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Bach Ägyptens

Andere Schreibweise: Grenzbach Ägyptens; Grenzfluss Ägyptens; Fluss Ägyptens; Strom Ägyptens

(erstellt: August 2022)

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Beim Bach Ägyptens handelt es sich um ein Grenzgewässer im Osten des Landes, das in der Bibel als südwestliche Grenze Israels bezeichnet wird.

1. Name

Der Bach Ägyptens liegt im Hebräischen als נַחַל מִצְרַיִם naḥal miṣrajim in Num 34,5; Jos 15,4.47; 1Kön 8,65; 2Kön 24,7; 2Chr 7,8 und Jes 27,12 vor. Mit נַחַל naḥal wird ein „Tal mit einem Bach“ oder ein „Bach“ (→ Fluss / Bach / Wadi) bezeichnet. Ein נַחַל naḥal entspricht im Arabischen einem Wādī. Dieser Bach Ägyptens erscheint auch in neuassyrischen Quellen als naḫal muṣur (Bagg 2007, 291; Fuchs 1994, 452; Na’aman 1979, 68-79).

In der Septuaginta wird נַחַל naḥal in Num 34,5; Jos 15,47; 2Chr 7,8 mit χειμάρρος Αἰγύπτου cheimarros Aigyptou und in der Vulgata mit torrens Aegypti übersetzt, womit jeweils ein „Rinnsal“ oder ein „Tal“ gemeint ist. In Jos 15,4 wird im Griechischen φάραγξ Αἰγύπτου pharagx Aigyptou „Tal / Schlucht Ägyptens“ und im Lateinischen mit torrens Aegypti übersetzt, wobei letztgenanntes auch in Jes 27,12 erscheint. In 1Kön 8,65 liegen in der Septuaginta mit ποταμòς Αἰγύπτου potamos Aigyptou (so auch in Jdt 1,9 [nicht in der Lutherbibel 1984]) und in der Vulgata mit rivus Aegypti „Fluss Ägyptens“ weitere Übersetzungsmöglichkeit vor. In 2Kön 24,7 wird im Lateinischen ebenfalls rivus Aegypti verwendet; an dieser Stelle gibt die Septuaginta den hebräischen Ausdruck aber als χειμάρρος Αἰγύπτου cheimarros Aigyptou wieder.

In der Bibel ist eventuell noch eine weitere Bezeichnung für das Grenzgewässer anzutreffen. Bei נָהָר nāhār und נַחַל naḥal handelt es sich in beiden Fällen um Primärnomina in der semitischen Sprachfamilie. Ein נַחַל naḥal ist in seiner Bedeutung als ein wasserführendes Objekt kleiner als ein נָהָר nāhār (Gesenius, 18. Aufl., 802), bei dem es sich um einen „Fluss“ oder einen „Strom“ handelt. So wird der „Fluss“ oder „Strom“ (Gesenius, 18. Aufl., 789) Ägyptens in Gen 15,18 als נַחַל מִצְרַיִם naḥal miṣrajim bezeichnet. Es bleibt unsicher, ob in Gen 15,18 auch der „Bach Ägyptens“ gemeint ist oder ob beide Lexeme voneinander unterschieden werden sollten (vgl. Jericke 2016). Die Septuaginta gibt נָהָר nāhār in Gen 15,18 mit ποταμός potamos und die Vulgata mit fluvius „Fluss“ wieder, die beide durch die Lage in Ägypten genauer spezifiziert werden. Als mögliche Erläuterung für die Nennung in Gen 15,18 führt D. Jericke (2016) an, dass der Autor des betreffenden Abschnitts der Genesis die Erstreckung des → Abraham zugesprochenen Landes möglichst weit nach Ägypten hinein verlegen wollte. Mit der Bezeichnung als נָהָר nāhār wäre somit der → Nil bzw. der östliche Nilarm bei Pelusium gemeint.

2. Identifizierung

Den verschiedenen Quellen nach handelt es sich beim Bach Ägyptens נַחַל מִצְרַיִם naḥal miṣrajim um die südwestliche Grenze Israels zu Ägypten. Nach Num 34,5 und Jos 15,4.47 führte der Bach Ägyptens bis zum Meer, wobei hier das Mittelmeer gemeint ist. Jos 15,4 spezifiziert diese Angabe als die südwestliche Grenze des Stammes Juda genauer, wie es vergleichbar in Jos 15,47 aufgegriffen wird. In 2Kön 24,7 wird von einem Feldzug von → Nebukadnezar II. berichtet, wobei dem König Ägyptens alles genommen worden sei „vom Bach Ägyptens bis an den Strom Euphrat“. Dementsprechend kann dieser Bach auch die Grenze des Machtbereichs des neubabylonischen Reiches kennzeichnen (vgl. Jericke 2016).

