde in Rom. Seit 258 begeht man ihr gemeinsames Todesgedächtnis am 29. Juni. Petrus empfiehlt sich im Klemensroman als Ketzerbekämpfer für höhere Aufgaben; Paulus reist nach den Paulus-Akten noch einmal nach Spanien und tritt Nero persönlich entgegen. Mit der Zeit gesellen sich auch postume Wunder hinzu. Die Legenda aurea fasst das hagiographische Profil beider Apostel im 13. Jh. vollendet zusammen.

Maria Magdalena ist vom 2. Jh. an die weibliche Lichtgestalt in den gnostischen Dialogevangelien. Auch an ihrer Figur kann man den Wandel hin zur Heiligen exemplarisch nachvollziehen. Ein Teil der Legende lässt sie nach Marseille reisen, wo sie das Evangelium verkündet und ihr Leben beendet. Ihre Gebeine werden zum Gegenstand der Verehrung und zum Beginn eines Magdalenenkultes vor allem in Frankreich, der sich in zahlreichen Kirchen unter ihrem Patrozinium darstellt. In der Ostkirche gibt es alternative Reliquien und einen eigenen Gedächtnistag im liturgischen Jahr.

Die anonymen Magier aus der Geburtsgeschichte Jesu (Mt 2,1), die man aufgrund ihrer Gaben (Mt 2,11) als drei Männer zählt, wandeln sich zu Königen und Repräsentanten der drei damals bekannten Erdteile. Sie erhalten u.a. die Namen Kaspar, Melchior und Baltasar. Schließlich tauchen sogar ihre Gebeine auf und gelangen im 12. Jh. nach Köln, wo ihnen Meister Nikolaus von Verdun im Dom einen prächtigen Reliquienschrein anfertigt.

Dort, wo biblische Figuren in die Hagiographie hinüberwechseln, gewinnt (dem Genre gemäß) das Moment der Wundertätigkeit an Bedeutung. Zwischen den biblischen Figuren und den späteren Märtyrern, Asketen und Bekennern gibt es kaum noch einen wahrnehmbaren Unterschied. Sie repräsentieren dieselbe frohe Botschaft. Die biblische Geschichte ist zur Substruktur der Hagiographie geworden.

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