Da es sich laut den Angaben in der Bibel um einen im Nord-Osten Ägyptens und im Süd-Westen Israels gelegenen Bach oder ein Wādī handelt, wurde der Bach Ägyptens in der Forschung unterschiedlich identifiziert. Die verschiedenen Forschungsmeinungen wurden bereits von Jericke (2016) gesammelt. Heute wird angenommen, dass während der Bronze- und Eisenzeit vor dem Ende des 7. Jh. v. Chr. der Naḥal Besor (Wādī Ġazze) als der Bach Ägyptens bekannt war, sich dies aber in der Perserzeit oder der hellenistischen Epoche zum Wādī l-‘Arīš verändert hat (vgl. Hooker 2014, 204; Jericke 1997, 243f; Jericke 2013, 143-145; Jericke 2016; Keel / Küchler 1982, 101f; Kreuzer 2015, 242; Na’aman 1979, 80; Schnocks 2009, § 4). Diese Änderung sei den neuen geopolitischen Gegebenheiten geschuldet gewesen, die die Grenze Ägyptens nach Süden und damit näher zum Delta hin verschoben hätten. Die Umdeutung wäre somit explizit mit der Ausweitung des Machtbereichs eines vorderasiatischen Großreichs zu begründen.

In der Bibel scheint in wenigen Fällen ein Zusammenhang mit dem → Schihor, dem „See des Horus“ zu bestehen. Nach 1Chr 13,5 stellte der Schihor eine Grenze dar, die in diesem Beleg das Gebiet begrenzt, aus dem → David das Volk Israel bei der Rückkehr der → Lade versammelte. In diesem Kontext könnte das Gewässer mit dem Bach Ägyptens identisch sein (vgl. Bietak 1984, 625, Anm. 3; Hastings 1889, 498; Simons 1959, 27).

Literaturverzeichnis

1. Lexikonartikel

  • Biblisch-historisches Handwörterbuch, Göttingen 1962-1979
  • The Anchor Bible Dictionary, New York 1992
  • Encyclopedia of the Bible and its Reception, Berlin / New York 2009ff

2. Weitere Literatur

  • Bagg, Ariel M., 2007, Die Orts- und Gewässernamen der neuassyrischen Zeit, Teil 1: Die Levante (Répertoire Géographique des Textes Cunéiformes VII,1), Wiesbaden
  • Bietak, Manfred, 1984, Art. Schi-Hor, in: Wolfgang Helck / Wolfhart Westendorf (Hgg.), Lexikon der Ägyptologie, Band V: Pyramidenbau – Steingefäße, Wiesbaden, 623-626
  • Fuchs, Andreas, 1994, Die Inschriften Sargons II. aus Khorsabad, Göttingen
  • Hastings, James, 1889, Art. Shihor, in: ders. (Hg.), Dictionary of the Bible, Bd. IV, New York, 498-499
  • Hooker, Paul K., 2014, The Location of the Brook of Egypt, in: M. Patrick Graham / William P. Brown / Jeffrey K. Kuan (Hgg.), History and Interpretation. Essays in Honour of John H. Hayes (Journal for the Study of the Old Testament, Supplement 173), Sheffield, 201-214
  • Jericke, Detlef, 1997, Die Landnahme im Negev. Protoisraelitische Gruppen im Süden Palästinas. Eine archäologische und exegetische Studie (Abhandlungen des Deutschen Palästina-Vereins 20), Wiesbaden
  • Jericke, Detlef, 2013, Die Ortsangaben im Buch Genesis. Ein historisch-topographischer und literarisch-topographischer Kommentar (Forschungen zur Religion und Literatur des Alten und Neuen Testaments 248), Göttingen
  • Jericke, Detlef, 2016, Art. Grenzbach Ägyptens, in: Ortsangaben der Bibel, https://www.odb.bibelwissenschaft.de/index.php
  • Keel, Othmar / Küchler, Max, 1982, Orte und Landschaften der Bibel. Ein Handbuch und Studienreiseführer zum Heiligen Land, Bd. 2: Der Süden, Zürich / Göttingen
  • Kreuzer, Siegfried, 2015, Alois Musils Beitrag zur Bibelwissenschaft, in: ders., Geschichte, Sprache und Text. Studien zum Alten Testament und seiner Umwelt (Beihefte zur Zeitschrift für die alttestamentliche Wissenschaft 479), Berlin / Boston, 237-256
  • Na’aman, Nadav, 1979, The Brook of Egypt and Assyrian Policy on the Egyptian Border, Tel Aviv 6, 68-90.
  • Schnocks, Johannes, 2009, Art. Fluss / Bach / Wadi, in: Stefan Alkier / Michaela Bauks / Klaus Koenen (Hgg.), Das wissenschaftliche Bibellexikon im Internet, https://www.bibelwissenschaft.de/stichwort/18497/ (letzter Zugriff am 01. Januar 2022)
  • Simons, Jan, 1959, The Geographical and Topographical Texts of the Old Testament, Leiden

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